S 12 KA 406/07

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 406/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei Erbringung einer Leistung nach Ziffer 05340 EBM 2005 „Überwachung der Vitalfunktionen“ kann nicht eine Leistung nach Ziffer 05320 EBM 2005 „Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes“ sowie die Wegepauschale nach Nr. 40224 EBM 2005 abgerechnet werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um die Rechtsmäßigkeit der Honorarbescheide für die vier Quartale I bis IV/06 und um sachlich-rechnerische Berichtigungen in den drei Quartalen II bis IV/05 und hierbei um die Nichtvergütung von Leistungen nach den Ziffern 05230 und 40224 EBM 2005.

Der Kläger ist als Facharzt für Anästhesie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagte das Honorar jeweils durch Honorarbescheid fest, wogegen der Kläger jeweils Widerspruch einlegte. Im Einzelnen ergingen folgende Honorarbescheide:

Quartal II/05 III/05 IV/05
Honorarb. v. 29.06.2006 12.08.2006
Widerspruch eingelegt am 14.08.2006 13.03.2006 11.05.2006 04.03.2007 13.03.2006 04.03.2007 04.03.2005
Bruttohonorar PK + EK in EUR 3.380,76 1.944,20
Fallzahl PK + EK 61 36
Ziff. 7.5 HVV
Auffüll-/Kürzungsbetrag in EUR 1.470,30 538,06
RLV Überschreitung - -
Quartal I/06 II/06 III/06 IV/06
Honorarb. v. 21.01.2007 04.02.2007 17.03.2007 18.04.2007
Widerspruch eingelegt am 04.03.2007 21.03.2007 03.05.2007 19.06.2007
Bruttohonorar PK + EK in EUR 1.679,92 2.504,46 4.287,30 4.783,27 Fallzahl PK + EK 38 44 71 73
Ziff. 7.5 HVV
Auffüll-/Kürzungsbetrag in EUR 194,30 - 388,11 - 1.179,91
RLV Überschreitung in Punkten - 31.360,0 118.616,0 143.938,4

Die Beklagte nahm ferner sachlich-rechnerische Berichtigungen durch Bescheid vom 08.12.2005 für das Quartal II/05, durch Bescheid vom 13.02.2006 für das Quartal III/05 und durch Bescheid vom 02.05.2006 für das Quartal IV/05 vor, wogegen der Kläger ebenfalls jeweils Widerspruch einlegte. Im Quartal II/05 setzte sie im Behandlungsfall D die Leistung nach Nr. 05230 EBM 2005 ("Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes oder Zahnarztes ") ab, da diese Leistung nur berechnungsfähig sei, wenn in diesem Zusammenhang auch die Leistungen nach den Nrn. 01856, 01913, Anästhesien/Narkosen des Kapitels 5 oder des Kapitels 31 durchgeführt würden. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Es habe deshalb auch die im Zusammenhang mit der Nr. 05230 EBM 2005 eingetragene Wegepauschale nach der Nr. 40224 EBM 2005 abgesetzt werden müssen. In weiteren 28 Primär- und 8 Ersatzkassenfällen habe der Kläger die "Überwachung der Vitalfunktionen" nach der Nr. 05340 EBM 2005 in Rechnung gestellt. Diese Leistung sei entsprechend der Legende je vollendete 15 Minuten Schnitt-Naht-Zeit berechnungsfähig. Dies setze einen operativen Eingriff voraus. Eine Abrechnung neben einer diagnostischen Untersuchung – in den hier vorliegenden Fällen neben der binokularen Untersuchung des Augenhintergrundes bzw. einer fluoreszenzangiographischen Untersuchung – könne somit nicht erfolgen. Mit gleichlautender Begründung setzte sie im Quartal III/05 in 10 Primär- und 5 Ersatzkassenfällen sowie einem Fall der sonstigen Kostenträger die Leistung nach Nr. 05320 EBM 2005 sowie die Wegepauschale nach Nr. 40224 EBM 2005 ab. Im Quartal IV/05 setzte sie in 12 Primär- und 8 Ersatzkassenfällen diese Leistungen ebenfalls ab.

Auf Anfrage des Klägers teilte die Beklagte dem Kläger unter Datum vom 06.03.2006 mit, die Leistungen der Nr. 05340 EBM 2005 würden in dem vom Kläger abgerechneten Umfang vergütet werden, da die Leistung mittlerweile auch bei Überwachung diagnostischer Leistungen abrechenbar sei. Eine Berichtigung werde bis auf einen Fall (E) nicht vorgenommen entgegen ihrem ersten Schreiben vom 08.12.2005. Im Fall E sei die Berichtigung versehentlich vorgenommen worden und werde eine Nachvergütung erfolgen. Die Leistungen nach Nr. 05230 EBM 2005 einschließlich der Wegepauschalen nach Nr. 40224 EBM 2005 würden weiterhin abgesetzt werden. Wie in dem Berichtigungsbescheiden für die Quartale II und III/05 vermerkt, könne die Nr. 05230 EBM 2005 nur im Zusammenhang mit der Durchführung von Anästhesien/Narkosen erfolgen. Die vom Kläger abgerechnete "Überwachung der Vitalfunktion" erfülle diese Bedingungen nicht. Fehlerhaft sei im Berichtigungsbescheid für das Quartal II/05 von 28 Primärkassenfällen ausgegangen worden, es handele sich aber um 29 Fälle. Es bleibe deshalb bei der Absetzung in 30 Primär- und 8 Ersatzkassenfällen.

Zur Begründung seiner Widersprüche trug der Kläger vor, nach Rücksprache mit Herrn BR./WR von der Bezirksstelle B-Stadt habe man ihm fernmündlich mitgeteilt, dass in Absprache mit der KBV die Streichung erledigt sei. Dann sei ihm am 18.01.2006 telefonisch mitgeteilt worden, doch alle Ziffern 05230 und 40224 zu streichen. Hiergegen habe er Widerspruch eingelegt. Bei der endgültigen Abrechnung von Quartal II/05 habe er feststellen müssen, dass nur 34 Fälle vergütet worden seien, die Differenz sei für ihn unerklärlich. Durch die Falschabrechnung sei es zu Überzahlungen gekommen. Im Rahmen der obligaten Leistung der Ziffer 05340 habe er die Überwachung der Vitalfunktionen zu erbringen (EKG, O2-Sättigung), um im Falle eines Zwischenfalles sofort die notwendigen Maßnahmen durchführen zu können – Wiederherstellung der vitalen Funktionen, Reanimation, ggf. Intubation und Narkose. Die dazu erforderlichen Geräte und Einrichtungen habe er vorzuhalten (EKG-Monitor, Defibrillator, Blutdruckmessgerät, Pulsoximeter, Narkose-/Beatmungsgerät, Gasanalyse für CO 2, Intubationsbesteck, Tubus und entsprechende Medikamente). Der organisatorische Aufwand unterscheide sich also in keinster Weise von dem, den er für eine Narkose und Regionalanästhesie erbringen müsse. Konsequenterweise sei die Berechnung der Ziffer 05230 neben der Ziffer 05340 auch ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Im aktuellen Kommentar von Wezel/Liebold vom Januar 2006 werde darüber hinaus sogar ausdrücklich festgestellt, dass die Nr. 05230 auch für das Aufsuchen eines Patienten im Zusammenhang mit einer präoperativen Untersuchung vor der Operation abrechenbar sei. Eine Leistung, die nun definitiv keinen apparativen Aufwand erfordere, der eine Honorierung sinnvoll machen würde, aber in der Tatsache begründet sei, dass der Anästhesist ggf. zusätzlich den Patienten in der Praxis des operativ tätigen Kollegen aufsuchen müsse. Der eigentliche Sinn der Ziffer sei nämlich, dass der Narkosearzt seine Leistungen überwiegend in der Praxis eines anderen operativ tätigen Chirurgen erbringe, ggf. sein ganzes Equipment dorthin transportieren müsse. Daher sei für diesen zusätzlichen Aufwand diese Ziffer geschaffen worden (Ausnahme Gemeinschaftspraxis, eigene Tagesklinik). Nach Rücksprache mit seinem Berufsverband könne die Ziffer 05230 ausdrücklich für sämtliche anästhesiologische Leistungen der Kapitel 05 und 31 (Prämedikation, Stand-by, Regionalanästhesien und Narkosen) abgerechnet werden. Die mündlich vorgebrachte Argumentation der Beklagten, man könne die Ziffer 05230 vielleicht einmal pro Behandlungstag für 10 bis 12 Patienten ansetzen, entbehre jedenfalls jeder rechtlichen Grundlage.

Seine Widersprüche gegen die streitbefangenen Honorarbescheide begründete der Kläger gleichlautend.

Die Beklagte verband alle Widerspruchsverfahren und wies die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05 als unzulässig, im Übrigen aber als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe seine Widersprüche gegen die streitbefangenen Honorarbescheide auf die Nichtvergütung von Leistungen nach den Ziffern 05230 und 40224 EBM 2005 beschränkt. Im Übrigen habe er die Honorarbescheide nicht angegriffen. Die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05 seien unzulässig, da die Honorarbescheide keine Regelung enthielten, über die Nichtvergütung von Leistungen nach den Ziffern 05230 und 40224 EBM 2005, da die Absetzung der Leistungen bereits Gegenstand der Entscheidungen über die sachlich-rechnerischen Berichtigungen der Abrechnungen aus den Quartalen II und III/05 gewesen sei. Die Widersprüche seien aber im Übrigen unbegründet, weil gemäß den Allgemeinen Bestimmungen I. Nr. 2.1.3 EBM 2005 eine Leistung dann nicht neben oder anstelle einer anderen Leistung berechnungsfähig sei, wenn sie Teil des Leistungsinhaltes einer anderen berechnungsfähigen Leistung oder eines Leistungskomplexes sei. Die im EBM 2005 aufgeführten Leistungen stellten in der Regel jeweils selbständige und somit allein abrechnungsfähige Leistungen dar, sie könnten jedoch in anderen Fällen auch unselbständige Teilleistungen sein. In vielen Fällen werde durch den Wortlaut der Leistungslegende bereits klargestellt, dass in der Leistung eine andere Leistung obligat oder fakultativ mit enthalten sei. Teilweise würden Anmerkungen im EBM 2005 darauf hinweisen, dass eine Leistung neben einer anderen Leistung nicht berechnet werden könne. Durch die generelle Regelung in den Allgemeinen Bestimmungen habe jedoch verzichtet werden können, jeweils in Anmerkungen nach allen in Frage kommenden Gebührenpositionen aufzuzählen, welche Nummern neben dieser Leistung nicht berechnet werden könnten. Insofern seien deshalb die ausdrücklich erwähnten Abrechnungsausschlüsse nicht vollständig und beträfen nur jene Positionen, bei welchen es der Bewertungsausschuss für zweckdienlich erachtet habe, ausdrücklich Abrechnungsausschlüsse zu erwähnen, um Abrechnungsirrtümern vorzubeugen. Daraus dürfe aber nicht gefolgert werden, dass dort, wo spezifische Ausschlüsse nicht formuliert seien, eine Nebeneinanderberechnung von Leistungen generell möglich sei. Die Leistung nach Nr. 05230 EBM 2005 umfasse das Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes oder Zahnarztes zur Durchführung der Leistung nach der Nr. 01856 (Narkose im Zusammenhang mit einer Sterilisation) oder 01913 (Narkose im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch), von Anästhesien/Narkosen dieses Kapitels (anästhesiologische Leistungen) oder des Kapitels 31 (ambulante- und belegärztliche Operationen, Anästhesien, präoperative Leistungen, postoperative Leistungen, orthopädisch-chirurgisch konservative Leistungen). Gemäß der Leistungslegende der Ziffer 05230 EBM 2005 könne dies nicht bei der ausschließlichen Erbringung der Leistung nach der Ziffer 05340 EBM 2005 (Überwachung der Vitalfunktion) in Ansatz gebracht werden, denn in diesem Fall werde schon keine Anästhesie/Narkose des Kapitels 5 erbracht. Allein die Überwachung der Vitalfunktionen genüge nicht. Etwas anderes folge auch nicht aus der Kommentierung im Wezel/Liebold. Zudem sei die Anwesenheit des Arztes bereits Gegenstand des obligaten Leistungsinhalts der Ziffer 05340 EBM 2005 und werde über diese Leistung vergütet. Dementsprechend sei auch eine Vergütung der im Zusammenhang mit der Ziffer 05230 EBM 2005 eingetragenen Wegepauschale nach Ziffer 40224 EBM 2005 ausgeschlossen. Sie könne von den Regelungen im EBM 2005 nicht abweichen.

Hiergegen hat der Kläger am 25.09.2007 die Klage erhoben.

Die Kammer hat mit Verfügung vom 01.10.2007 die Klage bezüglich der Honorarbescheide für die Quartale II und III/05 sowie gegen die Berichtigungsbescheide jeweils abgetrennt und mit Beschluss vom 07.05.2008 alle Verfahren wieder zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden. In der mündlichen Verhandlung am 07.05.2007 hat der Kläger die Klage bzgl. der Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05 zurückgezogen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage ergänzend zu seinen Ausführungen im Verwaltungsverfahren vor, er habe in den nicht berücksichtigten Fällen keine einzelnen Leistungen durchgeführt, sondern habe sich in Bereitschaft halten müssen, um erforderlichenfalls, nämlich im Fall eines Zwischenfalles, sofort die notwendigen Maßnahmen durchführen zu können, die Wiederherstellung der vitalen Funktionen, Reanimation, Intubation und Narkose. Die hierfür erforderlichen Geräte habe er in der betreffenden Praxis jeweils aufgestellt, nachdem er sie dort hintransportiert und in Einsatzbereitschaft gebracht habe. Der einzige Unterschied bestehe, dass eine Narkose tatsächlich nicht durchgeführt habe werden müssen. Der Aufwand sei aber der Gleiche, ob nun eine Anästhesie durchgeführt werde oder nicht. Kriterium für die Abrechenbarkeit der Ziffer 05230 könne daher nur das Aufsuchen des Patienten in der Praxis eines anderen Arztes sein. Anderenfalls würde die Bereitschaft, also die "Standby-Leistung" des Anästhesisten nicht honoriert werden. Die wörtliche Leistung sei nicht zielführend. Es sei daher nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu fragen. Die Ziffer 05230 gelte für sämtliche anästhesiologische Leistungen.

Der Kläger beantragt,
die Berichtigungsbescheide vom 08.12.2005, 13.02.2006 und 02.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2007 aufzuheben und die Honorarbescheide für die Quartale I/06 bis IV/06 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die in den genannten Quartalen berechneten Leistungen nach Nr. 05230 und 40224 EBM 2005 in gesetzlicher Höhe zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Verweis auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Übrigen ergänzend vor, unter die mit 150 Punkten bewertete strittige Leistung nach Nr. 05230 EBM 2005 lasse sich die vom Kläger erbrachte Leistung nicht subsumieren, da die Leistung nach Maßgabe des Wortlautes ausdrücklich die Durchführung einer Narkose vorsehe. Die Bereitschaft des Anästhesisten, der eine "Stand-by-Leistung" ohne Durchführung einer Narkose erbringe, werde sehr wohl nach Nr. 05340 EBM 2005 honoriert. Diese Nr. enthalte insoweit die Überwachung der Vitalfunktionen (Stand-by) und die persönliche Anwesenheit des Arztes als Leistungsinhalt. Dies sei dem Kläger bekannt, da er sie im streitgegenständlichen Quartal abgerechnet habe. Eine Abweichung von EBM verbiete sich bereits aus Gleichbehandlungsgründen. Die Nr. 40224 EBM 2005 stehe im Zusammenhang mit der Nr. 05230 EBM 2005, so dass sie ebenfalls zu berichtigen gewesen sei. Hilfsweise hebe sie hervor, dass die Voraussetzungen für die Abrechnung der Wegepauschale nicht dargelegt seien und von einem Vorliegen der Voraussetzungen bereits aus diesem Grunde nicht auszugehen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Berichtigungsbescheide vom 08.12.2005, 13.02.2006 und 02.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2007 und die Honorarbescheide für die Quartale I/06 bis IV/06 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2007 sind, soweit sie angefochten wurden, rechtmäßig und waren daher nicht aufzuheben bzw. abzuändern. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung der in den genannten Quartalen abgerechneten Leistungen nach Nr. 05230 und 40224 EBM 2005.

Die Berichtigungsbescheide vom 08.12.2005, 13.02.2006 und 02.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2007 sind rechtmäßig.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen strittig, ob der Kläger neben der Erbringung der Leistung nach Ziffer 05340 EBM 2005 "Überwachung der Vitalfunktion" auch die Leistung nach Ziffer 05230 EBM 2005 abrechen kann.

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 32/05GesR 2007, 326 = USK 2007-14, zitiert nach juris Rdnr. 13 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist in erster Linie auf den Wortlaut der Regelungen abzustellen. Ziffer 05230 EBM 2005 beinhaltet das Aufsuchen eines Kranken in der Praxis eines anderen Arztes oder Zahnarztes zur Durchführung der Leistung nach der Nr. 01856 oder 01913, von Anästhesien / Narkosen dieses Kapitels oder des Kapitels 31. Die Leistung ist mit 150 Punkten bewertet.

Nach dem eindeutigen Wortlaut der Leistungslegende beinhaltet diese Leistung nicht die Leistung nach Ziffer 05340 EMB 2005 und handelt sich bei der Leistung nach Ziffer 05340 EBM 2005 auch nicht um die Erbringung von Narkosen. Der Kläger hat selbst dargelegt, er erbringe keine Narkosen, sondern es handele sich um die Gabe von Kontrastmitteln im Rahmen der Augenhintergrunduntersuchung durch den Augenarzt. Die Begleitung durch einen Anästhesisten werde hierbei von der Gesellschaft für Augenheilkunde empfohlen. Soweit die Anwesenheit des Klägers als Anästhesisten bei der Augenhintergrunduntersuchung dazu dient, evtl., bei Unverträglichkeit auftretende Schockreaktionen zu überwachen bzw. zu verhindern, so ist dieser Aufwand des Klägers zwischen den Beteiligten nicht strittig, da er hierfür die Vergütung nach Ziffer 05340 EBM 2005 erhält. Diese Leistung ist aber in die Leistungslegende der Ziffer 05230 EBM 2005 nicht aufgenommen worden. Dies spricht eindeutig dagegen, dass die Ziffer 05320 EBM 2005 ebenfalls abgerechnet werden kann. Insofern bedeutet die strikte Bindung an den Wortlaut einer Vorschrift, dass es nicht auf das Fehlen eines Leistungsausschlusses ankommt, sondern eben darauf, dass die Leistungslegende insofern eindeutig die Einbeziehung der Ziffer 05340 EBM 2005 in die Leistungsbeschreibung nach Ziffer 05320 EBM 2005 erfordert. Soweit der Kläger auf den vergleichbaren Aufwand wie bei Narkosenleistungen abstellt, macht er letztlich eine Regelungslücke und die analoge Anwendung der Norm geltend. Nach der genannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der die Kammer hier folgt, ist dies aber unzulässig. Von daher hat die Beklagte die Leistung zu Recht abgesetzt.

Soweit die Leistung nach Ziffer 05320 EBM 2005 abgesetzt wurde, kann auch nicht die Wegepauschale nach der Ziffer 40224 EBM 2005 angesetzt werden. Von daher brauchte die Kammer auch nicht der Frage weiter nachzugehen, ob der Kläger in allen Behandlungsfällen die volle Wegepauschale angesetzt hat, auch wenn er an einem Tag in derselben Praxis des untersuchenden bzw. behandelnden Arztes bei mehreren Behandlungsfällen anwesend war. Die Durchsicht von 20 Behandlungsscheinen für das Quartal IV/05 in der mündlichen Verhandlung hat jedenfalls ergeben, dass der Kläger alle Leistungen lediglich an zwei Behandlungstagen, nämlich am 30.11. und 12.10.2005 erbracht hat und in allen 20 Behandlungsfällen nicht nur die Ziffer 05340 EBM 2005 abgerechnet hat, sondern zugleich auch die Wegepauschale nach Ziffer 40224 EBM 2005, obwohl der Weg an jeden Behandlungstag nur einmal angefallen sein konnte. Hierzu konnte auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung keine Aufklärung geben.

Die Beklagte hat auch zu Recht in den Honorarbescheiden die strittigen Leistungen für die Quartale I bis IV/06 aus den gleichen Gründen abgesetzt. Von daher sind auch die Honorarbescheide, soweit sie hier angefochten wurden, rechtmäßig.

Im Ergebnis war die Klage daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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