L 23 B 290/07 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 89/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 290/07 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 8. November 2007 in der Fassung des Beschlusses vom 4. Dezember 2007 abgeändert: Der Klägerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. M N, Sstraße , B Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht bewilligt. 2. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme von Unterkunftskosten sowie Umzugskosten für eine Wohnung in Nauen. Mit Beschluss vom 8. November 2007 hat das Sozialgericht Potsdam der Klägerin mit Wirkung vom 23. August 2007 für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe insoweit bewilligt, als mit der Klage die Übernahme der Unterkunftskosten für die Wohnung in N begehrt werde. Im Übrigen hat es die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten abgelehnt. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten in die neue Wohnung zu, weil es an der gesetzlich vorgeschriebenen vorherigen Zustimmung des Sozialhilfeträgers zu dem Abschluss des neuen Mietvertrages fehle.

Gegen den ihr am 28. November 2007 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 3. Dezember 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht hinsichtlich der Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der Umzugskosten nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 4. Dezember 2007).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Klägerin war unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren in vollem Umfange zu bewilligen.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i. V. m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO - erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Klägerin ist nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Sie bezieht Altersrente und ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII -.

Der Rechtstreit bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig. An die Prüfung der Erfolgsaussichten dürfen dabei keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Oktober 1991, 1 BvR 1386/91, NJW 1992, 889). Eine Rechtsverfolgung ist dann hinreichend erfolgversprechend, wenn das Gericht nach vorläufiger summarischer Prüfung den Rechtsstandpunkt der Antragstellerin unter Berücksichtigung des Vortrages des anderen Beteiligten zumindest für vertretbar und den Prozesserfolg für wahrscheinlich hält. Eine Vorwegnahme der Entscheidung der Hauptsache erfolgt im Rahmen der Prüfung der Erfolgswahrscheinlichkeit im Prozesskostenhilfeverfahren nicht (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990, 2 BvR 94/98, NJW 1991, 413). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht der Klage eine Erfolgswahrscheinlichkeit nicht abgesprochen. Lediglich hinsichtlich des Begehrens der Klägerin auf Gewährung von Umzugskosten hat es die Erfolgsaussichten verneint. Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war jedoch - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - von einer Erfolgsaussicht als Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Einschränkung für das erstinstanzliche Verfahren auszugehen.

Soweit in der Literatur vertreten wird, dass eine Rechtsverfolgung oder -verteidigung auch lediglich teilweise Aussicht auf Erfolg bieten kann und dies im Rahmen eines Bewilligungsbeschlusses über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen sei (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage Rn. 415; Philippi in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007 § 114 Rn. 20; Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Auflage 2006 § 114 Rn. 102), kann dem jedenfalls für das hier vorliegende Verfahren nicht gefolgt werden. Die Auffassung in der Literatur beruht darauf, dass im zivilgerichtlichen Verfahren bei einem abgrenzbaren Streitgegenstand der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auch nur nach einem Teilgegenstandswert zu bemessen ist (OLG München, Beschluss vom 28. Oktober 1994 - 11 WF 979/94 - m.w.N.). Dieser Gedanke kann auf sozialgerichtliche Verfahren wie dem vorliegenden, in dem das Gerichtskostengesetz – GKG – keine Anwendung findet (§ 197a SGG i.V.m. § 183 SGG) und Rahmengebühren nach § 3 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG - für die Instanz anfallen, grundsätzlich nicht übertragen werden. Eine Abgrenzung von Teilen des geltend gemachten Anspruchs - hier Umzugskosten – führt nicht generell zu einer Verringerung der Rahmengebühr. Die Rahmengebühr ist nämlich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG anhand des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers bzw. Klägers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Daher kann nicht über eine Quotelung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe anhand des Wertes eines Teils des Streitgegenstandes der Vergütungsanspruch über § 48 Abs. 1 RVG abweichend von §§ 3, 14 RVG bestimmt werden. Eine hinreichende Erfolgsaussicht, die bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren führt, ist mithin auch dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung nur teilweise Aussicht auf Erfolg hat. In diesem Fall ist dann Prozesskostenhilfe vollumfänglich zu gewähren (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. Februar 2007, L 7 B 189/06; LSG Hamburg, Beschluss vom 08. März 2007, L 5 B 118/06 ER AS, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03. August 2007, L 7 B 232/05 AS). Dies gilt auch dann, wenn im sozialgerichtlichen Verfahren zwei Klagebegehren in einer Klage gemeinsam verfolgt werden (noch offen gelassen in dem Beschluss des Sentats vom 8. Oktober 2007, L 23 B 108/07 SO PKH).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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