S 12 KA 547/07

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 547/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ziffer 40750 EBM 2005, wonach eine Kostenpauschale für die Sachkosten in Zusammenhang mit der Durchführung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nach den Nrn. 31141 und 31142 EBM 2005 in Höhe von 122,00 € anfällt, ist abschließend. Daneben können Kosten für einen Einzelmesseraufsatz in Höhe von 169,17 € nicht abgerechnet werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnung für die vier Quartale II/05 bis I/06 und hierbei um die Rückforderung von abgerechneten Sachkosten für endoskopische Gelenkeingriffe in Höhe von insgesamt 34.528,86 EUR.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus drei Fachärzten für Chirurgie, die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. In den streitbefangenen Quartalen setzte die Beklagt das Honorar der Klägerin wie folgt fest:

Quartal II/05 III/05 IV/05 I/06
Honorarbescheid v. 29.06.2006 12.08.2006 28.11.2006 20.01.2007
Nettohonorar in EUR 318.596,94 312.358,57 243.729,87 291.963,09
Bruttohonorar PK+EK in EUR 325.723,16 316.846,95 242.688,34 293.111,34
Fallzahl 1.754 1.702 1.581 1.673

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 10.04.2007 eine nachträgliche Berichtigung von Sachkosten für die streitbefangenen vier Quartale II/05 bis I/06 in Höhe des weiterhin strittigen Absetzungsbetrages von 34.528,86 EUR vor. Im Bescheid führte sie aus, aufgrund der Bearbeitung der Quartalsabrechnung II/06 habe sie festgestellt, dass bei den Ersatzkassen Sachkosten (Messeraufsätze) in Höhe von 169,17 EUR neben den Kostenpauschalen nach den Leistungsnummern 40750 bzw. 40752 abgerechnet worden seien. Die Leistungen nach den Nrn. 31141 bis 31147 beinhalteten die Kosten für Implantate bei rekonstruktivem Bandersatz bis zu einer Höhe von 25,56 EUR. Darüber hinausgehende Implantatkosten seien über sie mit der zuständigen Krankenkasse abzurechnen. Die Kosten des Verband- und Nahtmaterials sowie alle weiteren Kosten seien über die Kostenpauschalen nach den Leistungsnummern 40750, 40752 und 40754 abgedeckt. Aufgrund einer Vorsprache der Klägerin habe sie auf Anfrage von der KBV die Auskunft erhalten, dass die Sachkosten im Zusammenhang mit der Durchführung von endoskopischen Gelenkeingriffen mit den Kostenpauschalen nach den Leistungsnummern 40750 und ff. abgegolten seien. Das heiße, dass weitere Materialien nicht zur Abrechnung gebracht werden könnten. Diese Thematik sei immer Diskussionspunkt auf Bundesebene. Die Kostenpauschalen seien auf der Grundlage von Warenkörben kalkuliert worden. In diese Warenkörbe gingen einzelne Produkte mit einer bestimmten Gewichtung ein. Darüber hinaus gehe man bei der Pauschalbetrachtung stets von Durchschnitten aus, d. h., dass z. B. Praxisspezialisierungen bei operativen Eingriffen explizit nicht berücksichtigt worden seien. Gerade die Spezialisierung bei ambulanten Operationen werde sehr ernst genommen und werde in den Verhandlungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen berücksichtigt. Dementsprechend seien die Abrechnungen der Klägerin so zu korrigieren gewesen, dass die doppelt abgerechneten Sachkosten für die Klingen der Firma DARCO ab dem zweiten Quartal 2005 neben den Sachkostenpauschalen des EBM 2005 abzusetzen seien. In den Quartalen II/06 und III/06 seien die Sachkosten bereits für die Einmalklingen neben den Sachkostenpauschalen im Rahmen der sachlich-rechnerischen Prüfung berichtigt und per Bescheid mitgeteilt worden. Für die hier streitbefangenen Quartale würden sich folgende Honorarkürzungen ergeben:

2. Quartal 2005
Arztnummer Kasse Status Anzahl Eurobetrag Gesamt Eurobetrag
39 07 211
40601 1 10 169,17 EUR 1.691,70 EUR
5 8 169,17 EUR 1.353,36 EUR
40602 1 5 169,17 EUR 845,85 EUR
5 8 169,17 EUR 1.353,36 EUR
40603 1 2 169,17 EUR 338,34 EUR
5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
40605 1 12 169,17 EUR 2.030,04 EUR
5 3 169,17 EUR 507,51 EUR
40611 1 4 169,17 EUR 676,68 EUR
5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
54 9.135,18 EUR

3. Quartal 2005
Arztnummer Kasse Status Anzahl Eurobetrag Gesamt Eurobetrag
39 07 211
40601 1 10 169,17 EUR 1.691,70 EUR
5 12 169,17 EUR 2.030,04 EUR
40602 1 5 169,17 EUR 845,85 EUR
5 9 169,17 EUR 1.522,53 EUR
40603 1 2 169,17 EUR 338,34 EUR
40605 1 7 169,17 EUR 1.184,19 EUR
5 2 169,17 EUR 338,34 EUR
40611 1 4 169,17 EUR 676,68 EUR
48605 5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
52 8.796,84 EUR

4. Quartal 2005
Arztnummer Kasse Status Anzahl Eurobetrag Gesamt Eurobetrag
39 07 231
40601 1 9 143,61 EUR 1.292,49 EUR
1 1 169,17 EUR 169,17 EUR
5 4 143,61 EUR 574,44 EUR
40602 1 6 143,61 EUR 861,66 EUR
5 5 143,61 EUR 718,05 EUR
40603 1 1 143,61 EUR 143,61 EUR
5 1 143,61 EUR 143,61 EUR
40605 1 5 143,61 EUR 718,05 EUR
5 2 143,61 EUR 287,22 EUR
40611 1 2 143,61 EUR 287,22 EUR
5 3 143,61 EUR 430,83 EUR
48602 1 1 143,61 EUR 143,61 EUR
40 5.769,96 EUR

1. Quartal 2006
Arztnummer Kasse Status Anzahl Eurobetrag Gesamt Eurobetrag
39 07 231
40601 1 10 169,17 EUR 1.691,70 EUR
5 12 169,17 EUR 2.030,04 EUR
40602 1 5 169,17 EUR 845,85 EUR
5 10 169,17 EUR 1.691,70 EUR
40603 1 4 169,17 EUR 676,68 EUR
5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
40605 1 6 169,17 EUR 1.015,02 EUR
5 7 169,17 EUR 1.184,19 EUR
40606 5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
40611 1 5 169,17 EUR 845,85 EUR
40617 5 1 169,17 EUR 169,17 EUR
48602 1 1 169,17 EUR 169,17 EUR
48605 1 1 169,17 EUR 169,17 EUR
64 10.826,88 EUR

Hiergegen legte die Klägerin am 17.04.2007 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, sie verweise auf den ausführlichen Schriftwechsel zwischen Herrn Dr. C und der Beklagten einerseits und dem Schriftwechsel mit der AOK Hessen andererseits. Es könne nicht sein, dass eine Besserstellung der Patientenversorgung mit einer effizienteren und damit letztlich kostensparenderen Operationsmethode zu einer Schlechterstellung führe. Es sei offensichtlich rechtswidrig, für die im Rahmen vertragsärztlicher Versorgung notwendigen Operationen erforderlichen Einmalmesseraufsätze der Firma DARCO zum Preis von 169,17 EUR nach der Sachkostenpauschale gemäß der Leistungsziffer 40750 EBM 2005 mit 122,00 EUR zu vergüten. Extrabudgetär abgerechnete Sachkosten mit der Verwaltungskostenpflicht und Quotierung für die EHV zu belegen sei zudem ebenfalls nach den Verwaltungsmaßstäben der Beklagten rechtswidrig. Sie sei gezwungen, mit dem patentierten Einmalmesseraufsatz der Firma DARCO zu operieren, wolle sie dem Patienten dieses unstreitig bessere Operationsverfahren anbieten. Es bestehe also gar nicht die Möglichkeit, eine kostengünstigere Wahl des Produkts und des Herstellers vorzunehmen. Dies hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der KBV bei ihrer Entscheidung zur Höhe der Sachkostenpauschale so nicht erkennen können. Es hätten seinerzeit lediglich Angebote von Herstellern von Sachmitteln für konventionelle Operationsmethoden vorgelegen. Insofern werde dies jetzt vom EBM 2005 nicht berücksichtigt. Die diesbezügliche Lücke im Regelwerk müsse durch eine teleologische Auslegung geschlossen werden und die zusätzlichen Kosten müssten ergänzend, notfalls im Wege einer Einzelfallregelung berücksichtigt werden. Die Kostenersparnis werde besonders deutlich an der Senkung der Arbeitsunfähigkeitstage, dem Wegfall aller Kosten durch Anästhesien infolge Plexusanästhesie durch den Operateur, der nachweisbaren Minimierung postoperativer Schmerzmedikation, dem Wegfall der Sachkosten für Nahtmaterial, da eine Naht mit der in Rede stehenden Methode überflüssig werde und dem Wegfall aller Kosten für postoperative Komplikationen. Den von ihr genannten Schriftwechsel reichte die Klägerin zur Verwaltungsakte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.11.2007, der Klägerin zugestellt am 29.11., wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, die Rückforderung der gesondert geltend gemachten Sachkosten für das DARCO-Messer sei rechtmäßig, da diese Sachkosten mit der Kostenpauschale nach der Nr. 40750 EBM 2005 abgegolten seien. Die Abrechnung von besonderen Sachkosten folge bei den Ersatzkassen der Anlage 7 zum Gesamtvertrag vom 10.05.1996 (sog. Vereinbarung zur Vergütung und Abwicklung von Sachkosten nach § 13 Abs. 5 des Arzt/Ersatzkassenvertrages (EKV) über die Kassenärztliche Vereinigung Hessen im Rahmen der Quartalsabrechnung mit den Ersatzkassen in Hessen). Unter Punkt 1 der Vereinbarung zur Vergütung und Abrechnung von Sachkosten sei definiert, für welche Sachkosten diese Vereinbarung gelte. Die Vereinbarung gelte für Kosten für Materialien, die im Zusammenhang mit der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen für Versicherte der Ersatzkassen entstünden und die nach den allgemeinen Bestimmungen des EBM (Kapitel 7.3) nicht in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten seien und die auch nicht über Sprechstundenbedarf bezogen werden könnten (vgl. auch § 13 Abs. 5 Satz 1 EKV). Die Kosten für das DARCO-Messer fielen unter die Kostenpauschale nach der Nr. 40750 EBM 2005 und seien damit "in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten". Die Präambeln zu den Abschnitten 31.2.1 und 31.2.5 EBM 2005 enthielten keine speziellen Regelungen über die Berechnung der Sachkosten für spezielle Instrumente wie den DARCO-Einmalmesseraufsatz. Die Präambel zum Abschnitt 31.2.1 (ambulante und belegärztliche Operationen) Nr. 5 sage nur etwas zu den Kosten für Verbände, jedoch nichts zu anderen Sachkosten aus. Die Präambel zum Abschnitt 31.2.5 (endoskopische Gelenkeingriffe) führe unter Nr. 2 nur die (nicht berechnungsfähigen) Sachkosten für Karbonfaserstifte und unter Nr. 3 die Kosten für Implantate bei rekonstruktiven Bandersatzoperationen auf. Die Kosten für das DARCO-Messer seien auch nicht in den üblichen Praxiskosten enthalten. Nach den allgemeinen Bestimmungen, Kapitel 7, Abschnitt 7.1 des EBM 2005 seien in den berechnungsfähigen Leistungen (im vorliegenden Fall in der Leistung nach der Nr. 31142 EBM 2005 – endoskopischer Gelenkeingriff der Kategorie E 2) u. a. Kosten für Einmalskalpelle, Einmalkanülen, Einmalhandschuhe – also niedrigpreisige Standardinstrumente – enthalten. Das DARCO-Messer sei ein spezieller Einmalaufsatz zum Preis von fast 170,00 EUR und falle daher auch nicht unter diese üblichen Praxiskosten. In den allgemeinen Bestimmungen, Kapitel 7, Abschnitt 7.3 EBM 2005 würden die Kosten aufgeführt, die grundsätzlich nicht in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten seien. Diese Regelung gelte aber nur, soweit nichts anderes bestimmt sei. Im Kapitel 40 EBM 2005 sei aber ausdrücklich etwas anderes bestimmt worden. Unter Abschnitt 40.13 seien leistungsbezogene Kostenpauschalen für endoskopische Gelenkeingriffe vorgesehen. Mit Einführung des EBM 2005 seien die bis dahin in den ärztlichen Leistungen enthaltenen Sachkosten in vertraglich vereinbarte Sachkostenpauschalen überführt worden. Mit der Nr. 40750 EBM 2005 existiere eine Kostenpauschale für die Sachkosten im Zusammenhang mit der Durchführung von endoskopischen Gelenkeingriffen nach den Nummern 31141 bis 31142 EBM 2005 (122,00 EUR). Mit dieser Kostenpauschale würden alle Sachkosten für diese endoskopischen Gelenkoperationen abgegolten werden. Dies ergebe sich auch aus dem Sinn einer Sachkostenpauschale. Es kommt nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall diese Kosten niedriger oder höher ausfielen. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut der Nr. 40750 EBM 2005. Dem Schreiben der Klägerin vom 30.11.2006 an die AOK könne man entnehmen, dass der Einmalmesseraufsatz der Firma 3M (inzwischen DARCO) schon 1997 existiert habe. Folglich sei dem Bewertungsausschuss dieses Instrument bei Einführung des EBM 2005 im April 2005 bekannt gewesen. Wenn dennoch die Kostenpauschale mit 122,00 EUR festgelegt worden sei, dann hätten trotz Verwendung dieses Instrumentes keine höheren Sachkosten geltend gemacht werden können. Andernfalls hätte man eine eigene Kostenpauschale für dieses Instrument in den EBM 2005 aufgenommen. Der Chirurg könne entscheiden, mit welchen Instrumenten er die Operation durchführe und ob er die Pauschale durch hohe Sachkosten überschreite oder nicht. Dem Urteil des SG Düsseldorf (Az.: S 25 KA 323/97) habe ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen. Die Klägerin habe die Nr. 31142 (endoskopischer Gelenkeingriff der Kategorie E 2) abgerechnet und daneben die Kostenpauschale nach der Nr. 40752 EBM 2005 angesetzt. Die Nr. 40752 EBM 2005 sei korrigiert in die Nr. 40750 EBM worden. Daneben habe die Klägerin die Sachkosten für den Messeraufsatz in Höhe von knapp 170,00 EUR geltend gemacht. Da die Sachkosten für den endoskopischen Gelenkeingriff mit Kostenpauschale nach der Nr. 40750 EBM 2005 insgesamt abgegolten seien, seien die zusätzlich geltend gemachten Sachkosten für den Messeraufsatz zu Recht gestrichen worden. Die Klägerin könne sich nicht auf § 70 SGB V berufend einwenden, durch die speziellen DARCO-Messer würde eine effizientere und bessere Patientenversorgung gewährleistet werden. Mit dem festgesetzten Betrag werde der ursprünglich vergütete Betrag wieder zurückgefordert. Die EHV-Quotierung sei dagegen gar nicht Gegenstand des Rückforderungsbescheides. Die Erhebung von Verwaltungskosten stehe mit der Budgetierung von Leistungen in keinem Zusammenhang.

Hiergegen hat die Klägerin am 28.12.2007 die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie nehme in großer Zahl endoskopische Gelenkeingriffe (Arthroskopien) vor. Dazu würden Einmalmesseraufsätze der Firma DARCO verwendet werden. Die Beklagte habe im Jahr 1997 festgestellt, dass die Einmalmesseraufsätze, damals der Firma 3M, jetzt der Firma DARCO, gegenüber den Krankenkassen angesetzt und von diesen erstattet werden müssten, weil es sich um eine sinnvolle Methode handele. Ab dem Quartal II/05 seien dann die alten Operationszuschläge nach den Ziffern 80 bis 87 EBM 1996 durch die so genannten Sachkostenzuschlagsziffern (40750 bis 40754 EBM 2005) ersetzt worden. Die Sachkostenpauschalerstattung in Höhe von 122,00 EUR decke nur die bei den mikroinvasiv-endoskopischen Eingriffen erforderlichen Kosten für die erforderliche Vor- und Nachsorge einschließlich der Bereitstellung von Operationseinrichtungen zu den jeweiligen Katalogleistungen ab. Der Preis für das Messer in Höhe von 169,17 EUR werde von dieser Pauschale nicht annähernd abgedeckt. Die Abrechnung von besonderen Sachkosten könne nicht alleine über die Leistungsziffer 40750 EBM 2005 erfolgen. Es handele sich bei dieser Pauschale eben nicht um eine vollständig berechnungsfähige Leistung, sondern um eine Pauschale, deren Höhe willkürlich festgelegt worden sei. Wenn nachgewiesenermaßen die Sachkosten höher als die Pauschale lägen, seien diese mindestens im Wege der Einzelfallregelungen den abrechnenden Chirurgen zu vergüten. Ein fester Warenkorb sei für die Leistungen nach Ziffer 40750 EBM 2005 nicht definiert worden. Sei ein fester Warenkorb, d. h. seien die Leistungen, die dort im Rahmen der Pauschale erbracht würden, nicht irgendwo einmal abschließend aufgezählt, sondern wenigstens normativ umschrieben worden, so gelte, dass es sich gerade um eine nicht berechnungsfähige Leistung handele, die gemäß dem EBM 2005 extra zu vergüten sei. Der leistungserbringende Chirurg könne eben nicht mit gutem Gewissen entscheiden, nicht patentierte billigere Instrumente zum Einsatz zu bringen, wenn er das Wohl der Patienten und das wirtschaftliche Wohl des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vor Augen habe. Die Beklagte unterlaufe § 70 SGB V. Wenn Folgeregelungen nach dem § 70 SGB V nicht die wirtschaftlichere Behandlung berücksichtigen sollten, so wären sie doch immerhin an dieser Regelung zu messen und danach als Satzungsrecht entsprechend auszulegen. Die Entscheidung der Beklagten sei auch unverhältnismäßig. Sie berücksichtige nicht, dass sie mit der vorgenommenen Belastung in eine wirtschaftliche Schieflage gerate, die die weitere vertragsärztliche Versorgung der Versicherten gefährde.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Sachkosten in Höhe von 34.528,86 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt unter Verweis auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Übrigen ergänzend vor, sie sei weiterhin der Auffassung, dass die Sachkosten mit den Kostenpauschalen nach Nrn. 40750 bis 40754 RBM 2005, insb. Nr. 40750 EBM 2005 abgegolten sei. Deshalb könne die von der Klägerin angeführte Entscheidung auch nicht auf den EBM 2005 übertragen werden. Soweit die Klägerin Unverhältnismäßigkeit geltend mache, habe sie dies nicht substantiiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Berichtigungsbescheid der Beklagten vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Sachkosten in Höhe von 34.528,86 EUR. Die Klage war daher abzuweisen.

Der Berichtigungsbescheid der Beklagten vom 10.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2007 ist rechtmäßig.

Die Beklagte war grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die vertragszahnärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassenärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertragsärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertragsärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen.

Zwischen den Beteiligten ist allein die Frage strittig, ob die Klägerin berechtigt ist, für den von ihr verwandten Einmalmesseraufsatz die Kosten gesondert geltend zu machen.

Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründet sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgt die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Soweit indessen der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, ist Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Leistungstatbestände. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung kommt bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen ebenfalls in Betracht. Sie kann allerdings nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben. Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (vgl. BSG, Urt. v. 07.02.2007 - B 6 KA 32/05 - GesR 2007, 326 = USK 2007-14, zitiert nach juris Rdnr. 13 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist in erster Linie auf den Wortlaut der Regelungen abzustellen. Nach Ziffer 40750 EBM 2005 wird eine Kostenpauschale für die Sachkosten in Zusammenhang mit der Durchführung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nach den Nrn. 31141 und 31142 EBM 2005 in Höhe von 122,00 EUR erstattet. Die Beklagte hat im angefochtenen Widerspruchsbescheid im Einzelnen dargelegt, dass eine weitere Kostenerstattung nicht vorgesehen ist. Dies ist insofern auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin hat damit mangels entsprechender Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf Erstattung der weiteren Kosten für den Einmalmesseraufsatz.

Soweit die Klägerin im Einzelnen die Vorzüge der von ihr gewählten endoskopischen Operationsmethode des Carpaltunnel-Syndroms in der mündlichen Verhandlung demonstriert hat, folgt hieraus kein Anspruch auf weitere Erstattung der Sachkosten. Der EBM-Geber ist befugt, Leistungen und Kostenerstattungen zu pauschalieren. Mit der Klägerin geht die Kammer dabei davon aus, dass die Kostenerstattung für die von ihr gewählte Operationsmethode unzureichend ist, da die Kostenpauschale nach Ziffer 40750 EBM 2005 die übrigen Kosten abdeckt und bei den anderen Operationsmethoden auch ausreichend ist. Aus den genannten Gründen ist es der Kammer aber verwehrt, im Wege einer Analogie die von der Klägerin reklamierte Lücke im EBM 2005 zu schließen. Es ist die Entscheidung des Operateurs, welche Operationsmethode er wählt. Soweit die Vergütung bzw. Kostenerstattung unzureichend sein sollte, obliegt es dem EBM-Geber, den EBM entsprechend zu ändern. Hinzu kommt, dass, wie der Kläger selbst vorgetragen hat, andere Operationsmethoden bestehen, die auch im Rahmen der gegenwärtigen Kostenerstattungen kostendeckend erbracht werden können. Soweit die Klägerin nachvollziehbar die Vorteile ihrer Operationsmethode dargelegt hat, obliegt es insoweit dem Ermessen des EBM-Gebers, ggf. hierfür gesonderte Vergütungstatbestände zu schaffen. Im gegenwärtigen Honorarsystem besteht kein Anspruch eines Arztes darauf, dass jede Einzelleistung in bestimmter Höhe zu vergüten ist. Vielmehr beschränkt sich der Anspruch auf Teilnahme an der Honorarverteilung (vgl. § 85 Abs. 4 SGB V).

Soweit sich die Klägerin auf die Entscheidung des SG Düsseldorf, Urt. v. 16.09.1999 S 25 KA 323/97 – beruft, so besteht jedenfalls unter Geltung des EBM 2005 eine andere Rechtslage. Das SG Düsseldorf stellt im Wesentlich darauf ab, dass es sich bei dem Messeraufsatz um ein Instrument i.S.d. Ziffer 4 der Allgemeinen Bestimmungen A.I EBM 1996 handele, das nach der Anwendung verbraucht sei und deshalb mit der Vergütung für die Leistung nicht abgegolten sei. Auch handele es sich nicht um ein Einmalskalpell i.S.d. Ziffer 2 der Allgemeinen Bestimmungen A.I EBM 1996, dessen Kosten in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten seien. Die Kosten seien auch nicht nach Nr. 85 EBM 1996 (Zuschlag für die erforderliche Vor- und Nachsorge einschließlich Bereitstellung von OP-Einrichtungen) abgegolten. Zutreffend weist die Beklagte aber darauf hin, dass im EBM 2005 mit Ziffer 40750 EBM 2005 eine – abschließende - Kostenpauschale für die Sachkosten in Zusammenhang mit der Durchführung von endoskopischen Gelenkeingriffen (Arthroskopien) nach den Nrn. 31141 und 31142 EBM 2005 besteht, die eine weitergehende Kostenerstattung, da insofern auch keine vertraglichen Vereinbarungen bestehen, ausschließt.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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