Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2801/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 251/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Berichtigt gemäß Berichtigungsbeschluss vom 13.05.2008. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2003.
Der 1963 geborene Kläger war als Einsteller bei der K. GmbH, Stanz- und Umformtechnik beschäftigt. Am 17. Mai 2003 stürzte er von einer Leiter aus ca. 2 m Höhe. Er hat beim Sturz im Reflex versucht, sich mit der linken Hand festzuhalten und zog sich eine Zerrung an der linken Schulter und eine isolierte Fraktur des Tuberculum majus links zu; eine Rotatorenmanschettenverletzung und eine Verletzung des Schultergelenks selbst konnte ausgeschlossen werden (Durchgangsarztbericht Krankenhaus B., PD Dr. F., vom 19. Mai 2003, Unfallanzeige des Beschäftigungsbetriebs vom 18. Juni 2003; Bericht vom 30. Mai 2003 des PD Dr. F. über die Kernspinuntersuchung am 28. Mai 2003). Ab 8. Dezember 2003 war der Kläger wieder arbeitsfähig, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung. Seine Tätigkeit als Einsteller übt er nicht mehr aus. Er ist mittlerweile im Vertrieb/Lager des Unternehmens, vorwiegend mit Gabelstaplerfahren, beschäftigt.
Im Bericht vom 15. Juli 2003 führte PD Dr. F. aus, bei der Nachkontrolle sei festzustellen gewesen, dass die Beweglichkeit im Bereich des linken Schultergelenks weiterhin schlecht sei; die Elevation sei gerade bis 60 Grad möglich, die Umwendbewegung werde praktisch nicht ausgeführt. Der Kläger zeige auch eine ausgesprochene Schonhaltung und bewege den Arm praktisch nicht. Die krankengymnastische Übungsbehandlung werde nur sehr eingeschränkt durchgeführt.
Daraufhin wurde vom 31. Juli bis 27. August 2003 ein stationäres Heilverfahren in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. eingeleitet. Im Bericht vom 5. September 2003 führten Prof. Dr. W. und Dr. Z. aus, der Kläger sei wegen erheblicher Begleitprobleme (Schlafstörungen, Wein- und Panikattacken) dem Psychologen vorgestellt worden. Zugleich sei die Mitbehandlung durch den Schmerztherapeuten erfolgt, wobei die Schmerzen nur sehr schwer zu behandeln gewesen seien. Unter intensiver Physiotherapie sei aber dennoch eine leichte Verbesserung erreicht worden, so sei die Anteversion von 50 Grad bei der Aufnahme auf 100 Grad bei der Entlassung gesteigert worden; die Abduktion sei bis zur Horizontalen möglich geworden. Ab 8. September 2003 werde eine Arbeits- und Belastungserprobung mit täglich 4 Stunden durchgeführt. Diese nahm der Kläger am 8. September 2003 auf, brach sie allerdings am 10. September 2003 wieder ab.
Übersandt wurde der nervenärztliche Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 19. September 2003, der den Kläger auf Veranlassung der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik am 18. September 2003 untersucht hatte. Darin führte Dr. B. aus, der Kläger habe sich erheblich unter dem Eindruck der vorgetragenen und verdeutlichten Schmerzsymptomatik präsentiert, die mit zunehmend intensiven Schmerzreaktionen im Laufe der Untersuchung mit wiederholter Muskelfunktionsprüfung einherging. Reflexstatus, Sensibilität und Trophik seien im Seitenvergleich unauffällig gewesen. Der elektrophysiologische Befund zeige ein blandes Carpaltunnelsyndrom, das bei fehlender Klage über entsprechende Beschwerden als asymptomatisch anzusehen sei. Unter der Voraussetzung, dass der unfallchirurgische Befund die vorgetragene Symptomatik nicht erkläre, komme differentialdiagnostisch eine Anpassungsstörung mit somatoformer Symptomatik in Betracht.
Am 6. Oktober 2003 wurde eine weitere Belastungserprobung in die Wege geleitet, die der Kläger aber ebenfalls kurz danach wegen Schmerzen abbrach.
Weitere Kontakte mit der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik sowie dem Berufshelfer der E.- und U.-Berufsgenossenschaft, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (künftig: die Beklagte) folgten. Beim Gespräch am 13. November 2003 wurde seitens des Berufshelfers der Eindruck formuliert, dass der Kläger insbesondere deshalb nicht bereit sei, eine leichtere Arbeit, die ihm im Rahmen der Belastungserprobung angeboten worden sei, anzunehmen, weil er dann weniger verdiene. Er sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er sowohl als Staplerfahrer arbeiten als auch leichte Stanzarbeiten ausführen könne.
Ab 24. November 2003 wurde eine weitere Belastungserprobung durchgeführt. Unter dem 2. Dezember 2003 berichteten Prof. Dr. W./Dr. R., dass sich der Kläger am 28. November 2003 erneut in der Klinik vorgestellt und einen sehr leidenden Eindruck vermittelt habe. Die Belastungserprobung könne aber weiter durchgeführt werden, ein Abbruch sei nicht gerechtfertigt. Arbeitsfähigkeit werde voraussichtlich ab 8. Dezember 2003 eintreten.
Im ersten Rentengutachten vom 4. März 2004 des Prof. Dr. W./ Prof. Dr. H. führten diese aus, als wesentliche Unfallfolgen bestünde ein nach Schultergelenksverletzung mit Abrissfraktur des Tuberculum majus knöchern fest verheiltes Tuberculum majus Fragment sowie eine konzentrisch muskulär und schmerzbedingte Bewegungseinschränkung. Die MdE werde vom 17. Mai bis 7. Dezember 2003 mit 100 v.H., ab 8. Dezember 2003 mit 10 v.H. vorgeschlagen. Im Messblatt für die oberen Gliedmaßen (nach der Neutral-0-Methode) wurden als Bewegungsausmaß der Schultergelenke angegeben: Arm seitwärts/körperwärts rechts 170-0-60, links 90-0-40, Arm rückwärts/vorwärts rechts 60-0-170, links 40-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) rechts 60-0-90, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm seitwärts abgehalten) rechts 70-0-70, links 30-0-30. Beigefügt war eine Fotodokumentation der Bewegungsübungen.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme, die die vorgeschlagene MdE um 10 v.H. bestätigte und darüber hinaus eine unfallunabhängige Anpassungsstörung annahm, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2004 die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und legte ergänzend das Attest seines Hausarztes Dr. S. vor. Danach habe der Kläger vor dem Unfall nie über Beschwerden an der linken Schulter geklagt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück, gestützt auf die Ausführungen von Dr. B. sowie Prof. Dr. W./Prof. Dr. H ...
Dagegen hat der Kläger am 15. September 2004 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG Dr. P., Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 13. Juli 2005 führt dieser aus, der Kläger sei selbst mit dem Auto zur Untersuchung gefahren. Im Bereich der linken Schulter bestehe eine deutliche Verschmächtigung der gesamten Schultergürtelmuskulatur, besonders ausgeprägte Muskelatrophie im Bereich des Musculus deltoideus, ein deutlicher Druckschmerz im Bereich des gesamten linken Schultergelenks. Der Schürzen-, Nacken- und Kreuzgriff können demonstrativ nicht durchgeführt werden. Als Maße der Schulterbeweglichkeit hat Dr. P. angegeben: Arm seitwärts/körperwärts rechts 180-0-40, links 100-0-30, Arm rückwärts/vorwärts rechts 40-0-170, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) rechts 60-0-90, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm seitwärts abgehalten) rechts 70-0-70, links 30-0-70. Dabei hat Dr. P. ergänzend ausgeführt, dass die subjektiv demonstrierten Bewegungsausmaße doch beträchtlich zu beobachteten alltäglichen Bewegungssituationen differierten. So habe der Kläger beispielsweise während der Untersuchung beim Abspreizen oder Vorwärtsführen des linken Arms über 60 Grad diesen mit dem rechten unterstützt, wohingegen diese Bewegung beim Ankleiden möglich gewesen sei. Dr. P. hat eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks bei Status nach nur minimal dislozierter Abrissfraktur des Tuberculum majus links aufgeführt sowie Verdacht auf somatoforme Anpassungsstörung. Die MdE hat Dr. P. für die Zeit vom 17. Mai bis 7. Dezember 2003 mit 100 v.H., danach mit 10 v.H. auf Dauer angegeben. Er hat weiter ausgeführt, dass möglicherweise eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung Aufschluss über das Vorliegen einer somatoformen Anpassungsstörung geben könne. Ob dies für die MdE von Belang sei, sei allerdings fraglich.
Auf weiteren Antrag nach § 109 SGG hat das SG den Facharzt für Psychologie und Neurologie Dr. F. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 10. April 2006 beschreibt Dr. F. auf neurologischem Fachgebiet einen weitgehend unauffälligen Befund, die bestehende Muskelatrophie links sei auftrainierbar. Die Antworten im Rahmen der Exploration habe der Kläger anfangs gestisch nur mit dem rechten Arm unterstrichen, bald darauf aber auch den linken eingesetzt mit zum Schluss kaum mehr wahrnehmbarer Bewegungsdifferenz zwischen rechts und links. Der Kläger sei überzeugt davon, einen schweren Arbeitsunfall erlitten zu haben und fühle sich von den Ärzten, der Beklagten wie dem Arbeitgeber ungerecht behandelt. Eine Aggravationstendenz sei bemerkbar. Die vom orthopädischen Gutachter geäußerte Verdachtsdiagnose einer somatoformen Anpassungsstörung sei unbrauchbar, da es sie in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen nicht gebe. Aber auch die übrigen somatoformen Störungen würden das vorliegende Bild nicht zutreffend beschreiben. Vielmehr sei die psychische Komponente in ihrem atypischen Verlauf als "psychologischer Faktor und Verhaltensfaktor bei einer andernorts klassifizierten Krankheit (ICD10 F.54)" zu klassifizieren. Diese Entwicklung setze eine besondere Verletzlichkeit und Art der Erlebnisverarbeitung voraus, jedoch keine diagnostisch gesondert einzuordnende psychische Störung, die vor dem Unfall bereits bestanden hätte oder durch diesen erstmals manifest geworden wäre. Diese psychische Erkrankung sei beim Kläger unfallbedingt und mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten, so dass insgesamt eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Auf Antrag des Klägers hat das SG Dr. F. zu den Einwänden der Beklagten ergänzend gehört (Stellungnahme vom 31. Juli 2006).
Daraufhin hat das SG Prof. Dr. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurologische Rehabilitation, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 29. Mai 2007 hat er eine diskrete Inaktivitätsathrophie des M. deltoideus links bei schmerzbedingter Bewegungseinschränkung der linken Schulter nach Abrissfraktur des Tuberculum majus links und eine leichte dysthyme Verstimmung diagnostiziert. Neurologisch seien die Befunde mit Ausnahme einer minimalen Inaktivitätsathrophie des M. deltoideus links unauffällig, es bestehe kein Anhalt für eine Nervenschädigung. Auch in psychopathologischer Sicht ergeben sich keine wesentlichen Auffälligkeiten. Affektive Beeinträchtigungen ließen sich nicht eruieren, nicht zu verkennen sei eine Verbitterung gegenüber seinem Arbeitgeber wegen der mit dem unfallbedingten Arbeitsplatzwechsel verbundenen finanziellen Herabstufung. Leistungseinschränkungen seien deshalb weder auf neurologischem noch psychiatrischem Fachgebiet festzustellen. Letztere schon deshalb nicht, da vom Kläger zwar stärkste Schmerzen bei Belastung geklagt würden, angesichts der minimalen körperlichen Befunde und außerhalb der Untersuchungssituation kaum erkennbaren Beeinträchtigungen ließen sich diese jedoch nicht hinreichend objektivieren. Wenn dann auch zusätzlich keine psychopathologischen Merkmale in der Exploration herauszuarbeiten seien, sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eine unfallbedingte Beeinträchtigung zu diagnostizieren. Bei Fehlen relevanter psychopathologischer Auffälligkeiten und einer nicht zu verkennenden Demonstrationsneigung helfe auch das Hilfskonstrukt einer "psychologische Faktoren und Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Krankheiten" nicht weiter. Eine MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe über die bereits auf unfallchirurgisch mitbewertete leichte Muskelatrophie hinaus nicht. Die Dysthymie habe sich aus der allgemeinen Unzufriedenheit mit dem sicherlich bestehenden Beschwerdebild und der damit verbundenen innerbetrieblichen Umsetzung mit Minderverdienst entwickelt.
Durch Urteil vom 9. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet liege zwar eine Bewegungseinschränkung der Schulterbeweglichkeit vor, die auf den Messblättern des Prof. Dr. W. für die Vorhebung auch eine Limitierung bei 90 Grad gezeigt habe. Allerdings habe bei der passiven Bewegungsprüfung eine, wenn auch schmerzbedingte, Beweglichkeit bis 100 Grad, bei funktionsnahen Bewegungen ohne Schmerzangaben bis 110 Grad vorgelegen. Die lediglich aktive Bewegungsprüfung von Dr. P. sei deshalb nicht von durchschlagender Bedeutung. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur sei deshalb unter Würdigung der klinischen Befund die MdE mit 10 v.H. zutreffend bewertet. Unter weiterer Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W., wonach sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine relevanten Leistungseinschränkungen feststellen ließen, sei die Gesamt-MdE mit 10 v.H. nicht zu beanstanden.
Gegen das am 19. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Januar 2008 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, die Behandlung der Unfallfolgen sei nur in der wohnortfernen Klinik in T. erfolgt. Die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. beauftragte Dolmetscherin sei fast eine Stunde zu spät gekommen und habe deshalb nicht die Untersuchung übersetzen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 9. Oktober 2007 sowie den Bescheid vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 8. Dezember 2003 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die beim Kläger unfallbedingt bestehende MdE, begründet auf Leistungseinschränkungen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet, mit 10 v.H. zutreffend und angemessen bewertet.
Das SG hat auf Seite 7 bis 9 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zutreffend und umfassend dargelegt, dass die beim Kläger bestehende konzentrisch muskulär und schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Zustand nach Schultergelenksverletzung mit Abrissfraktur des Tuberculum majus die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche hinaus lediglich um 10 v.H. mindert. Der Senat verweist nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen und schließt sich diesen an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit das Vorliegen von Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet im Streit steht, schließt sich der Senat den schlüssigen und zutreffend dargelegten Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten an. Danach liegt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolge vor, die eine MdE zur Folge hätte.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger durchaus Schmerzen bei bestimmten Bewegungen im linken Schultergelenk verspürt. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Schmerzen über die mit den Verletzungsfolgen üblicherweise verbundenen Schmerzen hinausgehen und damit als eigenständige Schmerzerkrankung eine gesondert festzustellende MdE bedingen würden.
Dr. F. wie auch Prof. Dr. Dr. W. haben des Weiteren übereinstimmend dargestellt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine funktionellen Einschränkungen bestehen. Eine Nervenschädigung liegt nicht vor und es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für ein komplexes regionales Schmerzsyndrom. Deshalb ist die diskrete Muskelatrophie links nur durch den - nicht wesentlich durch Unfallfolgen bedingten - eingeschränkten Einsatz des linken Arms bedingt und damit auftrainierbar. Eine neurologische bzw. pathologische Ursache dieser Atrophie besteht nicht.
Aber auch auf psychiatrischem Fachgebiet liegt bis auf eine dysthyme Verstimmung keine Gesundheitsstörung vor. So haben Dr. F. wie Prof. Dr. Dr. W. übereinstimmend eine somatoforme Schmerzstörung ausgeschlossen, da schon nach den Schilderungen des Klägers ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz fehlt. Der Kläger schildert zwar Dauerbeschwerden, die ihn aber nicht hindern, seiner Arbeit nachzugehen (Schmerzen entstünden nach seinen Angaben in der Regel erst nach Arbeitsende), Fahrten mit dem Auto zur Arbeitsstelle oder einen Türkeiurlaub zu unternehmen.
Genau diese Umstände, darüber hinaus nur minimale körperliche Befunde und ein in der Untersuchungssituation (in unbeobachtet geglaubten Situationen) nur gering eingeschränktes Bewegungs- und Verhaltensmuster lassen jedoch die Objektivierung auch einer anders gearteten psychischen bzw. psychosomatischen Störung nicht zu. Da es somit schon an objektivierbaren psychischen Beeinträchtigungen fehlt, stellt sich die Frage eines Unfallzusammenhangs nicht mehr. Von einer irgendwie gearteten psychischen "Störung" ist daher nicht auszugehen.
Soweit Prof. Dr. Dr. W. eine dysthyme Störung, bedingt durch eine Unzufriedenheit mit der Behandlung nach dem Unfall, der beruflichen Lebenssituation und dem Verdienstrückgang, beschreibt, lässt der Senat offen, ob diese Störung tatsächlich wesentlich auf den angeschuldigten Arbeitsunfall oder nicht vielmehr auf eine vorbestehende, besondere psychische Empfindsamkeit zurückzuführen ist. Augenfällig ist nämlich, dass insbesondere die Klagen des Klägers über eine fehlerhafte oder ungenügende Behandlung, einen unverständigen Arbeitgeber oder fehlerhaftes Verhalten der Beklagten in den Akten keinen objektiven Widerhall finden. Es dürfte daher eher nahe liegen, das Reaktionsverhalten des Klägers als in seiner Persönlichkeit begründet, ggf. hypochondrisch mitbedingt, zu bewerten, wie es z.T. auch im Gutachten von Dr. Frießem seinen Ausdruck fand. Denn selbst wenn die dysthyme Störung wesentlich auf dem angeschuldigten Unfallereignis beruhen würde, wäre sie nicht so gravierend, dass sie eine rentenberechtigende MdE rechtfertigen würde. Auch die richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens ist mit der gleichen Argumentation abzulehnen. Denn faktisch waren nicht die Umgebungseinflüsse, sondern das - anlagebedingte - Erlebnisverhalten des Klägers selbst wesentlich für die - insoweit unterstellte - Störung.
Auch der Umstand, dass der Kläger nunmehr auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt ist, an dem er weniger verdient, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Bemessung der MdE erfolgt nach abstrakten Kriterien, also der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, und berücksichtigt in der Regel nicht die Einschränkungen bei der konkret ausgeübten Tätigkeit. Insoweit kann hier offen bleiben, ob objektiv überhaupt solche Leistungseinschränkungen vorliegen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Einsteller tatsächlich nicht mehr verrichten kann.
Auch die Einwände in der Berufungsbegründung tragen nicht zu einer abweichenden Bewertung bei, zumal der Kläger - was naheliegend gewesen wäre - nicht unmittelbar, oder jedenfalls im Termin vor dem SG nach der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. vorgetragen hat, die Dolmetscherin sei sehr verspätet erschienen, was den Vortrag wenig glaubhaft macht. Soweit - zumindest sinngemäß - gerügt worden ist, Prof. Dr. Dr. W. habe nur das "Abschlussgespräch" mit dem Kläger geführt, ist darauf hinzuweisen, dass es dem beauftragten Gutachter grundsätzlich gestattet ist, sich bei der Erstellung des Gutachtens Hilfspersonen zu bedienen. Er muss lediglich die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens nach eigener Überprüfung und Urteilsbildung bestätigen, was u.a. auch durch ein Gespräch mit dem Probanden und der Auswertung der bei der Exploration durch die beauftragten Hilfspersonen erhobenen Daten am Ende der Begutachtung gewährleistet ist. Ein Verfahrensverstoß, der zu einer Aufhebung der auch auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. gestützten Entscheidung führen könnte, liegt daher nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Berichtigt gemäß Berichtigungsbeschluss vom 13.05.2008. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Tatbestand:
Im Streit steht ein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2003.
Der 1963 geborene Kläger war als Einsteller bei der K. GmbH, Stanz- und Umformtechnik beschäftigt. Am 17. Mai 2003 stürzte er von einer Leiter aus ca. 2 m Höhe. Er hat beim Sturz im Reflex versucht, sich mit der linken Hand festzuhalten und zog sich eine Zerrung an der linken Schulter und eine isolierte Fraktur des Tuberculum majus links zu; eine Rotatorenmanschettenverletzung und eine Verletzung des Schultergelenks selbst konnte ausgeschlossen werden (Durchgangsarztbericht Krankenhaus B., PD Dr. F., vom 19. Mai 2003, Unfallanzeige des Beschäftigungsbetriebs vom 18. Juni 2003; Bericht vom 30. Mai 2003 des PD Dr. F. über die Kernspinuntersuchung am 28. Mai 2003). Ab 8. Dezember 2003 war der Kläger wieder arbeitsfähig, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung. Seine Tätigkeit als Einsteller übt er nicht mehr aus. Er ist mittlerweile im Vertrieb/Lager des Unternehmens, vorwiegend mit Gabelstaplerfahren, beschäftigt.
Im Bericht vom 15. Juli 2003 führte PD Dr. F. aus, bei der Nachkontrolle sei festzustellen gewesen, dass die Beweglichkeit im Bereich des linken Schultergelenks weiterhin schlecht sei; die Elevation sei gerade bis 60 Grad möglich, die Umwendbewegung werde praktisch nicht ausgeführt. Der Kläger zeige auch eine ausgesprochene Schonhaltung und bewege den Arm praktisch nicht. Die krankengymnastische Übungsbehandlung werde nur sehr eingeschränkt durchgeführt.
Daraufhin wurde vom 31. Juli bis 27. August 2003 ein stationäres Heilverfahren in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. eingeleitet. Im Bericht vom 5. September 2003 führten Prof. Dr. W. und Dr. Z. aus, der Kläger sei wegen erheblicher Begleitprobleme (Schlafstörungen, Wein- und Panikattacken) dem Psychologen vorgestellt worden. Zugleich sei die Mitbehandlung durch den Schmerztherapeuten erfolgt, wobei die Schmerzen nur sehr schwer zu behandeln gewesen seien. Unter intensiver Physiotherapie sei aber dennoch eine leichte Verbesserung erreicht worden, so sei die Anteversion von 50 Grad bei der Aufnahme auf 100 Grad bei der Entlassung gesteigert worden; die Abduktion sei bis zur Horizontalen möglich geworden. Ab 8. September 2003 werde eine Arbeits- und Belastungserprobung mit täglich 4 Stunden durchgeführt. Diese nahm der Kläger am 8. September 2003 auf, brach sie allerdings am 10. September 2003 wieder ab.
Übersandt wurde der nervenärztliche Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 19. September 2003, der den Kläger auf Veranlassung der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik am 18. September 2003 untersucht hatte. Darin führte Dr. B. aus, der Kläger habe sich erheblich unter dem Eindruck der vorgetragenen und verdeutlichten Schmerzsymptomatik präsentiert, die mit zunehmend intensiven Schmerzreaktionen im Laufe der Untersuchung mit wiederholter Muskelfunktionsprüfung einherging. Reflexstatus, Sensibilität und Trophik seien im Seitenvergleich unauffällig gewesen. Der elektrophysiologische Befund zeige ein blandes Carpaltunnelsyndrom, das bei fehlender Klage über entsprechende Beschwerden als asymptomatisch anzusehen sei. Unter der Voraussetzung, dass der unfallchirurgische Befund die vorgetragene Symptomatik nicht erkläre, komme differentialdiagnostisch eine Anpassungsstörung mit somatoformer Symptomatik in Betracht.
Am 6. Oktober 2003 wurde eine weitere Belastungserprobung in die Wege geleitet, die der Kläger aber ebenfalls kurz danach wegen Schmerzen abbrach.
Weitere Kontakte mit der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik sowie dem Berufshelfer der E.- und U.-Berufsgenossenschaft, einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (künftig: die Beklagte) folgten. Beim Gespräch am 13. November 2003 wurde seitens des Berufshelfers der Eindruck formuliert, dass der Kläger insbesondere deshalb nicht bereit sei, eine leichtere Arbeit, die ihm im Rahmen der Belastungserprobung angeboten worden sei, anzunehmen, weil er dann weniger verdiene. Er sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er sowohl als Staplerfahrer arbeiten als auch leichte Stanzarbeiten ausführen könne.
Ab 24. November 2003 wurde eine weitere Belastungserprobung durchgeführt. Unter dem 2. Dezember 2003 berichteten Prof. Dr. W./Dr. R., dass sich der Kläger am 28. November 2003 erneut in der Klinik vorgestellt und einen sehr leidenden Eindruck vermittelt habe. Die Belastungserprobung könne aber weiter durchgeführt werden, ein Abbruch sei nicht gerechtfertigt. Arbeitsfähigkeit werde voraussichtlich ab 8. Dezember 2003 eintreten.
Im ersten Rentengutachten vom 4. März 2004 des Prof. Dr. W./ Prof. Dr. H. führten diese aus, als wesentliche Unfallfolgen bestünde ein nach Schultergelenksverletzung mit Abrissfraktur des Tuberculum majus knöchern fest verheiltes Tuberculum majus Fragment sowie eine konzentrisch muskulär und schmerzbedingte Bewegungseinschränkung. Die MdE werde vom 17. Mai bis 7. Dezember 2003 mit 100 v.H., ab 8. Dezember 2003 mit 10 v.H. vorgeschlagen. Im Messblatt für die oberen Gliedmaßen (nach der Neutral-0-Methode) wurden als Bewegungsausmaß der Schultergelenke angegeben: Arm seitwärts/körperwärts rechts 170-0-60, links 90-0-40, Arm rückwärts/vorwärts rechts 60-0-170, links 40-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) rechts 60-0-90, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm seitwärts abgehalten) rechts 70-0-70, links 30-0-30. Beigefügt war eine Fotodokumentation der Bewegungsübungen.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme, die die vorgeschlagene MdE um 10 v.H. bestätigte und darüber hinaus eine unfallunabhängige Anpassungsstörung annahm, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. April 2004 die Gewährung einer Verletztenrente ab.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und legte ergänzend das Attest seines Hausarztes Dr. S. vor. Danach habe der Kläger vor dem Unfall nie über Beschwerden an der linken Schulter geklagt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück, gestützt auf die Ausführungen von Dr. B. sowie Prof. Dr. W./Prof. Dr. H ...
Dagegen hat der Kläger am 15. September 2004 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG Dr. P., Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 13. Juli 2005 führt dieser aus, der Kläger sei selbst mit dem Auto zur Untersuchung gefahren. Im Bereich der linken Schulter bestehe eine deutliche Verschmächtigung der gesamten Schultergürtelmuskulatur, besonders ausgeprägte Muskelatrophie im Bereich des Musculus deltoideus, ein deutlicher Druckschmerz im Bereich des gesamten linken Schultergelenks. Der Schürzen-, Nacken- und Kreuzgriff können demonstrativ nicht durchgeführt werden. Als Maße der Schulterbeweglichkeit hat Dr. P. angegeben: Arm seitwärts/körperwärts rechts 180-0-40, links 100-0-30, Arm rückwärts/vorwärts rechts 40-0-170, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm anliegend) rechts 60-0-90, links 30-0-90; Arm auswärts-/einwärtsdrehen (Oberarm seitwärts abgehalten) rechts 70-0-70, links 30-0-70. Dabei hat Dr. P. ergänzend ausgeführt, dass die subjektiv demonstrierten Bewegungsausmaße doch beträchtlich zu beobachteten alltäglichen Bewegungssituationen differierten. So habe der Kläger beispielsweise während der Untersuchung beim Abspreizen oder Vorwärtsführen des linken Arms über 60 Grad diesen mit dem rechten unterstützt, wohingegen diese Bewegung beim Ankleiden möglich gewesen sei. Dr. P. hat eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks bei Status nach nur minimal dislozierter Abrissfraktur des Tuberculum majus links aufgeführt sowie Verdacht auf somatoforme Anpassungsstörung. Die MdE hat Dr. P. für die Zeit vom 17. Mai bis 7. Dezember 2003 mit 100 v.H., danach mit 10 v.H. auf Dauer angegeben. Er hat weiter ausgeführt, dass möglicherweise eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung Aufschluss über das Vorliegen einer somatoformen Anpassungsstörung geben könne. Ob dies für die MdE von Belang sei, sei allerdings fraglich.
Auf weiteren Antrag nach § 109 SGG hat das SG den Facharzt für Psychologie und Neurologie Dr. F. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 10. April 2006 beschreibt Dr. F. auf neurologischem Fachgebiet einen weitgehend unauffälligen Befund, die bestehende Muskelatrophie links sei auftrainierbar. Die Antworten im Rahmen der Exploration habe der Kläger anfangs gestisch nur mit dem rechten Arm unterstrichen, bald darauf aber auch den linken eingesetzt mit zum Schluss kaum mehr wahrnehmbarer Bewegungsdifferenz zwischen rechts und links. Der Kläger sei überzeugt davon, einen schweren Arbeitsunfall erlitten zu haben und fühle sich von den Ärzten, der Beklagten wie dem Arbeitgeber ungerecht behandelt. Eine Aggravationstendenz sei bemerkbar. Die vom orthopädischen Gutachter geäußerte Verdachtsdiagnose einer somatoformen Anpassungsstörung sei unbrauchbar, da es sie in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen nicht gebe. Aber auch die übrigen somatoformen Störungen würden das vorliegende Bild nicht zutreffend beschreiben. Vielmehr sei die psychische Komponente in ihrem atypischen Verlauf als "psychologischer Faktor und Verhaltensfaktor bei einer andernorts klassifizierten Krankheit (ICD10 F.54)" zu klassifizieren. Diese Entwicklung setze eine besondere Verletzlichkeit und Art der Erlebnisverarbeitung voraus, jedoch keine diagnostisch gesondert einzuordnende psychische Störung, die vor dem Unfall bereits bestanden hätte oder durch diesen erstmals manifest geworden wäre. Diese psychische Erkrankung sei beim Kläger unfallbedingt und mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten, so dass insgesamt eine MdE um 20 v.H. angemessen sei. Auf Antrag des Klägers hat das SG Dr. F. zu den Einwänden der Beklagten ergänzend gehört (Stellungnahme vom 31. Juli 2006).
Daraufhin hat das SG Prof. Dr. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurologische Rehabilitation, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 29. Mai 2007 hat er eine diskrete Inaktivitätsathrophie des M. deltoideus links bei schmerzbedingter Bewegungseinschränkung der linken Schulter nach Abrissfraktur des Tuberculum majus links und eine leichte dysthyme Verstimmung diagnostiziert. Neurologisch seien die Befunde mit Ausnahme einer minimalen Inaktivitätsathrophie des M. deltoideus links unauffällig, es bestehe kein Anhalt für eine Nervenschädigung. Auch in psychopathologischer Sicht ergeben sich keine wesentlichen Auffälligkeiten. Affektive Beeinträchtigungen ließen sich nicht eruieren, nicht zu verkennen sei eine Verbitterung gegenüber seinem Arbeitgeber wegen der mit dem unfallbedingten Arbeitsplatzwechsel verbundenen finanziellen Herabstufung. Leistungseinschränkungen seien deshalb weder auf neurologischem noch psychiatrischem Fachgebiet festzustellen. Letztere schon deshalb nicht, da vom Kläger zwar stärkste Schmerzen bei Belastung geklagt würden, angesichts der minimalen körperlichen Befunde und außerhalb der Untersuchungssituation kaum erkennbaren Beeinträchtigungen ließen sich diese jedoch nicht hinreichend objektivieren. Wenn dann auch zusätzlich keine psychopathologischen Merkmale in der Exploration herauszuarbeiten seien, sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eine unfallbedingte Beeinträchtigung zu diagnostizieren. Bei Fehlen relevanter psychopathologischer Auffälligkeiten und einer nicht zu verkennenden Demonstrationsneigung helfe auch das Hilfskonstrukt einer "psychologische Faktoren und Verhaltensfaktoren bei andernorts klassifizierten Krankheiten" nicht weiter. Eine MdE auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehe über die bereits auf unfallchirurgisch mitbewertete leichte Muskelatrophie hinaus nicht. Die Dysthymie habe sich aus der allgemeinen Unzufriedenheit mit dem sicherlich bestehenden Beschwerdebild und der damit verbundenen innerbetrieblichen Umsetzung mit Minderverdienst entwickelt.
Durch Urteil vom 9. Oktober 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet liege zwar eine Bewegungseinschränkung der Schulterbeweglichkeit vor, die auf den Messblättern des Prof. Dr. W. für die Vorhebung auch eine Limitierung bei 90 Grad gezeigt habe. Allerdings habe bei der passiven Bewegungsprüfung eine, wenn auch schmerzbedingte, Beweglichkeit bis 100 Grad, bei funktionsnahen Bewegungen ohne Schmerzangaben bis 110 Grad vorgelegen. Die lediglich aktive Bewegungsprüfung von Dr. P. sei deshalb nicht von durchschlagender Bedeutung. Nach der unfallversicherungsrechtlichen Literatur sei deshalb unter Würdigung der klinischen Befund die MdE mit 10 v.H. zutreffend bewertet. Unter weiterer Berücksichtigung der Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W., wonach sich auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine relevanten Leistungseinschränkungen feststellen ließen, sei die Gesamt-MdE mit 10 v.H. nicht zu beanstanden.
Gegen das am 19. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Januar 2008 Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, die Behandlung der Unfallfolgen sei nur in der wohnortfernen Klinik in T. erfolgt. Die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. beauftragte Dolmetscherin sei fast eine Stunde zu spät gekommen und habe deshalb nicht die Untersuchung übersetzen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 9. Oktober 2007 sowie den Bescheid vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 8. Dezember 2003 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die beim Kläger unfallbedingt bestehende MdE, begründet auf Leistungseinschränkungen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet, mit 10 v.H. zutreffend und angemessen bewertet.
Das SG hat auf Seite 7 bis 9 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zutreffend und umfassend dargelegt, dass die beim Kläger bestehende konzentrisch muskulär und schmerzbedingte Bewegungseinschränkung der linken Schulter bei Zustand nach Schultergelenksverletzung mit Abrissfraktur des Tuberculum majus die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche hinaus lediglich um 10 v.H. mindert. Der Senat verweist nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen und schließt sich diesen an (§ 153 Abs. 2 SGG).
Soweit das Vorliegen von Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet im Streit steht, schließt sich der Senat den schlüssigen und zutreffend dargelegten Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W. in seinem Gutachten an. Danach liegt auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine Unfallfolge vor, die eine MdE zur Folge hätte.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger durchaus Schmerzen bei bestimmten Bewegungen im linken Schultergelenk verspürt. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Schmerzen über die mit den Verletzungsfolgen üblicherweise verbundenen Schmerzen hinausgehen und damit als eigenständige Schmerzerkrankung eine gesondert festzustellende MdE bedingen würden.
Dr. F. wie auch Prof. Dr. Dr. W. haben des Weiteren übereinstimmend dargestellt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine funktionellen Einschränkungen bestehen. Eine Nervenschädigung liegt nicht vor und es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für ein komplexes regionales Schmerzsyndrom. Deshalb ist die diskrete Muskelatrophie links nur durch den - nicht wesentlich durch Unfallfolgen bedingten - eingeschränkten Einsatz des linken Arms bedingt und damit auftrainierbar. Eine neurologische bzw. pathologische Ursache dieser Atrophie besteht nicht.
Aber auch auf psychiatrischem Fachgebiet liegt bis auf eine dysthyme Verstimmung keine Gesundheitsstörung vor. So haben Dr. F. wie Prof. Dr. Dr. W. übereinstimmend eine somatoforme Schmerzstörung ausgeschlossen, da schon nach den Schilderungen des Klägers ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz fehlt. Der Kläger schildert zwar Dauerbeschwerden, die ihn aber nicht hindern, seiner Arbeit nachzugehen (Schmerzen entstünden nach seinen Angaben in der Regel erst nach Arbeitsende), Fahrten mit dem Auto zur Arbeitsstelle oder einen Türkeiurlaub zu unternehmen.
Genau diese Umstände, darüber hinaus nur minimale körperliche Befunde und ein in der Untersuchungssituation (in unbeobachtet geglaubten Situationen) nur gering eingeschränktes Bewegungs- und Verhaltensmuster lassen jedoch die Objektivierung auch einer anders gearteten psychischen bzw. psychosomatischen Störung nicht zu. Da es somit schon an objektivierbaren psychischen Beeinträchtigungen fehlt, stellt sich die Frage eines Unfallzusammenhangs nicht mehr. Von einer irgendwie gearteten psychischen "Störung" ist daher nicht auszugehen.
Soweit Prof. Dr. Dr. W. eine dysthyme Störung, bedingt durch eine Unzufriedenheit mit der Behandlung nach dem Unfall, der beruflichen Lebenssituation und dem Verdienstrückgang, beschreibt, lässt der Senat offen, ob diese Störung tatsächlich wesentlich auf den angeschuldigten Arbeitsunfall oder nicht vielmehr auf eine vorbestehende, besondere psychische Empfindsamkeit zurückzuführen ist. Augenfällig ist nämlich, dass insbesondere die Klagen des Klägers über eine fehlerhafte oder ungenügende Behandlung, einen unverständigen Arbeitgeber oder fehlerhaftes Verhalten der Beklagten in den Akten keinen objektiven Widerhall finden. Es dürfte daher eher nahe liegen, das Reaktionsverhalten des Klägers als in seiner Persönlichkeit begründet, ggf. hypochondrisch mitbedingt, zu bewerten, wie es z.T. auch im Gutachten von Dr. Frießem seinen Ausdruck fand. Denn selbst wenn die dysthyme Störung wesentlich auf dem angeschuldigten Unfallereignis beruhen würde, wäre sie nicht so gravierend, dass sie eine rentenberechtigende MdE rechtfertigen würde. Auch die richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens ist mit der gleichen Argumentation abzulehnen. Denn faktisch waren nicht die Umgebungseinflüsse, sondern das - anlagebedingte - Erlebnisverhalten des Klägers selbst wesentlich für die - insoweit unterstellte - Störung.
Auch der Umstand, dass der Kläger nunmehr auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt ist, an dem er weniger verdient, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Bemessung der MdE erfolgt nach abstrakten Kriterien, also der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, und berücksichtigt in der Regel nicht die Einschränkungen bei der konkret ausgeübten Tätigkeit. Insoweit kann hier offen bleiben, ob objektiv überhaupt solche Leistungseinschränkungen vorliegen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Einsteller tatsächlich nicht mehr verrichten kann.
Auch die Einwände in der Berufungsbegründung tragen nicht zu einer abweichenden Bewertung bei, zumal der Kläger - was naheliegend gewesen wäre - nicht unmittelbar, oder jedenfalls im Termin vor dem SG nach der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. vorgetragen hat, die Dolmetscherin sei sehr verspätet erschienen, was den Vortrag wenig glaubhaft macht. Soweit - zumindest sinngemäß - gerügt worden ist, Prof. Dr. Dr. W. habe nur das "Abschlussgespräch" mit dem Kläger geführt, ist darauf hinzuweisen, dass es dem beauftragten Gutachter grundsätzlich gestattet ist, sich bei der Erstellung des Gutachtens Hilfspersonen zu bedienen. Er muss lediglich die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens nach eigener Überprüfung und Urteilsbildung bestätigen, was u.a. auch durch ein Gespräch mit dem Probanden und der Auswertung der bei der Exploration durch die beauftragten Hilfspersonen erhobenen Daten am Ende der Begutachtung gewährleistet ist. Ein Verfahrensverstoß, der zu einer Aufhebung der auch auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. gestützten Entscheidung führen könnte, liegt daher nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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