Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 5109/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 556/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Übergangsbeihilfe.
Die 1986 geborene Klägerin, die aus Zwickau stammt, befand sich bis zum 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin im Kreiskrankenhaus K ... Nachdem ihr nach ihren Angaben vom Ausbildungsbetrieb mitgeteilt worden war, dass sie nach Abschluss der Ausbildung nicht übernommen werde, meldete sie sich im Dezember 2006 arbeitsuchend.
In der Folge bewarb sich die Klägerin bei der Praxis Dr. F. in Stuttgart um einen Arbeitsplatz als Dialyseschwester, worauf am 09.02.2007 ein Bewerbungsgespräch und am 21.02.2007 ein Probearbeitstag stattfand, an dessen Ende die Klägerin einen Angestelltenvertrag, in dem als Arbeitsbeginn der 01.04.2007 angegeben ist, erhielt. Nach den Ausführungen von Dr. F. sollte der Vertrag mit dem Angebot der Arbeitsaufnahme zum 01.04.2007 nach erfolgreichem Abschluss der mündlichen Examensprüfungen (08.03.2007) geprüft und unterschrieben an die Praxis zurückgesandt werden. Der unterschriebene Arbeitsvertrag ging am 19.03.2007 in der Praxis ein. Ab 01.04.2007 war die Klägerin in der Praxis beschäftigt.
Am 15.03.2007 teilte die Klägerin der Beklagten die Arbeitsaufnahme ab 01.04.2007 und außerdem mit, dass sie nicht mehr als arbeitsuchend geführt werden wolle, und beantragte gleichzeitig die Gewährung einer Übergangsbeihilfe als Darlehen zum Lebensunterhalt in Höhe von 1000 EUR anlässlich der Arbeitsaufnahme bei Dr. F ... Zur Begründung gab sie an, die erste Entgeltabrechnung erfolge Ende April 2007. Abschlagszahlungen würden vom Arbeitgeber nicht geleistet.
Mit Bescheid vom 27.04.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Übergangsbeihilfe ab. Die Klägerin gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis, da sie vor der Arbeitsaufnahme weder arbeitslos noch eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende gewesen sei.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass das auf dem Arbeitsvertrag stehende Datum nicht das Unterschriftsdatum, sondern das Datum der Aushändigung des Vertrages sei. Voraussetzung für die Stelle sei der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung (mündliche Examenprüfungen Mitte März) gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Antragstellung weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Die Einschätzung der Bedrohungslage ändere sich auch nicht durch den Vortrag der Klägerin, dass sie den Vertrag nicht am 21.02.2007, sondern erst später unterzeichnet habe. Sie habe nahtlos an die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis aufnehmen können, das ihr mit Bestimmtheit am 21.02.2007 unterbreitet worden sei. Nach eigenen Angaben habe sie lediglich Zeit vom Arbeitgeber bekommen, den Arbeitsvertrag nach ca. 2 Wochen zurückzusenden. Somit sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber und die Klägerin schon entschieden gewesen sei.
Mit Urteil vom 20.12.2007, dem Bevollmächtigten der Klägerin nach dem Eingangsstempel seiner Kanzlei auf dem Urteil zugestellt am 04.01.2008, hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die am 27.06.2007 mit der Begründung erhobene Klage, der neue Arbeitsplatz sei noch nicht gesichert gewesen und sie habe deshalb zum Personenkreis "von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer" gehört und das Ermessen der Beklagten habe sich auf Null reduziert, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Frage der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit handele es sich um eine Prognoseentscheidung, die der vollen gerichtlichen Prüfung unterliege. Die Prognoseentscheidung sei unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung für die Zukunft zu treffen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 27.04.2007 habe die Klägerin in einem unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnis gestanden. Damit sei sie nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Selbst wenn man auf den Tag der Antragstellung abstelle, könne sich nichts anderes ergeben. Die Beklagte habe zutreffend die Prognose gestellt, dass die Klägerin unmittelbar im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis eine neue Tätigkeit aufnehmen werde. Damit scheide die von der Klägerin begehrte Leistung aus, da sie weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sei oder diesem Personenkreis gleichzustellen wäre.
Hiergegen richtet sich die am 04.02.2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr der Entwurf eines Arbeitsvertrages zugesandt worden sei. Dieser Arbeitsvertrag sei nicht unterschrieben gewesen. Am 17.03.2007 habe sie den von ihr unterschriebenen Arbeitsvertrag an den neuen Arbeitgeber, der ihr erst mit Schreiben vom 10.05.2007 schriftlich bestätigt habe, dass der von ihr unterschriebene Arbeitsvertrag am 19.03.2007 eingegangen sei, übermittelt. Es habe sich bei dem Arbeitsvertragsentwurf vom 21.02.2007 um eine klassische Offerte gehandelt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe keine Arbeitsplatzzusage bestanden. Eine hinreichende Prognose sei deshalb nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten von 27. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Übergangsbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des SG und trägt ergänzend vor, der Klägerin sei nach ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren bereits am 21.02.2007 vom potentiellen Arbeitgeber ein Arbeitsvertrag ausgehändigt worden, der nach Bestehen der mündlichen Abschlussprüfung am 08.03.2008 an den Arbeitgeber zurückgesandt werden sollte. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass die Klägerin nahtlos in ein Beschäftigungsverhältnis einmünde und nicht arbeitslos werde. Darüber hinaus setze die mit der Klage begehrte Übergangsbeihilfe weiter voraus, dass die Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Übergangsbeihilfe solle den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers zwischen Arbeitsaufnahme und erster Arbeitsentgeltzahlung sichern. Die Klägerin habe vor Arbeitsaufnahme bis 31.03.2007 regelmäßig eine Ausbildungsvergütung von mehr als 800 EUR bezogen. Sie habe nahtlos die Beschäftigung als Dialyseschwester aufgenommen, die Lohnzahlung dort habe zwischen dem 25. und 30. des laufenden Monats erfolgen sollen. Damit dürfte der Lebensunterhalt gesichert gewesen sein. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Übergangsbeihilfe bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung notwendig gewesen sei und das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung selbiger (voraussichtlich) nicht zustande gekommen wäre. Im Übrigen sei ein Rechtsschutzinteresse nicht ersichtlich. Übergangsbeihilfe solle den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers zwischen Arbeitsaufnahme und erster Arbeitsentgeltzahlung sichern. Sie dürfe nur bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung, also in der Regel für einen Monat, und nur als Darlehen gezahlt werden. Es handele sich damit lediglich um eine Vorleistung auf später fälliges Arbeitsentgelt. Die erste Lohnzahlung der zum 01.04.2007 eingestellten Klägerin, liege damit ein Jahr zurück. Eine Überbrückungsfunktion hätte ein jetzt eingeklagtes Darlehen, das ohnehin zurückzuzahlen sei, damit überhaupt nicht.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe, und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die Berufung ist nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG zulässig. Berufungsausschließungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung maßgebliche Beschwerdewert von 500 EUR überschritten, da ein Darlehen in Höhe von 1000 EUR im Streit ist. Das zum 01.04. 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, durch welches die Berufungssumme auf 750 EUR angehoben wurde, tangiert nach den allgemeinen Grundsätzen der perpetuatio fori die Zulässigkeit der am 04.02.2008 eingelegten Berufung nicht. Abgesehen davon wäre auch die angehobene Berufungssumme erreicht.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Übergangsbeihilfe hat.
Nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen ab 01.01.2003 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung Leistungen für den Lebensunterhalt bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung. Nach § 54 Abs. 1 SGB III kann als Übergangsbeihilfe ein zinsloses Darlehen, das zwei Monate nach der Auszahlung und grundsätzlich in zehn gleich hohen Raten zurückzuzahlen ist, in Höhe von bis zu 1000 EUR erbracht werden.
Die Leistungen im Rahmen der Mobilitätshilfen sind "Kann-Leistungen", bei deren Gewährung der Beklagten ein Ermessen bei der Prüfung des Einzelfalles eingeräumt ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch -SGB I - ). Eine Ermessenausübung kommt allerdings erst dann in Betracht, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Mobilitätshilfen gegeben sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
Die von der Klägerin begehrte Übergangsbeihilfe setzt voraus, dass die Klägerin arbeitslos oder eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende war und dass diese Förderung zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 1 SGB III).
Dass die Klägerin nicht arbeitslos war, ist unstreitig, nachdem sie bis 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis stand und ab 01.04.2007 die Beschäftigung bei Dr. F. aufgenommen hat.
Zutreffend ist das Sozialgericht auch zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin nicht von Arbeitslosigkeit bedroht war. Von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer sind nach § 17 SGB III Personen, die 1. versicherungspflichtig beschäftigt sind, 2. alsbald mit der Beendigung der Beschäftigung rechnen müssen und 3. voraussichtlich nach Beendigung der Beschäftigung arbeitslos werden. Die Entscheidung, ob ein Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, ist grundsätzlich vom Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, spätestens vom Beginn der Maßnahme her, zu fällen (vgl. Niesel in: Niesel, SGB III, § 17 RdNr. 8). Die Verwaltungsentscheidung wurde hier am 27.04.2007 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin ab 01.04.2007 nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 31.03.2007 in einem unmittelbar sich anschließenden Arbeitsverhältnis. Darauf, ob der Arbeitsvertrag vom 21.02.2007 lediglich eine Offerte darstellt und für den Arbeitgeber nicht bindend war, kommt es nicht an.
Des weiteren fehlt es hier auch an der Notwendigkeit der Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Beitragsmittel der Agentur für Arbeit sollen nur eingesetzt werden, wenn das angestrebte Ziel - also beispielsweise die Arbeitsaufnahme - auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Bei der erforderlichen Prognoseentscheidung ist darauf abzustellen, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe wahrscheinlich nicht zustande kommen würde (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 53 RdNr. 5; Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 06.11.2003 - L 3 AL 755/01 - in www.juris.de; Urteil des Schleswig Holsteinischen Landessozialgerichts vom 23.03.2007 - L 3 AL 75/06 - in www.juris.de). Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis, das die Klägerin ab dem 01.04.2007 bei der Arztpraxis Dr. F. in Stuttgart aufgenommen hat, ohne die Gewährung der Übergangsbeihilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in der Arztpraxis Dr. F. anzunehmen, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten und hier insbesondere der Gewährung einer Übergangsbeihilfe abhängig gemacht hat. Mit der Beantragung der Übergangsbeihilfe hat sie gleichzeitig die Arbeitsaufnahme angezeigt und sich als arbeitsuchend abgemeldet. Dies belegt, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest zur Arbeitsaufnahme bei Dr. F. entschlossen war und eine Einstellungszusage hatte. Auch die subjektive Notwendigkeit einer Übergangsbeihilfe ist insoweit nicht erkennbar, nachdem die Klägerin, worauf die Beklagte hingewiesen hat, bis März 2007 regelmäßig eine Ausbildungsvergütung bezogen hat und die Lohnzahlung nach dem Angestelltenvertrag (§ 3 Nr. 7) jeweils zwischen dem 25. und 30. eines Monats ausbezahlt werden sollte. Die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Denn ihr Vortrag, es habe sich bei dem Angestelltenvertrag nur um eine Offerte und noch kein bindendes Angebot gehandelt, betrifft nicht den Zusammenhang zwischen Bewilligung der Übergangsbeihilfe und Beschäftigungsaufnahme.
Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III damit nicht vorliegen, d.h. die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war und die Klägerin auch nicht unter den geschützten Personenkreis fiel, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen. Dahingestellt bleiben kann auch, ob heute noch ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ihre gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Übergangsbeihilfe.
Die 1986 geborene Klägerin, die aus Zwickau stammt, befand sich bis zum 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis zur Krankenpflegerin im Kreiskrankenhaus K ... Nachdem ihr nach ihren Angaben vom Ausbildungsbetrieb mitgeteilt worden war, dass sie nach Abschluss der Ausbildung nicht übernommen werde, meldete sie sich im Dezember 2006 arbeitsuchend.
In der Folge bewarb sich die Klägerin bei der Praxis Dr. F. in Stuttgart um einen Arbeitsplatz als Dialyseschwester, worauf am 09.02.2007 ein Bewerbungsgespräch und am 21.02.2007 ein Probearbeitstag stattfand, an dessen Ende die Klägerin einen Angestelltenvertrag, in dem als Arbeitsbeginn der 01.04.2007 angegeben ist, erhielt. Nach den Ausführungen von Dr. F. sollte der Vertrag mit dem Angebot der Arbeitsaufnahme zum 01.04.2007 nach erfolgreichem Abschluss der mündlichen Examensprüfungen (08.03.2007) geprüft und unterschrieben an die Praxis zurückgesandt werden. Der unterschriebene Arbeitsvertrag ging am 19.03.2007 in der Praxis ein. Ab 01.04.2007 war die Klägerin in der Praxis beschäftigt.
Am 15.03.2007 teilte die Klägerin der Beklagten die Arbeitsaufnahme ab 01.04.2007 und außerdem mit, dass sie nicht mehr als arbeitsuchend geführt werden wolle, und beantragte gleichzeitig die Gewährung einer Übergangsbeihilfe als Darlehen zum Lebensunterhalt in Höhe von 1000 EUR anlässlich der Arbeitsaufnahme bei Dr. F ... Zur Begründung gab sie an, die erste Entgeltabrechnung erfolge Ende April 2007. Abschlagszahlungen würden vom Arbeitgeber nicht geleistet.
Mit Bescheid vom 27.04.2007 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Übergangsbeihilfe ab. Die Klägerin gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis, da sie vor der Arbeitsaufnahme weder arbeitslos noch eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende gewesen sei.
Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass das auf dem Arbeitsvertrag stehende Datum nicht das Unterschriftsdatum, sondern das Datum der Aushändigung des Vertrages sei. Voraussetzung für die Stelle sei der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung (mündliche Examenprüfungen Mitte März) gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Antragstellung weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Die Einschätzung der Bedrohungslage ändere sich auch nicht durch den Vortrag der Klägerin, dass sie den Vertrag nicht am 21.02.2007, sondern erst später unterzeichnet habe. Sie habe nahtlos an die Ausbildung ein Arbeitsverhältnis aufnehmen können, das ihr mit Bestimmtheit am 21.02.2007 unterbreitet worden sei. Nach eigenen Angaben habe sie lediglich Zeit vom Arbeitgeber bekommen, den Arbeitsvertrag nach ca. 2 Wochen zurückzusenden. Somit sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber und die Klägerin schon entschieden gewesen sei.
Mit Urteil vom 20.12.2007, dem Bevollmächtigten der Klägerin nach dem Eingangsstempel seiner Kanzlei auf dem Urteil zugestellt am 04.01.2008, hat das Sozialgericht Stuttgart (SG) die am 27.06.2007 mit der Begründung erhobene Klage, der neue Arbeitsplatz sei noch nicht gesichert gewesen und sie habe deshalb zum Personenkreis "von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer" gehört und das Ermessen der Beklagten habe sich auf Null reduziert, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Frage der voraussichtlichen Arbeitslosigkeit handele es sich um eine Prognoseentscheidung, die der vollen gerichtlichen Prüfung unterliege. Die Prognoseentscheidung sei unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung für die Zukunft zu treffen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung am 27.04.2007 habe die Klägerin in einem unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnis gestanden. Damit sei sie nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen. Selbst wenn man auf den Tag der Antragstellung abstelle, könne sich nichts anderes ergeben. Die Beklagte habe zutreffend die Prognose gestellt, dass die Klägerin unmittelbar im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis eine neue Tätigkeit aufnehmen werde. Damit scheide die von der Klägerin begehrte Leistung aus, da sie weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sei oder diesem Personenkreis gleichzustellen wäre.
Hiergegen richtet sich die am 04.02.2008 eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass ihr der Entwurf eines Arbeitsvertrages zugesandt worden sei. Dieser Arbeitsvertrag sei nicht unterschrieben gewesen. Am 17.03.2007 habe sie den von ihr unterschriebenen Arbeitsvertrag an den neuen Arbeitgeber, der ihr erst mit Schreiben vom 10.05.2007 schriftlich bestätigt habe, dass der von ihr unterschriebene Arbeitsvertrag am 19.03.2007 eingegangen sei, übermittelt. Es habe sich bei dem Arbeitsvertragsentwurf vom 21.02.2007 um eine klassische Offerte gehandelt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe keine Arbeitsplatzzusage bestanden. Eine hinreichende Prognose sei deshalb nicht möglich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 sowie den Bescheid der Beklagten von 27. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Übergangsbeihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Entscheidungsgründe des SG und trägt ergänzend vor, der Klägerin sei nach ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren bereits am 21.02.2007 vom potentiellen Arbeitgeber ein Arbeitsvertrag ausgehändigt worden, der nach Bestehen der mündlichen Abschlussprüfung am 08.03.2008 an den Arbeitgeber zurückgesandt werden sollte. Es sei daher überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass die Klägerin nahtlos in ein Beschäftigungsverhältnis einmünde und nicht arbeitslos werde. Darüber hinaus setze die mit der Klage begehrte Übergangsbeihilfe weiter voraus, dass die Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig sei. Dies sei hier nicht der Fall. Übergangsbeihilfe solle den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers zwischen Arbeitsaufnahme und erster Arbeitsentgeltzahlung sichern. Die Klägerin habe vor Arbeitsaufnahme bis 31.03.2007 regelmäßig eine Ausbildungsvergütung von mehr als 800 EUR bezogen. Sie habe nahtlos die Beschäftigung als Dialyseschwester aufgenommen, die Lohnzahlung dort habe zwischen dem 25. und 30. des laufenden Monats erfolgen sollen. Damit dürfte der Lebensunterhalt gesichert gewesen sein. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Übergangsbeihilfe bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung notwendig gewesen sei und das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung selbiger (voraussichtlich) nicht zustande gekommen wäre. Im Übrigen sei ein Rechtsschutzinteresse nicht ersichtlich. Übergangsbeihilfe solle den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers zwischen Arbeitsaufnahme und erster Arbeitsentgeltzahlung sichern. Sie dürfe nur bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung, also in der Regel für einen Monat, und nur als Darlehen gezahlt werden. Es handele sich damit lediglich um eine Vorleistung auf später fälliges Arbeitsentgelt. Die erste Lohnzahlung der zum 01.04.2007 eingestellten Klägerin, liege damit ein Jahr zurück. Eine Überbrückungsfunktion hätte ein jetzt eingeklagtes Darlehen, das ohnehin zurückzuzahlen sei, damit überhaupt nicht.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe, und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Beklagtenakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Die Berufung ist nach §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG zulässig. Berufungsausschließungsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung maßgebliche Beschwerdewert von 500 EUR überschritten, da ein Darlehen in Höhe von 1000 EUR im Streit ist. Das zum 01.04. 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008, durch welches die Berufungssumme auf 750 EUR angehoben wurde, tangiert nach den allgemeinen Grundsätzen der perpetuatio fori die Zulässigkeit der am 04.02.2008 eingelegten Berufung nicht. Abgesehen davon wäre auch die angehobene Berufungssumme erreicht.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 27.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil sie keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Übergangsbeihilfe hat.
Nach § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen ab 01.01.2003 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung Leistungen für den Lebensunterhalt bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung. Nach § 54 Abs. 1 SGB III kann als Übergangsbeihilfe ein zinsloses Darlehen, das zwei Monate nach der Auszahlung und grundsätzlich in zehn gleich hohen Raten zurückzuzahlen ist, in Höhe von bis zu 1000 EUR erbracht werden.
Die Leistungen im Rahmen der Mobilitätshilfen sind "Kann-Leistungen", bei deren Gewährung der Beklagten ein Ermessen bei der Prüfung des Einzelfalles eingeräumt ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch -SGB I - ). Eine Ermessenausübung kommt allerdings erst dann in Betracht, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Mobilitätshilfen gegeben sind, was vorliegend nicht der Fall ist.
Die von der Klägerin begehrte Übergangsbeihilfe setzt voraus, dass die Klägerin arbeitslos oder eine von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende war und dass diese Förderung zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 1 SGB III).
Dass die Klägerin nicht arbeitslos war, ist unstreitig, nachdem sie bis 31.03.2007 in einem Ausbildungsverhältnis stand und ab 01.04.2007 die Beschäftigung bei Dr. F. aufgenommen hat.
Zutreffend ist das Sozialgericht auch zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin nicht von Arbeitslosigkeit bedroht war. Von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer sind nach § 17 SGB III Personen, die 1. versicherungspflichtig beschäftigt sind, 2. alsbald mit der Beendigung der Beschäftigung rechnen müssen und 3. voraussichtlich nach Beendigung der Beschäftigung arbeitslos werden. Die Entscheidung, ob ein Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, ist grundsätzlich vom Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung, spätestens vom Beginn der Maßnahme her, zu fällen (vgl. Niesel in: Niesel, SGB III, § 17 RdNr. 8). Die Verwaltungsentscheidung wurde hier am 27.04.2007 getroffen. Zu diesem Zeitpunkt stand die Klägerin ab 01.04.2007 nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 31.03.2007 in einem unmittelbar sich anschließenden Arbeitsverhältnis. Darauf, ob der Arbeitsvertrag vom 21.02.2007 lediglich eine Offerte darstellt und für den Arbeitgeber nicht bindend war, kommt es nicht an.
Des weiteren fehlt es hier auch an der Notwendigkeit der Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Beitragsmittel der Agentur für Arbeit sollen nur eingesetzt werden, wenn das angestrebte Ziel - also beispielsweise die Arbeitsaufnahme - auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Bei der erforderlichen Prognoseentscheidung ist darauf abzustellen, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe wahrscheinlich nicht zustande kommen würde (Stratmann in Niesel, a.a.O., § 53 RdNr. 5; Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 06.11.2003 - L 3 AL 755/01 - in www.juris.de; Urteil des Schleswig Holsteinischen Landessozialgerichts vom 23.03.2007 - L 3 AL 75/06 - in www.juris.de). Ausgehend von diesen Maßstäben bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis, das die Klägerin ab dem 01.04.2007 bei der Arztpraxis Dr. F. in Stuttgart aufgenommen hat, ohne die Gewährung der Übergangsbeihilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet worden, dass sie ihre Entscheidung, die Arbeitsstelle in der Arztpraxis Dr. F. anzunehmen, vom Bestehen etwaiger Förderungsmöglichkeiten und hier insbesondere der Gewährung einer Übergangsbeihilfe abhängig gemacht hat. Mit der Beantragung der Übergangsbeihilfe hat sie gleichzeitig die Arbeitsaufnahme angezeigt und sich als arbeitsuchend abgemeldet. Dies belegt, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest zur Arbeitsaufnahme bei Dr. F. entschlossen war und eine Einstellungszusage hatte. Auch die subjektive Notwendigkeit einer Übergangsbeihilfe ist insoweit nicht erkennbar, nachdem die Klägerin, worauf die Beklagte hingewiesen hat, bis März 2007 regelmäßig eine Ausbildungsvergütung bezogen hat und die Lohnzahlung nach dem Angestelltenvertrag (§ 3 Nr. 7) jeweils zwischen dem 25. und 30. eines Monats ausbezahlt werden sollte. Die von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Denn ihr Vortrag, es habe sich bei dem Angestelltenvertrag nur um eine Offerte und noch kein bindendes Angebot gehandelt, betrifft nicht den Zusammenhang zwischen Bewilligung der Übergangsbeihilfe und Beschäftigungsaufnahme.
Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III damit nicht vorliegen, d.h. die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war und die Klägerin auch nicht unter den geschützten Personenkreis fiel, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen. Dahingestellt bleiben kann auch, ob heute noch ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin gegeben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil ihre gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
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