Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 4141/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 335/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2006 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3 388,95 EUR nebst 2 % Zinsen vom 01. Mai 2002 bis 30. Dezember 2004 und von 8 % (jeweils über dem Basiszinssatz) ab 31. Dezember 2004 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung der Frau A H in der Zeit vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 in Höhe von 3 388,95 EUR.
Die Klägerin betreibt das I Geriatriezentrum in B, Frau A H V. ist bei der Beklagten versichert. Sie bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch der Pflegestufe III (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI) von der Pflegekasse der Beklagten. Grundlage ist ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin e. V. MDK vom 03. Juni 1999, wonach die V. wegen seniler Demenz mit Weglauftendenzen und nach Angaben der Schwester massiven Verwirrtheitszuständen, Morbus Parkinson seit 1963, Angstzuständen, Harn- und Stuhlinkontinenz bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe bedarf. Ihre selbständige Lebensführung sei bereits seit 1978 eingeschränkt.
Am 28. Februar 2002 erlitt die V. einen Anfall, der zu einem Oberarmbruch führte. Sie wurde deshalb im Wege der Notaufnahme in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert. Mit am 04. März 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 01. März 2002 teilte die Klägerin der Beklagten dies mit und forderte mit Schreiben vom 04. März 2002, bei der Beklagten am 06. März 2002 eingegangen, eine Kostenübernahmeerklärung bis voraussichtlich 24. März 2002 an. Die Beklagte bat den MDK um eine Stellungnahme über Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. Nachdem dieser die Notwendigkeit der stationären Behandlung lediglich bis zum 08. März 2002 bejahte, schränkte die Beklagte dementsprechend ihre Kostenübernahmeerklärung ein.
Hiergegen wandten sich die V. und die Klägerin. Für letztere legte der Krankenhausarzt dar, dass bei dem Oberarmbruch mit schwerem Morbus Parkinson durch die Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik eine Besserung des Allgemeinzustandes sowie eine leichte Besserung der ausgeprägten Schmerzsymptomatik erreicht sei, dass aber aufgrund der schweren Begleiterkrankungen mit Beschwerdemobilisation und kaum vorhandener Rumpfstabilität die übliche Behandlung eines Oberarmbruches nur eingeschränkt möglich sei. Es bestünde eine deutliche starke Schmerzsymptomatik, die eine intensive Analgesie erforderlich machte. Die Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Armes bestünde daher derzeit nicht, werde jedoch angestrebt. Deshalb sei die Fortsetzung der Therapie geplant und notwendig. Eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes um 14 Tage sei notwendig, um die zuvor im häuslichen Bereich bestehende Mobilität wieder zu erreichen.
Für den MDK vertrat Frau Dr. K mit Datum vom 14. März 2003 die Auffassung, es würden keine neuen medizinischen Aspekte aufgezeigt, und sie empfehle, den Widerspruch zurückzuweisen. Nachdem die Klägerin hiervon Kenntnis erlangt hatte, teilte sie der Beklagten mit, sie erwarte eine geriatrisch-fachärztliche Begründung der Kostenablehnung und sei auf Anforderungen des MDK bereit, Fragen zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu beantworten.
Am 30. Mai 2003 suchte Frau Dr. K vom MDK das Krankenhaus der Klägerin auf, sprach mit den behandelnden Ärzten und gelangte zu der Auffassung, ab 08. März 2003 wäre eine ambulante Behandlung, zum Beispiel auf einer Kurzzeitpflegestation, möglich gewesen. Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit habe auch aus chirurgischer Sicht nicht mehr vorgelegen. Bei der hochgradig senilen Demenz sei von einem ausreichenden Reha-Potential nicht auszugehen.
Auf die Rechnung der Klägerin vom 15. April 2002 zahlte die Beklagte lediglich den auf die Behandlung vom 28. Februar 2002 bis zum 07. März 2002 entfallenden Anteil, so dass eine Restforderung von 3 388,95 EUR verblieb.
Zu deren Durchsetzung hat die Klägerin am 30. Dezember 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, auch die Behandlung der V. vom 08. März 2002 bis 26. März 2002 zu vergüten. Aus der Stellungnahme des behandelnden Oberarztes Dr. T ergebe sich, dass die Entscheidung zur stationären Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst getroffen worden sei. Die Beklagte habe das vertraglich vereinbare Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht eingehalten, da sie keinen Kurzbericht angefordert habe. Auch habe der MDK sein Gutachten erstellt, ohne ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt zu haben. Das Gutachten vom 30. Mai 2002 sei nach der Entlassung der V., also zu spät, erstellt worden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat dargelegt, sie habe das vertraglich vereinbarte Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der V. eingehalten und die Entscheidung der Krankenhausärzte über einen Verbleib im Krankenhaus über den 07. März 2002 sei nicht zutreffend gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Juli 2006 abgewiesen, da die vollstationäre Krankenhausbehandlung der V. vom 08. März 2002 bis 26. März 2002 nicht erforderlich gewesen sei. Es hätten andere Formen der Krankenhausbehandlung, nämlich teilstationäre, vor- und nachstationäre Behandlung, oder ambulante ärztliche Behandlungsmaßnahmen genügt. Nach der Stellungnahme des Dr. T habe die Klägerin ausschließlich Leistungen der medizinischen Rehabilitation, nicht jedoch solche der Krankenhausbehandlung erbracht. Auch habe die Beklagte das vertraglich vereinbare Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht verletzt. Zwar habe sie keinen Kurzbericht angefordert, dies sei jedoch nicht notwendig, wenn, wie hier, alle in dem Kurzbericht enthaltenen Informationen bereits vorlägen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Juli 2006 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 14. August 2006.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3 388,95 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. Mai 2002 bis zum 30. Dezember 2004 und ab dem 31. Dezember 2004 in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zunächst die Patientenakte der Klägerin über die V. zum Verfahren beigezogen und dann den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B zum Sachverständigen über die Notwendigkeit beziehungsweise Vertretbarkeit der weiteren Krankenhausbehandlung ernannt.
In dem Gutachten vom 30. November 2002 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 hat Dr. B dargelegt, dass der MDK von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Tatsächlich sei die weitere Behandlung notwendig gewesen. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Der Sachverständige Dr. B hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 sein Gutachten erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist auch begründet.
Die Beklagte hat sich zu Unrecht geweigert, der Klägerin auch die Kosten der Behandlung der V. für den Zeitraum vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 zu zahlen.
Das entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts verletzt sie daher in ihren Rechten und war zu ändern. Sowohl objektiv als auch aus der vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der bekannten und erkennbaren Umstände war die weitere stationäre Behandlung notwendig.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V in Verbindung mit dem Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlungen vom 01. November 1994 KBV und der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997 sowie dem Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom 01. November 1994 KÜV.
Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes KHG , des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung BPflV zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 12. Mai 2005 B 3 KR 30/04 R ; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R , abgedruckt in SozR 4 2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3 2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter beziehungsweise rufbereiter Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung beziehungsweise psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 B 1 KR 18/03 R m. w. N.; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, gegebenenfalls in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 B 3 KR 30/04 R ; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 B 1 KR 18/03 R ; Urteil vom 21. Oktober 1980 3 RK 33/79 ).
Die Umschreibung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit reicht zur konkreten Ausfüllung des Tatbestandmerkmals der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung aber nicht zwangsläufig aus. Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann ärztlicherseits stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden insbesondere ambulanten Behandlungsalternativen getroffen werden. Dies gilt nicht nur bei der Entscheidung eines Krankenhausarztes, ob ein Versicherter im Krankenhaus stationär aufgenommen wird, sondern auch bei der Entscheidung, ob ein bereits stationär untergebrachter Versicherter bei fortdauernder Behandlungsbedürftigkeit weiter im Krankenhaus zu behandeln ist oder entlassen werden kann, weil die erforderliche medizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses sichergestellt ist (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, die den weiteren Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen lassen, sondern dass zu prüfen ist, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, weil nur so die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden kann. Die Problematik wird besonders deutlich, wenn ein Patient aufgrund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitszustandes einstweilen oder auf Dauer nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren kann, in der er vor dem Krankenhausaufenthalt gelebt hat. Eine Entlassung aus dem Krankenhaus kommt in solchen Fällen erst in Betracht, wenn geklärt ist, wo der weiterhin behandlungsbedürftige Patient nach der Entlassung wenn auch möglicherweise zunächst nur vorübergehend leben beziehungsweise wohnen wird und ob dort die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt ist. Solange dies nicht geklärt ist, sondern nur theoretische Möglichkeiten im Raum stehen, kann ein Patient nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden; die stationäre Behandlung ist dann weiterhin im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V erforderlich (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Die Entscheidung des Krankenhausarztes, ob trotz fortdauernden Behandlungsbedarfs eine Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen kann, stellt eine medizinische Prognose dar und kann verantwortlich nur getroffen werden, wenn die Alternative klar und nachprüfbar ist. Fortdauernde Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist demnach erst zu verneinen, wenn die konkrete Behandlungsalternative, also die erforderliche medizinische Betreuung durch Vertragsärzte und andere Einrichtungen, als geeignet und ausreichend anzusehen ist.
Die so definierte Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen und mit sachverständiger Hilfe zu klären. Dabei kommt allerdings im Rahmen der Beweiswürdigung in Zweifelsfällen der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewicht zu. Dieser konnte am ehesten einschätzen, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren (BSG GS 1/06).
Die Notwendigkeit der Aufnahme oder Weiterbehandlung ist dabei nach der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitraum verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu beurteilen. Es kann dem Krankenhaus nicht angelastet werden, wenn dieser aufgrund einer für ihn nicht erkennbaren Fehlinformation Maßnahmen durchgeführt hat, sich im Nachhinein als unnötig erweisen (BSG, a. a. O.).
Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 erfolgte Krankenhausbehandlung als notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B nebst ergänzender Stellungnahme und dessen Erläuterung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2008.
Danach befand sich die Patientin wegen einer subkapitalen Humerusfraktur, die zunächst notfallmäßig diagnostiziert und primär versorgt wurde, vom 28. Februar 2002 bis zum 26. März 2003 im Krankenhaus der Beklagten. Den medizinischen Unterlagen des Krankenhauses sei zu entnehmen, dass die V. ein hochgradig polymorbides Krankheitsbild aufwies. Es sei auf den Zustand nach dreimalig erlittenem Schlaganfall bei gleichzeitig bestehendem Morbus Parkinson und auf eine Rechtsherzinsuffizienz hingewiesen, darüber hinaus habe eine durch die Schlaganfälle bedingte schwere neurologische Ausfallsymptomatik, insbesondere eine Hemiparese rechts, eine fragliche Beinparese links und eine erhebliche Ataxie und eine globale Aphasie mit nur gelegentlicher Möglichkeit, einzelne Wörter zu äußern, bestanden. Der Allgemeinzustand sei nicht, wie vom MDK angenommen, reduziert, sondern kachektisch gewesen. Aufgrund des frisch erlittenen Bruchs des Oberarmknochens unterhalb des Oberarmkopfes seien eine hochgradige Schmerzhaftigkeit und eine zusätzliche statische Unsicherheit aufgetreten. Als Begründung für die weitere Krankenhausbehandlung sei ausgeführt worden, dass weiterhin eine ausreichende Schmerztherapie, Logopädie zur Verbesserung der vorliegenden Sprach- und Schluckstörungen und Ergotherapie zur Verbesserung der Mobilität, insbesondere der Armbeweglichkeit, notwendig seien. Wegen der komplexen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere durch die Folgen des dreimaligen Schlaganfallgeschehens und des Morbus Parkinson, müsse dies stationär erfolgen.
Demgegenüber beschränkte sich die Auffassung des MDK auf die allgemein zutreffende Feststellung, dass aus fachchirurgischer Sicht ein Bruch, wie von der V. erlitten, nur für sieben bis acht Tage einen stationären Aufenthalt erforderlich mache. Diese Auffassung sei jedoch ohne Berücksichtigung der internistischen und neurologischen Begleiterkrankungen formuliert worden, was einen erheblichen Mangel der Beurteilung darstelle. Zwar stelle eine Oberarmfraktur eine ernsthafte Gesundheitsstörung dar, die bei einem normalen, gesunden Menschen auch ohne weiteres ambulant behandelt werden könne. Anders sei die Situation aber bei der V. gewesen, die sich zum Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung im 81. Lebensjahr befunden habe einen kachektischen, schwer reduzierten Allgemeinzustand und ausgeprägte neurologische Störungen aufgewiesen habe, die eine ambulante Behandlung nach Ablauf von sieben bis acht Tagen nicht möglich gemacht hätten. Entgegen der Auffassung der Dr. K vom MDK sei eine ambulante Behandlung ab dem 08. März 2002 in einer Kurzpflegestation nicht möglich gewesen. Die Begründung, bei hochgradiger seniler Demenz sei nicht von einem ausreichenden Reha-Potential auszugehen, sei weder medizinisch noch medizinethisch eine Begründung, einer schwerkranken Patientin mit definierten neurologischen Ausfallerscheinungen eine weitere Krankenhausbehandlung zu versagen. Auch die tatsächlichen Voraussetzungen, auf denen die Äußerung der Dr. K beruhte, nämlich dass an den Tagen 8., 9., 10., 13., 14., 16., 17., 23. und 24. März 2002 weder Krankengymnastik noch Ergotherapie erfolgten, sei unzutreffend. Im Gegenteil gehe dies aus der Krankenakte hervor. Daraus schlussfolgere auch, dass die V., ausgehend von den vom BSG (a. a. O.) aufgestellten Kriterien vollstationär behandelt werden musste. Denn die V. sei nicht vollstationär weiterbehandelt worden, weil eine ambulante Weiterbetreuung und Unterbringungsmöglichkeit fehlte, sondern weil dies aus ärztlicher Sicht medizinisch begründet gewesen sei.
Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen, die sich auch mit dem auf die Äußerungen des MDK gestützten Parteivortrag der Beklagten auseinandersetzen und die in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 nochmals überzeugend erläutert worden sind. Auch die Einwendungen der sich auf den MDK stützenden Beklagten in diesem Termin vermochten dies nicht zu erschüttern.
Wenn die Beklagte der Auffassung ist, die Behandlung eines Bruches des einen Arms bei Lähmung des anderen benötige die gleiche Dauer des stationären Aufenthalts wie bei einer ansonsten gesunden Versicherten, kann dies den Senat in keiner Weise überzeugen.
Die Berufung musste demgemäß Erfolg haben.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Bürgerliches Gesetzbuch BGB. Die Beklagte befand sich im Verzug. Die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4 2500 § 129 Nr. 3). Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in der jeweils geltenden Fassung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG.
Für die Zulassung der Revision ist keiner der in § 160 Abs. 2 SGG dargelegten Gründe gegeben.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung der Frau A H in der Zeit vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 in Höhe von 3 388,95 EUR.
Die Klägerin betreibt das I Geriatriezentrum in B, Frau A H V. ist bei der Beklagten versichert. Sie bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch der Pflegestufe III (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 SGB XI) von der Pflegekasse der Beklagten. Grundlage ist ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin e. V. MDK vom 03. Juni 1999, wonach die V. wegen seniler Demenz mit Weglauftendenzen und nach Angaben der Schwester massiven Verwirrtheitszuständen, Morbus Parkinson seit 1963, Angstzuständen, Harn- und Stuhlinkontinenz bei allen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe bedarf. Ihre selbständige Lebensführung sei bereits seit 1978 eingeschränkt.
Am 28. Februar 2002 erlitt die V. einen Anfall, der zu einem Oberarmbruch führte. Sie wurde deshalb im Wege der Notaufnahme in das Krankenhaus der Klägerin eingeliefert. Mit am 04. März 2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 01. März 2002 teilte die Klägerin der Beklagten dies mit und forderte mit Schreiben vom 04. März 2002, bei der Beklagten am 06. März 2002 eingegangen, eine Kostenübernahmeerklärung bis voraussichtlich 24. März 2002 an. Die Beklagte bat den MDK um eine Stellungnahme über Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. Nachdem dieser die Notwendigkeit der stationären Behandlung lediglich bis zum 08. März 2002 bejahte, schränkte die Beklagte dementsprechend ihre Kostenübernahmeerklärung ein.
Hiergegen wandten sich die V. und die Klägerin. Für letztere legte der Krankenhausarzt dar, dass bei dem Oberarmbruch mit schwerem Morbus Parkinson durch die Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und Krankengymnastik eine Besserung des Allgemeinzustandes sowie eine leichte Besserung der ausgeprägten Schmerzsymptomatik erreicht sei, dass aber aufgrund der schweren Begleiterkrankungen mit Beschwerdemobilisation und kaum vorhandener Rumpfstabilität die übliche Behandlung eines Oberarmbruches nur eingeschränkt möglich sei. Es bestünde eine deutliche starke Schmerzsymptomatik, die eine intensive Analgesie erforderlich machte. Die Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Armes bestünde daher derzeit nicht, werde jedoch angestrebt. Deshalb sei die Fortsetzung der Therapie geplant und notwendig. Eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes um 14 Tage sei notwendig, um die zuvor im häuslichen Bereich bestehende Mobilität wieder zu erreichen.
Für den MDK vertrat Frau Dr. K mit Datum vom 14. März 2003 die Auffassung, es würden keine neuen medizinischen Aspekte aufgezeigt, und sie empfehle, den Widerspruch zurückzuweisen. Nachdem die Klägerin hiervon Kenntnis erlangt hatte, teilte sie der Beklagten mit, sie erwarte eine geriatrisch-fachärztliche Begründung der Kostenablehnung und sei auf Anforderungen des MDK bereit, Fragen zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu beantworten.
Am 30. Mai 2003 suchte Frau Dr. K vom MDK das Krankenhaus der Klägerin auf, sprach mit den behandelnden Ärzten und gelangte zu der Auffassung, ab 08. März 2003 wäre eine ambulante Behandlung, zum Beispiel auf einer Kurzzeitpflegestation, möglich gewesen. Krankenhausbehandlungsnotwendigkeit habe auch aus chirurgischer Sicht nicht mehr vorgelegen. Bei der hochgradig senilen Demenz sei von einem ausreichenden Reha-Potential nicht auszugehen.
Auf die Rechnung der Klägerin vom 15. April 2002 zahlte die Beklagte lediglich den auf die Behandlung vom 28. Februar 2002 bis zum 07. März 2002 entfallenden Anteil, so dass eine Restforderung von 3 388,95 EUR verblieb.
Zu deren Durchsetzung hat die Klägerin am 30. Dezember 2004 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, auch die Behandlung der V. vom 08. März 2002 bis 26. März 2002 zu vergüten. Aus der Stellungnahme des behandelnden Oberarztes Dr. T ergebe sich, dass die Entscheidung zur stationären Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst getroffen worden sei. Die Beklagte habe das vertraglich vereinbare Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht eingehalten, da sie keinen Kurzbericht angefordert habe. Auch habe der MDK sein Gutachten erstellt, ohne ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt zu haben. Das Gutachten vom 30. Mai 2002 sei nach der Entlassung der V., also zu spät, erstellt worden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat dargelegt, sie habe das vertraglich vereinbarte Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der V. eingehalten und die Entscheidung der Krankenhausärzte über einen Verbleib im Krankenhaus über den 07. März 2002 sei nicht zutreffend gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Juli 2006 abgewiesen, da die vollstationäre Krankenhausbehandlung der V. vom 08. März 2002 bis 26. März 2002 nicht erforderlich gewesen sei. Es hätten andere Formen der Krankenhausbehandlung, nämlich teilstationäre, vor- und nachstationäre Behandlung, oder ambulante ärztliche Behandlungsmaßnahmen genügt. Nach der Stellungnahme des Dr. T habe die Klägerin ausschließlich Leistungen der medizinischen Rehabilitation, nicht jedoch solche der Krankenhausbehandlung erbracht. Auch habe die Beklagte das vertraglich vereinbare Verfahren zur Überprüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht verletzt. Zwar habe sie keinen Kurzbericht angefordert, dies sei jedoch nicht notwendig, wenn, wie hier, alle in dem Kurzbericht enthaltenen Informationen bereits vorlägen.
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24. Juli 2006 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 14. August 2006.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juli 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3 388,95 EUR nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01. Mai 2002 bis zum 30. Dezember 2004 und ab dem 31. Dezember 2004 in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat zunächst die Patientenakte der Klägerin über die V. zum Verfahren beigezogen und dann den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B zum Sachverständigen über die Notwendigkeit beziehungsweise Vertretbarkeit der weiteren Krankenhausbehandlung ernannt.
In dem Gutachten vom 30. November 2002 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27. Dezember 2002 hat Dr. B dargelegt, dass der MDK von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Tatsächlich sei die weitere Behandlung notwendig gewesen. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Der Sachverständige Dr. B hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 sein Gutachten erläutert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift verwiesen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.
Sie ist auch begründet.
Die Beklagte hat sich zu Unrecht geweigert, der Klägerin auch die Kosten der Behandlung der V. für den Zeitraum vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 zu zahlen.
Das entgegenstehende Urteil des Sozialgerichts verletzt sie daher in ihren Rechten und war zu ändern. Sowohl objektiv als auch aus der vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der bekannten und erkennbaren Umstände war die weitere stationäre Behandlung notwendig.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch SGB V in Verbindung mit dem Vertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlungen vom 01. November 1994 KBV und der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Dezember 1997 sowie dem Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung vom 01. November 1994 KÜV.
Nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzvereinbarungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes KHG , des Krankenhausentgeltgesetzes und der Bundespflegesatzverordnung BPflV zu führen. Dabei wird die Vergütungspflicht der Krankenkasse als selbstverständlich vorausgesetzt. Allerdings besteht ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung nur, soweit sie medizinisch notwendig war. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert deshalb mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht daher unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der insoweit notwendigen Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, sofern die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vorliegen (Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 12. Mai 2005 B 3 KR 30/04 R ; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R , abgedruckt in SozR 4 2500 § 39 Nr. 2 = BSGE 92, 300; Urteil vom 17. Mai 2000 B 3 KR 33/99 R, abgedruckt in SozR 3 2500 § 112 Nr. 1 = BSGE 86, 166).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenhausbehandlung ist hierbei, dass die Krankheit zum einen behandlungsbedürftig ist und zum anderen zu ihrer Behandlung der Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich ist. Zu diesen Mitteln gehören insbesondere die apparative Mindestausstattung des Krankenhauses, besonders geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter beziehungsweise rufbereiter Arzt. Es ist jedoch weder der Einsatz all dieser Mittel notwendig, noch genügt lediglich eines dieser Mittel, um einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu begründen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Vor allem bei einer psychiatrischen Erkrankung beziehungsweise psychiatrischen Behandlung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und die Notwendigkeit einer stationären Behandlung begründen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 B 1 KR 18/03 R m. w. N.; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Lässt sich demnach eine erforderliche medizinische Behandlung in ebenso guter Weise auch außerhalb eines Krankenhauses durchführen, besteht kein Anspruch auf Krankenhausbehandlung. Hierunter fällt neben der Behandlung in der Arztpraxis auch die ärztliche Krankenbehandlung in der Wohnung des Versicherten, gegebenenfalls in Kombination mit häuslicher Krankenpflege (§ 37 SGB V), ferner die ärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Einrichtungen der Behindertenhilfe oder in sonstigen Heimen oder Anstalten (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 B 3 KR 30/04 R ; Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Maßnahmen dürfen daher insbesondere nicht lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen. Rein pflegerische Maßnahmen, die nicht Teil einer ärztlichen Behandlung sind, lösen einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung ebenso wenig aus. Dasselbe gilt, wenn lediglich das Ziel der Verwahrung zur Abwendung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung infolge Selbst- oder Fremdgefährdung verfolgt wird oder andere nicht medizinische Gründe (soziale oder humanitäre Gründe, insbesondere Fehlen eines geeigneten Pflegeplatzes) maßgebend sind (BSG, Urteil vom 16. Februar 2005 B 1 KR 18/03 R ; Urteil vom 21. Oktober 1980 3 RK 33/79 ).
Die Umschreibung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit reicht zur konkreten Ausfüllung des Tatbestandmerkmals der Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung aber nicht zwangsläufig aus. Die Entscheidung, ob ein Versicherter wegen einer behandlungsbedürftigen Krankheit in einem Krankenhaus versorgt werden muss, kann ärztlicherseits stets nur mit Blick auf die in Betracht kommenden insbesondere ambulanten Behandlungsalternativen getroffen werden. Dies gilt nicht nur bei der Entscheidung eines Krankenhausarztes, ob ein Versicherter im Krankenhaus stationär aufgenommen wird, sondern auch bei der Entscheidung, ob ein bereits stationär untergebrachter Versicherter bei fortdauernder Behandlungsbedürftigkeit weiter im Krankenhaus zu behandeln ist oder entlassen werden kann, weil die erforderliche medizinische Versorgung außerhalb des Krankenhauses sichergestellt ist (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, von theoretisch vorstellbaren, besonders günstigen Sachverhaltskonstellationen auszugehen, die den weiteren Krankenhausaufenthalt entbehrlich erscheinen lassen, sondern dass zu prüfen ist, welche ambulanten Behandlungsalternativen im Einzelfall konkret zur Verfügung stehen, weil nur so die kontinuierliche medizinische Versorgung eines Versicherten gewährleistet werden kann. Die Problematik wird besonders deutlich, wenn ein Patient aufgrund seines körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitszustandes einstweilen oder auf Dauer nicht mehr in die eigene Wohnung zurückkehren kann, in der er vor dem Krankenhausaufenthalt gelebt hat. Eine Entlassung aus dem Krankenhaus kommt in solchen Fällen erst in Betracht, wenn geklärt ist, wo der weiterhin behandlungsbedürftige Patient nach der Entlassung wenn auch möglicherweise zunächst nur vorübergehend leben beziehungsweise wohnen wird und ob dort die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt ist. Solange dies nicht geklärt ist, sondern nur theoretische Möglichkeiten im Raum stehen, kann ein Patient nicht aus dem Krankenhaus entlassen werden; die stationäre Behandlung ist dann weiterhin im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB V erforderlich (BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 B 3 KR 18/03 R ). Die Entscheidung des Krankenhausarztes, ob trotz fortdauernden Behandlungsbedarfs eine Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgen kann, stellt eine medizinische Prognose dar und kann verantwortlich nur getroffen werden, wenn die Alternative klar und nachprüfbar ist. Fortdauernde Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist demnach erst zu verneinen, wenn die konkrete Behandlungsalternative, also die erforderliche medizinische Betreuung durch Vertragsärzte und andere Einrichtungen, als geeignet und ausreichend anzusehen ist.
Die so definierte Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist im Prozess vom Gericht vollständig zu überprüfen und mit sachverständiger Hilfe zu klären. Dabei kommt allerdings im Rahmen der Beweiswürdigung in Zweifelsfällen der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewicht zu. Dieser konnte am ehesten einschätzen, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren (BSG GS 1/06).
Die Notwendigkeit der Aufnahme oder Weiterbehandlung ist dabei nach der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitraum verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu beurteilen. Es kann dem Krankenhaus nicht angelastet werden, wenn dieser aufgrund einer für ihn nicht erkennbaren Fehlinformation Maßnahmen durchgeführt hat, sich im Nachhinein als unnötig erweisen (BSG, a. a. O.).
Werden diese Grundsätze herangezogen, erweist sich die vom 08. März 2002 bis zum 26. März 2002 erfolgte Krankenhausbehandlung als notwendig. Dies folgt aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B nebst ergänzender Stellungnahme und dessen Erläuterung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2008.
Danach befand sich die Patientin wegen einer subkapitalen Humerusfraktur, die zunächst notfallmäßig diagnostiziert und primär versorgt wurde, vom 28. Februar 2002 bis zum 26. März 2003 im Krankenhaus der Beklagten. Den medizinischen Unterlagen des Krankenhauses sei zu entnehmen, dass die V. ein hochgradig polymorbides Krankheitsbild aufwies. Es sei auf den Zustand nach dreimalig erlittenem Schlaganfall bei gleichzeitig bestehendem Morbus Parkinson und auf eine Rechtsherzinsuffizienz hingewiesen, darüber hinaus habe eine durch die Schlaganfälle bedingte schwere neurologische Ausfallsymptomatik, insbesondere eine Hemiparese rechts, eine fragliche Beinparese links und eine erhebliche Ataxie und eine globale Aphasie mit nur gelegentlicher Möglichkeit, einzelne Wörter zu äußern, bestanden. Der Allgemeinzustand sei nicht, wie vom MDK angenommen, reduziert, sondern kachektisch gewesen. Aufgrund des frisch erlittenen Bruchs des Oberarmknochens unterhalb des Oberarmkopfes seien eine hochgradige Schmerzhaftigkeit und eine zusätzliche statische Unsicherheit aufgetreten. Als Begründung für die weitere Krankenhausbehandlung sei ausgeführt worden, dass weiterhin eine ausreichende Schmerztherapie, Logopädie zur Verbesserung der vorliegenden Sprach- und Schluckstörungen und Ergotherapie zur Verbesserung der Mobilität, insbesondere der Armbeweglichkeit, notwendig seien. Wegen der komplexen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere durch die Folgen des dreimaligen Schlaganfallgeschehens und des Morbus Parkinson, müsse dies stationär erfolgen.
Demgegenüber beschränkte sich die Auffassung des MDK auf die allgemein zutreffende Feststellung, dass aus fachchirurgischer Sicht ein Bruch, wie von der V. erlitten, nur für sieben bis acht Tage einen stationären Aufenthalt erforderlich mache. Diese Auffassung sei jedoch ohne Berücksichtigung der internistischen und neurologischen Begleiterkrankungen formuliert worden, was einen erheblichen Mangel der Beurteilung darstelle. Zwar stelle eine Oberarmfraktur eine ernsthafte Gesundheitsstörung dar, die bei einem normalen, gesunden Menschen auch ohne weiteres ambulant behandelt werden könne. Anders sei die Situation aber bei der V. gewesen, die sich zum Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung im 81. Lebensjahr befunden habe einen kachektischen, schwer reduzierten Allgemeinzustand und ausgeprägte neurologische Störungen aufgewiesen habe, die eine ambulante Behandlung nach Ablauf von sieben bis acht Tagen nicht möglich gemacht hätten. Entgegen der Auffassung der Dr. K vom MDK sei eine ambulante Behandlung ab dem 08. März 2002 in einer Kurzpflegestation nicht möglich gewesen. Die Begründung, bei hochgradiger seniler Demenz sei nicht von einem ausreichenden Reha-Potential auszugehen, sei weder medizinisch noch medizinethisch eine Begründung, einer schwerkranken Patientin mit definierten neurologischen Ausfallerscheinungen eine weitere Krankenhausbehandlung zu versagen. Auch die tatsächlichen Voraussetzungen, auf denen die Äußerung der Dr. K beruhte, nämlich dass an den Tagen 8., 9., 10., 13., 14., 16., 17., 23. und 24. März 2002 weder Krankengymnastik noch Ergotherapie erfolgten, sei unzutreffend. Im Gegenteil gehe dies aus der Krankenakte hervor. Daraus schlussfolgere auch, dass die V., ausgehend von den vom BSG (a. a. O.) aufgestellten Kriterien vollstationär behandelt werden musste. Denn die V. sei nicht vollstationär weiterbehandelt worden, weil eine ambulante Weiterbetreuung und Unterbringungsmöglichkeit fehlte, sondern weil dies aus ärztlicher Sicht medizinisch begründet gewesen sei.
Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen, die sich auch mit dem auf die Äußerungen des MDK gestützten Parteivortrag der Beklagten auseinandersetzen und die in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2008 nochmals überzeugend erläutert worden sind. Auch die Einwendungen der sich auf den MDK stützenden Beklagten in diesem Termin vermochten dies nicht zu erschüttern.
Wenn die Beklagte der Auffassung ist, die Behandlung eines Bruches des einen Arms bei Lähmung des anderen benötige die gleiche Dauer des stationären Aufenthalts wie bei einer ansonsten gesunden Versicherten, kann dies den Senat in keiner Weise überzeugen.
Die Berufung musste demgemäß Erfolg haben.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Bürgerliches Gesetzbuch BGB. Die Beklagte befand sich im Verzug. Die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4 2500 § 129 Nr. 3). Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in der jeweils geltenden Fassung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG.
Für die Zulassung der Revision ist keiner der in § 160 Abs. 2 SGG dargelegten Gründe gegeben.
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