Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 897/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 80/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 12/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 1.442,04 EUR zu erstatten, die der Klägerin in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2003 durch das An- und Ausziehen von Kompres-sionsstrümpfen entstanden sind.
Die 1914 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie war im steitgegenständlichen Zeitraum in die Pflegestufe I nach dem SGB XI eingestuft. Laut Gutachten zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit vom 27.06.2003 umfasste die pflegerische Versorgung einmal täglich AT-Strümpfe An- und Ausziehen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 16.6.2003 die Kostenübernahme für Kompressionsverbände bis 30.06.2003 zugesagt und gleichzeitig entschieden, ab 01.07.2003 seien Kompressionsstrümpfe ausreichend, deren Kosten der Pflegeversicherung zuzurechnen seien. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 29.08.2003 gegen einen nicht aktenkundigen Bescheid vom 25.07.2003 Widerspruch ein. Der Widerspruch richtet sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab 01.07.2003. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2003 mit der Begründung zurück, das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem An- und Auskleiden und werde im Rahmen der Pflegeversicherung berücksichtigt.
Hiergegen richtete sich die am 24.10.2003 beim Sozialgericht München eingegangene Klage. Die Bevollmächtigten der Klägerin erklärten im Januar 2004 die Klage für den Zeitraum ab 01.01.2004 wegen Gesetzesänderung für erledigt und beantragten für die Zeit von Juli 2003 bis 31.12.2003 Kostenerstattung in Höhe von 1.442,04 EUR. Diese Kosten seien durch den je zweimal täglich in Anspruch genommenen Einsatz des Pflegedienstes Ponzer entstanden und vom Pflegedienst bis zur endgültigen Entscheidung über die Kostenübernahme gestundet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.10.2004 abgewiesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien die zur Kostenerstattung erforderlichen Voraussetzungen des § 13 Abs.3 SGB V nicht erfüllt gewesen. Die Beklagte habe die Leistung zu Recht abgelehnt, weil im Fall der Klägerin das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen als eine mit der Grundpflege nach dem SGB XI zeitlich notwendig zusammenhängende Maßnahme der Behandlungspflege in den Bereich der Pflegeversicherung gefallen sei und die Feststellung der Pflegebedürftigkeit bereits im Zeitraum für den Grundpflegebedarf berücksichtigt. Eine Leistungsverpflichtung bestehe erst ab 01.01.2004 infolge der Gesetzesänderung.
Zur Begründung der hiergegen am 02.12.2004 eingelegten Berufung tragen die Bevollmächtigten der Klägerin vor, der begrenzte Leistungsumfang der Pflegeversicherung sei nicht zutreffend berücksichtigt worden. Bei der Klägerin führe das Ausziehen der Kompressionsstrümpfe nicht zur Zuordnung in eine höhere Pflegestufe und damit zu einer Erweiterung der Leistung in der Pflegeversicherung. Schon der reine grundpflegerische Bedarf werde nicht vollständig durch die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckt. Außerdem handele es sich bei der ab 01.01.2004 geltenden Neuregelung um eine Gesetzesänderung, die der Klarstellung einer Zweifelsfrage diene, es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass sie auch für die Vergangenheit Anwendung finden müsse. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.03.2005 wird zur Ergänzung der Berufungsbegründung ausgeführt, es habe auch vor dem 01.01.2004 zu gelten, dass die Zuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung entfalle, weil die Klägerin einen Pflegedienst in Anspruch genommen habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2003 sowie das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Kosten in Höhe von 1.442,04 EUR für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2003 freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum Inkrafttreten des GMG am 01.01.2004 bestehe die Rechtslage, dass das Anziehen (und Ausziehen) von Kompressionsstrümpfen ab Klasse II, das als krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bereits im Pflegebedarf enthalten ist, nicht von der Beklagten geschuldet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Inzstanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs.2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben zutreffend entschieden, dass der Klägerin im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs.2 SGB V,die die Maßnahme des An-und Ausziehens von Kompressionsstrümpfen betrifft, nach dem damals geltenden Recht nicht zugestanden hat. Die am 01.01.2004 in Kraft getretene Neufassung des § 37 Abs.2 SGB V (Gesetz vom 14.11.2003, BGBl.I S.2190) regelt, dass der Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form von Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung auch das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse II in den Fällen umfasst, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit nach §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Dementsprechend hat die Beklagte wieder die Maßnahmen der Behandlungspflege (Anziehen von Kompressionsstrümpfen) ab 01.01.2004 übernommen.
Vom 01.07. bis 31.12.2003 stand dieser Anspruch der Klägerin nicht zu, sie hat daher weder einen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs.3 SGB V noch auf Freistellung von etwaigen Kosten.
Nach § 37 Abs.1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (Behandlungssicherungspflege). Der Anspruch auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ist grundsätzlich nicht schon dann ausgeschlossen, wenn der Betroffene im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI pflegebedürftig ist und zugleich Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung erhält. In einem derartigen Fall ruht allenfalls der Anspruch aus der sozialen Pflegeversicherung, soweit im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auch Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung besteht (BSG, SozR 3-2500 § 37 Nr.2). Die Behandlungssicherungspflege wird, wie sich aus § 13 Abs.2 SGB XI ergibt, durch die gleichzeitige Gewährung von Grundpflege als Leistung der sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich nicht ausgeschlossen (BSG, SozR 3-2500 § 37 Nr.3). Es ist unbestritten, dass der Ausschlusstatbestand des § 37 Abs.3 SGB V bei der Klägerin nicht eingreift, aktenkundig ist keine im Haushalt lebende Person in der Lage, der Klägerin die Kompressionsstrümpfe an- und auszuziehen.
Das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse II ist eine Maßnahme der Behandlungspflege, dies hat der Senat bereits mit Beschluss vom 25.10.2004, L 4 KR 41/03 und mit Urteil vom 29.11.2007, L 4 KR 247/05 festgestellt. Die medizinische Notwendigkeit des Tragens von Kompressionsstrümpfen der Klasse II wird von der Beklagten nicht bestritten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fällt jedoch das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klassen II und III als eine mit der Grundpflege zeitlich notwendig zusammenhängende Maßnahme der Behandlungspflege in die Leistungspflicht der Pflegeversicherung. Hierzu zählt die Behandlungspflege nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung aus dem Katalog des § 14 Abs.4 SGB XI ist oder jedenfalls mit einer solchen Verrichtung objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang steht. Liegt eine der genannten Voraussetzungen vor, ist der zeitliche Aufwand für diese Maßnahme der Behandlungspflege im Rahmen des Gesamtaufwands für die betroffene Verrichtung der Grundpflege als Pflegebedarf zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Gutachten zur Einstufung in der Pflegeversicherung ergibt, ist das Anziehen von Kompressionsstrümpfen im Rahmen der Grundpflege als zusätzliche Erschwerung zeitlich berücksichtigt.
In dieser Zuordnung der streitigen Leistungen der Behandlungspflege zum Hilfebedarf für Maßnahmen der Grundpflege liegt keine gleichheitssatzwidrige Benachteiligung gegenüber den Versicherten vor, die keine Leistungen der Pflegeversicherung erhalten (Art.3 GG). Sollte es sich hierbei um Fälle handeln, in denen Pflegebedürftigkeit und ein Anspruch nach dem SGB XI nicht gegeben sind, sind die Fälle nicht vergleichbar, da im vorliegenden Fall die Klägerin die zusätzlichen Leistungen nach dem SGB XI erhalten hatte und insoweit eine Vergleichbarkeit beider Personengruppen nicht gegeben war. Die grundsätzlichen Leistungen der Pflegeversicherung sind ein sachliches Differenzierungskriterium für die unterschiedliche Behandlung. Sollte die Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten des An- und Ausziehens von Kompressionsstrümpfen übernommen haben, ist darauf hinzuweisen, dass es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gemäß Art.3 Abs.1 GG gibt.
Damit besteht unter keinem rechtlichen Aspekt ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V, weil die Klägerin keinen Sachleistungsanspruch gegenüber der Beklagten gehabt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 1.442,04 EUR zu erstatten, die der Klägerin in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2003 durch das An- und Ausziehen von Kompres-sionsstrümpfen entstanden sind.
Die 1914 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Sie war im steitgegenständlichen Zeitraum in die Pflegestufe I nach dem SGB XI eingestuft. Laut Gutachten zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit vom 27.06.2003 umfasste die pflegerische Versorgung einmal täglich AT-Strümpfe An- und Ausziehen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 16.6.2003 die Kostenübernahme für Kompressionsverbände bis 30.06.2003 zugesagt und gleichzeitig entschieden, ab 01.07.2003 seien Kompressionsstrümpfe ausreichend, deren Kosten der Pflegeversicherung zuzurechnen seien. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 29.08.2003 gegen einen nicht aktenkundigen Bescheid vom 25.07.2003 Widerspruch ein. Der Widerspruch richtet sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab 01.07.2003. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2003 mit der Begründung zurück, das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem An- und Auskleiden und werde im Rahmen der Pflegeversicherung berücksichtigt.
Hiergegen richtete sich die am 24.10.2003 beim Sozialgericht München eingegangene Klage. Die Bevollmächtigten der Klägerin erklärten im Januar 2004 die Klage für den Zeitraum ab 01.01.2004 wegen Gesetzesänderung für erledigt und beantragten für die Zeit von Juli 2003 bis 31.12.2003 Kostenerstattung in Höhe von 1.442,04 EUR. Diese Kosten seien durch den je zweimal täglich in Anspruch genommenen Einsatz des Pflegedienstes Ponzer entstanden und vom Pflegedienst bis zur endgültigen Entscheidung über die Kostenübernahme gestundet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.10.2004 abgewiesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien die zur Kostenerstattung erforderlichen Voraussetzungen des § 13 Abs.3 SGB V nicht erfüllt gewesen. Die Beklagte habe die Leistung zu Recht abgelehnt, weil im Fall der Klägerin das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen als eine mit der Grundpflege nach dem SGB XI zeitlich notwendig zusammenhängende Maßnahme der Behandlungspflege in den Bereich der Pflegeversicherung gefallen sei und die Feststellung der Pflegebedürftigkeit bereits im Zeitraum für den Grundpflegebedarf berücksichtigt. Eine Leistungsverpflichtung bestehe erst ab 01.01.2004 infolge der Gesetzesänderung.
Zur Begründung der hiergegen am 02.12.2004 eingelegten Berufung tragen die Bevollmächtigten der Klägerin vor, der begrenzte Leistungsumfang der Pflegeversicherung sei nicht zutreffend berücksichtigt worden. Bei der Klägerin führe das Ausziehen der Kompressionsstrümpfe nicht zur Zuordnung in eine höhere Pflegestufe und damit zu einer Erweiterung der Leistung in der Pflegeversicherung. Schon der reine grundpflegerische Bedarf werde nicht vollständig durch die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckt. Außerdem handele es sich bei der ab 01.01.2004 geltenden Neuregelung um eine Gesetzesänderung, die der Klarstellung einer Zweifelsfrage diene, es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass sie auch für die Vergangenheit Anwendung finden müsse. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.03.2005 wird zur Ergänzung der Berufungsbegründung ausgeführt, es habe auch vor dem 01.01.2004 zu gelten, dass die Zuständigkeit der sozialen Pflegeversicherung entfalle, weil die Klägerin einen Pflegedienst in Anspruch genommen habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2003 sowie das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Kosten in Höhe von 1.442,04 EUR für das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.2003 freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Bis zum Inkrafttreten des GMG am 01.01.2004 bestehe die Rechtslage, dass das Anziehen (und Ausziehen) von Kompressionsstrümpfen ab Klasse II, das als krankheitsspezifische Pflegemaßnahme bereits im Pflegebedarf enthalten ist, nicht von der Beklagten geschuldet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Inzstanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet gemäß § 124 Abs.2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung nach § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben zutreffend entschieden, dass der Klägerin im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs.2 SGB V,die die Maßnahme des An-und Ausziehens von Kompressionsstrümpfen betrifft, nach dem damals geltenden Recht nicht zugestanden hat. Die am 01.01.2004 in Kraft getretene Neufassung des § 37 Abs.2 SGB V (Gesetz vom 14.11.2003, BGBl.I S.2190) regelt, dass der Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form von Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung auch das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse II in den Fällen umfasst, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit nach §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Dementsprechend hat die Beklagte wieder die Maßnahmen der Behandlungspflege (Anziehen von Kompressionsstrümpfen) ab 01.01.2004 übernommen.
Vom 01.07. bis 31.12.2003 stand dieser Anspruch der Klägerin nicht zu, sie hat daher weder einen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs.3 SGB V noch auf Freistellung von etwaigen Kosten.
Nach § 37 Abs.1 Satz 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt oder ihrer Familie als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn sie zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist (Behandlungssicherungspflege). Der Anspruch auf Gewährung häuslicher Krankenpflege ist grundsätzlich nicht schon dann ausgeschlossen, wenn der Betroffene im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI pflegebedürftig ist und zugleich Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung erhält. In einem derartigen Fall ruht allenfalls der Anspruch aus der sozialen Pflegeversicherung, soweit im Rahmen des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege auch Anspruch auf Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung besteht (BSG, SozR 3-2500 § 37 Nr.2). Die Behandlungssicherungspflege wird, wie sich aus § 13 Abs.2 SGB XI ergibt, durch die gleichzeitige Gewährung von Grundpflege als Leistung der sozialen Pflegeversicherung grundsätzlich nicht ausgeschlossen (BSG, SozR 3-2500 § 37 Nr.3). Es ist unbestritten, dass der Ausschlusstatbestand des § 37 Abs.3 SGB V bei der Klägerin nicht eingreift, aktenkundig ist keine im Haushalt lebende Person in der Lage, der Klägerin die Kompressionsstrümpfe an- und auszuziehen.
Das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klasse II ist eine Maßnahme der Behandlungspflege, dies hat der Senat bereits mit Beschluss vom 25.10.2004, L 4 KR 41/03 und mit Urteil vom 29.11.2007, L 4 KR 247/05 festgestellt. Die medizinische Notwendigkeit des Tragens von Kompressionsstrümpfen der Klasse II wird von der Beklagten nicht bestritten. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fällt jedoch das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Klassen II und III als eine mit der Grundpflege zeitlich notwendig zusammenhängende Maßnahme der Behandlungspflege in die Leistungspflicht der Pflegeversicherung. Hierzu zählt die Behandlungspflege nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die untrennbarer Bestandteil einer Verrichtung aus dem Katalog des § 14 Abs.4 SGB XI ist oder jedenfalls mit einer solchen Verrichtung objektiv notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang steht. Liegt eine der genannten Voraussetzungen vor, ist der zeitliche Aufwand für diese Maßnahme der Behandlungspflege im Rahmen des Gesamtaufwands für die betroffene Verrichtung der Grundpflege als Pflegebedarf zu berücksichtigen. Wie sich aus dem Gutachten zur Einstufung in der Pflegeversicherung ergibt, ist das Anziehen von Kompressionsstrümpfen im Rahmen der Grundpflege als zusätzliche Erschwerung zeitlich berücksichtigt.
In dieser Zuordnung der streitigen Leistungen der Behandlungspflege zum Hilfebedarf für Maßnahmen der Grundpflege liegt keine gleichheitssatzwidrige Benachteiligung gegenüber den Versicherten vor, die keine Leistungen der Pflegeversicherung erhalten (Art.3 GG). Sollte es sich hierbei um Fälle handeln, in denen Pflegebedürftigkeit und ein Anspruch nach dem SGB XI nicht gegeben sind, sind die Fälle nicht vergleichbar, da im vorliegenden Fall die Klägerin die zusätzlichen Leistungen nach dem SGB XI erhalten hatte und insoweit eine Vergleichbarkeit beider Personengruppen nicht gegeben war. Die grundsätzlichen Leistungen der Pflegeversicherung sind ein sachliches Differenzierungskriterium für die unterschiedliche Behandlung. Sollte die Beklagte in vergleichbaren Fällen die Kosten des An- und Ausziehens von Kompressionsstrümpfen übernommen haben, ist darauf hinzuweisen, dass es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gemäß Art.3 Abs.1 GG gibt.
Damit besteht unter keinem rechtlichen Aspekt ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V, weil die Klägerin keinen Sachleistungsanspruch gegenüber der Beklagten gehabt hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
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