Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 RA 122/00
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 61/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der im 1942 geborene Kläger erwarb mit Urkunde vom 28. Februar 1975 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Hochschulingenieur. Seit dem 1. März 1975 war er als technischer Leiter in der zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) Agrochemisches Zentrum (ACZ) N. beschäftigt und verblieb in dieser Beschäftigung über den 30. Juni 1990 hinaus. Die Eintragung über seinen Verdienst im ersten Halbjahr 1990 nahm bereits die durch Umwandlung aus der ZBE entstandene Agrar- und Transportgenossenschaft e.G. B. B. vor. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung war der Kläger nicht beigetreten, obwohl sein Verdienst die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialpflichtversicherung überstieg. Der Kläger machte mit einem Kontenklärungsantrag vom 1. März 1999 für den Zeitraum zwischen März 1975 und Juni 1990 die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geltend.
Mit Bescheid vom 16. November 1999 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die ZBE ACZ sei kein von der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24. Mai 1951 erfasster Betrieb.
Mit dem am 15. Dezember 1999 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, zwischenbetriebliche Einrichtungen seien kooperative Einrichtungen gewesen, an deren Fonds mindestens teilweise Volkseigentum bestanden habe. Somit handele es sich beim ZBE ACZ zumindest um einen gleichgestellten Betrieb.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2000 zurück und blieb bei ihrer Begründung.
Mit der am 3. April 2000 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, er sei nicht Mitglied in einer Genossenschaft gewesen, sondern habe in einem Arbeitsverhältnis zum ACZ gestanden. An diesem seien neben Genossenschaften sogar überwiegend volkseigene Betriebe beteiligt gewesen. Zudem sei die Einrichtung Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigenen Gütern hinsichtlich einer Gleichstellung nach der 2. Durchführungsbestimmung vergleichbar. Schließlich habe es ZBEen bei Erlass dieser Durchführungsbestimmung noch gar nicht gegeben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Juni 2001 abgewiesen: Die Anspruchsvoraussetzungen gemäß §§ 5 Abs. 1 S. 1; 8 Abs. 1, 3 AAÜG lägen beim Kläger nicht vor. Eine ausdrückliche Versorgungszusage habe er nicht erhalten. Er habe nach den allgemeinen Regeln der Versorgungsordnungen der DDR auch nicht auf eine Zusatzversorgung vertrauen können. Bei der ZBE ACZ habe es sich um keinen volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb im Sinne der Verordnung vom 17. August 1950 und der 2. Durchführungsbestimmung hierzu gehandelt. An der ZBE seien neben volkseigenen Betrieben auch Genossenschaften beteiligt gewesen. Damit handele es sich insgesamt nicht um einen volkseigenen Betrieb. Auch eine Gleichstellung im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung komme nicht in Betracht. Es habe sich weder um eine Maschinen-Ausleih-Station noch um ein volkseigenes Gut gehandelt. Neuen betrieblichen Rechtsformen sei die 2. Durchführungsbestimmung nicht angepasst worden. Auch sei die ZBE ACZ kein Produktionsbetrieb gewesen. Der Betrieb habe der Versorgung der Landwirtschaft und der Durchführung von Transporten im Sinne eines Dienstleistungsbetriebes gedient.
Gegen das ihm am 28. Juni 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Eingangsdatum vom Montag, den 30. Juli 2001 Berufung eingelegt. Er trägt vor, § 1 der 2. Durchführungsbestimmung enthalte keine abschließende Regelung, sondern lediglich eine beispielhafte Aufzählung der für eine Versorgung in Betracht kommenden Personen und Betriebe. Die betrieblichen Voraussetzungen erforderten keinen Produktionsbetrieb, wie sich an der Gleichstellung wissenschaftlicher Institute und Schulen zeige. Auch seien als volkseigene Betriebe nicht nur Produktionsbetriebe, sondern auch Dienstleistungsbetriebe einzubeziehen. Die ZBEen seien gleichgestellte Betriebe, da es sich um kooperative Einrichtungen handele, in die Maschinen-Ausleih-Stationen eingegangen und an denen volkseigene Güter beteiligt gewesen seien. Insoweit beziehe er sich auf das Musterstatut vom 8. Juni 1988 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 1310, Bl. 57-64 d.A.). Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf Bl. 72-77 und 80 f. d.A. Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 16. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 aufzuheben und
die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Februar 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen des Klägers vom 17. Februar 2004 und der Beklagten vom 18. Februar 2004 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Das Gericht hat einen Auszug aus dem Genossenschaftsregister, Bl. 86 d.A., beigezogen.
Die Akte der Beklagten über den Kläger – Vers.Nr. ZV – hat bei der Beratung und Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat. Denn darauf hatte der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) i. d. F. durch G. v. 27.7.01 (BGBl. I S. 1939) keinen Anspruch, weil er in dem umstrittenen Zeitraum nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft in dem geltend gemachten Zusatzversorgungssystem erworben hat.
Dem Kläger ist zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung eine Zusatzversorgung aus diesem System zugesagt worden.
Bei dem Kläger kann auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuerst Urt. v. 24. 3. 98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3-8570 § 5 Nr. 3) eine Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG unterstellt werden. Denn eine zwischenbetriebliche Einrichtung ist kein volkseigener Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487) in dem – im Ergebnis engen – Sinn, mit dem er der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist (BSG, Urt. v. 10.4.02 – SozR 3-8570 § 1 Nr. 3; wegen der Notwendigkeit eines Arbeitsvertrages mit einer anderen Einrichtung vgl. auch Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 20/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 2). Schon nach § 23 Abs. 2 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3.6.59 (GBl. I S. 577) unterlagen die rechtsfähigen gemeinsam betriebenen Einrichtungen im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1 des LPG-Gesetzes `59 ungeachtet der Beteiligung staatlicher Einrichtungen nach § 13 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes dem Genossenschaftsrecht. Dies folgt aus ihrer Rechtsfähigkeit im Sinne des Genossenschaftsregisters nach ihrer Eintragung dort. Kooperative Einrichtungen im Sinne von § 13 Abs. 1 des LPG-Gesetzes v. 2.7.82 (GBl. I S. 443) unterlagen nach dessen § 46 S. 1 ausschließlich dem Sonderrecht des LPG-Gesetzes und nicht den Regelungen über die volkseigene Industrie, zuletzt der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.79 (GBl. I S. 355). Die anteilige Beteiligung von Einrichtungen im Volkseigentum stellt danach keine hinreichende Voraussetzung für einen volkseigenen Betrieb dar. Auch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses anstatt einer Genossenschaftsmitgliedschaft weist nicht auf eine Zuordnung des maßgeblichen Betriebes zur volkseigenen Wirtschaft hin.
Bei den zwischenbetrieblichen Einrichtungen handelt es sich um Einrichtungen der vorgenannten Art. Schon der Beschluss über das Musterstatut für kooperative Einrichtungen v. 1.11.72 (GBl. II S. 781, s. den Hinweis auf diese Vorgängervorschrift im Statut vom 8.6.88) erwähnt in Abschnitt 3 Abs. 1 die ZBE ausdrücklich, ebenso der Beschluss vom 8.6.88 unter Abschnitt I Nr. 1 letzter Abs. des anliegenden Musterstatutes.
Es handelt sich bei einer ZBE auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der abschließenden Aufzählung von § 1 Abs. 2 2. DB (BSG, a.a.O., S. 23). Auf die nur nach Zuordnung zur volkseigenen Wirtschaft beachtliche Frage der Produktion als Betriebszweck kommt es dabei nicht an. Unter den gleichgestellten Betrieben der Landwirtschaft sind ausschließlich solche im Volkseigentum, nämlich volkseigene Güter und Maschinen-Ausleih-Stationen (zu deren Wesen als volkseigene Einrichtung vgl. z.B. die Verordnung über die Bildung von Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen v. 14.12.50, GBl. S. 1197), nicht hingegen solche genossenschaftlicher oder kooperativer Art erfasst. Auch aus § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 der Dritten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben v. 24.5.51 (GBl. S. 489) ergibt sich die gleiche Abgrenzung. Ob es bei Erlass der Durchführungsbestimmung kooperative Einrichtungen der hier vorliegenden Art schon gab, ist unbeachtlich, weil die Bestimmung bis zum 30. Juni 1990 geltendes Recht geblieben ist. Nur auf das geschriebene Recht kommt es im vorliegenden Zusammenhang nämlich an.
Der vorstehend in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach eine Anwartschaft gem. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG aus unterstellter Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur bei Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 2. DB in Betracht kommt, schließt sich der Senat an, wobei er offen lässt, ob dies für eine Anwartschaft ausreicht. Die Tatbestandsmerkmale der 2. DB müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Beschluss des Senats v. 9.9.03 – L 1 RA 96/00). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage bezüglich der Ablehnungsgründe durch die angegebene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der im 1942 geborene Kläger erwarb mit Urkunde vom 28. Februar 1975 die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Hochschulingenieur. Seit dem 1. März 1975 war er als technischer Leiter in der zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) Agrochemisches Zentrum (ACZ) N. beschäftigt und verblieb in dieser Beschäftigung über den 30. Juni 1990 hinaus. Die Eintragung über seinen Verdienst im ersten Halbjahr 1990 nahm bereits die durch Umwandlung aus der ZBE entstandene Agrar- und Transportgenossenschaft e.G. B. B. vor. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung war der Kläger nicht beigetreten, obwohl sein Verdienst die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialpflichtversicherung überstieg. Der Kläger machte mit einem Kontenklärungsantrag vom 1. März 1999 für den Zeitraum zwischen März 1975 und Juni 1990 die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geltend.
Mit Bescheid vom 16. November 1999 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die ZBE ACZ sei kein von der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz vom 24. Mai 1951 erfasster Betrieb.
Mit dem am 15. Dezember 1999 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, zwischenbetriebliche Einrichtungen seien kooperative Einrichtungen gewesen, an deren Fonds mindestens teilweise Volkseigentum bestanden habe. Somit handele es sich beim ZBE ACZ zumindest um einen gleichgestellten Betrieb.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2000 zurück und blieb bei ihrer Begründung.
Mit der am 3. April 2000 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Klage hat der Kläger ergänzend geltend gemacht, er sei nicht Mitglied in einer Genossenschaft gewesen, sondern habe in einem Arbeitsverhältnis zum ACZ gestanden. An diesem seien neben Genossenschaften sogar überwiegend volkseigene Betriebe beteiligt gewesen. Zudem sei die Einrichtung Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigenen Gütern hinsichtlich einer Gleichstellung nach der 2. Durchführungsbestimmung vergleichbar. Schließlich habe es ZBEen bei Erlass dieser Durchführungsbestimmung noch gar nicht gegeben.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Juni 2001 abgewiesen: Die Anspruchsvoraussetzungen gemäß §§ 5 Abs. 1 S. 1; 8 Abs. 1, 3 AAÜG lägen beim Kläger nicht vor. Eine ausdrückliche Versorgungszusage habe er nicht erhalten. Er habe nach den allgemeinen Regeln der Versorgungsordnungen der DDR auch nicht auf eine Zusatzversorgung vertrauen können. Bei der ZBE ACZ habe es sich um keinen volkseigenen oder gleichgestellten Betrieb im Sinne der Verordnung vom 17. August 1950 und der 2. Durchführungsbestimmung hierzu gehandelt. An der ZBE seien neben volkseigenen Betrieben auch Genossenschaften beteiligt gewesen. Damit handele es sich insgesamt nicht um einen volkseigenen Betrieb. Auch eine Gleichstellung im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung komme nicht in Betracht. Es habe sich weder um eine Maschinen-Ausleih-Station noch um ein volkseigenes Gut gehandelt. Neuen betrieblichen Rechtsformen sei die 2. Durchführungsbestimmung nicht angepasst worden. Auch sei die ZBE ACZ kein Produktionsbetrieb gewesen. Der Betrieb habe der Versorgung der Landwirtschaft und der Durchführung von Transporten im Sinne eines Dienstleistungsbetriebes gedient.
Gegen das ihm am 28. Juni 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Eingangsdatum vom Montag, den 30. Juli 2001 Berufung eingelegt. Er trägt vor, § 1 der 2. Durchführungsbestimmung enthalte keine abschließende Regelung, sondern lediglich eine beispielhafte Aufzählung der für eine Versorgung in Betracht kommenden Personen und Betriebe. Die betrieblichen Voraussetzungen erforderten keinen Produktionsbetrieb, wie sich an der Gleichstellung wissenschaftlicher Institute und Schulen zeige. Auch seien als volkseigene Betriebe nicht nur Produktionsbetriebe, sondern auch Dienstleistungsbetriebe einzubeziehen. Die ZBEen seien gleichgestellte Betriebe, da es sich um kooperative Einrichtungen handele, in die Maschinen-Ausleih-Stationen eingegangen und an denen volkseigene Güter beteiligt gewesen seien. Insoweit beziehe er sich auf das Musterstatut vom 8. Juni 1988 (GBl. der DDR, Sonderdruck Nr. 1310, Bl. 57-64 d.A.). Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf Bl. 72-77 und 80 f. d.A. Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Juni 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 16. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 aufzuheben und
die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Februar 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen des Klägers vom 17. Februar 2004 und der Beklagten vom 18. Februar 2004 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Das Gericht hat einen Auszug aus dem Genossenschaftsregister, Bl. 86 d.A., beigezogen.
Die Akte der Beklagten über den Kläger – Vers.Nr. ZV – hat bei der Beratung und Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2000 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin die beantragte Feststellung abgelehnt hat. Denn darauf hatte der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) i. d. F. durch G. v. 27.7.01 (BGBl. I S. 1939) keinen Anspruch, weil er in dem umstrittenen Zeitraum nicht im Sinne dieser Vorschrift eine Anwartschaft in dem geltend gemachten Zusatzversorgungssystem erworben hat.
Dem Kläger ist zu keinem Zeitpunkt durch eine einseitige oder vertragliche, auf die Begründung von Rechtsfolgen gerichtete Erklärung eine Zusatzversorgung aus diesem System zugesagt worden.
Bei dem Kläger kann auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuerst Urt. v. 24. 3. 98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3-8570 § 5 Nr. 3) eine Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG unterstellt werden. Denn eine zwischenbetriebliche Einrichtung ist kein volkseigener Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24.5.51 (GBl. der DDR S. 487) in dem – im Ergebnis engen – Sinn, mit dem er der bundesrechtlichen Ausfüllung des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG zu Grunde zu legen ist (BSG, Urt. v. 10.4.02 – SozR 3-8570 § 1 Nr. 3; wegen der Notwendigkeit eines Arbeitsvertrages mit einer anderen Einrichtung vgl. auch Urt. v. 18.12.03 – B 4 RA 20/03 R – SozR 4-8570 § 1 Nr. 2). Schon nach § 23 Abs. 2 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3.6.59 (GBl. I S. 577) unterlagen die rechtsfähigen gemeinsam betriebenen Einrichtungen im Sinne von § 13 Abs. 1 S. 1 des LPG-Gesetzes `59 ungeachtet der Beteiligung staatlicher Einrichtungen nach § 13 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes dem Genossenschaftsrecht. Dies folgt aus ihrer Rechtsfähigkeit im Sinne des Genossenschaftsregisters nach ihrer Eintragung dort. Kooperative Einrichtungen im Sinne von § 13 Abs. 1 des LPG-Gesetzes v. 2.7.82 (GBl. I S. 443) unterlagen nach dessen § 46 S. 1 ausschließlich dem Sonderrecht des LPG-Gesetzes und nicht den Regelungen über die volkseigene Industrie, zuletzt der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe v. 8.11.79 (GBl. I S. 355). Die anteilige Beteiligung von Einrichtungen im Volkseigentum stellt danach keine hinreichende Voraussetzung für einen volkseigenen Betrieb dar. Auch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses anstatt einer Genossenschaftsmitgliedschaft weist nicht auf eine Zuordnung des maßgeblichen Betriebes zur volkseigenen Wirtschaft hin.
Bei den zwischenbetrieblichen Einrichtungen handelt es sich um Einrichtungen der vorgenannten Art. Schon der Beschluss über das Musterstatut für kooperative Einrichtungen v. 1.11.72 (GBl. II S. 781, s. den Hinweis auf diese Vorgängervorschrift im Statut vom 8.6.88) erwähnt in Abschnitt 3 Abs. 1 die ZBE ausdrücklich, ebenso der Beschluss vom 8.6.88 unter Abschnitt I Nr. 1 letzter Abs. des anliegenden Musterstatutes.
Es handelt sich bei einer ZBE auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne der abschließenden Aufzählung von § 1 Abs. 2 2. DB (BSG, a.a.O., S. 23). Auf die nur nach Zuordnung zur volkseigenen Wirtschaft beachtliche Frage der Produktion als Betriebszweck kommt es dabei nicht an. Unter den gleichgestellten Betrieben der Landwirtschaft sind ausschließlich solche im Volkseigentum, nämlich volkseigene Güter und Maschinen-Ausleih-Stationen (zu deren Wesen als volkseigene Einrichtung vgl. z.B. die Verordnung über die Bildung von Vereinigungen volkseigener Maschinen-Ausleih-Stationen v. 14.12.50, GBl. S. 1197), nicht hingegen solche genossenschaftlicher oder kooperativer Art erfasst. Auch aus § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 der Dritten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der Entlohnung der Arbeiter und Angestellten in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben v. 24.5.51 (GBl. S. 489) ergibt sich die gleiche Abgrenzung. Ob es bei Erlass der Durchführungsbestimmung kooperative Einrichtungen der hier vorliegenden Art schon gab, ist unbeachtlich, weil die Bestimmung bis zum 30. Juni 1990 geltendes Recht geblieben ist. Nur auf das geschriebene Recht kommt es im vorliegenden Zusammenhang nämlich an.
Der vorstehend in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach eine Anwartschaft gem. § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG aus unterstellter Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nur bei Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 2. DB in Betracht kommt, schließt sich der Senat an, wobei er offen lässt, ob dies für eine Anwartschaft ausreicht. Die Tatbestandsmerkmale der 2. DB müssen nach der im Ergebnis von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hier nicht abweichenden Auffassung des Senats bei der Auslegung rechtlich unzweideutig und unmittelbar eine gesetzliche Versorgungszusage ergeben (Beschluss des Senats v. 9.9.03 – L 1 RA 96/00). Dies folgt nach Meinung des Senats aus dem Zweck der angeführten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Erstreckung des Anwendungsbereiches des AAÜG auch auf Fälle, in denen eine ausdrückliche Versorgungszusage nicht erteilt wurde. Dabei geht es darum, objektive Willkür bei der Verzögerung und dem Unterlassen von Versorgungszusagen vor dem Maßstab des Grundgesetzes bundesrechtlich nicht zum Tragen kommen zu lassen (BSG, Urt. v. 24.3.98 – B 4 RA 27/97 R – SozR 3 – 8570 § 5 Nr. 3 S. 10). Willkür besteht nicht schon in der Verkennung einer zur Abgeltung gesellschaftlichen Verdienstes bestmöglichen Auslegung oder der Verfehlung der gerechtesten Ermessensentscheidung, sondern in der Verletzung des rechtsstaatlichen Vertrauens, nicht von der Anwendung von Rechtsnormen ausgenommen zu werden. Dies geschieht nur durch für jedermann auf der Hand liegende Gesetzesverstöße. Insofern ist der Maßstab von vornherein ein grundlegend anderer und engerer als bei einer erstmaligen Entscheidung nach den Vorschriften der früheren Versorgungsordnungen, die seit der Schließung der Versorgungssysteme zum 1. Juli 1990 nach § 22 Abs. 1 des Rentenangleichungsgesetzes vom 28.6.90 (GBl. der DDR I S. 495) endgültig ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage bezüglich der Ablehnungsgründe durch die angegebene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
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