L 1 RA 87/00

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 32/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 87/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu einem Zehntel zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegen die Beklagte zu einem früheren Zeitpunkt Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht und noch Beiträge für einen Zeitraum bis 1994 nebst Säumniszuschlägen zu leisten hat.

Der 1957 geborene Kläger wurde mit Urkunde vom 2. März 1990 vom Rat des Bezirkes Halle als privater Ingenieur zugelassen und nahm am 1. April 1990 eine Tätigkeit als selbständiger Ingenieur auf.

Er beantragte am 28. Dezember 1994 bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht zum frühestmöglichen Termin.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 1995 stellte die Beklagte das Ende der Versicherungspflicht nach § 229a Abs. 1 SGB VI mit dem 27. Dezember 1994 fest.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 1995 stellte die Beklagte fest, der Kläger unterliege nach § 229a Abs. 1 SGB VI im Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 27. Dezember 1994 in seiner Tätigkeit der Versicherungspflicht. Sie stellte für die Jahre 1992 bis 1994 den Regelbeitrag nach einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße von insgesamt 17.230,58 DM fest und wies darauf hin, auf Antrag könne der Beitrag bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit auf den halben Regelbeitrag oder allgemein auf den Beitrag nach dem tatsächlichen Einkommen ermäßigt werden.

Mit Bescheid vom 3. Februar 1997 stellte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 344,60 DM fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger erstmals am 2. März 1997 Widerspruch ein und trug dazu mit Schreiben vom 30. Dezember 1997 vor, er habe schon mit Datum vom 24. Juli 1991 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht vom 1. September 1991 an gemäß § 20 Abs. 1 SVG gestellt. Dazu legt er einen ausgefüllten Antragsvordruck der Überleitungsanstalt Sozialversicherung vor und bekräftigte mit einer "wahrheitsgemäßen Erklärung" vom 23. April 1998, mit dem Datum vom 24. Juli 1991 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG an die Beklagte gestellt zu haben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, mit dem Bescheid vom 3. Februar 1997 habe sie lediglich Säumniszuschläge erhoben. Wegen des Bestehens der Versicherungspflicht nach § 229a Abs. 1 SGB VI sei der Bescheid vom 10. Oktober 1995 bindend geworden. Insoweit werde sie den Kläger auf seine Widerspruchsbegründung vom 30. Dezember 1997 hin gemäß § 44 SGB X bescheiden.

Mit Bescheid vom 21. September 1998 lehnte die Beklagte eine Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 1995 ab und führte aus, der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG habe sie erst am 30. Dezember 1997 erreicht. Darauf komme es an, weil die Antragstellung als Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB erst mit dem Zugang bei ihr wirksam werde.

Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Eingangsdatum bei der Beklagten vom 23. Oktober 1998 Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 1998 stellte die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von 3.956,60 DM fest. Mit Eingangsdatum bei der Beklagten vom 4. November 1998 verlangte der Kläger eine nachvollziehbare Berechnung der Säumniszuschläge.

Mit Schreiben vom 11. November 1998 führte die Beklagte aus, sie behandele dieses Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Oktober 1998. Mit dem Bescheid habe sie für Fälligkeitstermine von Februar 1997 bis Oktober 1998 Säumniszuschläge erhoben. Der Forderungsbetrag von insgesamt 17.230,58 DM sei zur Berechnung des Säumniszuschlages auf volle 100,- DM abzurunden. Dann belaufe sich der Säumniszuschlag für jeden angefangenen Monat auf ein vom Hundert dieses Betrages, nämlich 172,- DM. Für die 21 Kalendermonate des Erhebungszeitraumes errechneten sich 3.612,- DM, zuzüglich des mit dem bindendem Bescheid vom 3. Februar 1997 bereits festgestellten Säumniszuschlages in Höhe von 344,60 DM insgesamt 3.956,60 DM.

Dagegen wandte der Kläger ein, er habe mit seinem Antrag vom 24. Juli 1991 den Fall als erledigt angesehen. Auf Anraten seines Steuerberaters habe er am 28. Dezember 1994 die Beratungsstelle der Beklagten in Wittenberg aufgesucht, da keine Bestätigung seines Antrages habe aufgefunden werden könne. Er habe der Mitarbeiterin eine Kopie seines Antrages vorgelegt und um Überprüfung der Angelegenheit gebeten. Die Versicherungsfreiheit selbständiger Tätigkeiten vom 1. Januar 1992 an einerseits und die Erhebung einer Beitragsforderung trotz Befreiungsantrages andererseits widersprächen seinem Rechtsverständnis.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1999 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten die Widersprüche gegen die Bescheide vom 21. September 1998 und 28. Oktober 1998 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 18. Februar 1999 von der Beklagten abgesandt.

Mit der am 15. März 1999 beim Sozialgericht Dessau eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Bescheide gewandt.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. Juli 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe vom 1. Januar 1992 bis zum 27. Dezember 1994 der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 229a SGB VI unterlegen. Eine Befreiung nach § 229a Abs. 1 S. 3 SGB VI schon vom 1. Januar 1992 an sei nicht möglich gewesen, weil der Antrag vom 28. Dezember 1994 erst nach dem 30. Juni 1992 gestellt worden sei. Bis zum Außerkrafttreten von § 20 SVG am 31. Dezember 1991 sei auch kein Befreiungsantrag nach dieser Vorschrift wirksam gestellt worden. Der Kläger habe den Zugang eines solchen Antrages bei der Beklagten nicht nachweisen können. Eine solche Willenserklärung werde jedoch nach § 130 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB erst mit Zugang beim Empfänger wirksam. Erstmaliges nachgewiesenes Zugangsdatum sei der 30. Dezember 1997. Die Beitragsforderung habe die Beklagte zutreffend berechnet.

Mit dem Bescheid vom 28. Oktober 1998 habe die Beklagte auch die Säumniszuschläge zutreffend ermittelt.

Gegen den ihm am 8. August 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingangsdatum beim Sozialgericht Dessau vom 6. September 2000 Berufung eingelegt und ausgeführt, die Beklagte habe auf seine einer eidesstattlichen Versicherung gleichzusetzende wahrheitsgemäße Erklärung nicht den geringsten Nachweis einer durchgehend korrekten und vollständigen Aktenführung geführt. Die Beitragsforderungen der Beklagten seien verjährt.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2000 hat er weiterhin die Beitragsbemessung nach einem Einkommen in Höhe der Hälfte der Bezugsgröße geltend gemacht. Diesem Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 2000 für die Jahre 1992 und 1993 entsprochen und die gesamte Beitragsschuld seit Januar 1992 mit 11.601,72 DM beziffert. Sie hat am 26. Februar 2003 anerkannt, dass der Bescheid vom 28. Oktober 1998 auch insoweit aufzuheben ist, als sie Säumniszuschläge von mehr als 2396,10 DM erhoben hat. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2003 hat der Kläger insbesondere den Eintritt von Verjährung betont. Er meint, die Verjährungsunterbrechung durch den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 1995 nach § 52 Abs. 1 S. 1, 2 SGB X sei im November 1995 beendet gewesen. Die erneute Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV sei mit dem Kalenderjahr 1999 abgelaufen. § 52 Abs. 2 SGB X ändere daran im vorliegenden Fall nichts, weil die Vorschrift über die Verweisung auf § 218 Abs. 1 S. 1 BGB einen rechtskräftigen Titel voraussetze, an dem es hier fehle.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 24. Juli 2000 und den Be- scheid der Beklagten vom 21. September 1998 sowie den Bescheid vom 28. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1999 weitergehend aufzuheben und den Bescheid vom 14. November 2000 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, den Kläger seit dem 27. Juli 1991 von der Versicherungspflicht zu befreien und

den Bescheid vom 10. Oktober 1995 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für zutreffend und hält an ihrem Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fest.

Die Akte der Beklagten - Vers.-Nr ...- hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Gegen die Bescheide der Beklagten vom 21. September 1998 und 28. Oktober 1998 kann sich der Kläger zumindest im Sinne einer Klagehäufung gemäß § 56 SGG in einem gemeinsamen Verfahren richten, weil die Streitgegenstände über die rechtliche Bedeutung einer zwischen dem 27. Juli 1991 und 27. Dezember 1994 bestehenden Versicherungspflicht miteinander im Zusammenhang stehen.

Gegenstand des Verfahrens ist gem. §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG auch der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2000 geworden, weil die Beklagte damit den angefochtenen Bescheid vom 21. September 1998 abgeändert hat. Denn sie hat die Ablehnung der Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Oktober 1995 darin ihrerseits teilweise aufgehoben.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1999 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht im genannten Umfang und die Aufhebung ihres Bescheides vom 10. Oktober 1995 über den Bescheid vom 14. November 2000 hinaus abgelehnt hat.

Der Kläger hatte gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Befreiung von der Versicherungspflicht auf seinen unter dem 24. Juli 1991 verfassten Befreiungsantrag. Ein solcher gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 486) für die Befreiung erforderlicher Antrag an die Überleitungsanstalt Sozialversicherung als Rechtsvorgängerin der Beklagten ist während der Geltungsdauer dieser Vorschrift nicht wirksam gestellt worden, weil der Zugang des Antrages dort nicht feststellbar ist. Ein Antrag als verwaltungsrechtliche Willenserklärung ist dann zugegangen, wenn er tatsächlich in die Verfügungsgewalt der Behörde gelangt (Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl., München 2000, § 31 RdNr. 22). Die mehrfache Gegenerklärung des Klägers, er habe den Befreiungsantrag bereits im Juli 1991 gestellt, ist unbeachtlich, weil es sich dabei nicht um tatsächliches Vorbringen handelt. Durch welche Umstände ein Antrag gestellt ist, ist vielmehr eine Frage der rechtlichen Wertung. Zu den tatsächlichen Umständen, aufgrund deren der Antrag als gestellt anzusehen sein soll, hat sich der Kläger hingegen nicht geäußert.

Ein Anspruch des Klägers auf Befreiung ist auch nicht gemäß § 229a Abs. 1 S. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung durch Gesetz vom 25.7.91 (BGBl. I S. 1606) eingetreten, weil auch insoweit die Befreiung von der Versicherungspflicht einen Antrag voraussetzte, dessen Zugang bei der Beklagten erstmals am 28. Dezember 1994 feststellbar ist. Eine Rückwirkung dieses Antrages konnte gemäß § 229a Abs. 1 S. 3 SGB VI nicht mehr eintreten.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) kommt im Falle des Klägers schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger keine Frist versäumt hat, die für die Befreiung von der Versicherungspflicht bestand. Auf Fälle, in denen durch eine spätere Antragstellung Rechtswirkungen entsprechend später eintreten, ist die Vorschrift hingegen nicht entsprechend anzuwenden (Gürtner in Kasseler Kommentar, § 6 SGB VI RdNr. 28). Der Kläger trägt auch kein fehlendes Verschulden an einer verspäteten Antragstellung, sondern eine unverzügliche Antragstellung mit dem unter dem 24. Juli 1991 ausgefüllten Vordruck vor.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 10. Oktober 1995 über die in dem Bescheid vom 14. November 2000 vorgenommene Änderung hinaus.

Der Kläger ist für den Zeitraum der Beitragserhebung gemäß § 229a Abs. 1 S. 1 SGB VI versicherungspflichtig, weil er gemäß § 1 Buchst. f der Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik vom 9.12.77 (GBl. I 1978 S. 1) bis zum 31. Dezember 1991 als selbständiger Bauingenieur der Pflichtversicherung unterlag. Die beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers, die gemäß § 161 Abs. 1, § 157 SGB VI Grundlage der Beitragserhebung sind, beliefen sich 1992 auf 1.050,- DM monatlich und 1993 auf 1.365,- DM monatlich. Dies ist jeweils die Hälfte der Bezugsgröße im Sinne von § 165 Abs. 1 S. 2 SGB VI, die für 1992 in §§ 2, 5 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1992 vom 18.12.91 (BGBl. I S. 2331) und für 1993 in § 2 Abs. 2 der entsprechenden Verordnung vom 22.12.92 (BGBl. I S. 2475) festgelegt ist. Entsprechend dem Beitragssatz von 17,7% für das Jahr 1992 gemäß § 287 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit Artikel 2 des Gesetzes vom 22.3.91 (BGBl. S. 790) und 17,5% für das Jahr 1993 nach dem für dieses Jahr ergangenen Haushaltsgesetz errechnen sich die von der Beklagten festgestellten Beiträge. Für das Jahr 1994 ist die Beklagte gemäß § 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI zutreffend von einem Einkommen in Höhe der Bezugsgröße ausgegangen, deren Höhe sich aus § 6 Abs. 2 der Beitragssatzverordnung 1994 vom 1.12.93 (BGBl. I S. 1987) ergibt. Bei einem Beitragssatz von 19,2% gemäß § 1 dieser Verordnung errechnen sich die festgestellten Beiträge.

Ein von der Bezugsgröße abweichendes tatsächliches Arbeitseinkommen brauchte die Beklagte gemäß § 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI nicht berücksichtigen, weil der Kläger keinen entsprechenden Nachweis im Hinblick auf eine andere Beitragszahlung geführt hat. Insoweit enthält § 165 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI eine Ausnahme von dem Untersuchungsgrundsatz des § 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB X. Denn die Systematik dieser Vorschrift steht einer regelmäßigen Beitragsbemessung nach dem tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen Selbständiger von Amts wegen entgegen, weil die Vorschrift den Nachweis eines tatsächlichen Arbeitseinkommens als Ausnahme einer voraussetzungsfreien Beitragsbemessung nach der Bezugsgröße regelt.

Der Bescheid vom 10. Oktober 1995 ist auch nicht deshalb gem. § 44 Abs. 2 SGB X aufzuheben, weil gem. § 25 Abs. 1 S. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) die Verjährung der Beitragsforderung eingetreten wäre. Auch diesen Gesichtspunkt kann der Kläger zulässig mit der Verpflichtungsklage auf eine zumindest teilweise Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 1995 geltend machen, weil die Entstehung des Leistungsverweigerungsrechts der Verjährung zumindest den Fortbestand des Leistungsbescheides als Vollstreckungstitel nach § 66 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 SGB X ausschließt. Die Beitragsforderung der Beklagten gegen den Kläger ist aber nicht verjährt, weil durch die Unanfechtbarkeit des Bescheides vom 10. Oktober 1995 gem. § 52 Abs. 2 SGB X (in der Fassung vor der Änderung durch Gesetz v. 21. 6. 02, BGBl. I S. 2167) eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren zu laufen begonnen hat. Dies ergibt sich aus der Anordnung einer entsprechenden Anwendung von § 218 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB – in der Fassung vor der Änderung durch Gesetz v. 26. 11. 01). Anders als der Kläger meint, handelt es sich dabei für schon fällig gewordene Ansprüche um eine Rechtsfolgenverweisung auf die in dieser Vorschrift angeordnete dreißigjährige Verjährungsfrist (vgl. nur Engelmann in von Wulffen, SGB X, 4. Aufl., München 2001, § 52 Nr. 13). Diese Auslegung ist zwingend, weil sie allein § 52 Abs. 2 SGB X einen Sinn gibt. Handelte es sich nämlich, wie der Kläger meint, um eine Rechtsgrundverweisung, die zur Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 218 Abs. 1 BGB zwingt, liefe die Vorschrift leer, weil eine Verwaltungsbehörde, die gem. § 66 SGB X selbst Vollstreckungstitel in Form von Bescheiden schafft, gerichtliche, rechtskraftfähige Titel im Sinne von § 218 Abs. 1 BGB mangels ihres Rechtsschutzbedürfnisses nicht bewirken kann. Andererseits ist auch die Absicht des Gesetzgebers schlüssig und naheliegend, vollstreckbare bestandskräftige Bescheide durch § 52 Abs. 2 SGB X anderen vollstreckbaren und rechtskräftigen Titeln hinsichtlich der verjährungsrechtlichen Wirkungen gleichzustellen.

Auch der Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1999 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Beklagten für den Zeitraum der Säumnis von Februar 1997 bis Oktober 1998, auf den sich der Bescheid mit seiner anfechtbaren Neuregelung bezieht, der nach ihrem Anerkenntnis verbleibende Betrag von 2.396,10 DM an Säumniszuschlägen zusteht. Denn der Kläger hat als Versicherter im Sinne von § 24 Abs. 1a S. 1 SGB IV die festgestellten Beiträge nicht entrichtet, obwohl der letzte festgestellte Beitrag gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV für November 1994 am 15. Dezember 1994 fällig geworden war.

Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 2, 3 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) in der Fassung durch Gesetz vom 18.12.89 (BGBl. I S. 2261). Die im Bescheid vom 14. November 2000 für den Zeitraum von Januar 1992 bis November 1994 berechneten Beiträge in Höhe eines rückständigen Betrages von 11.601,72 DM (12 x 185,85 DM, 12 x 238,88 DM und 11 x 591,36 DM) sind dabei gemäß § 24 Abs. 3 SGB IV auf 11.600,- DM abzurunden. Der einprozentige Wert dieses Betrages ist gemäß § 24 Abs. 2 SGB IV mit den 21 Monaten des veranlagten Säumniszeitraumes von Februar 1997 bis Oktober 1998 zu vervielfältigen.

Eine besondere Härte im Sinne von § 24 Abs. 1a S. 2 SGB IV, die die Beklagte ausnahmsweise zur Ausübung von Ermessen verpflichtete, hat der Kläger nicht vorgetragen und ist auch anderweitig nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und folgt dem Ausmaß des Obsiegens und Unterliegens. Bezüglich der Änderungen mit Bescheid vom 14. November 2000 handelt es sich nicht um ein Unterliegen im maßgeblichen Sinn, weil die Beklagte erst durch den mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2000 gestellten Antrag zu der Änderung berechtigt war. Insoweit hat sie durch sofortigen Bescheiderlass auch keinen Anlass zur Klage gegeben.

Mit dem Bescheid vom 28. Oktober 1998 hat die Beklagte aber in mehrerlei Hinsicht Anlass zu Rechtsbehelfen gegeben, der einen anteiligen Kostenerstattungsanspruch rechtfertigt. So hat sie erst auf den Widerspruch des Klägers hin ihre mit diesem Bescheid erhobene Forderung von Säumniszuschlägen nachvollziehbar aufgeschlüsselt und damit zumindest eine gem. § 35 Abs. 1 S. 1 SGB X erforderliche Begründung nachgeholt, wohl aber auch erst die gem. § 33 Abs. 1 SGB X erforderliche Bestimmtheit bewirkt. Schließlich hat sie die erneute Titelschaffung durch wiederholende Verfügung über 344,60 DM aus dem bereits bestandskräftigen Bescheid vom 3. Februar 1997 und die rechnerische Überhöhung der Säumniszuschläge nach dem Bescheid vom 14. November 2000 nicht unverzüglich beseitigt.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht, weil der Fall eine geklärte Rechtslage betrifft.
Rechtskraft
Aus
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