L 18 B 672/08 AS

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 95 AS 31821/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 672/08 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Februar 2008 aufgehoben. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 19. März 2008 eingelegte Beschwerde des Antragsgegners ist ungeachtet dessen, dass nach der seit 1. April 2008 geltenden Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG ausgeschlossen ist, weiterhin zulässig. Denn mangels abweichender gesetzlicher Regelung – wie hier - bleibt das zuvor statthaft eingelegte Rechtsmittel aus Gründen des im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Vertrauensgrundsatzes und der Rechtsmittelsicherheit zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631/90, 2 BvR 1728/90 = BVerfGE 87, 48-68).

Die Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Bei der in entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG zu treffenden Kostengrundentscheidung ist eine Kostentragungspflicht des Antragsgegners nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Beendigung des Rechtsstreits durch eine abgegebene Erledigungserklärung einander Kosten zu erstatten haben, ist nach der genannten Vorschrift unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung nach sachgemäßem Ermessen zu treffen, wobei den mutmaßlichen Erfolgsaussichten maßgebliche Bedeutung zukommt. Allerdings sind auch die Gründe für den Anlass der Antragserhebung i. S. des Veranlassungsprinzips zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Mai 2007 – B 7b AS 40/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 4).

Der Antrag der Antragstellerin hatte zum Zeitpunkt seiner Einreichung am 6. Dezember 2007 keine Aussicht auf Erfolg. Für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG bestand kein Rechtsschutzbedürfnis, denn der Antragsgegner hatte dem Widerspruch der Antragstellerin bereits mit dem der Antragstellerin gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren – (SGB X) bekannt gegebenen Bescheid vom 20. November 2007 abgeholfen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin rechtfertigt sich auch nicht aus Veranlassungsgesichtspunkten. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt demjenigen Betroffenen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe nach Satz 2 der angeführten Vorschrift ihm gegenüber vorgenommen werden. Dementsprechend handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde, ob sie den Verwaltungsakt dem Adressaten bzw. Betroffenen oder dem Bevollmächtigten bekannt gibt. Dieses Ermessen wird durch § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X nicht eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 1985 – 11 RA 6/84 = SozR 1300 § 37 Nr. 1; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Mai 1994 – L 5 (6) S 37/93 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 1993 – 24 A 745/91 -; sämtlich veröffentlicht in juris). Danach muss sich die Behörde, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, an diesen wenden. Sinn und Zweck dieser Vorschrift lässt jedoch Raum für die von ihr abweichende Sondervorschrift des § 37 Abs. 1 SGB X. Der Zweck des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X liegt darin, während des Ablaufs des Verwaltungsverfahrens zu verhindern, dass die Behörde (vor allem bei der Ermittlung des Sachverhalts und der Mitwirkung eines Beteiligten) mit diesem Kontakt aufnimmt (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Das könnte zur Folge haben, dass bedeutsame Erklärungen ohne Kenntnis und Beratung des Bevollmächtigten abgegeben werden und damit der Anspruch auf Beratung und Betreuung durch einen Bevollmächtigten ausgehöhlt wird. Dieses gesetzlichen Schutzes bedarf der Beteiligte nicht mehr, wenn die Behörde ihre Sachverhaltsermittlungen abgeschlossen, die Entscheidung in der Sache getroffen und den Verwaltungsakt schriftlich formuliert hat. Die zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens noch erforderliche Bekanntgabe des Verwaltungsakts hat lediglich formale Bedeutung und beeinträchtigt den Beteiligten nicht in seinem Recht, sich im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens eines Bevollmächtigten zu bedienen. Da auch keine weiteren Gesichtspunkte ersichtlich sind, die das Ermessen des Antragsgegners bei seinem Entschluss über die Bekanntgabe der Abhilfeentscheidung beschränkten, war die von ihm gewählte Vorgehensweise nicht zu beanstanden. Mangels anderer Anhaltspunkte ist schließlich auch davon auszugehen, dass die Antragstellerin in der Lage gewesen war, ihren Verfahrensbevollmächtigten über die ihr bekannt gegebene Abhilfeentscheidung des Antragsgegners in Kenntnis zu setzen und so das nicht erforderliche gerichtliche Verfahren zu vermeiden.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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