L 1 RA 18/01

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 166/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 18/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 29. November 2000 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom August 1998 an Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu zwei Dritteln zu erstatten; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am 22. September 1944 geborene Klägerin stellte am 21. Juli 1998 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zur Begründung gab sie an, sie könne wegen eines chronischen Wirbelsäulenleidens, Beschwerden der Hüftgelenke und Krampfadern keine Arbeiten mehr verrichten. Sie sei seit 7. März 1998 arbeitsunfähig erkrankt.

Sie war vom September 1959 bis April 1961 Verkäuferlehrling, ohne einen Abschluss in dem Beruf zu erlangen. Anschließend war sie bis Oktober 1966 als Arbeiterin in verschiedenen Bereichen tätig. Von 1966 bis 1969 war sie Hausfrau, von 1969 bis 1972 Gießerin. Ab Januar 1973 bis Juli 1992 war sie als Verkäuferin tätig, wobei sie im Rahmen einer Erwachsenenqualifizierung im Jahr 1976 einen Facharbeiterabschluss erlangte. Nach ihren den Akten beiliegenden Arbeitsverträgen, so vom 25. Februar 1976 in Gestalt des Änderungsvertrages vom 30. September 1976, wird die Klägerin als Fachverkäuferin mit einer Arbeitszeit von 25 Stunden wöchentlich nach der Tabelle III/6 des einschlägigen Tarifvertrags bezeichnet. Ab Juli 1985 war sie vollbeschäftigt. In einer Mitteilung zum Arbeitsvertrag vom 31. Mai 1985 wird sie als "Fachverkäuferin mit erweiterten Kenntnissen seit März 1976" bezeichnet. Sie wurde in die Grundlohngruppe 6 eingruppiert. Mit Wirkung zum Mai 1990 wurde der Arbeitsvertrag dahingehend geändert, dass überwiegend der Einsatz am Fleischstand erfolgen sollte. In einem Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1991 wurde sie ab diesem Datum als Fachverkäuferin mit einer Arbeitszeit von 32 Stunden eingestellt. Sie wurde in die Gruppe G 3 eingestuft. Nach einem Zeugnis vom 5. November 1992 war die Klägerin von Januar 1973 bis Juli 1992 in der Konsumgenossenschaft Cottbus e.G. als Fachverkäuferin in einer Verkaufseinrichtung mit allgemeinem Lebensmittelsortiment tätig. Zu ihren Arbeitsaufgaben hätten Kassierung, Warenannahme und Waren¬disposition gehört.

Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit nahm die Klägerin von September 1993 bis August 1994 an einer 12-monatigen Fortbildung im Einzelhandel teil. Die Lehrgänge in der "Allgemeinen Wirtschaftslehre", "Warenverkaufskunde", "Lagerwirtschaft", "Zah-lungsverkehr" und "Ausbildungswesen" absolvierte sie jeweils mit der Note "befrie-digend", die Lehrgänge "Wirtschaftslehre des Einzelhandels" und "Rechnungswesen" jeweils mit der Note "gut", den Lehrgang "EDV im Einzelhandel" mit der Note "ausreichend".

Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung wurden für sie laufend entrichtet.

Die Beklagte veranlasste nach der Rentenantragstellung ein Gutachten des Orthopäden Hett vom 30. September 1998. Dieser führte aus, es bestehe eine Belastungsinsuffizienz für körperliche Arbeiten, verbunden mit Heben und Tragen von Lasten und dauernder Stehtätigkeit. Die Tätigkeit als Fachverkäuferin könne 2 Stunden bis unter halbschichtig durchgeführt werden. Leichte Büroarbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne physische Arbeitsschwere seien vollschichtig möglich. Es bestehe ein chronisches Cervikalsyndrom auf der Basis von degenerativen Bandscheibenveränderungen C 3/4 und C 5 bis 7 mit ventralen und dorsalen Osteophyten im Sinne einer Spondylose und eine chronische Lumbalgie auf der Basis einer Bandscheibenerkrankung der Segmente L 3 bis S 1. Es handele sich um eine chronische belastungsintensive Dauerschmerzsymptomatik. Es bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei aufgehobener Reklination (Rückbeuge) und der Lendenwirbelsäule bei einem Schoberschen Zeichen für die Krümmungsfähigkeit von 10/12 cm und einem Finger-Fuß-Abstand von 15 cm mit Muskelteilinsuffizienz. Neurologische Ausfälle bestanden nach den Darlegungen des Sachverständigen nicht.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Sie legte dar, bei den Diagnosen "chronisches Wirbelsäulen- und Bandscheibenleiden ohne neurologische Ausfälle" sowie "behandeltes Krampf¬aderleiden bei ausreichendem Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten in wechseln¬der Körperhaltung" sei sie noch nicht berufsunfähig.

Hiergegen legte die Klägerin mit einem am 10. November 1998 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein, den sie damit begründete, ihr Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert. An der Hals- und Lendenwirbelsäule bestehe eine Blockbildung, die Knochendichte habe den untersten Grenzwert erreicht, die Knie seien verformt. Sie sei auch gefallen. Die Schmerzen seien manchmal unerträglich.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung der Klägerin durch die Neurologin und Psychiaterin Dr. H ... Im Gutachten vom 25. März 1999 diagnostizierte diese eine chronische Schmerzkrankheit und ein chronisches Cervikal- und Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule. Es bestehe aber aus der Sicht ihres Fachgebietes keine Behandlungsindikation. Die frühere berufliche Tätigkeit als Verkäuferin könne nicht mehr verrichtet werden. Eine berufliche Tätigkeit ohne körperliche Belastung könne sie jedoch vollschichtig ausüben. In Frage kämen Bürotätigkeiten und ähnlich gelagerte Arbeiten. Die Klägerin sei von äußerst einfacher Persönlichkeitsstruktur. Sie schließe sich der Beurteilung des orthopädischen Gutachtens im übrigen an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie legte dar, die Klägerin könne zwar den Beruf der Fachverkäuferin im Einzelhandel nicht mehr ausüben, allerdings käme für sie eine vollschichtige Beschäftigung als kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- und Wirtschaftsunternehmen und in Behörden nach der Gehaltsgruppe K 1 im Einzelhandel bzw. Vergütungsgruppe IX BAT als Verweisungstätigkeit in Betracht.

Hiergegen hat die Klägerin mit einem am 13. Oktober 1999 eingegangenen Schreiben bei dem Sozialgericht Dessau Klage erhoben. Sie trägt vor, ihr Gesundheitszustand habe sich drastisch verschlechtert. Sie sei seit April 1999 krank geschrieben.

Das Gericht hat ein medizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen Sachsen-Anhalt (MDK) beigezogen. In dem Gutachten vom 30. August 1999 führte Dr. G. aus, dass ein chronisches Cervikal- und Lumbalsyndrom und anamnestisch Osteoporose bestehe. Es bestehe eine psychosomatische Überlagerung. Die Erwerbsfähigkeit sei erheblich gefährdet.

Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin, der Chirurgin Dr. P. vom 24. November 1999 (Bl. 26 der Akte) und der Orthopädin Dipl.-Med. W. vom 30. November 1999 (Bl. 32 und 33 der Akte). Dr. P. hat ausgeführt, dass ein rezidivierendes Cervicalsyndrom, eine chronisch-venöse Insuffizienz und eine akute Lumboischialgie bestünden. Dipl.-Med. Walter hat vor allem ein chronisches Cervikalsyndrom bei Blockwirbelbildung mit deutlicher Bewegungseinschränkung genannt, weiterhin eine beginnende Coxarthrose beidseits und eine Osteoporose.

Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch die Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dipl.-Med. W. vom 22. Juli 2000 (Bl. 44 bis 63 d. Akten). Diese hat ausgeführt, es bestehe eine chronische Schmerzkrankheit, ein chronisch-rezidivierendes Cervikal-, Lumbal- und Thorakalsyndrom bei zum Teil überdurchschnittlichen degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit deutlicher Bewegungseinschränkung ohne neurologische Ausfälle und eine Gonarthrose beidseits. An der HWS waren die Bewegungsmaße für die Seitneigung rechts/links 30/0/30°, für die Rotation rechts/links 40/0/45°, für den Kinn-Jugulum-Abstand 1/13 cm. An der BWS bestand ein Ott´sches Zeichen von 30/31 cm, an der LWS ein Schober´sches Zeichen für die Krümmungsfähigkeit von 10/13 cm, eine Seitneigung von rechts/links 30/0/20° bei einer Rückneigung von 0. Die Kniegelenke waren beidseits frei beweglich. Die subjektiven Beschwerden korrelierten nur zum Teil mit den objektiv sichtbaren Veränderungen. Das Schmerzgeschehen habe sich im Sinne einer chronischen Schmerzkrankheit verselbstständigt. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit sei nicht ausgeschlossen, wenn ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen gewahrt bleibe, ferner keine körperlichen Zwangshaltungen wie Vornüberbeugen oder Überkopfarbeit durchgeführt würden, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Kälte, Nässe oder Zugluft entfielen und keine psychischen Stresssituationen aufträten. Es seien die üblichen Pausen einzuhalten. Die krankheitsbedingten Ausfallzeiten seien bei einer vollschichtigen Erwerbsfähigkeit erwartbar über dem Durchschnitt, aber zu tolerieren. Eine Einschränkung der Gehstrecke bestehe nicht.

Die Beklagte hat nach Befragung ihres berufskundlichen Dienstes vorgetragen, dass der Klägerin der qualifizierte Berufsschutz einer dreijährig Ausgebildeten zugebilligt werden müsse. Sie sei nach allem nur verweisbar auf die Tätigkeiten, die eine dreijährige Ausbildung, sowie auf Tätigkeiten, die eine Ausbildung oder Anlernzeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren erforderten. Im unmittelbaren Warenvertrieb sei eine Tätigkeit nicht mehr möglich. Sie könne aber durchaus noch einfachere kaufmännische Arbeiten nach dem regional maßgeblichen Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel mit der Gehaltsgruppe K 2 ausführen, etwa in der Rechnungsprüfung (Vergleich der Eingangsrechnungen mit Bestellungen und Wareneingangsmeldungen sowie Überprüfung auf sachliche und rechnerische Richtigkeit) im Einkauf, ebenso in der Angebotssachbearbeitung, Registratur, Statistik und im Telefondienst. Unter Berücksichtigung der von 1993 bis 1994 absolvierten Fortbildungsmaßnahme seien diese Tätigkeiten zumutbar, da die Klägerin laut Zeugnis über die entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten verfüge.

Mit Urteil vom 29. November 2000 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Es hat sich zur Begründung auf die vorhandenen medizinischen Unterlagen bezogen und dargelegt, die Klägerin sei bereits nicht berufsunfähig, da sie einfache Bürohilfstätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Es sei zwar zweifelhaft, ob sie noch in der Lage sei, eine echte sachbearbeitende Tätigkeit zu verrichten. Sie sei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs aber nur als angelernte Angestellte, nicht dagegen als Facharbeiterin zu qualifizieren, weshalb sie auch auf ungelernte Tätigkeiten verweisbar sei und es auf die Unterscheidung insofern nicht ankomme. Ihren Facharbeiterabschluss habe die Klägerin nämlich nicht im Rahmen der regelmäßigen zweijährigen Berufsausbildung erworben, sondern nur im Rahmen einer Erwachsenenqualifikation von wenigen Monaten Dauer im Jahr 1976. Sie sei auch von 1973 bis 1992 nur als Verkäuferin im heimischen kleinen Dorfladen tätig gewesen. Daher könne die Tätigkeit allenfalls der einer heutigen Verkäuferin mit einer zweijährigen Ausbildung gleich geachtet werden. Sie entspreche nicht der einer Einzelhandelskauffrau mit regelmäßig dreijähriger Berufsausbildung, die in die nächst höhere Gruppe der drei Jahre ausgebildeten Angestellten einzuordnen gewesen wäre. Auch die Weiterbildung im Einzelhandel von 1993 bis 1994 führe zu keiner anderen Einschätzung. Diese habe nicht zu einem Abschluss als Einzelhandelskauffrau geführt. Nach der Weiterbildung sei die Klägerin auch nicht wieder berufstätig gewesen. Die Tätigkeit als Angestellte für Bürohilfstätigkeiten sei ihr vollschichtig und regelmäßig zumutbar. Sie wahre die von den Sachverständigen genannten Einschränkungen. Daher scheide eine Erwerbs¬unfähigkeit bereits von vornherein aus.

Gegen das ihr am 16. Februar 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt am 5. März 2001 eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Sie trägt vor, ihr Gesundheitszustand werde immer schlechter. Sie müsse immer in Bewegung bleiben, um nicht steif zu werden. Die Schmerzen seien stets spürbar.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines psychosomatischen Fachgutachtens von Dipl.-Med. L. vom 22. Oktober 2001 (Bl. 139 bis 151 d. Akten). Diese hat ausgeführt, bei der Klägerin liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vor. Sie könne aber leichte körperliche Arbeiten vollschichtig und regelmäßig verrichten. Aufgrund der intellektuell sehr einfachen Struktur seien nur Arbeiten mit einfachen geistigen Anforderungen möglich. Die Klägerin habe auch noch nie andere Arbeiten verrichtet. Es seien nur Arbeiten mit geringen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, die Übersicht und die Aufmerksamkeit möglich. Dies liege jedoch in der Persönlichkeitsstruktur begründet und sei nicht Symptom einer Erkrankung. Publikumsverkehr sei wegen der Persönlichkeitsstruktur und des Auftretens nicht empfehlenswert. Es sei mit wiederkehrenden, längeren krank¬heitsbedingten Ausfallzeiten zu rechnen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 29. November 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 1. August 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die vorhandenen Unterlagen und das erstinstanzliche Urteil.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme im einzelnen und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Rentenakte der Beklagten (Versicherungsnummer ) verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und dem Senat bei der Beratung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Der Bescheid vom 22. Oktober 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 SGG, soweit durch ihn auch eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1, Abs. 2 S. 1, 2 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) in der Fassung durch Gesetz vom 15.12.1995 (BGBl. I S. 1824) sowie der jeweiligen Fassungen durch die nachfolgenden Änderungen mit Wirkung bis zum 31. Dezember 2000 abgelehnt worden ist.

Die Klägerin erfüllte bei Eintritt der Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 S. 1 SGB VI) mit Beitragszeiten (§ 51 Abs. 1 SGB VI), wie sich aus ihrem Kontenspiegel vom 3. August 1998 in der Akte der Beklagten ergibt, der insgesamt 428 Monate an Beitragszeiten aufweist. Insoweit kann dahinstehen, wann genau nach Beendigung der letzten Beschäftigung mit Ablauf des Juni 1992 Berufsunfähigkeit eingetreten ist, weil auch schon vor dieser Zeit die Beitragszeiten fünf Jahre überstiegen. Die Klägerin hat auch drei Jahre an Pflichtbeiträgen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit aus einer versicherten Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt. Auch insoweit kann dahinstehen, wann die Berufsunfähigkeit eingetreten ist, weil in jedem Fünfjahreszeitraum nach Juni 1992 drei Jahre Pflichtbeiträge zumindest gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI i. V. m. § 38 S. 2 SGB VI vorgelegen haben. Denn der Kontospiegel der Beklagten enthält solche Beitragszeiten für Anrechnungszeiten im Sinne von § 38 S. 2 Nr. 3 SGB VI lediglich mit einer Unterbrechung von einem Kalendertag bis zum 27. April 1998. Um Anrechnungszeiten handelte es sich dabei in dem erforderlichen Umfang gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI, weil die Klägerin Leistungen als Arbeitslose von der Bundesanstalt für Arbeit bezog und diese auch die Beiträge trug.

Die Klägerin ist auch berufsunfähig. Berufsunfähig waren nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Rentenrecht Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, umfasste alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 43 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 SGB VI).

Voraussetzung für das Vorliegen von Berufsunfähigkeit ist danach zunächst, dass der bisherige Beruf – in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei einer kurzfristigen Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Versicherungsverlauf gewesen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94, in: SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50) – nicht mehr ausgeübt werden kann. Nach diesem Grundsatz ist der bisherige Beruf der Klägerin die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin. Diese Tätigkeit kann die Klägerin, wie sich aus den vorhandenen medizinischen Unterlagen, insbesondere den orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen¬gutachten einhellig ergibt, nicht mehr ausüben.

Sie kann auch nicht zumutbar auf andere Tätigkeiten verwiesen werden. Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit bestimmt sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zugemutet werden konnten nach § 43 Abs. 2 SGB VI einem Versicherten grundsätzlich alle von ihm nach seinen gesundheitlichen Kräften und seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausführbaren Tätigkeiten, die nach ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (BSGE 59, 201).

Zur Beurteilung der Wertigkeit der verschiedenen beruflichen Tätigkeiten hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Mehrstufenschema entwickelt, demzufolge die Berufe der Versicherten in vier Gruppen eingeteilt werden können. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Danach werden die Gruppen im Angestelltenbereich durch den Leitberuf des Angestellten mit hoher beruflicher Qualität, des ausgebildeten Angestellten (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des angelernten. Angestellten (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildung von 3 Monaten bis zu 2 Jahren) und des unausgebildeten Angestellten (Ausbildung von weniger als 3 Monaten) charakterisiert (Kasseler Kommentar-Niesel, § 240 SGB VI, Rdnr. 69 ff. mwN).

Ausschlaggebend für die Einordnung des bisherigen Berufs in das Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Im vorliegenden Fall hat das Sozialgericht die Klägerin als angelernte Angestellte eingestuft, entgegen der Auffassung der Beklagten, die sie der Gruppe der ausgebildeten Angestellten zugerechnet hatte. Letzten Endes kann eine definitive Zuordnung der Klägerin zu den Fallgruppen des Mehrstufenschemas aber unterbleiben, da sie zumindest als angelernte Angestellte des oberen Bereichs einzustufen ist, weshalb die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit für sie erforderlich war (Kasseler Kommentar-Niesel, ebenda, Rdnr. 114 mwN).

So besitzt sie einen Facharbeiterbrief als Verkäuferin und wurde zumindest von 1976 bis 1992 als Fachverkäuferin geführt und eingestuft, wie sich aus den der Rentenakte beiliegenden Arbeitsverträgen entnehmen lässt, nach der Zusatzmitteilung von 1985 zu schließen seit 1976 sogar mit "erweiterten Kenntnissen". 1990 erhielt sie auch eine Zulage, da sie überwiegend am Fleischstand eingesetzt war, demgemäß Spezialkenntnisse in der Warenkunde und auf verwandten Fachgebieten, so der Hygiene etc. aufweisen musste. Entsprechend dotierte Fachverkäuferin war sie auch noch 1991 und 1992.

Zwar hat die Klägerin die Facharbeiterqualifikation nur im Rahmen eines mehrmonatigen Lehrgangs erworben. Sie hat in der Vergangenheit aber bereits eine Verkäuferlehre begonnen, jedoch nach eineinhalb Jahren abgebrochen und war zum Zeitpunkt des Erwerbs des Facharbeiterbriefs bereits drei Jahre als Verkäuferin beschäftigt, brachte also Kenntnisse mit. Der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit nur in einem kleinen Dorfladen ausübte, lässt nicht ohne weiteres auf eine geringere Qualifikation schließen. Es ist zwar davon auszugehen, dass sie alle Tätigkeiten verrichtet hat, die in dem Laden anfielen, also auch Tätigkeiten auf ungelerntem Niveau, wie Transportarbeiten etc. Es ist jedoch nicht ohne weiteres ersichtlich, dass solche Tätigkeiten das Übergewicht gegenüber der eigentlichen Verkäufertätigkeit hatten. Diese erforderte in einem Laden mit umfassendem Warensortiment umfassendere Kenntnisse desselben als in einem spezialisierteren Geschäft, weshalb das Argument nicht eine Herabstufung der beruflichen Qualifikation der Klägerin trägt. Hiergegen sprechen auch die vorgelegten Arbeitsverträge, in denen ihre Tätigkeiten umschrieben werden. Die qualifizierte Tätigkeit wurde auch nach allen äußeren Anhaltspunkten, die über den Inhalt der Tätigkeit heute noch vorhanden sind, vollwertig ausgeübt. Da dies über Jahrzehnte erfolgt ist, ist auch davon auszugehen, dass sich die Klägerin durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet hatte, die sie befähigten, sich unter ausgebildeten Fachverkäufern auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu behaupten (Kasseler-Kommentar-Niesel, ebenda, Rdnr. 64). Dies zeigt sich auch dadurch, dass sie ihren Beruf noch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen 1991 bis Juni 1992 vollwertig ausüben konnte.

Nach Auffassung des Senats schließt das von der Sachverständigen bzw. von der Gutachterin Dr. H. beschriebene Persönlichkeitsbild der Klägerin die Einstufung mindestens als Angelernte des oberen Bereichs nicht aus. Zwar ließe dieses Bild auch die Qualifikation für ihre frühere Tätigkeit nicht vorab erwarten. Es widerlegt aber auch nicht die Fähigkeit zu einer über Jahrzehnte währenden Einarbeitung in einen konkreten umgrenzten Tätigkeitsbereich, der nach der maßgeblichen Tarifordnung aufgrund seiner Tätigkeitsmerkmale mindestens dem oberen Angelerntenbereich zuzuordnen ist. Denn die Eingruppierung des Hauptberufes ist Schlussfolgerung aus dem wirtschaftlichen Wert, der der schon zurückgelegten Berufstätigkeit der Versicherten beigemessen worden ist und dem gegenüber ihrem allgemeinen Persönlichkeitsbild entscheidendes Gewicht zukommt.

Es war daher von der Beklagten eine konkrete Tätigkeit zu benennen, wobei die Benennung eines typischen Arbeitsplatzes mit der üblichen Berufsbezeichnung erforderlich war (Kasseler-Kommentar-Niesel, ebenda, Rdnr. 113 mwN). Die Beklagte benennt ausweislich ihres Vortrags mit Schriftsatz vom 28. August 2000 "einfachere kaufmännische Arbeiten, wie sie zum Beispiel nach dem regional maßgebenden Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel mit der Gehaltsgruppe K 2 bewertet werden, etwa in der Rechnungsprüfung (Vergleiche der Eingangsrechnungen, Bestellungen und Wareneingangsmeldung sowie Überprüfung auf sachliche und rechnerische Richtigkeit) und im Einkauf, ebenso in der Angebotssachbearbeitung und der Registratur, Statistik und im Telefondienst" nach dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel für Sachsen-Anhalt vom 21. Juli 2000 (Bundesanzeiger 2000, Nr. 194 vom 14. 10. 2000). In § 2b regelt dieser die Gruppeneinteilung, wobei die Gruppe K 2 Angestellte mit Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene zwei- oder dreijährige Ausbildung im Beruf erforderlich ist, beinhaltet.

Das Gericht ist überzeugt, dass die gesundheitlichen Anforderungen der konkret genannten Verweisungstätigkeiten "Rechnungsprüferin", "Telefonistin", "Angebots¬sachbearbeiterin", "Einkäuferin" und "Statistikerin" dem Leistungsbild der Klägerin nicht entsprechen. Weitere Verweisungstätigkeiten dieser Ebene sind für das Gericht nicht ersichtlich. Der Klägerin sind nach den überzeugenden Ausführungen des neurologisch-psychia-trischen Gutachtens von Dipl.-Med. L. nur leichte geistige Arbeiten ohne Publikumsverkehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig und regelmäßig zuzumuten. Danach sind Arbeiten mit lediglich geringen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, die Übersicht und die Aufmerksamkeit möglich. Tätigkeiten in der Rechnungsprüfung und in der Statistik sind damit nicht durchführbar, da in diesen Berufen an ihre geistige Leistungsfähigkeit, an ihre Aufmerksamkeit und Übersicht mehr als nur geringe Anforderungen gestellt würden.

In der Sicht des Senats ist sie darüber hinaus in keinem Fall in der Lage, eine Bürotätigkeit vollwertig auszuüben, die mit dem Erfordernis zur schriftlichen und mündlichen Kommunikation einher geht, da ihre diesbezüglichen Kenntnisse und Fähigkeiten den Erfordernissen des Arbeitsmarktes nicht gerecht werden. Damit kann auch keine Sachbearbeitertätigkeit im Büro ausgeübt werden. Eine für den geschäftlichen Verkehr ausreichende schriftliche Ausdrucksfähigkeit ist bei ihr nicht gegeben. Dies ist bereits aus dem Schriftverkehr abzuleiten, den die Klägerin mit der Beklagten und den erkennenden Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in den von ihr anhängig gemachten Verwaltungs- und Klageverfahren geführt hat.

Wie sich aus den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen Dipl.-Med. L. ergibt, ist die Klägerin wegen ihres Auftretens auch für eine Tätigkeit mit Publikumsverkehr nicht geeignet. Deshalb besteht bei der Klägerin keine Einsatzfähigkeit für die Tätigkeit als Telefonistin, die Publikumsverkehr mit sich bringt und mündliche Ausdrucksfähigkeit verlangt.

Durch die erfolgreiche Absolvierung eines Anpassungslehrgangs in den Jahren 1993 bzw. 1994 hat die Klägerin nicht bewiesen, dass sie einer Tätigkeit als Rechnungsprüferin, bzw. generell einer Bürotätigkeit unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gerecht werden kann. Die Maßnahme wurde zwar "praxisnah in einem Übungsgeschäft" durchgeführt. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die dort geprüften Tätigkeitsfelder Rückschlüsse auf einen vollschichtigen und regelmäßigen Einsatz in den benannten Verweisungstätigkeiten zulassen und so Maßstab der Verweisung sein können. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin über das erforderliche Fachwissen hinaus auch über die persönlichen Voraussetzungen verfügt, was von der Sachverständigen Dipl.-Med. L. überzeugend in Abrede gestellt worden ist und der Beobachtung von Dr. H. entspricht, die Klägerin sei von "äußerst einfacher" Persönlichkeitsstruktur.

Die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid benannte Tätigkeit als "Verwaltungs-angestellte für Bürohilfstätigkeit nach der Gehaltsgruppe IX des BAT" ist zu unbestimmt, um dem Gericht die konkrete Prüfung zu ermöglichen, ob die der Klägerin verbliebene Arbeitskraft dort wirtschaftlich verwertbar eingesetzt werden kann. Es handelt sich um eine Sammelbezeichnung verschiedener Berufstätigkeiten aus einem nach der denkbaren Art und Anzahl der arbeitsvertraglich geschuldeten Verrichtungen unbegrenzten Spektrum, in dem uneinheitliche Anforderungen an die körperlichen Fähigkeiten der Klägerin gestellt werden. Darüber hinaus enthält der allgemein verwendete Begriff der Bürohilfstätigkeit auch für die Klägerin zu schwere Tätigkeiten, etwa durch Akten- oder Pakettransport im Bereich des Botendienstes, den der Begriff der Bürohilfstätigkeiten umfasst. Bei einer eigenen Konkretisierung kann der Senat sich keine Überzeugung von einem konkreten Berufsbild bilden, dem die Klägerin mit ihrem Leistungsbild gewachsen wäre.

Kaufmännisch-verwaltende "einfache und schematische" Angestelltentätigkeiten nach der Tarifgruppe K 1 des Lohn- und Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel im Land Sachsen-Anhalt vom 21. Juli 2000 (Bundesanzeiger 2000, ebenda), für die eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht erforderlich ist, sind – soweit sie im Tarifvertrag beispielhaft aufgeführt werden und damit für das Gericht nachvollziehbar sind – die Schreibkraft mit Stenokenntnissen, die Karteiführerin von einfachen Karteien und die "Hilfskraft in der Verwaltung".

Letztere Tätigkeit als begriffsgleich mit Bürohilfskraft scheidet aufgrund fehlender Konkretisierung als Verweisungstätigkeit aus. Nach der Aktenlage anhand eigenhändiger Schreiben verfügt die Klägerin ersichtlich nicht über wirtschaftlich wettbewerbsfähig verwertbare schreibtechnische, entsprechend auch nicht über stenografische Kenntnisse, die sie befähigen würden, als Schreibkraft tätig zu sein. Denn dafür fehlt es bereits an hinreichenden grammatischen Kenntnissen.

Die Tätigkeit als "Karteiführerin" scheitert an der Einschränkung der Klägerin auf Tätigkeiten mit geringen Anforderungen an die Aufmerksamkeit. Karteien als Ordnungsmittel müssen ihrerseits mit Aufmerksamkeit als der Hauptfähigkeit zur Ordnungswahrung geführt werden. Insofern können erhebliche Zweifel dahinstehen, ob diese Tätigkeit in Anbetracht der Entwicklung der EDV-Systeme noch in nennenswerter Zahl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden ist.

Tätigkeiten als Hilfen im Wareneingang, im Lager, in der Expedition, beim Verkauf und am Packtisch sind schon nach den Vorgängen in den jeweiligen Organisationsbereichen mit der Bewegung verschiedenster Waren und Pakete verbunden, bei der sich schwere körperliche Verrichtungen nicht ausschließen lassen, die dem Leistungsbild der Klägerin in orthopädischer Hinsicht nicht entsprechen.

Wegen der verbliebenen gesundheitlichen Fähigkeit zur vollschichtigen und regelmäßigen Ausübung von Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den von den Sachverständigen genannten Einschränkungen besteht kein Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGB VI a. F., wobei diesbezüglich eine konkrete Verweisungstätigkeit von der Beklagten nicht zu benennen war.

Von Seiten des orthopädischen Fachgebiets entsprechen leichte Tätigkeiten dem Leistungsvermögen, wie aus dem Sachverständigengutachten von Dipl.-Med. W. hervorgeht, wenn ein Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen gewahrt werden kann, bzw. es sich zumindest nicht um ausschließlich sitzende Tätigkeiten handelt. Körperliche Zwangshaltungen, wie Vornüberbeugen oder Überkopfarbeit sind dabei ebenso wenig wie Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Kälte, Nässe oder Zugluft durchführbar. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber dem im Verwaltungsverfahren ergangenen Gutachten von Dr. He. ergibt sich nicht.

Dem Sachverständigengutachten von Dipl.-Med. W. ist das Gericht gefolgt, da es auf einer eingehenden klinischen und röntgenologischen Untersuchung beruht, die Befunderhebung gut dokumentiert und anhand der Dokumentation der Messwerte im Hinblick auf die funktionellen Einschränkungen gut nachvollzogen werden konnte. Danach lässt sich zwar ableiten, dass schwere bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten wegen der Leiden an Wirbelsäule und Knie von der Klägerin nicht mehr ausgeführt werden können, ein vollschichtiges und regelmäßiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten aber erhalten ist, zumal keinerlei neurologische Ausfälle bestehen.

Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht bestehen ebenfalls keine Bedenken gegen die Ausführbarkeit von leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, da geistig einfache Tätigkeiten ohne höhere Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht und Aufmerksamkeit nach der Sachverständigen Dipl.-Med. L. sowie der bereits von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachterin Dr. H. dem Leistungsbild der Klägerin entsprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) gab es nicht, da es sich um eine Einzelfallentscheidung auf geklärter Rechtsgrundlage handelt.
Rechtskraft
Aus
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