L 1 RA 124/01

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 37/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 124/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Zeiten eines Einjahreslehrganges an der Zentralschule des Bundesvorstandes des FDGB sowie eines Studiums an der Gewerkschaftshochschule beim Bundesvorstand des FDGB als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Funktionärsunterstützung für hauptamtliche Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB (ZV-FDGB) und in dieser Zeit tatsächlich erzielter Entgelte.

Die 1951 geborene Klägerin war mit einer Unterbrechung vom 1. Februar 1983 bis zum 28. Februar 1985 ab dem 1. September 1971 bis über den 30. Juni 1990 hinaus hauptamtliche Mitarbeiterin der Gewerkschaft Bergbau-Energie der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Der ZV-FDGB trat sie zum 1. September 1971 bei. Ihre Beiträge für die Zeit vom 1. September 1971 bis zum 30. Juni 1990 ließ sie sich 1990 erstatten. In der Zeit vom 4. September 1972 bis zum 26. August 1973 nahm sie an einem Einjahreslehrgang der Zentralschule des Bundesvorstandes des FDGB "Otto Schlag" teil. In ihrem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SVA) ist für diesen Zeitraum eine Tätigkeit als "Student" und statt eines beitragspflichtigen Gesamtverdienstes das Wort "versichert" eingetragen. Vom 1. September 1975 bis zum 31. Juli 1978 war die Klägerin Studentin an der Gewerkschaftshochschule "Fritz Heckert" beim Bundesvorstand des FDGB. Im SVA war wiederum eine Tätigkeit als "Student" eingetragen, anstatt des beitragspflichtigen Gesamtverdienstes war das Wort "Stipendienempfänger" eingestempelt.

Im Rahmen eines Kontoklärungsverfahrens stellte die Klägerin einen am 30. März 1998 bei der Beklagten eingegangenen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Hierzu reichte sie Entgeltbescheinigungen des Lohnarchivs des FDGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften vom Mai 1996 ein, die die Zeiträume des Einjahreslehrgangs sowie des Studiums an der Gewerkschaftshochschule bestätigen. Abweichend vom SVA wurde für die Zeit des Hochschulstudiums ein Jahresbruttoverdienst bescheinigt.

Mit Feststellungsbescheid vom 30. Juli 1998 stellte die Beklagte ab dem 1. September 1971 Zeiträume der Zugehörigkeit zur ZV-FDGB und zwei anderen Zusatzversorgungssystemen fest. Als sonstige Tatsachenfeststellung stellte sie eine Unterbrechung der Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem unter anderem für die Zeit vom 4. September 1972 bis 26. August 1973 wegen Fachschulausbildung sowie vom 1. September 1975 bis zum 31. Juli 1978 wegen Hochschulausbildung fest. Arbeitsentgelte für diese Zeiträume wurden nicht festgestellt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20. August 1998 Widerspruch, da es sich bei beiden Zeiträumen zwar um ein Studium gehandelt habe, jedoch nach den damals geltenden Beschlüssen des Bundesvorstandes des FDGB diese Zeiten einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis gleichgestellt worden seien. Dies habe sowohl die Höhe des Stipendiums betroffen, als auch die ZV-FDGB. Zudem habe es sich bei dem Einjahreslehrgang nicht um eine Fachschulausbildung gehandelt.

Daraufhin änderte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Oktober 1998 ihre Feststellungen für den streitigen Zeitraum dahingehend ab, dass sie die Zeit vom 4. September 1972 bis 26. August 1973 nicht mehr als Fachschulausbildung, sondern als sonstige Unterbrechung feststellte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 1999 zurück, da die Voraussetzungen für die Feststellung von Beitragszeiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) weder während einer Studentenversicherung noch während der Zeit des Bezugs eines Stipendiums erfüllt seien, weil das Studium keine versicherungspflichtige Beschäftigung sei. Während des Einjahreslehrgangs und des Studiums an der Gewerkschaftshochschule habe die Klägerin ein solches monatliches Stipendium bezogen und der Studentenversicherung unterlegen.

Hiergegen hat die Klägerin mit am 10. Februar 1999 beim Sozialgerichts Halle eingegangenen Schreiben Klage erhoben. Diese hat sie damit begründet, dass nach der Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten Studienzeiten als Pflichtversicherungsjahre anzurechnen seien und rentenwirksamer Bestandteil würden. Insoweit hat sie sich auch auf eine Bescheinigung des Lohnarchivs des FDGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften vom 5. Februar 1999 bezogen, wonach sie für die Zeit des Stipendienbezuges pflichtversichert gewesen sei. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den streitigen Zeiten nicht um eine Aspirantur oder ein klassisches Hochschulstudium gehandelt habe. Vielmehr hätte ein arbeitsrechtsähnliches Verhältnis vorgelegen, in dem der ehemalige Bundesvorstand des FDGB im Sinne eines Arbeitgebers aufgetreten sei. Darüber hinaus hat die Klägerin unter anderem Stipendienordnungen des FDGB-Bundesvorstandes vom 13. März 1961, 25. März 1963 und 18. Juli 1973 zur Akte gereicht (Bl. 16-32 d.A.).

Mit Urteil vom 16. August 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Lehrgangs- bzw. Studienzeiträume könnten nicht als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt werden. Die Einjahreslehrgang sei als Fachschulausbildung, der Dreijahreslehrgang als Hochschulausbildung zu qualifizieren. Dieses stünde einer Anerkennung als gleichgestellte Beitragszeiten entgegen. Es habe auch keine Zeit einer in eine entgeltliche Beschäftigung integrierten Ausbildung vorgelegen, da die Klägerin während der fraglichen Zeiträume ein Stipendium und kein Arbeitsentgelt erhalten habe. Sie sei während dieser Zeit in der Pflichtversicherung der Studenten versichert gewesen, hätte jedoch nicht nach den allgemeinen Vorschriften der DDR der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterlegen. Der Stipendiencharakter der während des Studiums bezogenen Leistungen ändere sich auch nicht dadurch, dass diese annähernd das vor dem Studium erzielte Nettoentgelt erreicht hätten bzw. sich an diesem Entgelt orientiert hätten.

Gegen das ihr am 21. September 2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. Oktober 2001 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei den Lehrgangs- und Studienzeiten entgegen der Bezeichnung tatsächlich um Zeiten der Beschäftigung bei der Industriegewerkschaft Bergbau - Energie gehandelt habe, denn sie sei von dieser zum Lehrgang bzw. zum Studium delegiert worden. Vor diesem Hintergrund sei das Stipendium als Arbeitsentgelt zu werten. Die Lehrgangszeiten seien aber jedenfalls bereits deshalb wie Zeiten eines Arbeitsverhältnisses zu werten, weil sie notwendigerweise erst während einer Beschäftigung bei einer Gewerkschaft absolviert werden konnten und insoweit planmäßig in die berufliche Entwicklung innerhalb der Gewerkschaften integriert waren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 16. August 2001 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 9. Oktober 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1999 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 4. September 1972 bis zum 26. August 1973 sowie die Zeit vom 1. September 1975 bis zum 31. Juli 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Funktionärsunterstützung für hauptamtliche Mitarbeiter der Gewerkschaft FDGB (Zusatzversorgungssystem Nr. 22 der Anlage 1 zum AAÜG) und die in dieser Zeit gezahlten Stipendien als Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt;

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Die mit Beschluss vom 17. Dezember 2003 als für die Klägerin zuständiger Rentenversicherungsträger zum Verfahren beigeladene Bundesknappschaft hat keinen Antrag gestellt.

Während des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zahlreiche Unterlagen vorgelegt, darunter das Abschlusszeugnis des Einjahreslehrganges der Zentralschule des Bundesvorstandes des FDGB vom 26. Juli 1973 sowie ein Zeugnis und Diplom der Gewerkschaftshochschule "Fritz Hecker" beim Bundesvorstand des FDGB vom 28. Juli 1978, Auskünfte der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv vom 8. April 2004 (Bl. 159 bis 185 d.A.) sowie einer weiteren Auskunft des gewerkschaftlichen Lohnarchivs vom 1. Juni 2004 (Bl. 203 bis 206 d.A.). Bezüglich des Inhalts dieser Auskünfte wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

Anfragen, die der Senat an verschiedene Stellen gerichtet hat, um die Kaderakte der Klägerin oder möglicherweise vorhandener Qualifizierungs- oder Delegierungsverträge bezüglich der von ihr absolvierten Lehrgänge beizuziehen, blieben erfolglos.

Hinsichtlich des genauen Inhalts des Vorbringens der Beteiligten, der von der Klägerin eingereichten Unterlagen, der Ermittlungsbemühungen des Senats sowie hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakte sowie die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Vers. Nr.: -ZV) Bezug genommen. Diese haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 9. Oktober 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 1999 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte für die hier einzig streitgegenständlichen Zeiträume zwischen dem 4. September 1972 und dem 26. August 1973 sowie zwischen dem 1. September 1975 und dem 31. Juli 1978 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur ZV-FDGB und in dieser Zeit erzielter Entgelte abgelehnt hat.

Da das AAÜG wegen des Beitritts der Klägerin zur ZV-FDGB zum 1. September 1971 auch trotz erfolgter Beitragsrückerstattung (vgl. insoweit BSG, U.v. 23.6.1998 – B 4 RA 61/97 RSozR 3-8570 § 5 Nr. 4) auf die Klägerin anwendbar ist, richtet sich die Frage, ob zu Gunsten der Klägerin für die streitigen Zeiträume die von ihr begehrten Feststellungen zu treffen sind, alleine nach den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG in der Fassung durch Gesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939). Durch diese Vorschrift wird die Gleichstellung bestimmter Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der ehemaligen DDR mit Pflichtbeitragszeiten des bundesdeutschen Rentenversicherungsrechts angeordnet. Gleichzustellen sind demnach Zeiten, in denen der Versorgungsberechtigte eine (entgeltliche) Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem der DDR vorgesehen war. Die ausschließlich bundesrechtliche Feststellung der bei der Berechnung einer Rente nach bundesdeutschem Recht zu berücksichtigenden Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem sowie daran anschließend der während der Zugehörigkeitszeiten tatsächlich erzielten Entgelte nebst der weiteren nach § 8 Abs. 1 und 2 AAÜG dem Rentenversicherungsträger mitzuteilenden Tatsachen durch den Zusatzversorgungsträger hat danach nur dann zu erfolgen, wenn der Betroffene (1.) eine Beschäftigung ausgeübt hat, die (2.) entgeltlich war und die (3.) ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war (vgl. hierzu BSG, U. v. 24.7.2003 – B 4 RA 40/02 RSozR 4-8570 § 5 Nr. 1).

Nicht auszuschließen ist, dass die Teilnahme der Klägerin an einem Einjahreslehrgang der Zentralschule des Bundesvorstandes des FDGB "Otto Schlag" 1972/1973 sowie an einem Dreijahreslehrgang an der Gewerkschaftshochschule "Fritz Heckert" beim Bundesvorstand des FDGB vom 1. September 1975 bis zum 31. Juli 1978 im Sinne der einschlägigen Versorgungsordnung (Materialien zur freiwilligen zusätzlichen Funktionärsunterstützung des FDGB mit finanzieller Selbstbeteiligung von 1971, nicht veröffentlich; die gleichlautende Richtlinie für die Durchführung der " Freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für die hauptamtlichen Mitarbeiter der gesellschaftlichen Organisationen" 1979 (FZA) ist abgedruckt in: Aichberger II, Sozialgesetze, Ordnungsnummer 212, s.a. Ordnungsnummer 213) Zeiten der Zugehörigkeit zur ZV-FDGB waren. So ist unter Ziff. 2.2 Buchst. d erster Anstrich der FZA bestimmt, dass Mitarbeiter, die bei weiterbestehendem Arbeitsrechtsverhältnis zur Organisation ihre Tätigkeit wegen Delegierung zu einem Direktstudium mit Stipendium unterbrechen, für die Dauer der Unterbrechung von ihrer Beitragszahlung befreit sind. Unter "3. Anerkennung als ununterbrochene Tätigkeit" bestimmt Ziff. 3.2 FZA unter der Überschrift "Zeiten des Studiums", dass im Falle der Delegation hauptamtlicher Mitarbeiter, die der Versorgung angehören, zu einem Direktstudium diese Zeit als hauptamtliche Tätigkeit in der gesellschaftlichen Organisation gilt. Diese Voraussetzungen dürften im Falle der Klägerin jeweils gegeben gewesen sein, da sie ausweislich der Eintragungen in ihrem SV-Ausweis und der vorgelegten Berufungsurkunden jeweils vor und nach der Delegierung zu beiden Lehrgängen hauptamtliche Mitarbeiterin der Industriegewerkschaft Bergbau-Energie war und während der Lehrgangsteilnahme ein Stipendium bezogen hat.

Selbst wenn diese Zeiträume tatsächlich im Sinne der Versorgungsordnung zur ZV-FDGB Zeiten der Zugehörigkeit zu diesem System waren, wären diese Zeiten nur dann als Systemzeiten durch die Beklagte festzustellen, wenn es sich um Zeiten einer entgeltlichen Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG handelt. Der Inhalt der Begriffe der Beschäftigung und der Entgeltlichkeit i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG ist allein nach Maßstäben des bundesdeutschen Rechts zu bestimmen (BSG, a.a.O.). Ob in den streitbefangenen Zeiten eine Beschäftigung in diesem Sinne vorlag, kann offen bleiben, da es sich bei der Teilnahme an den Lehrgängen jedenfalls nicht um eine Beschäftigung gegen Entgelt gehandelt hat. Das Erfordernis der Entgeltlichkeit der Beschäftigung folgt aus der durch § 5 AAÜG angeordneten Rechtsfolge der Gleichstellung von Zugehörigkeitszeiten mit Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht, denn für die Bewertung dieser fiktiven Betragszeiten im Rentenrecht der Bundesrepublik kommt es allein auf die Verdienste aus der Beschäftigung an.

Entgelt in diesem Sinne ist die durch den Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses für und aufgrund der geleisteten Arbeit erbrachte Gegenleistung. Von einem solchen Austauschverhältnis, in dem die Verpflichtung zur Arbeitsleistung der Verpflichtung zur Lohnzahlung gegenübersteht und diese sich gegenseitig bedingen, ging auch das Recht der DDR aus, sodass für die hier zu treffende bundesrechtliche Feststellung des Entgeltcharakters von Leistungen hieran angeknüpft werden kann. Danach war in § 20 Abs. 2 des Gesetzbuches der Arbeit vom 12. April 1961 in der Fassung vom 23. November 1966 (GBl. DDR I, S. 127) einerseits die Verpflichtung des Werktätigen zur Arbeitsleistung, andererseits die Pflicht des Betriebes zur Beschäftigung und zur Zahlung eines der Leistung entsprechenden Lohnes statuiert. Die Zahlung eines solchen Lohnes oberhalb eines Arbeitsverdienstes von 75,- M monatlich begründete nach § 14 Abs. 1 SVO vom 21. Dezember 1961 (GBl. DDR II, S. 533) beziehungsweise § 7 Abs. 1 SVO vom 14. November 1974 (GBl. DDR I, S. 531) die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung der DDR. Hätte es sich bei dem an die Klägerin während der Lehrgänge jeweils gezahlten Stipendien um Arbeitsentgelt gehandelt, so hätte sie bereits aus diesem Grunde der Sozialversicherung unterlegen. Dem steht jedoch entgegen, dass nach § 1 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und der Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15. März 1962 (GBl. DDR II, S. 126) die Pflichtversicherung in der Sozialversicherung auch für Studierende der Gewerkschaftsschulen ausdrücklich angeordnet werden musste.

Auch der von der Klägerin aus den Beständen der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv vorgelegte Beschluss des Bundesvorstandes des FDGB über eine "Stipendienordnung für die Gewerkschaftshochschule "Fritz Heckert", die Zentral- und Spezialschulen des FDGB-Bundesvorstandes, die Lehrgänge mit einer Dauer von über sechs Monaten durchführen", vom 18. Juli 1973 verdeutlicht, dass es sich bei dem Stipendium nicht um ein Arbeitsentgelt des Arbeitgebers handelte. Denn dieses Stipendium war unabhängig von der Leistung während des Studiums in Höhe von pauschal 70 % des Nettoverdienstes der letzten drei Monate vor Aufnahme des Studiums zu zahlen und auf maximal 950,- bzw. 850,- M begrenzt. Zudem wurde das Stipendium zwar nach Ziff. 11 dieses Beschlusses durch die Zentralvorstände der jeweiligen Gewerkschaft ausgezahlt, jedoch wurden die Kosten von der Abteilung Bundesfinanzen des FDGB getragen. Es handelte sich also nicht mehr um eine Gegenleistung des letzten Arbeitgebers vor Aufnahme des Studiums für ihm während dieses Zeitraums geleistete Arbeit, sondern um eine Unterhaltsleistung des FDGB, die – und auch dies nur im begrenzten Umfange – an das zuvor bezogene Nettoeinkommen und damit an den Lebensstandard vor Aufnahme des Studiums anschloss. Noch deutlicher wird der Charakter dieser Stipendien als reine unterhaltssichernde Leistung und eben nicht als Arbeitsentgelt anhand der – auf die Klägerin wohl nicht mehr angewandten – Stipendienregelung vom 13. März 1961 für die Hochschule "Fritz Heckert" und die Zentralschule des FDGB "Hermann Duncker", wonach unabhängig vom zuvor erzielten Verdienst für jede Studentin und jeden Studenten ein einheitliches Stipendium gezahlt wurde, dass lediglich nach den Familienverhältnissen gestaffelt war.

Da weder zu erkennen ist, worin eine durch die Klägerin während der Lehrgänge gegenüber der Industriegewerkschaft Bergbau-Energie zu erbringende Leistung bestand, noch das Stipendium eine Leistung dieser Gewerkschaft war und zudem unabhängig von einer während des Lehrgangs erbrachten Leistung gezahlt wurde, kann ein Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeitsleistung und "Studienentgelt" trotz des möglicherweise auch während der Lehrgänge fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und dieser Gewerkschaft nicht festgestellt werden. Daher liegt auch aus bundesrechtlicher Sicht kein Entgeltcharakter dieses Stipendiums vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angeführte Rechtsprechung des BSG geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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