Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2484/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2134/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1958 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, hat keinen Beruf erlernt und war von 1987 bis 2001 bei insgesamt drei Arbeitgebern als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, zunächst für etwa 40 Stunden pro Woche, dann für etwa 35 Stunden und für den bisher letzten Arbeitgeber, dem Städtischen Klinikum der Stadt K. (Kinderklinik), für etwa 24 Stunden pro Woche. Beim bisher letzten Arbeitgeber war sie seit 1992 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Juni 2002 war sie abgesehen von kurzzeitigen Arbeitsversuchen, arbeitsunfähig und bezog ab 01. August 2002 (Schreiben der BKK der Stadt K. vom 02. Dezember 2002 und 25. Juli 2003) bis zur Aussteuerung Krankengeld. Im Anschluss daran erhielt sie Arbeitslosengeld. Das Landratsamt K. stellte mit Bescheid vom 06. Dezember 2005 den Grad der Behinderung mit 70 seit dem 30. Mai 2005 und das Merkzeichen "G" fest.
Einen Antrag der Klägerin vom 15. November 2002, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen, lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (einheitlich als Beklagte bezeichnet), gestützt auf ein Gutachten des Chirurgen Dr. F. vom 03. Dezember 2002 mit Bescheid vom 05. Dezember 2002 ab, da die Klägerin trotz der vorliegenden Krankheiten (Restbeschwerden nach Implantation einer Teilprothese des linken Kniegelenks am 31. Juli 2002, Spannungskopfschmerzen, Hypertonie, Adipositas und Wirbelsäulenverschleißleiden) noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Am 10. Juli 2003 beantragte die Klägerin erneut die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Bericht der Schmerzklinik Ki. vom 05. Februar 2002 bei, wo die Klägerin wegen analgetikainduziertem Dauerkopfschmerz, Migräne ohne Aura und episodischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp in der Zeit vom 27. Dezember 2001 bis 24. Januar 2002 stationär behandelt wurde. Nach Beiziehung weiterer Unterlagen der behandelnden Ärzte erhob die Beklagte ein Gutachten durch Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. L. vom 19. September 2003. Sie diagnostizierte fortgeschrittene Arthrose des linken Kniegelenks (Zustand nach Teilendoprothese mit befriedigendem postoperativen Ergebnis bei end- bis mittelgradigen Funktionseinbußen und leichtem Reizzustand), mittelgradige Arthrose des rechten Kniegelenks mit endgradigen Funktionseinbußen und geringem Reizzustand, Übergewicht, Kopfschmerz bei vorbeschriebener Migräne, Spannungskopfschmerz sowie analgetikainduziertem Kopfschmerz, Bluthochdruck und Ödeme beider Unterschenkel. Mit diesen Leistungseinschränkungen bestünde weiterhin ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in überwiegend sitzender Arbeitshaltung, wobei zeitweises Gehen und Stehen sowie gelegentliches Treppensteigen ebenfalls möglich seien. Auszuschließen seien Arbeiten mit überwiegendem Gehen und Stehen, besonders auf unebenen Untergrund, häufiges Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten in kniender oder hockender Position sowie unter besonderem Zeitdruck und mit erhöhten Anforderungen an die Konzentration. Als Reinigungskraft könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 25. September 2003 ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege keine teilweise oder volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, das Leistungsvermögen sei neben der schweren Kniegelenksveränderungen nach zwischenzeitlicher Implantation einer linksseitigen Kniegelenkshalbprothese vor allen Dingen durch ein Kopfschmerzsyndrom beeinträchtigt. Die Beklagte bewilligte daraufhin eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, die stationär vom 30. Dezember 2003 bis 20. Januar 2004 in der Klinik F. in B. H. durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht vom 25. Februar 2004 gab Dr. Fr. als Diagnosen an: Implantation einer medialen zement. Schlittenprothese rechts bei medialer Gonarthrose rechts (01. Dezember 2003) und Schlittenprothese links (Juli 2002). Die Klägerin sei arbeitsunfähig entlassen worden, wobei Arbeitsfähigkeit erst in drei bis vier Wochen bestünde. Die Tätigkeit als Reinigungskraft sei nicht mehr geeignet. Die Klägerin sei aber noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen ohne häufiges Knien und Bücken sechs Stunden und mehr zu verrichten. Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. L. schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 23. März 2004 dieser Einschätzung an. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin daraufhin zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2004, den Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 24. Mai 2004). Die Klägerin leide zwar an fortgeschrittener Arthrose des linken Kniegelenk, an mittelgradiger Arthrose des rechten Kniegelenks bei einem Zustand nach Implantation einer medialen Schlittenprothese, an Übergewicht, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und an Ödemen beider Unterschenkel. Sie sei aber noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts überwiegend im Sitzen, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne besonderem Zeitdruck (z.B. Akkord, Fließband), ohne Zwangshaltungen (z.B. Überkopf, kniend), ohne erhöhte Anforderungen an die Konzentration mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie sei daher nicht erwerbsgemindert, so dass ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nicht bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. Juni 2004 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, Kopfschmerzen und Migräneattacken machten es ihr unmöglich, zu arbeiten. Nunmehr fast täglich auftretende Schwindelattacken führten dazu, dass sie auch leichte Tätigkeiten nicht ausüben könne.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Orthopäde Dr. H. (Auskunft vom 15. September 2004) hat als Diagnosen ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom sowie eine fortgeschrittene medial betonte Gonarthrose beidseits angegeben. Er stimme dem Gutachten der Beklagten zu. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten insbesondere im Wechsel von Sitzen, Stehen und Laufen vollschichtig verrichten. Allgemeinarzt Dr. K. (Auskunft vom 20. September 2004) hat als Diagnosen Adipositas per magna, Spannungskopfschmerzen bei degenerativem Halswirbelsäulensyndrom, medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz, fortgeschrittene Gonarthrose beidseits, Implantation einer Schlittenprothese am rechten und linken Knie, arterielle Hypertonie sowie Lymphödeme an beiden Unterschenkeln genannt. Als Reinigungskraft könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Zeitdruck könne sie höchstens zwei bis vier Stunden pro Tag ausüben.
Das SG hat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 08. März 2005 erhoben. Dr. B. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten eine mittel ausgeprägte mehrdimensionale (somatoform-dysthyme) psychosomatische (neurotische) Störung diagnostiziert. Es sei anzunehmen, dass es sich bei den chronisch rezidivierenden gemischten Kopfschmerzen im Wesentlichen um eine psychosomatische Störung handle. Im Erwerbsleben seien deshalb besondere Anforderungen an das Auffassungsvermögen, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, die Reaktionsfähigkeit, das Konzentrationsvermögen, die Merkfähigkeit und das Durchsetzungsvermögen sowie besondere oder auch nur durchschnittliche nervliche Belastungen, Schichtarbeit, Nachtarbeit, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, besonderer (überdurchschnittlicher) Zeitdruck und sehr häufiger Publikumsverkehr zu vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Zusätzliche (betriebsunübliche) Pausen während der Arbeitszeit seien nicht erforderlich. Auch sei die Klägerin in der Lage, üblich geforderte Fußwege (z.B. täglich viermal mindestens 500 Meter in höchstens 15 Minuten) zurückzulegen. Auch sei die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (auch während der Hauptverkehrszeiten) möglich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Chirotherapie D. das Gutachten vom 17. Januar 2006 erstattet. Es bestehe ein Zustand nach Knieendoprothesen beidseits mit einer Bewegungseinschränkung von 90 Grad Beugedefizit. Das Heben und Tragen von Lasten über zehn kg sei nicht möglich, ebenso keine kniende Tätigkeiten. Arbeiten mit dauerndem Stehen, Gehen oder Sitzen seien eingeschränkt möglich, hingegen nicht Tätigkeiten in Kälte- oder Wärmeeinfluss. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, täglich acht Stunden zu arbeiten.
Mit Urteil vom 24. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie weiterhin in der Lage sei, alle leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen entnehme die Kammer dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere den Gutachten des Dr. B. und des Orthopäden D ... Aufgrund ihres beruflichen Werdeganges seien ihr alle leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 07. April 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. April 2006 beim SG Berufung eingelegt. Sie sei aufgrund der Kopfschmerzproblematik nicht in der Lage, an mehr als zwei, maximal drei Tage hintereinander in der Woche regelmäßig mehr als drei Stunden zu arbeiten. Das SG sei hierauf nicht genügend eingegangen. Insbesondere die Fragen, wie sich der regelmäßig auftretende Kopfschmerz in der Praxis auf leichteste Tätigkeiten auswirken würde, und umgekehrt, wie sich bei regelmäßiger, leichtester Arbeit die beruflichen Anforderungen auf das Kopfschmerzsyndrom auswirken würden, sei nach wie vor unbeantwortet. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich weder in der Vergangenheit noch jetzt in psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Behandlung befunden habe bzw. befinde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. März 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. Juli 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung unter Vorlage eines Versicherungsverlaufs vom 06. September 2006 entgegengetreten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat Facharzt für Psychosomatische Medizin, Nervenarzt - Psychoanalyse - am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in M. Prof. Dr. Li. das Gutachten vom 05. Februar 2007 erstellt. Er hat folgende Diagnosen aus psychosomatischer Sicht gestellt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Angst und depressive Störung gemischt, Adipositas Grad II/III und Verdacht auf Persönlichkeitsstörung. Aufgrund der inzwischen eingetretenen Chronifizierung der Schmerzsymptomatik wie auch der affektiven Störung mit rezidivierendem ängstlich-depressivem Affekt sei eine wesentliche Besserung oder ein Abklingen des Beschwerdekomplexes nicht zu erwarten. Bei der Klägerin bestehe auf dem Boden einer neurotischen Arbeits- und Leistungsstörung eine psychosomatische Polysymptomatik, wobei die Schmerzstörung als der letztlich limitierende Faktor in der Leistungsbeurteilung anzusehen sei. Leichte Tätigkeiten, wie Museumswärter, könne die Klägerin auch halbschichtig ausführen, eine darüber hinausgehende Tätigkeit würde hingegen das ängstlich-depressive Vermeidungsverhalten verstärken. Die dauerhafte Einordnung in einen vollschichtigen Arbeitsablauf werde zu einer Zunahme der ängstlich-depressiven Symptomatik mit Antriebs- und Konzentrationsstörung, Stimmungsbeeinträchtigung, Freudlosigkeit sowie Gewichtszunahme und daraus folgend zu mangelnder Zuverlässigkeit führen. Der Rückzug der Klägerin in den häuslichen Bereich entspreche einem Schutzverhalten, wobei der damit verbundene Sekundärgewinn eine Verstärkung des Verhaltens zur Folge habe. Die Klägerin sei derzeit in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ausschließlich der notwendigen Wege zum und vom Arbeitsplatz) mehr als vier bis zu sechs Stunden täglich zu verrichten. Ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit seien noch leichte körperliche Arbeiten möglich, jedoch ohne gleichförmige Körperhaltung, insbesondere ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, ohne häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeit auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit und ohne Arbeit in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, Nässe oder im Freien. Die Möglichkeit zum Einlegen von Pausen, am besten kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten, etwa zweimal pro Arbeitstag, erscheine unerlässlich. Der Arbeitsweg sollte mit öffentlichen Verkehrmitteln eine halbe Stunde nicht überschreiten. Gehstrecken sollten einfach höchstens einen halben Kilometer betragen. Der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. B. könne weitgehend gefolgt werden, wobei die Auffassung nicht geteilt werde, dass eine Berücksichtigung der Psychodynamik nicht erforderlich sei für die Beurteilung des Leistungsvermögens. Es habe sich ein zunehmend progredienter Verlauf gezeigt, der mittlerweile zu irreparablen somatischen Folgekrankheiten geführt habe. Die Klägerin sei daher nicht mehr in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie MUDr. H. vom 30. März 2007 vorgelegt. Danach habe man bei dem Gutachten von Prof. Dr. Li. den Eindruck, dass sich die gutachterlichen Einschätzungen im Wesentlichen auf Angaben der Klägerin stützten. Die Diagnose einer "Angst- und depressiven Störung, gemischt" sei nicht nachvollziehbar, da sie vom Gutachter nur vage begründet worden sei. Weder aus der erhobenen Anamnese noch aus dem psychischen Befund könnten Hinweise für eine gravierende depressive Störung abgeleitet werden. Insgesamt könnte den inkonsistenten Ausführungen des Gutachters nicht gefolgt werden, so dass auch die von ihm getroffene Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehbar sei. Der Gutachter habe sich hierbei auf die gestellten Diagnosen, die subjektive Leistungsbeschreibung der Klägerin und seinen persönlichen Eindruck gestützt. Bei der Klägerin sei jedoch lediglich die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung objektivierbar und allein subjektive Leistungsbeschreibungen könnten bei der gutachterlichen Beurteilung keine entscheidende Rolle spielen. Im Übrigen sei eine Beeinträchtigung im Bereich des Antriebsverhaltens, der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit nicht objektivierbar, zumal der Gutachter im psychischen Befund ein nur etwas reduziertes Antriebsniveau und nicht wesentlich beeinträchtigte, weitgehend unauffällige kognitive Funktionen festgestellt habe. Auch die Ausführungen, wonach kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten unerlässlich seien, sei aus psychiatrischer Sicht nicht begründbar. Im Übrigen nehme die Klägerin zumutbare therapeutische (psychiatrische) Bemühungen im ambulanten Rahmen bislang nicht in Anspruch.
Einen Antrag der Klägerin vom 16. März 2007, ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu bewilligen, hat die Beklagte unter Hinweis darauf abgelehnt, dass seit der letzten Leistung zur medizinischen Rehabilitation noch keine vier Jahre vergangen seien (Bescheid vom 18. April 2007).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Renten- und Rehabilitationsakten der Beklagten, die Akten des SG und die Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen¬anpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser, als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und im welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßgaben ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Bei der Klägerin liegen zwar auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet verschiedene Erkrankungen vor, diese sind jedoch nicht so ausgeprägt, dass das Leistungsvermögen so weit gemindert wäre, dass volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt.
a) Das Schwergewicht der Erkrankung der Klägerin liegt auf psychiatrischem Fachgebiet. Der Senat entnimmt dem auf umfassenden Untersuchungen der Klägerin beruhenden Gutachten des Dr. B. vom 08. März 2005, das insoweit durch das Gutachten des Prof. Dr. Li. vom 05. Februar 2007 bestätigt wird, dass bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme bzw. neurotische Schmerzstörung, Hinweise auf das Bestehen von Angst und Depression sowie ein Verdacht auf Persönlichkeitsstörung vorliegen. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin wird dabei nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen ganz überwiegend durch die Schmerzsymptomatik, und hierbei insbesondere durch die Kopfschmerzen, sowie die reduzierte seelische Belastbarkeit beeinträchtigt. Mit diesen festgestellten Erkrankungen kann die Klägerin keine körperlich schweren Tätigkeiten mehr ausüben. Auch sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, das Auffassungsvermögen, die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und das Verantwortungsbewusstsein, das Konzentrationsvermögen, die Merkfähigkeit und an das Durchsetzungsvermögen sowie Tätigkeiten mit Schicht-, Nacht-, Akkord- und Fließbandarbeit ausgeschlossen. Weiterhin kommen Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck und sehr häufigem Publikumsverkehr nicht in Betracht. Die Klägerin besitzt aber weiterhin noch die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, sich innerhalb von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einzuüben. Hiervon ist der Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen von Dr. B. in seinem Gutachten überzeugt.
Trotz der genannten qualitativen Einschränkungen ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Der Senat ist hierbei zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin derartige Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Der Senat stützt sich hierbei auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Gutachter Dr. B ... Dieser ist in seinem Gutachten nachvollziehbar und schlüssig zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten vollschichtig (ca. acht Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen pro Woche) zu verrichten. Prof. Dr. Li. ist bei seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit hingegen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, "mehr als vier und bis zu sechs Stunden" täglich leichte Tätigkeiten zu verrichten. Diese Einschätzung überzeugt nicht. Denn Prof. Dr. Li. begründet nicht, weshalb die Klägerin noch in der Lage sein soll, "bis zu sechs Stunden" täglich leichte Tätigkeiten auszuüben, nicht aber mehr als sechs Stunden. Aus der von ihm erhobenen Anamnese ergeben sich keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für diese zeitliche Einschränkung. MUDr. H. weist in ihrer Stellungnahme vom 30. März 2007 insoweit zutreffend darauf hin, dass Prof. Dr. Li. keine psychiatrischen Befunde angegeben hat, die unter zumutbarer Willensanspannung (trotz der vorhandenen Beschwerden) und gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme von zumutbaren therapeutischen Bemühungen im ambulanten Rahmen, die bislang nach Angaben der Klägerin nicht in Anspruch genommen wurden, einer mehr als sechsstündigen leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstehen. Nach der im Gutachten vom 05. Februar 2007 genannten Anamnese war die Klägerin während der Gesprächssituation beweglich und ansprechbar, wobei die Konzentrationsfähigkeit während des Gesprächs nicht wesentlich beeinträchtigt war. Prof. Dr. Li. hat in diesem Zusammenhang auch mitgeteilt, dass sich die kognitiven Funktionen im Gespräch als weitgehend unauffällig erwiesen hätten. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen Prof. Dr. Li. zu seiner Einschätzung des eingeschränkten Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht gelangt ist. Der von ihm bei der Frage, ob mit einer Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin in absehbarer Zeit zu rechnen ist, angegebene progrediente Verlauf der Erkrankung vermag seine Leistungsbeurteilung jedenfalls nicht zu stützen, da die verstärkte Beeinträchtigung nach seinen Angaben seit etwa Juli 2002 besteht. Dr. B., der zu der Einschätzung einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit gelangt ist, hat sein Gutachten jedoch im März 2005 erstellt, mithin zu einem Zeitpunkt, der nach der von Prof. Dr. Li. angenommenen Verstärkung der Beeinträchtigung liegt.
Der Senat ist vor diesem Hintergrund zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der psychiatrischen Erkrankungen noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
b) Die daneben auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen, insbesondere die Gonarthrose beidseits, die links und rechts mit Knieendoprothesen therapiert ist, rechtfertigen keine zeitliche Herabsetzung des Leistungsvermögens. Dies steht bereits aufgrund der Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. H. fest (Auskunft vom 15. September 2004). Diese Einschätzung hat auch Facharzt für Orthopädie D. in seinem Gutachten vom 17. Januar 2006 bestätigt. Danach ist die Klägerin auch noch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern zu Fuß zurückzulegen. Zu dieser Einschätzung ist auch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. in seinem Gutachten gelangt. Im Übrigen misst der Senat der Einschätzung des Facharztes für Orthopädie D. gegenüber der von Prof. Dr. Li., wonach die Gehstrecke höchstens einen halben Kilometer betragen solle, ein höheres Gewicht bei. Denn Prof. Dr. Li. hat keine Befunde angegeben, die seine Einschätzung rechtfertigten.
c) Die Klägerin benötigt auch keine betriebsunüblichen Pausen. Prof. Dr. Li. hat in diesem Zusammenhang angegeben, die Klägerin müsse kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten etwa zweimal pro Arbeitstag einlegen. Nach § 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) stehen der Klägerin bei einer zugrunde gelegten täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden Ruhepausen von mindestens 30 Minuten zu, die nach Maßgabe der §§ 4 Satz 2 und 7 ArbZG auch in kleinere Zeitabschnitte aufgeteilt werden können. Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - mit weiteren Nachweisen = in juris veröffentlicht).
d) Soweit Allgemeinarzt Dr. K. in seiner Auskunft vom 20. September 2004 die Klägerin nur noch für in der Lage hält, ca. zwei bis vier Stunden pro Tag leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten, überzeugt diese Einschätzung nicht. Dr. K. begründet seine Einschätzung nicht, die von ihm mitgeteilten Befunde wurden durch Dr. B. und Prof. Dr. Li. bei deren Begutachtung berücksichtigt.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist mit dem festgestelltem Leistungsvermögen in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten mit den beschriebenen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Solche Tätigkeiten sind ihr sozial zumutbar. Einen Beruf hat die Klägerin nicht erlernt. Sie war zuletzt dauerhaft als Reinigungsfrau und damit als ungelernte Arbeiterin beschäftigt. Ungelernte Arbeiter sind auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar und haben keinen Berufsschutz. Eine ungelernte Tätigkeit, die nur eine Einlernzeit von bis zu drei Monaten erfordert, wird durch langjährige Ausübung nicht zu einem Ausbildungsberuf im Sinne des Lehrstufenschemas.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.
Die am 1958 geborene Klägerin, türkische Staatsangehörige, hat keinen Beruf erlernt und war von 1987 bis 2001 bei insgesamt drei Arbeitgebern als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, zunächst für etwa 40 Stunden pro Woche, dann für etwa 35 Stunden und für den bisher letzten Arbeitgeber, dem Städtischen Klinikum der Stadt K. (Kinderklinik), für etwa 24 Stunden pro Woche. Beim bisher letzten Arbeitgeber war sie seit 1992 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Juni 2002 war sie abgesehen von kurzzeitigen Arbeitsversuchen, arbeitsunfähig und bezog ab 01. August 2002 (Schreiben der BKK der Stadt K. vom 02. Dezember 2002 und 25. Juli 2003) bis zur Aussteuerung Krankengeld. Im Anschluss daran erhielt sie Arbeitslosengeld. Das Landratsamt K. stellte mit Bescheid vom 06. Dezember 2005 den Grad der Behinderung mit 70 seit dem 30. Mai 2005 und das Merkzeichen "G" fest.
Einen Antrag der Klägerin vom 15. November 2002, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen, lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten (einheitlich als Beklagte bezeichnet), gestützt auf ein Gutachten des Chirurgen Dr. F. vom 03. Dezember 2002 mit Bescheid vom 05. Dezember 2002 ab, da die Klägerin trotz der vorliegenden Krankheiten (Restbeschwerden nach Implantation einer Teilprothese des linken Kniegelenks am 31. Juli 2002, Spannungskopfschmerzen, Hypertonie, Adipositas und Wirbelsäulenverschleißleiden) noch in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Am 10. Juli 2003 beantragte die Klägerin erneut die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Bericht der Schmerzklinik Ki. vom 05. Februar 2002 bei, wo die Klägerin wegen analgetikainduziertem Dauerkopfschmerz, Migräne ohne Aura und episodischen Kopfschmerzen vom Spannungstyp in der Zeit vom 27. Dezember 2001 bis 24. Januar 2002 stationär behandelt wurde. Nach Beiziehung weiterer Unterlagen der behandelnden Ärzte erhob die Beklagte ein Gutachten durch Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. L. vom 19. September 2003. Sie diagnostizierte fortgeschrittene Arthrose des linken Kniegelenks (Zustand nach Teilendoprothese mit befriedigendem postoperativen Ergebnis bei end- bis mittelgradigen Funktionseinbußen und leichtem Reizzustand), mittelgradige Arthrose des rechten Kniegelenks mit endgradigen Funktionseinbußen und geringem Reizzustand, Übergewicht, Kopfschmerz bei vorbeschriebener Migräne, Spannungskopfschmerz sowie analgetikainduziertem Kopfschmerz, Bluthochdruck und Ödeme beider Unterschenkel. Mit diesen Leistungseinschränkungen bestünde weiterhin ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten in überwiegend sitzender Arbeitshaltung, wobei zeitweises Gehen und Stehen sowie gelegentliches Treppensteigen ebenfalls möglich seien. Auszuschließen seien Arbeiten mit überwiegendem Gehen und Stehen, besonders auf unebenen Untergrund, häufiges Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten in kniender oder hockender Position sowie unter besonderem Zeitdruck und mit erhöhten Anforderungen an die Konzentration. Als Reinigungskraft könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 25. September 2003 ab, da die Klägerin noch in der Lage sei, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Es liege keine teilweise oder volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, das Leistungsvermögen sei neben der schweren Kniegelenksveränderungen nach zwischenzeitlicher Implantation einer linksseitigen Kniegelenkshalbprothese vor allen Dingen durch ein Kopfschmerzsyndrom beeinträchtigt. Die Beklagte bewilligte daraufhin eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, die stationär vom 30. Dezember 2003 bis 20. Januar 2004 in der Klinik F. in B. H. durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht vom 25. Februar 2004 gab Dr. Fr. als Diagnosen an: Implantation einer medialen zement. Schlittenprothese rechts bei medialer Gonarthrose rechts (01. Dezember 2003) und Schlittenprothese links (Juli 2002). Die Klägerin sei arbeitsunfähig entlassen worden, wobei Arbeitsfähigkeit erst in drei bis vier Wochen bestünde. Die Tätigkeit als Reinigungskraft sei nicht mehr geeignet. Die Klägerin sei aber noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten, überwiegend im Sitzen ohne häufiges Knien und Bücken sechs Stunden und mehr zu verrichten. Fachärztin für Chirurgie - Sozialmedizin - Dr. L. schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 23. März 2004 dieser Einschätzung an. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin daraufhin zurück (Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2004, den Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 24. Mai 2004). Die Klägerin leide zwar an fortgeschrittener Arthrose des linken Kniegelenk, an mittelgradiger Arthrose des rechten Kniegelenks bei einem Zustand nach Implantation einer medialen Schlittenprothese, an Übergewicht, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und an Ödemen beider Unterschenkel. Sie sei aber noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts überwiegend im Sitzen, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne besonderem Zeitdruck (z.B. Akkord, Fließband), ohne Zwangshaltungen (z.B. Überkopf, kniend), ohne erhöhte Anforderungen an die Konzentration mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Sie sei daher nicht erwerbsgemindert, so dass ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nicht bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. Juni 2004 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, Kopfschmerzen und Migräneattacken machten es ihr unmöglich, zu arbeiten. Nunmehr fast täglich auftretende Schwindelattacken führten dazu, dass sie auch leichte Tätigkeiten nicht ausüben könne.
Das SG hat die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Orthopäde Dr. H. (Auskunft vom 15. September 2004) hat als Diagnosen ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom sowie eine fortgeschrittene medial betonte Gonarthrose beidseits angegeben. Er stimme dem Gutachten der Beklagten zu. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten insbesondere im Wechsel von Sitzen, Stehen und Laufen vollschichtig verrichten. Allgemeinarzt Dr. K. (Auskunft vom 20. September 2004) hat als Diagnosen Adipositas per magna, Spannungskopfschmerzen bei degenerativem Halswirbelsäulensyndrom, medikamenteninduzierter Dauerkopfschmerz, fortgeschrittene Gonarthrose beidseits, Implantation einer Schlittenprothese am rechten und linken Knie, arterielle Hypertonie sowie Lymphödeme an beiden Unterschenkeln genannt. Als Reinigungskraft könne die Klägerin nicht mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen ohne Zeitdruck könne sie höchstens zwei bis vier Stunden pro Tag ausüben.
Das SG hat das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 08. März 2005 erhoben. Dr. B. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten eine mittel ausgeprägte mehrdimensionale (somatoform-dysthyme) psychosomatische (neurotische) Störung diagnostiziert. Es sei anzunehmen, dass es sich bei den chronisch rezidivierenden gemischten Kopfschmerzen im Wesentlichen um eine psychosomatische Störung handle. Im Erwerbsleben seien deshalb besondere Anforderungen an das Auffassungsvermögen, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, die Reaktionsfähigkeit, das Konzentrationsvermögen, die Merkfähigkeit und das Durchsetzungsvermögen sowie besondere oder auch nur durchschnittliche nervliche Belastungen, Schichtarbeit, Nachtarbeit, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, besonderer (überdurchschnittlicher) Zeitdruck und sehr häufiger Publikumsverkehr zu vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Zusätzliche (betriebsunübliche) Pausen während der Arbeitszeit seien nicht erforderlich. Auch sei die Klägerin in der Lage, üblich geforderte Fußwege (z.B. täglich viermal mindestens 500 Meter in höchstens 15 Minuten) zurückzulegen. Auch sei die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel (auch während der Hauptverkehrszeiten) möglich.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin und Chirotherapie D. das Gutachten vom 17. Januar 2006 erstattet. Es bestehe ein Zustand nach Knieendoprothesen beidseits mit einer Bewegungseinschränkung von 90 Grad Beugedefizit. Das Heben und Tragen von Lasten über zehn kg sei nicht möglich, ebenso keine kniende Tätigkeiten. Arbeiten mit dauerndem Stehen, Gehen oder Sitzen seien eingeschränkt möglich, hingegen nicht Tätigkeiten in Kälte- oder Wärmeeinfluss. Unter Beachtung dieser Einschränkungen sei die Klägerin noch in der Lage, täglich acht Stunden zu arbeiten.
Mit Urteil vom 24. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert, da sie weiterhin in der Lage sei, alle leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen entnehme die Kammer dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere den Gutachten des Dr. B. und des Orthopäden D ... Aufgrund ihres beruflichen Werdeganges seien ihr alle leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumutbar.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 07. April 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. April 2006 beim SG Berufung eingelegt. Sie sei aufgrund der Kopfschmerzproblematik nicht in der Lage, an mehr als zwei, maximal drei Tage hintereinander in der Woche regelmäßig mehr als drei Stunden zu arbeiten. Das SG sei hierauf nicht genügend eingegangen. Insbesondere die Fragen, wie sich der regelmäßig auftretende Kopfschmerz in der Praxis auf leichteste Tätigkeiten auswirken würde, und umgekehrt, wie sich bei regelmäßiger, leichtester Arbeit die beruflichen Anforderungen auf das Kopfschmerzsyndrom auswirken würden, sei nach wie vor unbeantwortet. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie sich weder in der Vergangenheit noch jetzt in psychiatrischer bzw. psychotherapeutischer Behandlung befunden habe bzw. befinde.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. März 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01. Juli 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Berufung unter Vorlage eines Versicherungsverlaufs vom 06. September 2006 entgegengetreten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat Facharzt für Psychosomatische Medizin, Nervenarzt - Psychoanalyse - am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in M. Prof. Dr. Li. das Gutachten vom 05. Februar 2007 erstellt. Er hat folgende Diagnosen aus psychosomatischer Sicht gestellt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Angst und depressive Störung gemischt, Adipositas Grad II/III und Verdacht auf Persönlichkeitsstörung. Aufgrund der inzwischen eingetretenen Chronifizierung der Schmerzsymptomatik wie auch der affektiven Störung mit rezidivierendem ängstlich-depressivem Affekt sei eine wesentliche Besserung oder ein Abklingen des Beschwerdekomplexes nicht zu erwarten. Bei der Klägerin bestehe auf dem Boden einer neurotischen Arbeits- und Leistungsstörung eine psychosomatische Polysymptomatik, wobei die Schmerzstörung als der letztlich limitierende Faktor in der Leistungsbeurteilung anzusehen sei. Leichte Tätigkeiten, wie Museumswärter, könne die Klägerin auch halbschichtig ausführen, eine darüber hinausgehende Tätigkeit würde hingegen das ängstlich-depressive Vermeidungsverhalten verstärken. Die dauerhafte Einordnung in einen vollschichtigen Arbeitsablauf werde zu einer Zunahme der ängstlich-depressiven Symptomatik mit Antriebs- und Konzentrationsstörung, Stimmungsbeeinträchtigung, Freudlosigkeit sowie Gewichtszunahme und daraus folgend zu mangelnder Zuverlässigkeit führen. Der Rückzug der Klägerin in den häuslichen Bereich entspreche einem Schutzverhalten, wobei der damit verbundene Sekundärgewinn eine Verstärkung des Verhaltens zur Folge habe. Die Klägerin sei derzeit in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (ausschließlich der notwendigen Wege zum und vom Arbeitsplatz) mehr als vier bis zu sechs Stunden täglich zu verrichten. Ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit seien noch leichte körperliche Arbeiten möglich, jedoch ohne gleichförmige Körperhaltung, insbesondere ohne dauerndes Gehen und Stehen, ohne Heben und Tragen von Lasten über fünf kg, ohne häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeit auf Leitern und Gerüsten, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit und ohne Arbeit in Kälte, unter Wärmeeinfluss, unter Einwirkung von Staub, Gasen und Dämpfen, Nässe oder im Freien. Die Möglichkeit zum Einlegen von Pausen, am besten kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten, etwa zweimal pro Arbeitstag, erscheine unerlässlich. Der Arbeitsweg sollte mit öffentlichen Verkehrmitteln eine halbe Stunde nicht überschreiten. Gehstrecken sollten einfach höchstens einen halben Kilometer betragen. Der gutachterlichen Stellungnahme von Dr. B. könne weitgehend gefolgt werden, wobei die Auffassung nicht geteilt werde, dass eine Berücksichtigung der Psychodynamik nicht erforderlich sei für die Beurteilung des Leistungsvermögens. Es habe sich ein zunehmend progredienter Verlauf gezeigt, der mittlerweile zu irreparablen somatischen Folgekrankheiten geführt habe. Die Klägerin sei daher nicht mehr in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie MUDr. H. vom 30. März 2007 vorgelegt. Danach habe man bei dem Gutachten von Prof. Dr. Li. den Eindruck, dass sich die gutachterlichen Einschätzungen im Wesentlichen auf Angaben der Klägerin stützten. Die Diagnose einer "Angst- und depressiven Störung, gemischt" sei nicht nachvollziehbar, da sie vom Gutachter nur vage begründet worden sei. Weder aus der erhobenen Anamnese noch aus dem psychischen Befund könnten Hinweise für eine gravierende depressive Störung abgeleitet werden. Insgesamt könnte den inkonsistenten Ausführungen des Gutachters nicht gefolgt werden, so dass auch die von ihm getroffene Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehbar sei. Der Gutachter habe sich hierbei auf die gestellten Diagnosen, die subjektive Leistungsbeschreibung der Klägerin und seinen persönlichen Eindruck gestützt. Bei der Klägerin sei jedoch lediglich die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung objektivierbar und allein subjektive Leistungsbeschreibungen könnten bei der gutachterlichen Beurteilung keine entscheidende Rolle spielen. Im Übrigen sei eine Beeinträchtigung im Bereich des Antriebsverhaltens, der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit nicht objektivierbar, zumal der Gutachter im psychischen Befund ein nur etwas reduziertes Antriebsniveau und nicht wesentlich beeinträchtigte, weitgehend unauffällige kognitive Funktionen festgestellt habe. Auch die Ausführungen, wonach kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten unerlässlich seien, sei aus psychiatrischer Sicht nicht begründbar. Im Übrigen nehme die Klägerin zumutbare therapeutische (psychiatrische) Bemühungen im ambulanten Rahmen bislang nicht in Anspruch.
Einen Antrag der Klägerin vom 16. März 2007, ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu bewilligen, hat die Beklagte unter Hinweis darauf abgelehnt, dass seit der letzten Leistung zur medizinischen Rehabilitation noch keine vier Jahre vergangen seien (Bescheid vom 18. April 2007).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Renten- und Rehabilitationsakten der Beklagten, die Akten des SG und die Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzen¬anpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, 554) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser, als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und im welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach diesen Maßgaben ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weil sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Bei der Klägerin liegen zwar auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet verschiedene Erkrankungen vor, diese sind jedoch nicht so ausgeprägt, dass das Leistungsvermögen so weit gemindert wäre, dass volle oder teilweise Erwerbsminderung vorliegt.
a) Das Schwergewicht der Erkrankung der Klägerin liegt auf psychiatrischem Fachgebiet. Der Senat entnimmt dem auf umfassenden Untersuchungen der Klägerin beruhenden Gutachten des Dr. B. vom 08. März 2005, das insoweit durch das Gutachten des Prof. Dr. Li. vom 05. Februar 2007 bestätigt wird, dass bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme bzw. neurotische Schmerzstörung, Hinweise auf das Bestehen von Angst und Depression sowie ein Verdacht auf Persönlichkeitsstörung vorliegen. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin wird dabei nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen ganz überwiegend durch die Schmerzsymptomatik, und hierbei insbesondere durch die Kopfschmerzen, sowie die reduzierte seelische Belastbarkeit beeinträchtigt. Mit diesen festgestellten Erkrankungen kann die Klägerin keine körperlich schweren Tätigkeiten mehr ausüben. Auch sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, das Auffassungsvermögen, die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit und das Verantwortungsbewusstsein, das Konzentrationsvermögen, die Merkfähigkeit und an das Durchsetzungsvermögen sowie Tätigkeiten mit Schicht-, Nacht-, Akkord- und Fließbandarbeit ausgeschlossen. Weiterhin kommen Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck und sehr häufigem Publikumsverkehr nicht in Betracht. Die Klägerin besitzt aber weiterhin noch die erforderliche Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, sich innerhalb von drei Monaten in eine neue Berufstätigkeit einzuüben. Hiervon ist der Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen von Dr. B. in seinem Gutachten überzeugt.
Trotz der genannten qualitativen Einschränkungen ist die Klägerin jedoch noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Der Senat ist hierbei zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin derartige Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Der Senat stützt sich hierbei auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den Gutachter Dr. B ... Dieser ist in seinem Gutachten nachvollziehbar und schlüssig zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten vollschichtig (ca. acht Stunden pro Arbeitstag an fünf Tagen pro Woche) zu verrichten. Prof. Dr. Li. ist bei seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit hingegen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin nur noch in der Lage sei, "mehr als vier und bis zu sechs Stunden" täglich leichte Tätigkeiten zu verrichten. Diese Einschätzung überzeugt nicht. Denn Prof. Dr. Li. begründet nicht, weshalb die Klägerin noch in der Lage sein soll, "bis zu sechs Stunden" täglich leichte Tätigkeiten auszuüben, nicht aber mehr als sechs Stunden. Aus der von ihm erhobenen Anamnese ergeben sich keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für diese zeitliche Einschränkung. MUDr. H. weist in ihrer Stellungnahme vom 30. März 2007 insoweit zutreffend darauf hin, dass Prof. Dr. Li. keine psychiatrischen Befunde angegeben hat, die unter zumutbarer Willensanspannung (trotz der vorhandenen Beschwerden) und gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme von zumutbaren therapeutischen Bemühungen im ambulanten Rahmen, die bislang nach Angaben der Klägerin nicht in Anspruch genommen wurden, einer mehr als sechsstündigen leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegenstehen. Nach der im Gutachten vom 05. Februar 2007 genannten Anamnese war die Klägerin während der Gesprächssituation beweglich und ansprechbar, wobei die Konzentrationsfähigkeit während des Gesprächs nicht wesentlich beeinträchtigt war. Prof. Dr. Li. hat in diesem Zusammenhang auch mitgeteilt, dass sich die kognitiven Funktionen im Gespräch als weitgehend unauffällig erwiesen hätten. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen Prof. Dr. Li. zu seiner Einschätzung des eingeschränkten Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht gelangt ist. Der von ihm bei der Frage, ob mit einer Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin in absehbarer Zeit zu rechnen ist, angegebene progrediente Verlauf der Erkrankung vermag seine Leistungsbeurteilung jedenfalls nicht zu stützen, da die verstärkte Beeinträchtigung nach seinen Angaben seit etwa Juli 2002 besteht. Dr. B., der zu der Einschätzung einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit gelangt ist, hat sein Gutachten jedoch im März 2005 erstellt, mithin zu einem Zeitpunkt, der nach der von Prof. Dr. Li. angenommenen Verstärkung der Beeinträchtigung liegt.
Der Senat ist vor diesem Hintergrund zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch unter Berücksichtigung der psychiatrischen Erkrankungen noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
b) Die daneben auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen, insbesondere die Gonarthrose beidseits, die links und rechts mit Knieendoprothesen therapiert ist, rechtfertigen keine zeitliche Herabsetzung des Leistungsvermögens. Dies steht bereits aufgrund der Aussage des sachverständigen Zeugen Dr. H. fest (Auskunft vom 15. September 2004). Diese Einschätzung hat auch Facharzt für Orthopädie D. in seinem Gutachten vom 17. Januar 2006 bestätigt. Danach ist die Klägerin auch noch in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern zu Fuß zurückzulegen. Zu dieser Einschätzung ist auch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. in seinem Gutachten gelangt. Im Übrigen misst der Senat der Einschätzung des Facharztes für Orthopädie D. gegenüber der von Prof. Dr. Li., wonach die Gehstrecke höchstens einen halben Kilometer betragen solle, ein höheres Gewicht bei. Denn Prof. Dr. Li. hat keine Befunde angegeben, die seine Einschätzung rechtfertigten.
c) Die Klägerin benötigt auch keine betriebsunüblichen Pausen. Prof. Dr. Li. hat in diesem Zusammenhang angegeben, die Klägerin müsse kurzzeitige Pausen bis zu zehn Minuten etwa zweimal pro Arbeitstag einlegen. Nach § 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) stehen der Klägerin bei einer zugrunde gelegten täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden Ruhepausen von mindestens 30 Minuten zu, die nach Maßgabe der §§ 4 Satz 2 und 7 ArbZG auch in kleinere Zeitabschnitte aufgeteilt werden können. Im Übrigen ist zu beachten, dass Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen gelten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - mit weiteren Nachweisen = in juris veröffentlicht).
d) Soweit Allgemeinarzt Dr. K. in seiner Auskunft vom 20. September 2004 die Klägerin nur noch für in der Lage hält, ca. zwei bis vier Stunden pro Tag leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten, überzeugt diese Einschätzung nicht. Dr. K. begründet seine Einschätzung nicht, die von ihm mitgeteilten Befunde wurden durch Dr. B. und Prof. Dr. Li. bei deren Begutachtung berücksichtigt.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbminderung haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderen Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin ist mit dem festgestelltem Leistungsvermögen in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten mit den beschriebenen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Solche Tätigkeiten sind ihr sozial zumutbar. Einen Beruf hat die Klägerin nicht erlernt. Sie war zuletzt dauerhaft als Reinigungsfrau und damit als ungelernte Arbeiterin beschäftigt. Ungelernte Arbeiter sind auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar und haben keinen Berufsschutz. Eine ungelernte Tätigkeit, die nur eine Einlernzeit von bis zu drei Monaten erfordert, wird durch langjährige Ausübung nicht zu einem Ausbildungsberuf im Sinne des Lehrstufenschemas.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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