L 3 U 147/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 119/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 147/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 16/08 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.03.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten sinngemäß, den Bescheid vom 14.06.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, einen Bescheid durch die Bezirksverwaltung Nürnberg zu erteilen.

Der 1955 geborene Kläger siedelte im Jahr 1988 aus der ehemaligen UdSSR in die Bundesrepublik Deutschland über. Er arbeitete vor seiner Übersiedlung mit Unterbrechungen als Reparaturschlosser und Kraftfahrer. Vom 16.10.1989 bis 30.06.2002 arbeitete er als Maschinenhelfer bei der Firma K. AG, N ...

Am 12.08.2002 zeigte die Betriebskrankenkasse K. auf Veranlassung des Klägers den Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit an.

Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis der BKK K. , einschlägige Röntgen- und Kernspinaufnahmen, Auskünfte des Klägers vom 22.08.2002, 14.09.2002, 30.10.2002, 04.11.2002 und 10.12.2002 und Auskünfte der K. AG vom 17.10.2002 bei und holte eine Stellungnahme des Präventionsdienstes N. vom 03.12.2002 ein.

Eine vorgesehene Begutachtung durch Prof.Dr.G. , Orthopädische Universitätsklinik R. , kam nicht zustande, da der Kläger zu der geplanten Untersuchung nicht erschien und eine entsprechende Mitwirkung ablehnte. Die Beklagte gab den Fall zur weiteren Bearbeitung von der Bezirksverwaltung Nürnberg an die intern zuständige Bezirksverwaltung Mainz weiter, um Ansprüche nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu prüfen. Der Kläger übersandte dorthin mit Schreiben vom 09.02.2004 Arbeitsbücher aus Russland. In einem Telefonvermerk vom 24.05.2004 ist festgehalten, dass der Kläger erklärt habe, er sei an weiteren Feststellungen nicht mehr interessiert.

Mit Schreiben vom 11.04.2005 und 26.04.2005 an die Bezirksverwaltung Nürnberg bat der Kläger um Erteilung eines Bescheides, da er ansonsten gezwungen sei, Untätigkeitsklage zu erheben. Die Beklagte holte daraufhin eine weitere Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 06.05.2005 ein.

Am 19.05.2005 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) wegen Untätigkeit erhoben. Mit Bescheid vom 14.06.2005 hat die Beklagte, Bezirksverwaltung Mainz, das Vorliegen einer Berufskrankheit abgelehnt. Eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 oder 2110 der Berufskrankheiten-Verordnung bestehe nicht. Die Beklagte hat sich dabei auf die Angaben des Klägers, der Firma K. AG, sowie die Feststellungen ihres Präventionsdienstes gestützt.

Der Kläger hat die Untätigkeitsklage nicht für erledigt erklärt, da er bislang keinen Bescheid von der Bezirksverwaltung Nürnberg erhalten habe. Er hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm von der Bezirksverwaltung Nürnberg, Az.: 2 S 2002/01 70608/4 B HBK einen Bescheid zu erteilen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass nach verwaltungsinterner Geschäftsverteilung alle Fremdrentenfälle im Bereich der Berufsgenossenschaft Metall Süd durch die Bezirksverwaltung Mainz bearbeitet werden. Dem Kläger stehe die Wahl einer bearbeitenden Bezirksverwaltung nicht zu. Durch den Bescheid vom 14.06.2005 sei der Kläger klaglos gestellt.

Mit Urteil vom 22.03.2006 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen. Die erhobene Untätigkeitsklage sei in der Hauptsache erledigt, weil Streitgegenstand nur die Bescheidung schlechthin sein könne. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers, einen Bescheid von der Bezirksverwaltung Nürnberg zu erhalten, bestehe nicht. Die Untätigkeitsklage sei auch unbegründet gewesen, da die Beklagte im Hinblick auf die eindeutigen Erklärungen des Klägers in seinem Telefongespräch vom 24.05.2004 davon ausgehen hätte dürfen, dass sich für diesen die Sache und damit die Frage des Vorliegens einer Berufskrankheit erledigt habe.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Beklagte sei zu verpflichten, ihn durch die Bezirksverwaltung Nürnberg zu verbescheiden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.03.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Feststellung einer Berufskrankheit einen Bescheid durch die Bezirksverwaltung Nürnberg zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen das Urteil des SG Regensburg vom 22.03.2006 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Nach Anhörung der Beteiligten konnte der Senat die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 153 Abs.4 Sozialgerichtsgesetz ).

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.03.2006 ist nicht zu beanstanden, weil die Klage aufgrund des fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig war. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides durch die Bezirksverwaltung Nürnberg.

Der Kläger hat zunächst eine Untätigkeitsklage erhoben. Diese ist darauf gerichtet, dass die Behörde überhaupt einen Verwaltungsakt erlässt, ohne dass es zunächst auf den Inhalt der Verwaltungsentscheidung ankommt. Nach § 88 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann die Behörde verurteilt werden, den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verbescheiden, wenn ein Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Die auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete Untätigkeitsklage ist zulässig, wenn seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes sechs Monate verstrichen sind. Begründet ist die Untätigkeitsklage, wenn die Behörde ohne zureichenden Grund innerhalb der Frist nicht entschieden hat.

Mit Erlass des Bescheides vom 14.06.2005 ist die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt gewesen. Der Kläger hat die Klage dennoch nicht für erledigt erklärt. Die Klage war daher als unzulässig abzuweisen, weil kein Rechtsschutzbedürfnis mehr gegeben ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 88 Rdnr.11).

Die Tatsache, dass der erlassende Bescheid von der Bezirksverwaltung in Mainz und nicht von der Bezirksverwaltung in Nürnberg ergangen ist, ist unerheblich. Die Beklagte war berechtigt, den Bescheid durch ihre Bezirksverwaltung in Mainz zu erlassen. Ein Rechtsschutzinteresse des Klägers hinsichtlich der Erteilung eines weiteren Bescheides durch die Beklagte ist nicht gegeben. Es besteht insbesondere kein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung eines Bescheides durch eine andere Bezirksverwaltung als andere Organisationseinheit der Beklagten. Die interne Geschäftsverteilung ist für den Kläger nicht von Bedeutung, weil sich daraus keine andere Sachbearbeitung ergibt.

Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn unzweifelhaft ist, dass das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, vor § 51 Rdnr.16a). Die vom Kläger begehrte weitere Bescheiderteilung durch die Bezirksverwaltung Nürnberg würde an der Rechtsposition des Klägers nichts ändern.

Das SG hat auch eine Kostenerstattung zu Recht abgelehnt, da bei Würdigung aller Umstände die Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Dabei kann offen bleiben, ob die Untätigkeitsklage zulässig war, weil die Sperrfrist des § 88 Abs.1 und Abs.2 SGG bei ihrer Einreichung verstrichen war. Bei einer zulässigen Untätigkeitsklage hat die Beklagte zwar grundsätzlich die Kosten zu erstatten. Dies gilt aber dann nicht, wenn ein zureichender Grund für die Untätigkeit der Beklagten vorliegt und sie diesen Grund dem Kläger mitgeteilt hat. Das Gleiche gilt, wenn der Kläger den zureichenden Grund durch eine Sachstandsanfrage ermitteln hätte können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, IV Rdnr.58; LSG Niedersachsen, Breithaupt 1992, 432; LSG Hessen, Breithaupt 1993, 606).

Aufgrund des Telefonats vom 24.05.2004 musste der Kläger erkennen, dass eine Bescheiderteilung nicht mehr erfolgen bzw. zumindest verzögert würde, wenn er sich nicht äußern würde. Der Kläger hat am 24.05.2004 gegenüber der Beklagten erklärt, dass er an weiteren Feststellungen nicht mehr interessiert sei und darum bitte, von weiteren Schreiben und Erinnerungen abzusehen. Erst im April 2005 wandte er sich erneut mehrmals an die Beklagte, indem er bei der Bezirksverwaltung Nürnberg eine Entscheidung anmahnte (Schreiben vom 11.04.2005 und 26.04.2005, Telefonat vom 28.04.2005). Die Beklagte holte in dieser Zeit eine weitere Stellungnahme des TAD ein. Bereits am 18.05.2005 erhob der Kläger Untätigkeitsklage. Die Beklagte hat mithin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles keinen Anlass für die Klageerhebung gegeben. Sie konnte zunächst aufgrund des mit dem Kläger geführten Telefonats davon ausgehen, dass dieser an einer Fortsetzung des Verfahrens kein Interesse mehr hatte. Die Bestätigung des Ergebnisses des Telefongesprächs ergibt sich aus den weiteren Aussagen des Klägers im Gerichtsverfahren, wonach er eine Bescheiderteilung durch die Bezirksverwaltung Mainz abgelehnt hat. Die Beklagte kann daher nach dem Veranlassungsprinzip nicht zur Kostenerstattung verurteilt werden. Eine Kostentragung durch die Beklagte ist nicht gerechtfertigt.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.03.2006 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG. Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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