L 10 U 1112/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 843/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1112/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.01.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Gesundheitsstörungen als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1302 und 1317 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - nachfolgend BK 1302 bzw. 1317.

Der am 1959 geborene Kläger arbeitete vom 01.09.1974 bis zum 30.09.1996 bei der Firma M. GmbH in L. (nachfolgend MKL). Vom 01.09.1974 bis Februar 1978 machte er dort eine Ausbildung als Werkzeugmacher, anschließend arbeitete er bis zum 30.11.1978 als Feinwerker in der Sonderlager-Fertigung, dann mit Unterbrechung durch den Wehrdienst bis Dezember 1985 als Reparaturschlosser im Werkzeugbau. Hierzu gehörten auch Reinigungsarbeiten mit Trichlorethan bzw. Perchloräthylen (= Tetrachlorethen, umgangssprachlich: Per) und Wartungs- sowie Umbauarbeiten an der Reinigungsanlage, wobei zeitweise deutliche Überschreitungen der zugelassenen Konzentration dieser Mittel auftraten. Anschließend war er bis Mai 1987 als Einsteller in der Rillenschleiferei, danach bis Oktober 1990 als Technischer Angestellter in der Rillenschleiferei und anschließend bis September 1996 als Leiter der Abteilung Laufbahnschleiferei tätig. Auch in der Schleiferei wurde vom Kläger zur Reinigung von Maschinen- und Produktionsteilen bis 1991 das Lösemittel Per, bis maximal 1992 Trichlorethan - wobei ebenfalls von teils deutlichen Grenzwertüberschreitungen auszugehen ist - und im Übrigen Isopropylalkohol benutzt. In der Rillenschleiferei trat Ölnebel auf, der abgesaugt wurde. Ab Oktober 1996 war der Kläger arbeitsunfähig.

Am 11.06.1997 zeigte die S. G. Ersatzkasse (GEK) bei der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit beim Kläger an und fügte ein Gutachten des MDK Baden-Württemberg vom 17.03.1997 bei (Diagnose: Verdacht auf eine leichte bis mittelschwere Typ-A-Form einer toxischen Encephalopathie bei langjährigem Kontakt zu diversen Lösungsmitteln).

Die Beklagte zog von der GEK im Wesentlichen das Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers für die Zeit ab Januar 1989 bei sowie die Befundberichte der Fachklinken W. über einen stationären Aufenthalt vom 09.01. bis 16.01.1997 (Diagnose: unklare Müdigkeit), der Neurologischen Klinik im Rehabilitationskrankenhaus U. (RKU) über eine stationäre Behandlung vom 20.05. bis 26.05.1997 (Diagnose: depressives Syndrom, ein Zusammenhang mit einer arbeitsplatzbedingten Intoxikation sei sehr unwahrscheinlich), des Kreiskrankenhauses W. über einen stationären Aufenthalt vom 16.12. bis 19.12.1996 (Diagnose: chronische Sinusitis maxillaris links und chronische Tonsillitis), des Arztes für Allgemeinmedizin St. (der Kläger habe seit Oktober 1996 über diffuse Kopfschmerzen, Sehstörungen, eine unklare Leistungsschwäche, Schlaflosigkeit, Antriebsmangel, sowie rezidivierende Übelkeit mit Brechreiz geklagt), des Radiologen Dr. L. (Durchführung einer SPECT-Hirn-Perfusionsszintigraphie im Dezember 1997 und einer SPECT-Hirnstamm-Rezeptorszintigraphie im Januar 1998), des Umweltmediziners Dr. M. aus I. vom Februar 1998 (Diagnose: u. a. schwere Störung der zellunären Immunität nach Lösemittelbelastung, Auto-Antikörper gegen Nervengewebe, durch Xylol induzierbares Doppelbildersehen) sowie der Augenärzte Dres. T. (Diagnose: dekompensierte Exophorie - latentes Auswärtsschielen -).

Am 15.12.1998 erstattete Prof. Dr. Me., Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin an der O klinik in R., im Auftrag der Beklagten ein Gutachten. Er diagnostizierte einen Morbus Meulengracht, eine Exophorie ohne Nachweis einer sonstigen Organerkrankung des ZNS sowie ein psychasthenes depressiv gefärbtes Syndrom mit Verdacht auf Aggravation. Er führte aus, ein für eine Langzeitexposition gegenüber halogenierten Kohlenwasserstoffen (speziell Trichlorethan, Trichlorethen, Tetrachlorethen und Tetrachlormethan) typisches Schädigungsmuster (Leber-, Nierenschädigung, Herzrhythmusstörungen) lasse sich nicht nachweisen. Die derzeit bestehende Arbeitsunfähigkeit beruhe allein auf dem diagnostizierten psychasthenen depressiv gefärbten Syndrom. Eine Berufskrankheit bestehe nicht. Prof. Dr. von B., Chefarzt der Abteilung für Neurologie und klinische Neurophysiologie an der O klinik in R., fand im Neurologischen Zusatzgutachten keine Zeichen einer toxisch bedingten Schädigung des Nervensystems.

Der Gewerbearzt Dr. K. schlug in seiner anschließenden gewerbeärztlichen Stellungnahme eine BK 1317 nicht zur Anerkennung vor.

Mit Bescheid vom 05.03.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, ein Anspruch auf Leistungen der Berufsgenossenschaft bestehe nicht. Eine BK liege nicht vor.

Seinem Widerspruch fügte der Kläger ein Attest des Dr. M. sowie dessen Beurteilung zu den von der Beklagten eingeholten internistischen und neurologischen Gutachten bei. Die Beklagte zog den ärztlichen Entlassungsbericht über eine im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 11.05. bis 02.06.1999 durchgeführte stationäre Rehabilitation in der H. Reha-Klinik bei (Diagnosen: chronifizierte Somatisierungsstörung, neurotische Entwicklung mit hypochondrischen Zügen bei anankastischer Persönlichkeitsstörung, Zustand nach chronischer Lösungsmittelexposition 1974 bis 1992), ebenso die von der BfA eingeholten Gutachten des Nervenarztes Dr. H. vom Juli 1998 (Diagnose: laviertes depressives Syndrom fraglich symptomatischer Ätiologie) und des Internisten Dr. L. vom Juli 1998 (Diagnosen: schwere Störung der zellulären Immunität nach Lösungsmittelbelastung, toxische Perfusionsminderung des Gehirns mit Ptosis links und Doppelbildersehen, beginnende reaktive Depression, Verdacht auf leichtgradige zentrale Lungenfibrose).

Nach Einholung der arbeitsmedizinischen Stellungnahme der Fachärztin für Arbeitsmedizin, Innere Medizin, Nephrologie und Umweltmedizin Dr. W. vom Mai 2000, die das Vorliegen einer BK verneinte, wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2001 zurück.

Der Kläger hat dagegen am 07.05.2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben und zur Begründung vorgebracht, er sei bei seiner Tätigkeit bei der Firma MKL seit 1974 intensiv und teilweise ohne Schutz hohen Lösungsmittelkonzentrationen ausgesetzt gewesen. Die diesbezügliche Sachaufklärung der Beklagten sei absolut unvollständig. Auf Grund der Ausführungen von Dr. M. bestehe die eindeutige Vermutung, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Anerkennung der BKen 1302 und 1317 vorlägen. Er hat zahlreiche Unterlagen bezüglich seiner Tätigkeit bei der Firma MKL und der dabei verwendeten Stoffe vorgelegt.

Nach Einholung eines Berichts des Angestellten Ho. von der Präventionsabteilung der Beklagten bezüglich der einzelnen Tätigkeiten des Klägers bei der Firma MKL hat das Sozialgericht Gutachten von Prof. Dr. Le., Leiter des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin an der Universität M. eingeholt, mit neuropsychologischem Gutachten des Dipl.-Psych. Sche. vom 29.05.2002 und radiologischem Zusatzgutachten von PD Dr. Kr., Klinik für Radiologie am Klinikum der Universität M. vom 10.06.2002 (Beurteilung: kein Anhalt für eine akute Encephalopathie sowie kein Nachweis von Folgezuständen möglicher abgelaufener entzündlicher Encephalopathien). Prof. Dr. Le. hat ausgeführt, eine Exposition des Klägers mit einer längerfristigen MAK-Wert-Überschreitung für die Stoffe Tetrachlorethen und 1,1,1-Trichlorethan könne als gesichert gelten. Jedoch könne die Diagnose einer durch Tetrachlorethen und 1,1,1-Trichlorethan verursachten Encephalopathie oder Polyneuropathie nicht zweifelsfrei gesichert werden. Es liege auch keine BK 1302 vor. Es sei auffällig, dass vom Kläger keine wesentliche Besserung seiner seit ca. 30 Jahren bestehenden Beschwerden auch unter Expositionskarenz nach 1996 angegeben werde. Insgesamt schienen die Beschwerden sogar eher noch zugenommen zu haben, was gegen eine berufliche Verursachung der Beschwerden spreche. Beim Kläger liege am ehesten ein chronisches Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom vor. Dr. K., Neurologe und Umweltmediziner, Leitender Oberarzt der Abteilung für Neurologie der R.-Fachklinik A., hat im neurologischen Zusatzgutachten vom 12.12.2002 beim Kläger eine ausgeprägte Befindlichkeitsstörung mit im Vordergrund stehender chronischer Erschöpfungs- und Müdigkeitsproblematik diagnostiziert, ohne dass sich von neurologischer Seite ein ätiologisches Moment morphologisch feststellen lasse. Eine toxische Encephalopathie im Sinne der BKV sei auszuschließen. Eine Polyneuropathie liege definitiv nicht vor.

Auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht das Gutachten des Internisten und Umweltmediziners Prof. Dr. H. eingeholt. Er hat im Wesentlichen eine Encephalopathie Schweregrad II B diagnostiziert, das Vorliegen einer BK 1317 bejaht und die hierdurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) seit Februar 1998 mit 50 v. H. bewertet. Eine Polyneuropathie liege nicht vor.

Mit Urteil vom 27.01.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine BK 1302 bzw. eine BK 1317 liege nicht vor. Der Kläger sei während seiner Berufstätigkeit insbesondere der Einwirkung von Trichlorethan und Tetrachlorethen ausgesetzt gewesen, wobei zeitweise eine Überschreitung des MAK-Wertes erfolgt sei. Dies sei zwischen den Beteiligten unstreitig, weshalb die arbeitstechnischen Voraussetzungen für beide BKen gegeben seien. Beim Kläger lägen jedoch die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BKen 1302 bzw. 1317 nicht vor. Hinsichtlich einer BK 1317 sei festzustellen, dass eine Polyneuropathie und eine Encephalopathie beim Kläger nicht nachgewiesen sei. Dies ergebe sich aus den Gutachten von Prof. Dr. von B. sowie von Prof. Dr. Le. und der eingeholten Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. Sche., des Radiologen Prof. Dr. Th. und des Dr. K. Der abweichenden Beurteilung von Dr. M. sowie der Beurteilung in dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. H. könne sich das Gericht nicht anschließen. Beide Ärzte sähen als wesentlichen Befund die Minderung der Rezeptorendichte der dopaminergen D2-Rezeptoren. Aus der von der Beklagten eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. W. vom 07.05.2000 ergebe sich allerdings, dass eine allgemeine wissenschaftliche Lehrmeinung bezüglich des Zusammenhangs zwischen der Verminderung der dopaminergen D2-Rezeptoren im Hirnstamm und der Einwirkung von Lösungsmitteln nicht bestehe. Zu dem gleichen Ergebnis sei auch Dr. K. im neurologischen Gutachten gelangt. Prof. Dr. H. habe seine abweichende Beurteilung gegenüber den Gutachten aus der O klinik R. und der Universitätsklinik M. ferner damit begründet, dass aus seiner Sicht die Tatsache, dass eine Progredienz der Beschwerden nach Expositionsende vorliege, nicht gegen eine BK 1317 spreche. Dies sei jedoch nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. Le. und den zitierten Zusatzgutachten der Fall. Beim Kläger liege ferner keine Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe im Sinne der BK 1302 vor. Dies ergebe sich aus der schlüssigen Beurteilung von Prof. Dr. Le., der insbesondere darauf hingewiesen habe, dass eine irreversible Hirnschädigung nicht vorliege. Eine BK nach Nr. 1302 sei im Übrigen auch von Prof. Dr. H. nicht angenommen worden. Auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung unter Vorlage von Kopien medizinischer Befunde erhobenen Einwände, insbesondere gegen das Gutachten der O klinik R., griffen letztlich nicht. Bezüglich der nach Auffassung des Klägers nicht ausreichend gewürdigten Befunde des EEG, des Belastungs-EKG und der Laborbefunde sei festzustellen, dass Prof. Dr. von B. diese bei seiner Beurteilung berücksichtigt habe und Prof. Dr. Me. bezüglich des Befundes bei der Ergometrie darauf hingewiesen habe, dass bei Belastungen bis 125 Watt keine Angina pectoris-Beschwerden und keine Atemnot aufgetreten sowie unauffällige Stromkurven gezeichnet worden seien. Auch seien die vom Kläger genannten Laborbefunde ausgewertet worden.

Gegen das am 14.03.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.03.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung ergänzend vorgebracht, die von Prof. Dr. Le. in seinem Gutachten u. a. angegebene Begründung, gegen das Vorliegen einer Encephalopathie spreche vor allem die lange Persistenz des Krankheitsbildes nach Expositionsende, entspreche nicht dem aktuell anerkannten Wissensstand. In den Merkblättern zur BK 1317 aus dem Jahr 2005 werde ausgeführt, dass Studien gezeigt hätten, dass auch noch Jahre nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit eine Zunahme der subjektiven Beschwerden erfolgen könne. Er habe überhaupt nicht mit Trichlorethen gearbeitet, sondern mit dem sehr viel toxischer wirkenden Stoff Perchlorethylen. Er habe genau die Krankheitssymptome, die der chronischen Toxizität von Per entsprächen und welche auch in immer extremerer Weise bereits während seiner beruflichen Tätigkeit eingetreten seien und dann auch zur Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit geführt hätten. Dies seien im Wesentlichen Konzentrations-, Merkfähigkeits- und Affektstörungen, gastrointestinale Beschwerden, Schwindelgefühl, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Interessenverluste, Störungen der Feinmotorik, Schwerhörigkeit und Muskelschwäche, hypertones Blutdruckverhalten, Leber- und Lungenveränderungen, hirnorganisch bedingte Leistungsminderungen und Anzeichen einer Hirnatrophie. Die Gutachter verkennten das tatsächlich vorliegende Krankheitsgeschehen, weil sie von vollkommen fehlerhaften Expositionen ausgingen. Auch stelle Prof. Dr. Le. darauf ab, dass sein Krankheitsbild nach wie vor bestehe und dass diese Persistenz des Krankheitsgeschehens gegen das Vorliegen einer beruflich bedingten Polyneuropathie bzw. Encephalopathie spreche. Prof. Dr. H. sei bei seiner Begutachtung schon auf Grund der Exposition von dem gegenüber Per weniger giftigen Lösungsmittel Tri von einer entsprechenden Berufskrankheit ausgegangen. Im Übrigen bestehe zwischen ihm und der Beklagten dahingehend Einvernehmen, als das Vorliegen einer Polyneuropahtie verneint werden könne. Bezüglich des Vorliegens einer Encephalopathie müsse zunächst lediglich geprüft werden, ob eine Encephalopathie vorliege und im Rahmen dieser Prüfung müsse nicht schon geprüft werden, ob eine toxische Encephalopathie vorliege. Das Vorliegen einer Encephalopathie mit dem Schweregrad II B habe Prof. Dr. H. in seinem Gutachten bestätigt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.01.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 05.03.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.04.2001 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 bzw. Nr. 1317 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt, hilfsweise Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei Prof. Dr. H. nach § 109 SGG, ggf. unter gleichzeitiger Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens und Durchführung insbesondere psychometrischer Testungen nach § 109 SGG.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ergänzende gutachterliche Stellungnahmen von Prof. Dr. Le. eingeholt. Er hat darauf hingewiesen, dass beim Kläger bisher weder die Diagnose einer Encephalopathie noch einer Polyneuropathie zweifelsfrei habe gesichert werden können. Zu der Neufassung des Merkblatts zur BK 1317 sei zu sagen, dass eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit danach zwar eine Verursachung nicht ausschließe, jedoch stelle ein solcher Verlauf nicht die Regel bei einer derartigen Erkrankung dar, sondern sei eher als Besonderheit zu sehen und werde in der Fachwelt auch zum Teil sehr kritisch diskutiert. Im Erkrankungsfall des Klägers könnten schon die klinischen Untersuchungen die Diagnose einer Encephalopathie nicht sichern, sondern sprächen für ein anderes Krankheitsbild. Zu der von Prof. Dr. H. erwähnten Untersuchung von M., L. und Pf. im Jahr 1997 sei zu sagen, dass diese gravierende wissenschaftliche Mängel aufweise und nicht geeignet sei, einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und seiner beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich zu machen. Im Übrigen sei für die Diagnose einer lösemittelbedingten Encephalopathie gem. BK 1317 eine Spect-Hirnstammrezeptorszintigraphie nicht zielführend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Beug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil keine BK vorliege kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des schriftsätzlich gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. zu der gleichgelagerten Konstellation der Verneinung eines Arbeitsunfalles wegen fehlenden Versicherungsschutzes BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2).

Die vom Kläger begehrte Feststellung richtet sich auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO); denn nach § 212 SGB VII gilt das neue Recht grundsätzlich erst für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten sind. Einer der Ausnahmetatbestände nach §§ 213 ff SGB VII ist nicht gegeben.

Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539 , 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (versicherte Tätigkeit). Durch § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht worden sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Das geschieht in der BKVO, der in der Anlage 1 eine Liste der entschädigungspflichtigen BKen angefügt ist. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten BKen gehören die hier geltend gemachten Nummern: - Nr. 1302: "Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe", - Nr. 1317: "Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische".

Voraussetzung für die Anerkennung und ggf. Entschädigung einer Erkrankung als BK ist in diesen Fällen zum einen, dass der schädigende Stoff ("Listenstoff") generell geeignet ist, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern. Zum anderen muss die vorliegende Erkrankung konkret-individuell durch entsprechende Einwirkungen des Listenstoffs wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht. Der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit gilt jedenfalls für den konkret-individuellen Kausalzusammenhang zwischen der mit der versicherten Tätigkeit in innerem Zusammenhang stehenden Verrichtung und der schädigenden Einwirkung ("haftungsbegründende Kausalität") und zwischen dieser und dem Eintritt der Erkrankung ("haftungsausfüllende Kausalität").

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit schädigenden Substanzen - d. h. solchen, die geeignet sind eine BK 1302 bzw. BK 1317 hervorzurufen - ausgesetzt war. Tetrachlorethen und Trichlorethan gehören zu den Halogenkohlenwasserstoffen (BK 1302) und sind auch neurotoxische Lösungsmittel (BK 1317). Eine BK 1317 scheidet aus, da keine Encephalopathie oder Polyneuropathie nachgewiesen ist. Auch eine BK 1302 ist zu verneinen, da ein Zusammenhang der Erkrankungen des Klägers mit der Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen nicht wahrscheinlich gemacht werden kann.

Eine Polyneuropathie liegt nicht vor. Selbst der Kläger geht - wohl auf Grund der Ausführungen von Prof. Dr. H. in dessen Gutachten - davon aus, dass eine solche nicht vorliegt. Dies wird außer von Prof. Dr. H. von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Le. und Dr. K. bestätigt.

Das Vorliegen einer Encephalopathie ist nicht nachgewiesen. Der Senat folgt den Ausführungen von Prof. Dr. Le., Dr. K., Prof. Dr. Me. und Prof. Dr. von B ...

Der aktuelle medizinisch-wissenschaftliche Kenntnisstand zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Encephalopathie diagnostiziert und ursächlich auf die berufliche Einwirkung organischer Lösungsmittel oder deren Gemische zurückgeführt werden kann, ist dokumentiert im BK-Report 2-2007 "BK 1317 - Polyneuropathie oder Encephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische", 2. Auflage, September 2007, Stand März 2007 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, auf den sich auch der Kläger beruft und wird so im Wesentlichen auch von Prof. Dr. Le. angegeben. Danach wird als Encephalopathie eine nicht entzündliche Erkrankung oder Schädigung des Gehirns unterschiedlicher Genese bezeichnet. Das Krankheitsbild der toxischen Encephalopathie unterscheidet sich bezüglich der wesentlichen Symptome nicht von anderen Encephalopathieformen. Kernsymptome sind: Verminderte Konzentrationsfähigkeit, Merkschwäche, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen, Persönlichkeitsveränderungen oft mit Antriebsarmut, erhöhte Reizbarkeit, Affektstörungen sowie eine außergewöhnliche Ermüdbarkeit oder rasche Erschöpfbarkeit. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. So hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass es bereits am Nachweis kognitiver Leistungsdefizite fehlt. Dies zeigt sich insbesondere im Ergebnis der neuropsychologischen Untersuchung des Klägers durch den Dipl.-Psych. Sche. am 29.05.2002. Danach zeigt der neuropsychologische Befund keine gravierenden Defizite im Denkvermögen (Intelligenz), in der Aufmerksamkeit, in den Exekutivfunktionen und in der Psychomotorik. Die Gedächtnisleistungen werden vielmehr insgesamt als durchschnittlich bis überdurchschnittlich eingestuft. Aufgetreten ist lediglich eine Störanfälligkeit des verbalen Gedächtnisses und eine geringfügige Verlangsamung der einfachen Reaktionszeiten. Gegen eine beim Kläger bestehende kognitive Funktionsstörung des Gehirns spricht auch das Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung durch Prof. Dr. von B. Es zeigt, dass beim Kläger keine Konzentationsstörung vorliegt und auch die rezeptiv visuelle Reproduktion als komplexe Leistung der Wahrnehmung des Gedächtnisses in der Wiedergabe nicht gestört ist. Typische Zeichen organisch bedingter affektiver Störungen sind nicht dokumentiert. So hat der den Kläger behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. im Arztbrief vom 09.12.1996 berichtet, dass im EEG keine pathologischen Veränderungen der hirnelektrischen Aktivität, auch keine Vigilanzschwankungen zu sehen sind. Auch das anlässlich der stationären Behandlung des Klägers vom 20.05. bis 26.05.1997 im RKU gefertigte EEG zeigte einen Normalbefund (Arztbrief vom 02.10.1997), ebenso das von Prof. Dr. Me. gefertigte EEG (Gutachten vom 15.12.1998). Auch bei der Untersuchung durch Dr. K. stellte sich ein normales altersentsprechendes Alpha-EEG dar.

Auch neuroradiologisch bestehen keine Zeichen affektiver Störungen. So war das während des stationären Aufenthalts im RKU vom 20.05. bis 26.05.1997 gefertigte MRT des Schädels unauffällig und ergab insbesondere keinen Hinweis auf eine entzündliche ZNS-Erkrankung. Auch das von Prof. Dr. Me. gefertigte MRT des Schädels ergab einen Normalbefund, ebenso wie jenes von PD Dr. Kr. Prof. Dr. Le. hat überzeugend darauf hingewiesen, dass beim Kläger bereits die klinischen Untersuchungen die Diagnose einer Encephalopathie nicht sichern können, sondern für ein anderes Krankheitsbild sprechen und dass der Krankheitsverlauf - nämlich die Tatsache, dass toxische Encephalopathien in der Regel noch während des Expositionszeitraums auftreten - lediglich ergänzend einbezogen wird. Im Übrigen stellen weder Dr. K. noch Prof. Dr. Me. und Prof. Dr. von B. auf das Auftreten, die Fortdauer bzw. Verschlechterung der Symptome ab. Auf Grund der Vielzahl der Symptome ohne organische Ursache hat deshalb auch Prof. Dr. Le. für den Senat überzeugend die Diagnose einer Somatisierungsstörung gestellt, die in keinem ursächlichen Zusammenhang mit beruflichen Lösungsmittelbelastungen steht.

Nicht zu überzeugen vermögen den Senat die Ausführungen von Prof. Dr. H ... Er hat beim Kläger das Vorliegen einer Encephalopathie Schweregrad II B diagnostiziert und das Vorliegen einer BK 1317 bejaht. Bei einem Schweregrad II B liegen ausgeprägte und dauerhafte Persönlichkeitsveränderungen, zunehmende Merk- und Konzentrationsschwäche, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag, Affektlabilität, ein Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen sowie leichte neurologische Befunde wie Tremor, Ataxie und andere Koordinationsstörungen vor. Derartige neurologische Befunde werden von Prof. Dr. H. in seinem Gutachten nicht beschrieben und die geforderten psychischen Störungen liegen wie oben bereits ausgeführt ebenfalls nicht vor. Prof. Dr. H. stützt seine Auffassung insbesondere auf eine beim Kläger vorliegende Reduktion der Dopamin-2-Rezeptoren im Hirnstamm, auf eine Perfusionsstörung des Cerebrums und der Zentralregion sowie auf Entzündungszeichen mit Verminderung der Abwehrlage. Hierzu hat Prof. Dr. Le. darauf hingewiesen, dass die auf Grund einer SPECT-Untersuchung von Dr. M. diagnostizierte und von Prof. Dr. H. übernommene Diagnose einer verminderten Dichte der dopaminergen D2-Rezeptoren in den Basalganglien mit linksseitiger Betonung nicht den Rückschluss auf das Vorliegen einer Encephalopathie zulässt, da die SPECT-Hirnstamm-Rezeptorszintigraphie insbesondere zu wissenschaftlichen Studien verwendet wird, um z. B. ein idiopathisches Parkinson-Syndrom von einer sogenannten Multisystematrophie vom striatonigralen Typ zu differenzieren. Insbesondere lassen beobachtete Auffälligkeiten bei einer SPECT-Untersuchung in der Regel keine spezifische Diagnosestellung zu. Auch die weiteren von Dr. M. durchgeführten Untersuchungsverfahren, deren Ergebnisse Prof. Dr. H. übernommen hat, wie etwa diverse laborchemische Untersuchungen, sind nicht geeignet die Diagnose einer Encephalopathie zu sichern. Standardmäßig wird die Diagnose Encephalopathie - so überzeugend Prof. Dr. Le. - durch eine testpsychologische Untersuchung und den begleitenden klinischen Befund gesichert. Schließlich weist Prof. Dr. Le. darauf hin, dass die von Prof. Dr. H. erwähnte Publikation von M., L. und Finger (1997) gravierende wissenschaftliche Mängel aufweist, die keinerlei fundierte Aussagen zulassen und diese Publikation zwischenzeitlich weder international adäquat veröffentlicht noch in der medizinischen Wissenschaft anerkannt ist.

Nicht überzeugend sind für den Senat weiter die Ausführungen von Dr. M. in dessen Attest vom 25.03.1999 und in der Beurteilung vom 23.02.2000, denn Prof. Dr. Le. hat in seinem Gutachten vom 20.03.2003 darauf hingewiesen, dass die von Dr. M. durchgeführten Untersuchungsverfahren (Typ IV - Allergie-Testung, SPECT-Untersuchung, laborchemische Untersuchungen, augenärztliche Untersuchung unter Exposition mit m-Xylol) nicht geeignet sind die Diagnose einer Encephalopathie zu sichern. Diese wird vielmehr - wie bereits oben ausgeführt - durch eine testpsychologische Untersuchung und den begleitenden klinischen Befund gesichert. Deshalb sind auch die von Prof. Dr. H. zur Stützung seiner Auffassung herangezogenen pathologischen Immunparameter für den Nachweis einer Encephalopathie bzw. einer toxischen Encephalopathie nicht ausschlaggebend.

Beim Kläger liegt auch keine BK 1302 vor. Die beim Kläger von Prof. Dr. Le. und Dr. K. diagnostizierte erhebliche Befindlichkeitsstörung im Sinne eines chronischen Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom auf Grund einer somatoformen Störung, die intermittierend auftretende Verminderung der Lidtraktionsgeschwindigkeit links, die Doppelbildangabe bei Blick geradeaus und die dekompensierte Exophorie sind nicht mit Wahrscheinlichkeit auf eine Beeinflussung durch Halogenkohlenwasserstoffe zurückzuführen, wobei mit Prof. Dr. Le. von einer längerfristigen MAK-Wertüberschreitung für die Stoffe Tetrachlorethen und 1,1,1-Trichlorethan ausgegangen wird. Halogenkohlenwasserstoffe werden - wie Prof. Dr. Le. überzeugend ausgeführt hat - vorwiegend über die Atemwege, zum Teil auch über die Haut aufgenommen. Bei direkter Einwirkung auf Haut- und Schleimhäute können lokale Reizwirkungen auftreten. Einige Halogenkohlenwasserstoffe können zu Störungen im zentralen Nervensystem führen. Trichlorethan wird vor allem über den Respirationstrakt aufgenommen. Bei längerem Hautkontakt kann es zu vorübergehenden Hautirritationen und Erythemen im Kontaktbereich kommen. Bei Kontakt von Trichlorethandämpfen zu den Augen bzw. dem Atemtrakt sind akut Irritationen bis hin zum toxischen Lungenödem möglich. Eine Aufnahme einer größeren Menge über den Gastrointestinaltrakt oder die Lunge kann zu einer meist vorübergehenden akuten Funktionsstörung des zentralen Nervensystems mit dosisabhängigen Symptomen wie Kopfschmerzen, Koordinationsstörungen, Gleichgewichtsstörungen, Benommenheit, Trunkenheitsgefühl, Müdigkeit, Schwindel, Schweißausbrüchen, leichten Wahrnehmungsstörungen, Einschränkung des Kurzzeit-Gedächtnisses, Schläfrigkeit, Koma und Stupor führen. Typischerweise sind diese Beschwerden wenige Stunden nach der Exposition abgeklungen. Bei einer chronischen Exposition sind Beschwerden wie z. B. Kopfschmerzen, Alkoholunverträglichkeit, Missempfindungen in Form von Kribbeln und Taubheitsgefühlen der Haut, Kreislaufbeschwerden, Geruchsbelästigung, Nervosität und Rauschzustände möglich. Diese Beschwerden können wenige Stunden nach Exposition abklingen, persistieren jedoch nicht selten mehrere Tage lang. Weiterhin ist bei chronischer Einwirkung eine Hautentfettung möglich, auch können Herzrhythmusstörungen auftreten. Organische Dauerschäden als Folge einer chronischen Einwirkung von Trichlorethan sind bisher nicht bekannt geworden. Tetrachlorethen wird überwiegend über die Lunge und die Haut aufgenommen und nur zu einem sehr geringen Teil zu Trichloressigsäure metabolisiert, die über den Urin ausgeschieden wird. Der überwiegende Teil wird unverändert über die Lunge abgeatmet, zwischenzeitlich aber im Fettgewebe gespeichert. Bei exzessivem Kontakt zu Tetrachlorethen werden überwiegend Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem beobachtet. Hierbei variieren die reversiblen Symptome von Kopfschmerzen, Schwindel, Unkonzentriertheit bis zu Bewusstlosigkeit. Vereinzelt wird über Leber- und Nierenschäden, Haut- und Schleimhautirritationen berichtet. Nach langjähriger chronischer Exposition oberhalb der gültigen Grenzwerte wird von Exponierten über Konzentrations-, Merkfähigkeits- und Affektstörungen geklagt. Auch werden von einem Teil der Exponierten über gastrointestinale Beschwerden, Schwindelgefühl, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Interessenverluste, Störungen der Feinmotorik, Schwerhörigkeit und Muskelschwäche geklagt. Ein Anstieg des arteriellen Blutdrucks, sowie Leber- und Lungenveränderungen werden in chronisch Tetrachlorethen-belasteten Kollektiven nachgewiesen. Dass beim Kläger keine Störung im zentralen Nervensystem vorliegt wurde bereits oben im Zusammenhang mit dem etwaigen Vorliegen einer BK 1317 ausgeführt. Beim Kläger sind zwar - wie dies bei chronischer Exposition gegenüber Trichlorethan möglich ist - Kopfschmerzen und Kreislaufbeschwerden aufgetreten, jedoch hat der Kläger nicht über Missempfindungen in Form von Kribbeln und Taubheitsgefühlen der Haut und auch nicht über eine Hautentfettung geklagt und Prof. Dr. Me. hat keine Herzrhythmusstörungen nachweisen können. Kopfschmerzen und Kreislaufstörungen sind jedoch weit verbreitete Erkrankungen und lassen allein noch nicht auf die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen schließen. Auch die nach langjähriger chronischer Exposition von Tetrachlorethen häufig auftretenden Symptome sind beim Kläger nur zu einem geringen Teil vorhanden. So hat der Kläger bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Me. angegeben, er habe keine Paraesthesien. Dass Konzentrations-, Merkfähigkeits- und Affektstörungen beim Kläger nicht vorliegen wurde bereits oben ausgeführt. Wenn der Kläger weiter bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Me. über ein "flaues Gefühl im Magen" geklagt hat, so lässt dies noch nicht auf gastrointestinale Beschwerden schließen, zumal die Gastroskopie einen Normalbefund ergeben hat. Weiter hat die Untersuchung durch Prof. Dr. Me. auch keinen Anstieg des arteriellen Blutdrucks sowie Leber- und Lungenveränderungen ergeben. Er hat in seinem Gutachten die vom Kläger geklagten Leber- und Lungenveränderungen nicht festgestellt. Er hat vielmehr eine normale Lungenfunktion beschrieben und die Laborbefunde haben keine Leberschädigung ergeben.

Der Senat geht daher mit Prof. Dr. Le. auf Grund der Vielzahl der vom Kläger geschilderten Symptome, eben weil sie sich internistisch, neurologisch und psychologisch sowie radiologisch nicht als Organleiden objektivieren lassen, von einer somatoformen und damit nicht auf die in Rede stehenden Einwirkungen rückführbare Störung als Ursache der geschilderten Beschwerden aus. Auch Prof. Dr. H. hat lediglich das Vorliegen einer BK 1317 und nicht das einer BK 1302 bejaht.

Eine weitere Sachaufklärung hält der Senat nicht für erforderlich. Den vom Kläger zuletzt gestellten Antrag nach § 109 SGG auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. H. lehnt der Senat ab. Prof. Dr. H. hat sich in seinem Gutachten vom 13.08.2004 auf über 70 Seiten ausführlich mit den Erkrankungen des Klägers bzw. deren Ursache auseinandergesetzt und das Vorliegen einer toxischen Encephalopathie und damit einer BK 1317 bejaht. Ihm haben dabei die von der Beklagten eingeholten Gutachten und die Sachverständigengutachten, die das Sozialgericht eingeholt hat, vorgelegen und er hat sich damit ausführlich auseinandergesetzt. Der Kläger hat nicht dargelegt, welche darüber hinausgehenden Erkenntnisse eine Stellungnahme von Prof. Dr. H. erbringen soll. Soweit er sich zu seinem Antrag durch die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 21.01.2008 veranlasst gesehen hat, ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausführungen keine weiteren Erkenntnisse sondern im Wesentlichen eine Zusammenfassung und Würdigung der bisherigen, Prof. Dr. H. bekannten Sachaufklärung enthalten. Nicht zutreffend ist die Behauptung des Klägers, in der Vorinstanz seien nach dem Gutachten von Prof. Dr. H. weitere Gutachten eingeholt worden. Tatsächlich ist Prof. Dr. H. der letzte Sachverständige gewesen, den das Sozialgericht gehört hat.

Soweit der Kläger zur Begründung einer toxischen Encephalopathie ein nervenärztliches Gutachten mit psychometrischer Testung nach § 109 SGG beantragt, lehnt der Senat auch dies ab. Zum einen hat der Kläger diesen Antrag unter einer inhaltlich nicht näher erläuterten und für den Senat nicht nachvollziehbaren Bedingung gestellt ("ggf."), zum anderen hat er keinen Sachverständigen benannt. Ohnehin hat der Kläger mit dem Gutachten von Prof. Dr. H. sein Antragsrecht nach § 109 SGG verbraucht. Zwar hat Prof. Dr. H. ein "internistisch-umweltmedizinisches" Gutachten erstellt, während der Kläger nun "ggf." ein nervenärztliches Gutachten wünscht. Er hat sich aber trotz neurologischem Schwerpunkt der diagnostischen Abklärung einer von ihm behaupteten Encephalopathie für Prof. Dr. H. entschieden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Saved