L 7 R 1989/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 79/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 1989/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 25. Oktober 2002 bis 6. August 2006 als selbstständiger Handwerker der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Für den am 1963 geborenen Kläger wurden vom 1. August 1978 bis 13. Oktober 1989 durchgehend Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Im Oktober 1989 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit auf, die in der Gewerbeanmeldung mit "Betonglätten" angegeben wurde. Eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgte nicht. Ab dem 1. November 1989 entrichtete der Kläger freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe der Mindestbeiträge. Am 14. Februar 1997 wurde der Kläger durch die Handwerkskammer Ulm in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe (Handwerksnebenrolle) aufgenommen, wobei die ausgeübte Tätigkeit des Betonglättens dem handwerksähnlichen Holz- und Bautenschutzgewerbe zugeordnet wurde.

Mit Bescheid vom 26. August 1999 lehnte die Beklagte (damals LVA Württemberg) einen Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger ab, da eine Versicherungspflicht des Klägers, der regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig werde, nach § 2 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht bestehe.

Zum 1. Februar 2002 zeigte der Kläger gegenüber dem Gewerbeamt u.a. eine Erweiterung der Betriebstätigkeit an. Neben der weiterhin ausgeübten Tätigkeit des Betonglättens wurden als neu ausgeübte Tätigkeiten angegeben: Holz- und Bautenschutz; Handel mit Sport- und Freizeitartikeln (Gewerbeanzeige vom 4. Februar 2002). Im März 2002 wurde der Kläger durch die Handwerkskammer zur Handwerksrollenberichtigung durch Beantragung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Handwerksordnung (HwO) aufgefordert, da das Betonglätten eine wesentliche Tätigkeit des Maurer- und Betonbauer-Handwerks darstelle und somit einer Eintragung in die Handwerksrolle bedürfe. Am 7. Oktober 2002 wurde dem Kläger auf seinen Antrag durch das Regierungspräsidium Tübingen die Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO erteilt. Am 25. Oktober 2002 erfolgte durch die Handwerkskammer Ulm unter Löschung des bisher eingetragenen handwerksähnlichen Betriebes eine Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle mit einem handwerklichen Betrieb des Maurer- und Betonbauer-Handwerks, beschränkt auf das Glätten von monolithischen Industriefußböden. Es erfolgte zum selben Tag eine automatische Meldung an den Rentenversicherungsträger.

Mit Schreiben vom 19. November 2002 wies die Beklagte den Kläger auf die grundsätzliche Versicherungspflicht eingetragener Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Modalitäten der Beitragsberechnung und Zahlung hin. Für die Zeit vom 25. Oktober bis 30. November 2002 entrichtete der Kläger Pflichtversicherungsbeiträge. Unter dem 12. Dezember 2002 beantragte er die Befreiung von der Versicherungspflicht, da für ihn mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden seien.

Mit Bescheid vom 25. September 2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab dem 25. Oktober 2002 aufgrund der Eintragung in die Handwerksrolle nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege. Die vom Kläger zu zahlenden Beiträge wurden in Höhe des Regelbeitrages festgesetzt, der aus einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße errechnet worden sei. Für Oktober 2002 ergab sich danach ein Beitrag in Höhe von EUR 104,51, ab 1. November 2002 in Höhe von monatlich EUR 447,90 sowie ab 1. Januar 2003 in Höhe von monatlich EUR 464,10. Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruches trug der Kläger vor, es sei nach Änderung der HwO fraglich, ob er überhaupt noch versicherungspflichtig sei, wenn eine Verpflichtung zum Eintrag in die Handwerksrolle überhaupt nicht bestanden habe. Des Weiteren seien die geleisteten freiwilligen Beiträge wie Pflichtbeiträge anzuerkennen, zumal er von der zuständigen Handwerkskammer dahingehend beraten worden sei, dass ihn kein Nachteil treffe, wenn er sich in die Handwerksrolle eintragen lasse. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2004, abgesandt am 14. Dezember 2004, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für den Kläger seien lediglich 135 Monate an Pflichtbeiträgen nachgewiesen. Die gemäß § 7 SGB VI entrichteten freiwilligen Beiträge könnten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI nicht als Pflichtbeiträge gelten, weil es sich dort lediglich um die nach § 202 Satz 1 und 2 SGB VI sowie die nach den Sondervorschriften entrichteten freiwilligen Beiträge der §§ 204 bis 207, 209, 284 und 285 SGB VI handele.

Am 12. Januar 2005 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben.

Unter dem 30. Juni 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab. Damit seien die rückständigen und laufenden Beiträge unverzüglich zu zahlen. Ab dem 1. Januar 2004 betrage der monatliche Regelbeitrag EUR 470,93. Das Schreiben enthielt weiter den Hinweis, dass diese "Mitteilung" Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens werde.

In einer Gewerbeanzeige vom 25. Juli 2006 zeigte der Kläger die Aufgabe der bisherigen Tätigkeit des Betonglättens zum 7. August 2006 an; weiter ausgeübt würden die Tätigkeiten des Holz- und Bautenschutzes sowie des Handels mit Sport- und Freizeitartikeln. Am 14. Februar 2007 erfolgte die Löschung des Betriebes des Klägers aus der Handwerksrolle.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, die gezahlten freiwilligen Beiträge seien als Pflichtbeiträge im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zu werten, sodass er einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Handwerker habe. Des Weiteren habe ihn die Handwerkskammer nicht darauf hingewiesen, dass mit der Eintragung in die Handwerksrolle eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung entstehe; bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte er sich nicht eintragen lassen. Ohnehin sei er nur aufgrund einer Ausnahmebewilligung eingetragen worden. Die festgestellte Versicherungspflicht stelle einen Verstoß gegen Art. 3 und Art. 14 Grundgesetz (GG) dar. Außerdem werde gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoßen; es bestehe ein Wettbewerbsnachteil für die deutschen Handwerker gegenüber den ausländischen, die der Versicherungspflicht nicht unterworfen seien. Darüber hinaus sei ihm mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. August 1999 mitgeteilt worden, dass eine Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 9 SGB VI nicht vorliege; eine Änderung des Gewerbes sei durch die Eintragung nicht erfolgt.

Mit Urteil vom 22. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei durch die Eintragung in die Handwerksrolle gemäß § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI versicherungspflichtig in der Rentenversicherung geworden. Der vorgetragene Beratungsfehler durch die Handwerkskammer löse keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch aus, da die Handwerkskammer kein Sozialleistungsträger sei und ihr Verhalten auch nicht der Beklagten zugerechnet werden könne. Der Bescheid vom 26. August 1999 beziehe sich lediglich auf eine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI, nicht nach Nr. 8. Die Versicherungspflicht verstoße auch nicht gegen die Grundrechte aus Art. 3, 12 und 14 GG. Europäisches Gemeinschaftsrecht greife bei rein innerstaatlichen Sachverhalten wie im Falle des Klägers nicht ein. Schließlich habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht insbesondere nach § 6 Abs.1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI, da für den Kläger nicht mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden seien. Bis einschließlich November 2002 seien lediglich 137 Pflichtbeiträge gezahlt worden. Die vom Kläger entrichteten freiwilligen Beiträge könnten nicht als Pflichtbeiträge gewertet werden. Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI handele es sich dabei zwar um Beitragszeiten, nicht aber um Pflichtbeitragszeiten. Zu beachten sei auch, dass die vom Kläger entrichteten freiwilligen Beiträge nur Mindestbeiträge zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes und damit wesentlich geringer als die aus dem Einkommen berechneten Pflichtbeiträge gewesen seien. Die Zeiten der freiwilligen Beitragszahlung seien auch keine Zeiten, für die nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gälten.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 30. März 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10. April 2007, Eingang beim SG am 11. April 2007, Berufung eingelegt.

Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2007 festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Klägers gemäß § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI wegen der Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit mit Ablauf des 6. August 2006 ende.

Zur Begründung der Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe sich bereits vor der Eintragung in die Handwerksrolle mit der Rentenversicherung in Verbindung gesetzt und von dort die Mitteilung erhalten, dass er auch bei Eintragung in die Handwerksrolle keiner Versicherungspflicht unterliege. Bei Kenntnis der eintretenden Versicherungspflicht hätte er den Eintrag in die Handwerksrolle nicht vornehmen lassen. Der Aufklärungsfehler der Beklagten habe zur Eintragung in die Handwerksrolle geführt; dieser Aufklärungsfehler sei über den Herstellungsanspruch zu korrigieren. Der Kläger sei somit so zu stellen, als habe er seinen Betrieb nicht in die Handwerksrolle eintragen lassen, sodass auch keine Versicherungspflicht entstanden wäre. Die Eintragung in die Handwerksrolle sei auch unzutreffend erfolgt. Der Kläger erfülle mit seinem Handwerk nicht die Voraussetzungen eines zulassungspflichtigen Handwerks und habe deshalb nach § 7 HwO auch nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden können. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 HwO sei ein Handwerksbetrieb ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerkes, wenn er handwerksmäßig betrieben werde und ein Gewerbe vollständig umfasse, das in der Anlage A aufgeführt sei, oder Tätigkeiten ausgeübt würden, die für dieses Gewerbe wesentlich seien (wesentliche Tätigkeiten). Der Betrieb des Betonglätters sei in der Anlage A nicht aufgeführt. Es handele sich auch nicht um wesentliche Tätigkeiten eines dort genannten Gewerbes, da das Glätten von monolithischen Industriefußböden in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden könne und die Tätigkeit auch nicht aus einem zulassungspflichtigen Handwerk entstanden sei (§ 1 Abs. 1 Satz 2 HwO). Eine Versicherungspflicht sei auch nicht durch die Novellierung der Handwerksordnung durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 2003 entstanden. An den Voraussetzungen zur Zulassung der Eintragung in die Handwerksrolle gemäß § 1 Abs. 2 HwO habe sich nichts geändert. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 12. September 2007 ausgeführt, im Hinblick auf den während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheid der Beklagten sei streitig nur noch die Zeit der Versicherungspflicht vom 25. Oktober 2002 bis 6. August 2006. Der Bescheid vom 30. Juni 2005 führe zur grundsätzlichen Frage eines Bestehens der Versicherungspflicht nichts aus, weshalb auf diesen Bescheid nicht weiter eingegangen werden müsse. Durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 5. Juni 2008 hat der Kläger den Gegenstand der Berufung ausdrücklich auf die Versicherungspflicht dem Grunde nach beschränkt.

Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. März 2007 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2004 aufzuheben sowie festzustellen, dass er in der Zeit vom 25. Oktober 2002 bis 6. August 2006 keine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI unterliege, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Ergänzend hat sie ausgeführt, dem Kläger habe kein Wahlrecht zugestanden, ob er sich in die Handwerksrolle eintragen lasse oder nicht. Das maßgebliche Handwerk Maurer und Betonbauer habe bei Eintragung zu den zulassungspflichtigen Handwerken gehört, woran sich auch nichts durch die Änderung der HwO zum 1. Januar 2004 geändert habe. Die Tätigkeit des Betonglättens sei bereits 1999 eine wesentliche Tätigkeit des Maurer- und Betonbauer-Handwerks gewesen, sodass eigentlich bereits zu diesem Zeitpunkt eine Eintragung in die Handwerksrolle hätte erfolgen müssen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Akten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (S 4 R 1775/05 ER und L 11 R 3488/05 ER-B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich beide Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i. V. m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die am 11. April 2007 gem. § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht beim SG eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 SGG).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die von der Beklagten mit Bescheid vom 25. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2004 getroffene Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI. Den Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat der Kläger im Berufungsverfahren hingegen nicht mehr weiterverfolgt. Mit dem als "Mitteilung" bezeichneten Bescheid vom 30. Juni 2005 hatte die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht abgelehnt. Das SG hatte über die Befreiungsmöglichkeit entschieden, ohne den Bescheid ausdrücklich zu bezeichnen. Auf ausdrückliche gerichtliche Nachfrage während des Berufungsverfahrens, ob - hilfsweise - auch die Ablehnung der Befreiung angegriffen werde, hatte der Bevollmächtigte des Klägers im Schriftsatz vom 12. September 2007 mitgeteilt, dass auf diesen Bescheid nicht weiter eingegangen werden müsse, da er zur Frage des Bestehens einer Versicherungspflicht nichts ausführe; seine Wirkung entfalle vielmehr, wenn keine Versicherungspflicht bestehe. Damit hat der Kläger deutlich gemacht, dass sich sein Begehren nur noch auf die grundlegende Frage der Versicherungspflicht bezieht. Dies entspricht auch dem schriftsätzlich bereits am 10. April 2007 gestellten Antrag, der eine Befreiung von der Versicherungspflicht gerade nicht erwähnt und keine Aufhebung, sondern nur die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils verfolgt. Auch die bis zum Schriftsatz vom 12. September 2007 vorgebrachte Begründung der Berufung beschränkt sich allein auf die Frage der Versicherungspflicht und erfasst nicht mehr - wie noch vor dem SG und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - Ausführungen zum Tatbestand der Befreiungsnorm des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI und deren Verfassungsmäßigkeit. Da auch die Festsetzung der Höhe der Beiträge, wie im Bescheid vom 30. Juni 2005 vorgenommen, ausdrücklich nicht angefochten wird, ist der Gegenstand des Berufungsverfahren daher auf die im Bescheid vom 25. September 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2004 getroffenen Regelungen beschränkt (grundsätzliche Versicherungspflicht und Pflicht zur Beitragszahlung). Durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 5. Juni 2008 hat der Kläger dies ausdrücklich klargestellt. Mit Bescheid vom 14. Mai 2007 hat die Beklagte festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Klägers gem. § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI mit Ablauf des 6. August 2006 ende. Hierdurch wird das im Berufungsverfahren noch streitige Begehren auf den Zeitraum vom 25. Oktober 2002 bis 6. August 2006 begrenzt, was seitens des Bevollmächtigten des Klägers im Schriftsatz vom 12. September 2007 klargestellt worden ist.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG ist zurecht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger ab dem 25. Oktober 2002 als Handwerker gem. § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit auch der Beitragspflicht unterliegt. Nach der zum Zeitpunkt der Eintragung in die Handwerksrolle am 25. Oktober 2002 und damit der Begründung der Versicherungspflicht (dazu unten) geltenden Regelung des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754) waren versicherungspflichtig selbständig tätige Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen waren, wobei Eintragungen aufgrund der Führung eines Handwerksbetriebes nach §§ 2 bis 4 der Handwerkordnung (HwO) außer Betracht blieben; war eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, galt als Handwerker, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllte.

Die seitdem erfolgten Neufassungen der Vorschrift mit Wirkung vom 1. Januar 2004 zunächst durch Art. 7 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934; (sog. "große Handwerksnovelle")) und dann durch Art. 1 Nr. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Fünftes SGB VI-ÄndG) vom 4. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3183) - rückwirkend - (Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes) haben hieran nichts geändert. Nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI sind nunmehr versicherungspflichtig Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wobei Handwerksbetriebe im Sinne der §§ 2 und 3 HwO sowie Betriebsfortführungen auf Grund von § 4 HwO außer Betracht bleiben; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Der Kläger ist auch nach dieser Fassung der Vorschrift versicherungspflichtig (dazu nachstehend). Da sich die zwischenzeitliche Rechtsänderungen auf die Versicherungspflicht des Klägers nicht auswirken, bedarf es keiner näheren Erörterung, auf welche Rechtslage im Rahmen der gegen die Feststellung der Beitragpflicht gerichteten Anfechtungsklage hier abzustellen ist.

Der Kläger ist in seinem Gewerbe nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig, was die Beteiligten auch nicht in Abrede stellen. Der Senat hat nach dem Inhalt der vorliegenden Akten wie auch nach dem Vorbringen der Beteiligten hieran keinen Zweifel.

Der Kläger ist seit dem 25. Oktober 2002 mit dem Handwerk "Maurer und Betonbauer", beschränkt auf das Glätten von monolithischen Industriefußböden in die Handwerksrolle der Handwerkskammer Ulm eingetragen. Diese Eintragung genügt als Registerverlautbarung zur Verwirklichung der Normvoraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI und hat somit Tatbestandswirkung (Bundessozialgericht (BSG) SozR Nr. 1 zu § 2 HwVG zur entsprechenden Vorgängerregelung des § 2 Handwerkerversicherungsgesetz (HwVG)). Ob diese Eintragung zwingend war bzw. ob sie zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, ist für den Eintritt der gesetzlichen Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI nicht von Bedeutung. Diese Vorschrift knüpft vielmehr ausschließlich an die Tatsache der Eintragung in die Handwerksrolle an. Zwar enthält § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI gegenüber der früheren Regelung über die Versicherungspflicht der Handwerker insofern eine Rechtsänderung, als die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit für die Dauer der Eintragung in die Handwerksrolle nicht mehr vermutet wird, sondern eigenständig zu prüfen ist. Hinsichtlich der Handwerkereigenschaft und der für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebenden handwerksrechtlichen Feststellung besitzt die Eintragung in die Handwerksrolle dagegen auch nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI Tatbestandswirkung, sofern sie nicht erkennbar nichtig ist. Dies bedeutet, dass der Rentenversicherungsträger insoweit keine eigene Prüfung anstellen darf (vgl. BSG SozR 5800 § 1 Nr. 1 m.w.N.; BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 4).

An dieser Tatbestandwirkung der Eintragung hat sich durch die "große Handwerksnovelle" und ihre Umsetzung im Rentenrecht zum 1. Januar 2004 (vgl. o.) im Grundsatz nichts geändert. Der Tatbestand des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI wurde um das Merkmal "in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen" ergänzt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Rentenversicherungsträger und in nachfolgenden gerichtlichen Streitigkeiten die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit die Voraussetzungen der Eintragung in die Handwerksrolle vollständig zu überprüfen hätten. Das neue Tatbestandsmerkmal diente der Beibehaltung des bisherigen versicherungsrechtlichen status quo: Mit der Neufassung sollte erreicht werden, dass nach Aufgabe des sog. Inhaberprinzips im Handwerksrecht die Versicherungspflicht nur für diejenigen in die Handwerksrolle eingetragenen Inhaber eines Handelsgewerbes besteht, die in ihrer Person die erforderlichen handwerksrechtlichen Qualifikationsanforderungen erfüllen (BT-Drucks. 15/3443 S. 4). Der Gesetzgeber reagierte damit rentenrechtlich auf die nun handwerksrechtliche Möglichkeit, dass die Führung eines Handwerksbetriebes nunmehr auch dann möglich ist, wenn zwar nicht der Inhaber des Handwerksbetriebes die erforderlichen Qualifikationen besitzt, aber zumindest ein im Betrieb beschäftigter Betriebsleiter. Von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sollen jedoch weiterhin nur die Betriebsinhaber erfasst werden, die auch nach früherem Recht den Handwerksbetrieb selbst führen konnten, weil sie über die handwerksrechtlich nötigen Qualifikationen verfügten. Bereits aus dem Wortlaut des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI ergibt sich, dass sich das neue Tatbestandsmerkmal nicht auf die Tätigkeit und ihre handwerksrechtliche Beurteilung bezieht, sondern nur auf die Qualifikationen "in der Person" des Betriebsinhabers. Demnach gilt nach Wortlaut und Zweck der Neuregelung weiterhin die Tatbestandswirkung der Eintragung in die Handwerksrolle, die den Rentenversicherungsträger und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit von der eigenverantwortlichen Prüfung der handwerksrechtlichen Fragen entbindet (Gürtner in KassKomm SGB VI, Stand März 2005, § 2 Rdnr. 28). Die sozialversicherungsrechtliche Prüfung kann sich daher - soweit die Eintragung in der Handwerksrolle hierüber schweigt - allein darauf beziehen, in welcher Person (Inhaber oder Betriebsleiter) die handwerksrechtlich erforderlichen Qualifikationen vorliegen. Dass die am 25. Oktober 2002 erfolgte Eintragung nichtig sein sollte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ein so gravierende Fehlerhaftigkeit der Eintragung kann nicht angenommen werden. Aus der Auskunft der Handwerkkammer Ulm (Bl. 35 der Senatsakten) ist zu entnehmen, dass nach einem Gutachten des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe das Glätten von Nassbeton (Betonglätten) eine wesentliche Tätigkeit des Maurer- und Betonbauer-Handwerks darstelle und daher einer Eintragung bedürfe. Auch der Kläger hat eine Nichtigkeit der Eintragung nicht geltend gemacht. Daher ist das Vorbringen des Klägers, die von ihm verrichteten Tätigkeiten unterlägen nicht der Notwendigkeit der Eintragung in die Handwerksrolle, unbeachtlich.

Der Kläger erfüllte auch in seiner Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Vorraussetzungen. Die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgte am 25. Oktober 2002 und damit vor Inkrafttreten der großen Handwerksnovelle. Die Eintragung konnte daher nur erfolgen, wenn gerade der Kläger als Betriebsinhaber die erforderlichen Qualifikationen erfüllt hatte. Hierfür genügt die Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 3 i.V.m. § 8 HwO, wie sie dem Kläger erteilt worden war. Die allein handwerksrechtliche Frage, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 8 HwO erfüllt hatte, sind aufgrund der Tatbestandswirkung der Eintragung weder von der Beklagten noch vom Senat zu prüfen. Maßgeblich ist allein, dass die Voraussetzung (hier: Ausnahmegenehmigung) gerade in der Person des Klägers vorlag, nicht eines anderen Betriebsangehörigen. Mit der Eintragung als Handwerk in die Handwerksrolle am 25. Oktober 2002 ist somit die Versicherungspflicht des Klägers begründet worden.

Das Vorbringen des Klägers, er sei hinsichtlich der Auswirkungen der Eintragung in die Handwerksrolle auf die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung falsch beraten worden, verhilft seinem Begehren nicht zum Erfolg. Zurecht hat das SG bereits darauf hingewiesen, dass dieser Vortrag nur auf den sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abzielen kann, ohne dass der Kläger allerdings deutlich gemacht hat, welche Rechtsfolge er damit herbeiführen will (fehlende Versicherungspflicht oder Löschung der Eintragung in der Handwerksrolle bzw. Fiktion derselben). Die Voraussetzungen dieses Anspruches liegen jedoch ohnehin nicht vor. Der Anspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I)) verletzt hat, dass des Weiteren zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und darüber hinaus der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (vgl. zum Ganzen BSG SozR 4-4300 § 137 Nr. 1).

Die Handwerkskammer ist bereits kein Sozialleistungsträger i.S.d. § 12 SGB I, dem allein die Beratungspflichten nach den §§ 14, 15 SGB I obliegen. Sie ist auch nicht im Sinne einer Funktionseinheit arbeitsteilig in das Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Feststellung versicherungsrechtlicher Tatbestände eingeschaltet. Ihr obliegt allein die Prüfung handwerksrechtlicher Fragen; ihre Entscheidungen stellen außerhalb des Sozialversicherungsverhältnisses liegende Umstände dar, an die die Versicherungspflicht anknüpft. Mit dem Herstellungsanspruch sollen hinsichtlich der Rechtsfolge auch allein Fehler im Verwaltungsablauf mit den der Verwaltung möglichen Mitteln ausgeglichen werden (Seewald, KassKomm, SGB I vor §§ 38-47 Rdnr. 30). Eine Fiktion des Bestehens oder Nichtbestehens eines außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegenden tatsächlichen Umstandes, wie hier der Eintragung in die Handwerksrolle, ist daher keine im Rahmen des Herstellungsanspruch mögliche Rechtsfolge.

Einen kausalen Beratungsfehler der Beklagten selbst hat der Kläger nicht vorgetragen. Zwar hat der Kläger in der Berufungsbegründung angeführt, vor Eintragung in die Handwerksrolle habe er sich von der Beklagten über die versicherungsrechtlichen Konsequenzen beraten lassen und dort die Auskunft erhalten, dass er auch bei Eintragung nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliege. In der Beschwerdebegründung im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes hatte er hingegen vorgetragen, vor der Eintragung nur eine Beratung durch die Handwerkskammer in Anspruch genommen zu haben, während ein telefonisches Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten erst nach der Eintragung stattgefunden habe. So hatte der Kläger den Sachverhalt auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen (Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 2. April 2003). In letzterem Fall fehlte es einem "Beratungsfehler" bereits an der nötigen Kausalität, da die die Versicherungspflicht auslösende Eintragung bereits vorgenommen war. Der Senat hatte dem jedoch nicht weiter nachzugehen. Denn selbst wenn man einen Beratungsfehler der Beklagten unterstellte, könnte dieser nicht zum Entfallen der Versicherungspflicht führen. Die Verneinung der Versicherungspflicht trotz der Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI stellte eine unzulässige Amtshandlung der Beklagten dar, die im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches gerade nicht bewirkt werden kann. Dass die Eintragung in die Handwerksrolle keiner Fiktion zugänglich ist, wurde bereits ausgeführt. Der vom Kläger angebotene Beweis über einen Beratungsfehler war daher nicht zu erheben.

Die Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI endet frühestens mit der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit, die der Eintragung in die Handwerksrolle zugrunde liegt. Dies war nach den vorliegenden Unterlagen erst am 7. August 2006 der Fall. In der Gewerbeummeldung vom 25. Juli 2006 (Bl. 56 der Senatsakten) wurde dieses Datum für die Aufgabe der bisherigen gewerblichen Tätigkeit angegeben. Der Kläger hat keine abweichenden Umstände oder Daten vorgetragen, so dass der Senat dieses Datum zugrunde legt. Zurecht ist die Beklagte daher im Bescheid vom 15. Mai 2007 davon ausgegangen, dass die Versicherungspflicht mit Ablauf des 6. August 2006 endete.

Der Kläger vermag auch nicht mit seinen bereits erstinstanzlich erhobenen verfassungsrechtlichen Einwänden durchzudringen. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI überzeugt. Die Regelung in § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI berührt zunächst nicht das Grundrecht des Klägers aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die darin normierte Eigentumsgarantie sichert nur den konkreten Bestand an vermögenswerten Rechten, nicht aber das Vermögen als solches. Die aus Lebensversicherungsverträgen und einer privaten Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften auf Leistungen aus den abgeschlossenen Versicherungsverträgen werden als solche durch die gesetzliche Rentenversicherungspflicht weder in ihrem Bestand noch in ihrer Höhe entwertet oder in sonstiger Weise berührt (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26. Juni 2007 - 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03 - SozR 4-2600 § 2 Nr. 10). Dass der Betrieb des Klägers wegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung in seinem Bestand gefährdet sein könnte, ist nicht ersichtlich. Insoweit ist auch die Möglichkeit der Zahlung niedrigerer Beiträge bei Nachweis einer entsprechenden Einnahmesituation zu berücksichtigen (§ 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI), von der der Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht hat.

Auch eine Verletzung des Grundrechts des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Für einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG dürfte es schon an einer berufsregelnden Tendenz des § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI fehlen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 113/03 - für die Einführung eines berufsständischen Versorgungswerks mit Zwangsmitgliedschaft und der damit verbundenen Beitragspflicht; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2007, a. a. O., verneinend für die Versicherungs- und Beitragspflicht selbstständiger Lehrer). Für die im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerregelung zu § 2 Satz 1 Nr. 8 SGB VI in § 1 HwVG hat das BSG einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG verneint (BSGE 31, 136 ff.; ebenso BVerfG - BVerfGE 34, 62 zu der Beitragsregelung in § 4 HwVG). Selbst wenn man eine berufsregelnde Tendenz annähme, würde es sich nur um eine Berufsausübungsregelung handeln, die schon zulässig ist, wenn vernünftige Zwecke des Gemeinwohls damit verfolgt werden. Solche Zwecke sind hier gegeben. Die Versicherungspflicht von Selbständigen in § 2 SGB VI beruht auf der typisierenden Erwägung des Gesetzgebers, dass bestimmte Berufsgruppen trotz ihrer Selbständigkeit den Beschäftigten in der sozialen Schutzwürdigkeit so vergleichbar sind, dass zur Sicherstellung einer angemessenen Sicherung im Alter und bei Invalidität die Versicherungspflicht erforderlich ist (vgl. Gürtner a.a.O. Rdnr. 2). Der Gesetzgeber hat bei der Festlegung arbeits- und sozialpolitischer Ziele einen weiten Spielraum (BVerfGE 81, 156). Mit Rücksicht auf die Typisierungsnotwendigkeiten des auf die Beurteilung von Massentatbeständen zugeschnittenen Sozialversicherungsrechts sowie aus dem diesem zugrunde liegenden Solidaritätsgedanken heraus unterliegt der in § 2 S. 1 SGB VI erfasste Personenkreis der Versicherungspflicht selbst dann, wenn der Versicherte im Einzelfall zu einer eigenverantwortlichen Daseinsvorsorge befähigt (BSG SozR 2200 § 2 Nr. 8) oder aufgrund individueller Lebensverhältnisse nicht schutzbedürftig ist (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr. 2).

Die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI verstößt auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 71, 255, 271) und ist insbesondere dann verletzt, "wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders und nachteilig behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten" (BVerfGE 103, 271, 289) und "sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt" (BVerfGE 102, 68 , 87). Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, liegt eine unzulässige Ungleichbehandlung im Vergleich zu den nicht von der Versicherungspflicht erfassten Handwerksbetrieben nach §§ 2 bis 4 HwO nicht vor. Auf die zutreffenden Ausführungen wird nach eigener Prüfung durch den Senat Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine unzulässige Ungleichbehandlung kann auch nicht im Vergleich zu den Selbständigen angenommen werden, die ein Gewerbe betreiben, das nicht der Eintragung in die Handwerksrolle bedarf. Das bereits dargelegte besondere Schutzbedürfnis der Inhaber von Handwerksbetrieben, das daraus folgt, dass ihre selbstständige Tätigkeit typischerweise auf dem Einsatz der eigenen Arbeitskraft beruht, stellt ein von hinreichenden sachlichen Erwägungen getragenes Differenzierungskriterium im Verhältnis zu anderen selbstständigen Berufsgruppen dar, für die keine Versicherungspflicht normiert ist. Die Eintragung in die Handwerksrolle stellt dabei ein geeignetes - typisierendes - Abgrenzungskriterium dar. Hieran hat sich nach Auffassung des Senats auch durch die große Handwerksnovelle zum 1. Januar 2004 nichts geändert. Unterschieden wird handwerksrechtlich nun nach Handwerken, in denen am Meisterzwang für das Betreiben eines entsprechenden Handwerksbetriebes festgehalten wurde (Anlage A zur HwO), und sog. zulassungsfreien Handwerken (Anlage B). Der Meisterzwang sollte auf die Handwerke beschränkt werden, bei denen er zur Abwehr von Gesundheit oder Leben Dritter erforderlich erscheint. Von den bislang eintragungspflichtigen Handwerken werden nun 53 als zulassungsfrei geführt, für 41 verblieb es bei der bisherigen Einschränkung. Bei den nun zulassungsfreien Handwerken handelte es sich aber nur um knapp über zehn Prozent der bisherigen zulassungspflichtigen Handwerksbetriebe (vgl. BT-Drucks. 15/3443 unter D "Finanzielle Auswirkungen"). Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform erfasste das Anknüpfungskriterium der Eintragung in die Handwerksrolle den weit überwiegenden Teil der zum Kernbereich der Handwerker im herkömmlichen Sinne gehörenden Versicherten auch weiterhin. Eine wesentliche Veränderung des materiellen Gehaltes der "Eintragung in die Handwerksrolle" als Anknüpfungskriterium für die Rentenversicherungspflicht war damit erst zukünftig nach einer Umstrukturierung der Handwerksberufe infolge der Gesetzesänderung zu erwarten. Durch die Regelung des § 229 Abs. 2a SGB VI hat der Gesetzgeber des Weiteren sichergestellt, dass diese nur in die Zukunft wirkende Umschichtung auch für die Frage der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gilt. Nach dieser Regelung verbleibt es nämlich auch bei Handwerkern, die mit ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit wie der Kläger vor der Novelle begonnen hatten, bei der Versicherungspflicht. Eine Ungleichbehandlung liegt somit nur gegenüber Handwerkern vor, die mit einer zulassungsfreien Tätigkeit nach dem Inkrafttreten der Novelle begonnen haben. Diese ist im Rahmen des gesetzgeberischen Spielraums jedoch gerechtfertigt, da der Gesetzgeber zulässig die weitere Entwicklung der Betriebsstrukturen im Handwerk abwarten kann (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Juni 2007 - L 7 R 111/05 - (juris)).

Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften kommt schon mangels eines grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht in Betracht, da eine Auslandsberührung nicht vorliegt (vgl. BSG 27. September 2005 – B 1 KR 28/03 - (juris) zum Leistungsrecht).

Die Übergangsvorschriften der §§ 229 Abs. 2, 230 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB VI finden auf den Kläger keine Anwendung. § 229 Abs. 2 SGB VI erfasst nur Handwerker, die durch die Einführung des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI zum 1. Januar 1992 versicherungspflichtig geworden wären, deren Versicherungspflicht als Handwerker aber bereits zuvor wegen der Zahlung von 216 Pflichtbeiträgen entfallen war (Gürtner a.a.O. § 229 Rdnr. 6). Der Kläger unterfiel aber aus o.g. Gründen am 1. Januar 1992 bereits mangels Eintragung in die Handwerksrolle nicht dem Anwendungsbereich des § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI, so dass § 229 Abs. 2 SGB VI nicht greift. Des Weiteren hatte er bis zum 31. Dezember 1991 noch keine 216 Pflichtbeiträge gezahlt, sondern lediglich 135; selbst wenn man, wie der Kläger erstinstanzlich vorgetragen hatte, die freiwilligen Beiträge hinzurechnen wollte, hätten bis zum Stichtag lediglich 161 Beiträge vorgelegen. § 230 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI bezieht sich nur auf Handwerker, die bis zum 31. Dezember 1991 wegen gleichzeitiger versicherungspflichtiger Beschäftigung als Arbeitnehmer versicherungsfrei waren (Gürtner a.a.O. § 230 Rdnr. 4), was beim Kläger nicht gegeben war. § 230 Abs. 1 S. 2 SGB VI betrifft nur Handwerker, die bereits bis 1961 versicherungsfrei waren und deren Versicherungsfreiheit nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht aufrecht erhalten blieb (Gürtner a.a.O. § 230 Rdnr. 6). Der 1963 geborene Kläger kann diese Voraussetzung nicht erfüllen. Der Kläger ist auch nicht gem. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI versicherungsfrei. Es bestehen keinerlei Hinweise darauf, dass die selbständige Tätigkeit des Klägers nur eine geringfügige war. Auch der Kläger hat dies nicht geltend gemacht.

Der angefochtenen Feststellung der Versicherungspflicht als Handwerker nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI steht auch nicht Bescheid vom 26. August 1999 (Bl. 36 der SG-Akte) entgegen. Dieser regelt schon nach seinem Verfügungssatz allein die Ablehnung eines Antrages auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, steht also der Annahme von Versicherungspflicht gerade nicht entgegen. Soweit seiner Begründung überhaupt eine Regelung entnommen werden könnte (vgl. BSG SozR 1500 § 77 Nr. 18), würde sich diese auf die Feststellung beschränken, dass eine Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI - als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger - nicht bestehe. Eine Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 8 SGB VI als Handwerker wird gerade nicht - auch nicht negativ - geregelt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 161 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved