L 5 AS 1021/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 93 AS 11144/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 AS 1021/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist der Beginn der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II).

Der 1982 geborene Kläger, der bis zum 31. Januar 2005 Arbeitslosengeld I bezog, sprach nach seinen Angaben erstmals am 26. Januar 2005 mit einem teilweise ausgefüllten Antragsformular für Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten vor. Da noch Angaben zu ergänzen und weitere Unterlagen vorzulegen waren, wurde als Tag der Antragstellung der 26. Januar 2005 vermerkt und der Kläger wieder weggeschickt. Nachdem der Kläger am 28. April 2005 das ausgefüllte Antragsformular zusammen mit diversen Unterlagen wieder eingereicht hatte, gewährte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 11. Mai 2005 Alg II ab dem 28. April 2005 in Höhe von 677,05 EUR monatlich.

Den am 24. Mai 2005 eingelegten Widerspruch des Klägers, mit dem dieser Leistungen bereits ab dem 26. Januar 2005 begehrte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2005 zurück. Zwischen der Aushändigung der Antragsunterlagen und der Abgabe des Antrags mit Unterlagen hätten drei Monate gelegen. Die bloße Ausgabe eines Antragsvordrucks könne noch nicht als Antrag angesehen werden. Im Übrigen dürfte es dem Widerspruchsführer nicht gelingen nachzuweisen, dass in der Zwischenzeit Hilfebedürftigkeit tatsächlich vorgelegen habe.

Die hiergegen am 25. November 2005 erhobene Klage, mit der der Kläger versichert hat, dass er während der gesamten Zeit hilfebedürftig gewesen sei, von Ersparnissen und Darlehen gelebt und sich um Arbeit bemüht habe, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 26. September 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an einer wirksamen Antragstellung am 26. Januar 2005, weil allein die Mitteilung eines Antragstellers, Leistungen beziehen zu wollen, noch keine Bearbeitung der Angelegenheit ermögliche. Die Antragstellung stelle sich vielmehr als mehrteiliger Akt dar, der mit der erstmaligen Meldung beginne und sich mit der Einreichung der erforderlichen Unterlagen vollende. Ein vollständiger Antrag könne nur dann angenommen werden, wenn die erforderlichen Einzelhandlungen innerhalb angemessener Frist erfolgten. Da der Kläger vorliegend Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums beantragt habe, sei eine Frist von über drei Monaten zwischen der ersten und zweiten Antragshandlung völlig unangemessen. Selbst wenn man aber eine Antragstellung am 26. Januar annehmen wolle, könne der Kläger sich über drei Monate später darauf nicht mehr berufen, da er durch sein Verhalten sein ursprüngliches Recht jedenfalls verwirkt habe. Der Kläger habe nämlich über mehrere Monate sein Anliegen nicht mehr verfolgt und sich nicht den Eingliederungsbemühungen des Beklagten zur Verfügung gestellt. Schließlich habe der Kläger selbst geäußert, er habe zwischenzeitlich gedacht, die Leistungen des Beklagten gar nicht zu brauchen. Auf die Frage der materiellen Bedürftigkeit komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr an.

Gegen dieses dem Kläger am 11. Oktober 2006 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 6. November 2006, mit der er weiterhin Alg II ab dem 26. Januar 2005 begehrt und sein Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend führt er aus, er habe zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in der Zeit ab dem 26. Januar 2005 unter anderem Geldleistungen von seiner Mutter in Anspruch genommen, die er jedoch zurückzahlen müsse. Im Übrigen habe er sich selbst intensiv um einen Ausbildungsplatz, eine Arbeitsstelle bzw. einen Studienplatz bemüht. Wenn der Beklagte aufgrund des Antrags vom 26. Januar 2005 nicht in der Lage gewesen sein sollte, diesen zu bearbeiten, so hätte er ihn darauf hinweisen und entsprechend beraten müssen. Insbesondere hätte der Beklagte ihn darauf hinweisen müssen, dass die Unterlagen in einer bestimmten Frist zu vervollständigen und vorzulegen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 sowie den Bescheid des Beklagten vom 11. Mai 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2005 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Arbeitslosengeld II bereits ab dem 26. Januar 2005 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten (Kdnr. ), die zur Beratung und Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Sach- und Rechtslage mit seinem Urteil vom 26. September 2006 zutreffend beurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Alg II für die Zeit vom 26. Januar bis zum 27. April 2005.

Dies gilt für die Zeit vom 26. bis 31. Januar 2005 schon deshalb, weil der Kläger insoweit noch Anspruch auf Arbeitslosengeld I hatte, das am 31. Januar 2005 in Höhe von monatlich 755,- EUR an ihn ausgezahlt worden ist. Dieser Anspruch ist höher als das begehrte Alg II (monatlich 677,05 EUR). Im Übrigen folgt der Senat den erstinstanzlichen Ausführungen und nimmt hierauf nach eigener Überzeugung in vollem Umfang Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nach § 37 Absatz 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht. Sie werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (§ 37 Absatz 2 Satz 1 SGB II).

Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass dem Beklagten eine Bearbeitung und Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungsgewährung am 26. Januar 2005 allein aufgrund der Meldung des Klägers nicht möglich war. Der Senat hat hierzu im Übrigen in dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ablehnenden Beschluss vom 22. Juni 2007 ergänzend folgendes ausgeführt:

"Das Vorbringen im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist eine bestimmte Form für den Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosengeld II nicht vorgeschrieben. Es reicht aus, wenn der Antragsteller vor einer zur Entgegennahme von Leistungsanträgen zuständigen Stelle seinen Willen zum Ausdruck bringt, entsprechende Sozialleistungen zu begehren (vgl. Schoch in LPK-SGB II, § 37 Rnr. 10). Selbst wenn damit von einer wirksamen Antragstellung des Klägers am 26. Januar 2005 auszugehen ist, kann der Kläger sich hierauf drei Monate später nicht mehr berufen, weil er nicht unverzüglich den vollständig ausgefüllten Antrag mit den notwendigen Unterlagen wieder eingereicht hat, was bei tatsächlicher Hilfebedürftigkeit zu erwarten gewesen wäre. Erst mit der Rückgabe des Antragsformulars wurde der Beklagte in die Lage versetzt, den Antrag zu bearbeiten. Im Übrigen gilt für den Leistungsempfänger nach dem SGB II der Grundsatz des Förderns und Forderns. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II muss der erwerbsfähige Hilfebedürftige aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Dieser Verpflichtung hat sich der Kläger für die streitigen drei Monate bewusst entzogen, so dass auch aus diesem Grund eine Leistungsgewährung für diesen Zeitraum nicht gerechtfertigt ist."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Der Senat konnte durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden. Die Beteiligten sind vorher zu dieser Verfahrensweise gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved