L 1 RA 129/01

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 RA 346/00
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 129/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der von ihm im Zeitraum vom 19. Juli 1971 bis 30. Juni 1990 tatsächlich erzielten Entgelte über 600, M monatlich bei der Rentenberechnung.

Der 1944 geborene Kläger schloss im Dezember 1968 ein Studium mit dem Akademischen Grad "Diplom-Physiker" ab. Vom 3. November 1970 bis zum 7. Juli 1971 leistete er Wehrdienst bei der Volkspolizei-Bereitschaft in E ... Am 19. Juli 1971 nahm er eine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Kyffhäuser Hütte A. auf, die er später in der Funktion des Abteilungsleiters Forschung bis über den 30. Juni 1990 hinaus ausübte. Er hat keine Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt und ist weder durch Urkunde noch durch Einzelvertrag in ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem einbezogen worden.

Während des Wehrdienstes erlitt er am 30. Januar 1971 einen Sportunfall, der als Dienstbeschädigung anerkannt wurde. Aufgrund dieses Unfalls erhielt er durch Bescheid des FDGB Kreisverbandes Sangerhausen – Verwaltung der Sozialversicherung vom 19. Oktober 1971 ab dem 8. Juli 1971 eine Unfallrente, zunächst nach einem Körperschaden von 40 % in Höhe von 160, M, ab 1. Oktober 1972 nach einem Körperschaden von 35 % in Höhe von 140, M. Die Unfallrente wurde nach 1990 durch die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft fortgezahlt.

Mit Bescheid vom 15. März 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Rentenberechnung legte die Beklagte für den streitigen Zeitraum das im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SVA) des Klägers bescheinigte Entgelt in Höhe von 600, M monatlich, zum Teil wegen Arbeitsausfalltagen gekürzt, zugrunde. Das vom Kläger tatsächlich erzielte Entgelt lag im gesamten Zeitraum wesentlich darüber.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 31. März 2000 Widerspruch. Hierzu führte er aus, dass er unter anderem die Berücksichtigung von Entgelten oberhalb von 600, M monatlich begehre, da er entgegen der Auffassung der Beklagten nicht berechtigt gewesen sei, der FZR beizutreten. Sein Antrag auf Beitritt zur FZR sei wegen der von ihm bezogenen Unfallrente abgelehnt worden. Dies habe den Hintergrund gehabt, dass es bei Zahlung von Beiträgen zur FZR zu einer unzulässigen Verdoppelung seiner Rentenansprüche gekommen wäre bzw. er dann auch Anspruch auf einen höheren "Unfallteilrentenbetrag" gehabt hätte. Die Berücksichtigung nur eines Teils des tatsächlichen Einkommens stelle eine Benachteiligung gegenüber den Versicherten in den alten Bundesländern dar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass es dem Kläger nach den in der DDR geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht verwehrt gewesen sei, der FZR beizutreten, da die vom Kläger bezogene Rente nicht bei den Leistungen der Sozialversicherung genannt gewesen sei, die einen FZR-Beitritt ausgeschlossen hätten. Nach den Angaben des Klägers wurde der Widerspruchsbescheid an ihn mit Poststempel vom 23. August 2000 abgesandt. Die in der Verwaltungsakte abgeheftete Zweitschrift des Widerspruchsbescheids trägt den Stempelabdruck "abgesandt ZWSt". Eine Datumsangabe ist diesem Stempelabdruck nicht zugeordnet. Ein mit Tagesangabe versehener Absendevermerk findet sich in der Verwaltungsakte nicht.

Mit einem am 22. September 2000 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Schreiben hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er erneut darauf hingewiesen, dass sein Antrag auf Mitgliedschaft in der FZR abgewiesen worden sei, da er Geldmittel der Sozialversicherung bezogen habe.

Mit Urteil vom 5. Oktober 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da im streitigen Zeitraum in der DDR erzielte Entgelte grundsätzlich nur bis zu einer Höhe von maximal 600, M kalendermonatlich zu berücksichtigen seien, sofern nicht der darüberliegende Teil des Entgelts durch die Zahlung von Beiträgen zur FZR versichert worden sei oder Beiträge zur FZR nicht hätten gezahlt werden können. So hätten Werktätige, die Geldleistungen der Sozialversicherung bezogen, während dieser Zeit der FZR nicht beitreten können. Geldleistungen in diesem Sinne seien jedoch nur Krankengeld, erhöhtes Krankengeld, Hausgeld sowie Renten oder Versorgungen wegen Alter oder Invalidität gewesen. Dies habe beim Kläger nicht vorgelegen, da er eine Unfallrente bezogen habe, bei der es sich gerade nicht um eine Rente wegen Invalidität im Sinne der maßgeblichen Vorschriften handele.

Gegen das ihm am 17. Oktober 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16. November 2001 beim Landessozialgericht eingegangenen Schreiben Berufung eingelegt. Er behauptet, einen ersten Antrag auf Aufnahme in die FZR bereits im Herbst 1971 und – nachdem er hierauf keine Nachricht erhalten habe – erneut im August 1972 gestellt zu haben. Einen dritten Antrag habe er im Oktober 1977 gestellt. Sowohl auf den Antrag von 1972 als auch auf den von 1977 habe er eine telefonische Mitteilung der Kaderleitung erhalten, dass ein Beitritt nicht möglich sei. Er ist der Auffassung, die Berücksichtigung von Entgelten bei der Rentenberechnung dürfe nicht auf die staatlich reglementierte Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung der DDR begrenzt bleiben, da sonst eine verfassungswidrige nachteilige Ungleichbehandlung von Versicherten im Beitrittsgebiet vorläge. Zudem sei ihm die Mitgliedschaft in der FZR unter Hinweis auf Vorschriften aus dem Jahre 1971 verweigert worden. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass er nach Vorschriften aus dem Jahre 1977 bzw. 1979 möglicherweise doch beitrittsberechtigt gewesen wäre. Die Ablehnung wäre damals auch rechtmäßig und nachvollziehbar gewesen, da sich anderenfalls allein durch die Zahlung von Beiträgen zur FZR die Bemessungsgrundlage und damit die Höhe seiner damals schon bezogenen Unfallrente erhöht hätte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. Oktober 2001 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Rentenberechnung für den Zeitraum vom 19. Juli 1971 bis zum 30. Juni 1990 auch die von ihm tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste oberhalb von 600,- M monatlich zu berücksichtigen und eine entsprechend höhere Rente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die den Kläger betreffenden Vorgänge der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (Az. ) beigezogen. Diese enthalten unter anderem den Antrags- und Berechnungsbogen des FDGB-Kreisverbandes Sangerhausen – Verwaltung der Sozialversicherung bezüglich der Unfallrente des Klägers.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakte, die beigezogene Akte der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Vers.-Nr. ) Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil die Klage verfristet gewesen wäre. So ist die Klage nach § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Zwar datiert der Widerspruchsbescheid bereits vom 15. August 2000, doch ist nicht festzustellen, dass er dem Kläger vor dem 22. August 2000 bekannt gegeben worden ist. Insbesondere gilt nicht die Zugangsvermutung des § 85 Abs. 3 S. 2 SGG i.V.m. § 4 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), wonach bei Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes dieser als mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post zugestellt gilt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Tag der Aufgabe zur Post in den Akten vermerkt ist (§ 4 Abs. 2 VwZG). Ein solcher Vermerk fehlt in den Akten der Beklagten. Zwar ist dem Stempelabdruck "abgesandt ZWSt" zu entnehmen, dass der Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 durch die zentrale Widerspruchsstelle der Beklagten zur Post gegeben wurde, doch ist diesem Stempelaufdruck kein Datum konkret zuzuordnen, so dass sich bereits der Tag der Aufgabe zur Post im Sinne des § 4 VwZG nicht feststellen lässt.

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Widerspruchsbescheid nicht – wie vom Kläger behauptet – an ihn mit Poststempel vom 23. August 2000 übersandt worden ist. Die Beklagte hat dieser Behauptung des Klägers nicht widersprochen. Etwas anderes ist auch nach dem Akteninhalt nicht feststellbar. Es sind nach Auskunft der Beklagten (Bl. 79 d.A.) auch keine Postausgangsbücher oder andere Unterlagen mehr vorhanden, anhand derer der Versand des Widerspruchsbescheids durch die Beklagte nachzuvollziehen wäre. Allerdings hat die Beklagte angegeben, es sei eine Verzögerung von mehreren Tagen zwischen Bescheiddatum und Aufgabe zur Post denkbar. Die Angaben des Klägers sind danach nicht zu widerlegen.

Die Berufung ist jedoch unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2000 den Kläger im angefochtenen Umfange nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG beschwert, denn er ist jedenfalls insoweit rechtmäßig. Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Entgelte bei der Rentenberechnung.

Nach § 256a Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) werden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Dabei zählen als Verdienst nach § 256a Abs. 2 SGB VI der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 oder danach bis zum 31. März 1999 zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt worden sind. Darüber hinaus zählen nach Abs. 3 S. 1 und 2 dieser Vorschrift als Verdienst auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 1. Juli 1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen im Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten. Für Versicherte, die berechtigt waren, der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beizutreten, gilt dies für Beträge oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nur, wenn die zulässigen Höchstbeiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden sind. Freiwillige Zusatzrentenversicherung im Sinne dieser Vorschriften ist die FZR nach der Verordnung über die Verbesserung über die freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971 (GBl. DDR II, S. 121 – FZR-VO 1971) sowie der nachfolgenden Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung zur Sozialversicherung vom 17. November 1977 (GBl. DDR I, S. 395 – FZR-VO 1977).

Entgegen seinem Vortrag war der Kläger rechtlich nicht daran gehindert, der FZR beizutreten. Maßgeblich war insoweit zunächst § 1 Abs. 1 der FZR-VO 1971, wonach alle sozialversicherten Werktätigen, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR hatten und deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600,- M monatlich bzw. 7.200,- M jährlich überstieg, der FZR beitreten konnten. Die einzige Ausnahme hierzu bildete § 1 Abs. 4 der FZR-VO 1971, wonach Werktätige, die Beiträge zu einer zusätzlichen Versorgung zahlten oder Geldleistungen der Sozialversicherung bezogen, während dieser Zeit der FZR nicht beitreten konnten. Allerdings hinderte nicht jeder Bezug von Geldleistungen der Sozialversicherung am FZR-Beitritt. Vielmehr wurde der Kreis der einem Beitritt entgegenstehenden Geldleistungen durch § 4 der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971 (GBl. DDR II, S. 128) näher umrissen. Danach waren Geldleistungen im Sinne des § 1 Abs. 4 FZR-VO 1971 ausschließlich Krankengeld, erhöhtes Krankengeld, Hausgeld sowie Renten oder Versorgungen wegen Alter oder Invalidität.

Keine Leistung im Sinne dieser Vorschrift waren Unfallrenten, die es entgegen dem wiederholten Vorbringen des Klägers auch bereits in der DDR als rechtlich eigenständige und klar definierte Leistung der Sozialversicherung gab. Rechtsgrundlage einer solchen Unfallrente waren im streitbefangenen Zeitraum die §§ 20 ff. der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 15. März 1968 (GBl. DDR II, S. 145 (Renten-VO 1968)), § 23 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 17. Mai 1974 (GBl. DDR I, S. 210 (Renten-VO 1974)) sowie §§ 23 ff. der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 23. November 1979 (GBl. DDR I, S. 401 (Renten-VO 1979)). Ebenfalls entgegen dem Vorbringen des Klägers sind diese begrifflich klar unterschieden von Invalidenrenten, die stets in den §§ 8 ff. der genannten Rentenverordnungen geregelt waren. Dass es sich bei der vom Kläger ab 8. Juli 1971 bezogenen Rente um eine Unfallrente im Sinne der genannten Vorschriften handelt, ergibt sich zweifelsfrei aus dem in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft enthaltenen Antrags- und Berechnungsbogen des FDGB – Verwaltung der Sozialversicherung für Unfallrenten, der die Bewilligung einer Unfallrente nach den genannten Rechtsvorschriften dokumentiert.

Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, dass nach der Systematik der Leistungen aus der Sozialversicherung der DDR ein Ausschluss von Unfallrentenbeziehern vom Beitritt zur FZR notwendig gewesen wäre, da sich andernfalls allein durch den Beitritt ihr Zahlungsanspruch aus der Unfallrente erhöht hätte. So folgte aus dem Beitritt zur FZR bereits kein Anspruch auf die Zahlung einer Unfallrente. Vielmehr ergaben sich nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 FZR-VO 1971 aus der Zahlung von Beiträgen zur FZR nur Ansprüche auf Zusatzaltersrente, Zusatzinvalidenrente, Zusatzhinterbliebenenrente sowie auf erhöhtes Krankengeld und Hausgeld der Sozialversicherung. Hierbei handelt es sich genau um die Leistungen, deren Bezug nach der spiegelbildlichen Regelung des § 1 Abs. 4 FZR-VO 1971 in Verbindung mit § 4 der 1. Durchführungsbestimmung vom 10. Februar 1971 ein Beitrittsrecht zur FZR ausschloss. Selbst wenn eine Beitragszahlung zur FZR entgegen § 21 Renten-VO 1968, bzw. § 24 Renten-VO 1974 und § 24 Renten-VO 1979 Einfluss auf die Höhe der zu zahlenden Unfallrente gehabt hätte, so bliebe ein Beitritt zur FZR nach dem Unfalldatum ohne Einfluss auf die Höhe der aufgrund dieses Unfalls bezogenen Rente, denn diese richtete sich – wie durch die genannten Normen zwingend festgelegt war – stets nach dem vor dem Unfall bezogenen sozialversicherungspflichtigen Entgelt.

Auch nach Ablösung der FZR-VO 1971 durch die Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung vom 17. November 1977 (GBl. DDR I S. 395 (FRZ-VO 1977)) waren Bezieher von Unfallrenten nicht vom FZR-Beitritt ausgeschlossen. Vielmehr konnten der FZR nach § 1 Abs. 1 FZR-VO 1977 grundsätzlich alle sozialversicherungspflichtigen Werktätigen beitreten, deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600,- M im Kalendermonat bzw. 7.200.- M im Kalenderjahr überstieg. Ausgeschlossen waren davon nur die in § 1 Abs. 2 FZR-VO 1977 ausdrücklich genannten Fallgruppen, darunter u.a. Werktätige, die eine Rente oder Versorgung wegen Erreichen des Rentenalters oder eine Rente oder Versorgung wegen Invalidität bezogen. Bezieher von Unfallrenten waren danach vom FZR-Beitritt nicht ausgeschlossen.

Der Senat kann offen lassen, ob nach § 256a Abs. 3 S. 1 SGB VI auch dann Entgelte oberhalb der Sozialversicherungsgrenze der DDR bei der Rentenberechung zu berücksichtigen sind, wenn ein rechtlich zulässiger Beitritt zur FZR durch Stellen der DDR zu Unrecht abgelehnt worden ist und ob in den vom Kläger behaupteten telefonischen Ablehnungen von Beitrittsanträgen durch die Kaderleitung seines Betriebs ein nach Art. 19 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23.9.1990 (BGBl. II S. 885) fortwirkender Verwaltungsakt der DDR zu sehen ist. Der Kläger konnte einen solchen Verwaltungsakt jedenfalls nicht nachweisen, denn er konnte weder diesbezügliche Unterlagen vorlegen, noch die Namen und genauen Funktionen der Personen benennen, die ihm am Telefon die behauptete ablehnende Mitteilung gemacht haben. Da der Kläger angibt, dass die infrage kommenden Personen zwischenzeitlich verstorben seien, gibt es auch keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen von Amts wegen. Die hierdurch vorliegende Unerweislichkeit der vom Kläger behaupteten möglicherweise anspruchsbegründenden Tatsachen geht nach allgemeinen Regeln zu Lasten des Beteiligten, der hieraus eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (std. Rspr. BSG U. v. 24.10.1957 – 10 RV 945/55BSGE 6, 70, 73; U. v. 20.1.1977 – 8 RU 52/76BSGE 43, 110, 112 = SozR 2200 § 548 Nr. 27), hier also zu Lasten des Klägers.

Die Beklagte ist auch nicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) zur Berücksichtigung von Entgelten oberhalb der Sozialversicherungspflichtgrenze der DDR bei der Rentenberechnung verpflichtet, denn der Kläger hat nach den Feststellungen des Zusatzversorgungsträgers im streitigen Zeitraum keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehört (Bl. 68 d. VA).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Regelung des § 256a SGB VI mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar (vgl dazu BSG, U. v. 23.3.2000 - B 13 RJ 35/99 R - BSGE 86, 45 ff. = SozR 3 2600 § 256a Nr. 7; U. v. 17.8.2000 - B 13 RJ 5/00 R, zitiert nach Juris). Sie ist Ausfluss der verfassungsrechtlich unbedenklichen sog. Systementscheidung, wonach in der DDR erworbene Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR (wie auch der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme) in die im SGB VI geregelte Rentenversicherung der Bundesrepublik überführt worden sind (vgl. dazu allgemein Bundesverfassungsgericht (BVerfG), U. v. 28.4.1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1, 38 ff. = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3).

Ein Eingriff in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des Klägers liegt fern. Seine in der ehemaligen DDR erfolgte Beitragsleistung wird im Rahmen des § 256a SGB VI angemessen berücksichtigt. Der über 600, M liegende Monatsverdienst war nach dem Rentenrecht der DDR nicht ohne weiteres (d.h. insbesondere nicht ohne Beitragszahlung zur FZR) versichert. Da ein entsprechender Versicherungstatbestand bei ihm nicht vorliegt, kann der Kläger mithin keine weitergehenden eigentumsgeschützten Rentenanwartschaften erworben haben.

Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Soweit sich der Kläger mit Westrentnern vergleicht, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich aus dieser Verfassungsnorm keine Pflicht des Gesetzgebers ergibt, ihn rückwirkend und kostenfrei so zu stellen, als hätte er die Voraussetzungen erfüllt, von denen die Altersversorgung eines westdeutschen Berufskollegen abhängt (vgl. BVerfGE 100, 1, 45 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3). Eine Ungleichbehandlung gegenüber ehemals sonder- oder zusatzversorgungsberechtigten Beitrittsgebietsrentnern rechtfertigt sich schon daraus, dass diese in der ehemaligen DDR höherwertige Versorgungsanwartschaften erworben hatten, die bei der Überführung zu berücksichtigen waren (vgl. dazu BVerfGE 100, 1, 33 ff. = SozR 3 8570 § 10 Nr. 3; BSG, U. v. 9.11.1999 – B 4 RA 2/99 R – SozR 3 2600 § 256a Nr. 5). Ferner ist es nicht willkürlich, wenn die Anrechnung von Überentgelten auch davon abhängig gemacht wird, dass der Versicherte die Möglichkeit einer Entrichtung von FZR-Beiträgen in vollem Umfang wahrgenommen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit § 256a Abs. 3 SGB VI das Ziel verfolgt wurde zu verhindern, dass die Versicherten im Beitrittsgebiet Nachteile durch das in der Vergangenheit unzureichende Beitragsrecht erlitten (vgl. Begründung zum Entwurf des Rentenüberleitungsgesetzes, BT-Drucks. 12/405 S 127). Da die FZR während der DDR bereits einen Ausgleich für die fortdauernd niedrige Beitragsbemessungsgrenze bieten sollte, ist es konsequent, eine Berücksichtigung von Verdiensten von der Ausschöpfung dieser Möglichkeit abhängig zu machen (vgl. dazu BSG, U. v. 9.11.1999 – B 4 RA 2/99 R – a.a.O.; Steinmeyer, Die deutsche Einigung und das Sozialrecht, VSSR 1990, 83, 97 f).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Rechtslage durch die angegebene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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