Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 11/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 R 162/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a R 76/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. wurde zurückgenommen
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.08.2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht die Altersrente (AR) des Klägers für die Monate August und November 2005 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze neu berechnet hat und die Erstattung von 752,40 EUR verlangen kann.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezog ab Vollendung des 60. Lebensjahres AR wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind oder die berufsunfähig oder erwerbsunfähig sind. Mit Bescheid vom 28.7.2004 war der monatliche Zahlbetrag dieser Rente ab 1.7.2004 auf 1134,20 EUR festgesetzt worden. Dieser Bescheid enthielt u.a. den Hinweis darauf, dass die Hinzuverdienstgrenze 1/7 der monatlichen Bezugsgröße - bei Beginn der laufenden Zahlung 345,00 EUR - betrage.
Zwischen Juni und November 2005 wurde der Kläger bedarfsweise als so genannter Abendhausmeister (Vertretung nach Bedarf) im Rathaus der Stadt C beschäftigt. Im Juni 2005 wurde er an zwei Tagen eingesetzt und erhielt dafür 152,66 EUR, vom 22.8 bis 3.9.2005 arbeitete an sieben Tagen und erhielt dafür insgesamt 725,90 EUR, wovon 408,95 EUR auf den Monat August und 309,83 EUR auf den Monat September 2005 entfielen. Im November 2005 wurde der Kläger zwischen dem 5.11. und 30.11.2005 an 10 Arbeitstagen eingesetzt und erhielt dafür 630,15 EUR. In den Monaten Juli und Oktober 2005 kam es zu keinem Arbeitseinsatz des Klägers.
Nachdem die Beklagte von der Beschäftigung des Klägers erfahren hatte, holte sie eine Auskunft von der Stadt C1 ein. Mit Bescheid vom 29.5.2006 (abgesandt am 14.6.2006) berechnete sie die AR des Klägers neu. In der Anlage 10 zu diesem Bescheid " Ergänzende Begründungen und Hinweise" führte sie aus: Der Rentenbescheid vom 28.7.2004 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1.8.2005 nach § 48 SGB X aufgehoben; die entstandene Überzahlung in Höhe von 752,40 EUR (Anlage eins) sei vom Kläger nach § 50 SGB X zu erstatten. Die zweimalige im Jahr zulässige Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen könne im Einzelfall des Klägers für die Monate August und November 2005 nicht angewandt werden. Von der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens könne immer dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Hinzuverdienst die maßgeblich Hinzuverdienstgrenze des Vormonats überschreite. Maßgebend könne eine Hinzuverdienstgrenze nur dann sein, wenn auch im Vormonat tatsächlich ein im Rahmen des § 34 Abs. 2 SGB VI zu berücksichtigender Hinzuverdienst - unabhängig von dessen Höhe - vorhanden sei. Das sei beim Kläger in den Monaten Juli und Oktober 2005 nicht der Fall gewesen. Somit liege ein unzulässiges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen vor.
Dagegen erhob der Kläger am 19.7.2006 Widerspruch und machte geltend: Er halte die Kürzung der Rente nicht für zutreffend; ein zweimaliges Überschreiten der Mindestverdienstgrenze sei unschädlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück: Bescheidkorrektur und Rückforderung seien aus § 48 und § 50 SGB X gerechtfertigt. Dem Kläger habe in den Monaten August und November 2005 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze lediglich die AR in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente zugestanden. Auf Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen. Ein atypischer Fall, der eine Ermessensausübung erforderlich machen würde, liege nicht vor.
Mit der am 15.01.2007 beim Sozialgericht Köln (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, es liege ein unschädliches zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze vor. Außerdem könne er für sich Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, weil die gesetzliche Regelung äußerst kompliziert sei und er sich auf die korrekte Lohnabrechnung durch seine Arbeitgeberin habe verlassen dürfen.
Das SG hat mit Urteil vom 10.8.2007 den Bescheid vom 29.5.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Da der Kläger die Hinzuverdienstgrenze lediglich in den Monaten August 2005 sowie November 2005 überschritten habe, profitiere er von der Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI und habe somit Anspruch auf die AR in voller Höhe. Für die Auffassung der Beklagten, wonach die Regelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI nur Anwendung finden könne, wenn ein Rentenbezieher auch in den jeweiligen Vormonaten - also den Monaten, die dem Monat, in indem er die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, vorausgegangen sind - ein Hinzuverdienst erzielt haben müsse, gebe es weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung oder Literatur eine Grundlage.
Die Auffassung der Beklagten würde auch zu systemwidrigen Konsequenzen führen. Zum einen dürfte nämlich nach der Auffassung der Beklagten ein Rentenbezieher im ersten Monat seiner Nebenbeschäftigung niemals ein Verdienst erzielen, welcher über der Hinzuverdienstgrenze liegt. Zum anderen hätte die Auffassung der Beklagten zur Folge, dass derjenige, der mindestens vier Monate in einem jeden Jahr hinzu verdient und dabei in zwei Monaten die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, besser gestellt wäre als derjenige, der lediglich in zwei Monaten in einem jeden Jahr hinzu verdient habe und dabei die Hinzuverdienstgrenze ebenso überschreitet. Dass dies von dem Gesetzgeber gewollt sein könnte, sei nicht ersichtlich.
Gegen das ihr am 30.8.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.9.2007 Berufung eingelegt. Sie meint, aus Sinn und Zweck der Regelung und dem von ihr angenommenen so genannten Vormonats-Prinzip, welches durch die Rechtsprechung des BSG anerkannt sei, folge, dass die Nichtberücksichtigung des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten nur im Ausnahmefall dann in Betracht komme, wenn ein Hinzuverdienst die im Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschreite. Deshalb könne ein unschädliches Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im ersten Monat der Beschäftigung nie möglich sein. Die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze bedeute keine generelle "Freischussmöglichkeit".
Die Beklagte beantragt,
Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.8.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Weshalb ein Verdienst, der zufällig im ersten Monat der Beschäftigung zur Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze führe, anders zu beurteilen sein solle, als eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze im zweiten Monat der Beschäftigung, sei nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Zutreffend hat das SG den Bescheid vom 29.5.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 15.12.2006 aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig. Zu Unrecht hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nach § 48 SGB X den AR-Bescheid vom 28.7.2004 hinsichtlich der Rentenhöhe teilweise aufgehoben und die AR in den Monaten August und November 2005 lediglich als Teilrente geleistet. Der Kläger hat auch in den genannten Monaten Anspruch auf die AR als Vollrente, so dass auch keine Überzahlung eingetreten ist und kein Rückforderungsanspruch der Beklagten besteht.
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).
Ein Anspruch auf eine AR besteht gemäß § 34 Abs. 2 S. 1 SGB VI vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird (negative Anspruchsvoraussetzung). Grundsätzliches Ziel dieser Hinzuverdienstgrenze ist es zu verhindern, dass der Versicherte durch Rente und Hinzuverdienst ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann als vor dem Rentenbezug (vgl. BT-Drucksache 13/2590 S. 20). Die Hinzuverdienstgrenze wird nach Satz 2 nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die Hinzuverdienstgrenze bei einer AR als Vollrente betrug im Jahre 2005 gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI 350 EUR (1/7 der monatlichen Bezugsgröße), bei einer AR als Teilrente das 23,3 fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahr vor Beginn der ersten AR, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten. Im Falle des Klägers ist sie von der Beklagten für die streitige Zeit zutreffend mit 768,83 EUR berechnet worden.
In den Monaten August und November 2005 hat das Arbeitsentgelt des Klägers die Hinzuverdienstgrenze einer AR als Vollrente überschritten. Hierdurch wird indes keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X bedingt, weil gemäß § 34 Abs. 2 S. 2 zweiter Halbsatz ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die zitierten Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes sind nach dem Wortlaut der Vorschrift erfüllt. Im Kalenderjahr 2005 hat der Kläger die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze lediglich in den beiden Kalendermonaten August und November überschritten. Weder Wortlaut der Vorschrift noch Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien (vgl. Fraktionsentwurf-RRG zu § 34 in BT-Drucks 11/4124 S 161; siehe dazu auch Niesel in Kasseler Kommentar, § 34 SGB VI RdNr 20; Klattenhoff in Hauck, SGB VI, § 34 RdNr 11 Fußnote 37) geben eine Handhabe für die von der Beklagten gewählte einschränkende Auslegung. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in den Monaten August und November 2005 hat deshalb auch hier außer Betracht zu bleiben und kann deshalb keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X begründen.
Dem Versuch der Rentenversicherungsträger, den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 2 S. 2 , zweiter Halbsatz SGB VI einzuengen, ist das BSG bereits im Urteil vom 31.1.2002 ( B 13 RJ 33/01 R = SozR 3-2600 § 34 Nr.4) überzeugend entgegengetreten. Danach ist es der Verwaltung nicht gestattet, solange das Gesetz ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen bis zum Doppelten durch Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen vorsieht, diese Möglichkeit nur auf abhängig Beschäftigte und bei diesen nur auf den Hinzuverdienst durch Sonderzahlungen zu beschränken. Wie ferner bereits das LSG Baden-Württemberg in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 24.8.2007 ( L 4 R 5630/06 ( Blatt 9 des Umdrucks)) zutreffend ausgeführt hat, stellt der Wortlaut des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI ebenso wenig darauf ab, dass ein Überschreiten nur dann möglich sei, wenn auf eine maßgebliche Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden könne.
Der erkennende Senat lässt insoweit offen, ob dem Urteil des BSG vom 6.2.2007 ( B 8 KN 3/06 R = SozR 4-2600 § 96a Nr 9) zu folgen ist, wonach die auch hier streitige Vergünstigung, in zwei Monaten des Kalenderjahres trotz Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze keine (weitere) Rentenminderung hinnehmen zu müssen, bei gleich bleibenden Einkünften nicht in Anspruch genommen werden könne. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nämlich nicht vor, weil das Arbeitseinkommen des auf Abruf tätig gewordenen Klägers ein schwankendes war. Soweit das BSG im Urteil vom 6.2.2007 (aaO) das von den Rentenversicherungsträgern geschaffene so genannte " Vormonatsprinzip" aufgreift, lassen die Ausführungen des BSG die von der Beklagten gezogenen Schlüsse jedenfalls nicht zu. Das BSG führt unter Randziffer 32 der Entscheidung aus: "Wird die im jeweiligen Vormonat unterschrittene Grenze im Laufe des Jahres erstmals überschritten und das Doppelte dieser Grenze eingehalten, wird ihm (dem Versicherten) die Rente in derselben Höhe auch für diesen Monat weitergezahlt und die erste Möglichkeit des privilegierten Überschreitens verbraucht. " Das BSG stellt - entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes - auf das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats ab. Eine gesetzliche Hinzuverdienstgrenze besteht aber unabhängig davon, ob überhaupt ein Hinzuverdienst erzielt wird. Die Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR bestand im Juli 2005 und wurde, weil kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, ebenso eingehalten wie bei jedem Arbeitsentgelt zwischen Null EUR und dem genannten Grenzbetrag, und wurde im August 2005 erstmals vom Arbeitseinkommen des Klägers überschritten. Die Beklagte macht dagegen aus dem Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze ein Überschreiten des Hinzuverdienstes des Vormonats und folgert daraus, dass im Vormonat ebenfalls ein Hinzuverdienst erzielt worden sein müsse. In der Konsequenz dieser Annahme der Beklagten würde im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst ein Überschreiten immer den Anspruch auf die Vollrente mindern oder entfallen lassen (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O. m.w.N.). Ein so verstandenes Vormonatsprinzip lässt sich aber weder aus der gesetzliche Regelung noch aus der Entscheidung des BSG vom 6.2.2007 (aaO) herleiten (vgl. zur Kritik am "Vormonatsprinzip" auch Cirsovius, ZFSH/SGB 2007, 648,654; ders., in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Rentenversicherung, § 34 SGB VI Anm. 3.1.2).
Die Beklagte konnte auch keinen Wertungsgesichtspunkt anführen, der für ihre Auslegung hätte sprechen können. Sie verweist, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon spricht, "im Einzelfall des Klägers könne die zweimal im Jahr zulässige Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen nicht angewandt werden" eher lapidar auf die Konsequenz einer von ihr bzw. den Rentenversicherungsträgern entwickelten, aber nicht im Gesetz angelegten Kasuistik. Mit welcher sachlichen Rechtfertigung - außer einer von der Beklagten verlangten Konkordanz mit ihrer Kasuistik - der Kläger in den Monaten August und November 2005 keinen Anspruch auf die Vollrente gehabt haben soll, weil er zufällig in den jeweiligen Vormonaten kein Arbeitsentgelt erzielt hat, erschließt sich nicht. Es zeigt sich vielmehr, dass gerade beim Kläger, der nicht nach exakter vorheriger Festlegung sondern nach Bedarf der Arbeitgeberin und auf Abruf tätig geworden ist, ein Fall nicht zu planenden und schwankenden Hinzuverdienstes gegeben ist, dem die Überschreitungsregelung des § 34 Abs. 2 SGB VI Rechnung tragen sollte. Dass das Nichterzielen von Hinzuverdienst in den Vormonaten nach der Auffassung der Beklagten zur Rentenminderung oder zum Rentenwegfall in den Folgemonaten führen würde, wäre mithin keine zufällige und deshalb möglicherweise hinzunehmende Konsequenz einer allgemeinen und nicht jeden Fall gleich befriedigend lösenden gesetzlichen Regelung in einem atypischen Fall, sondern allein Folge der restriktiven Auslegung der Beklagten. Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes ist das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze, wie oben ausgeführt, auch im Falle des Klägers unbeachtlich.
Weil erst durch die vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung der Beklagten eine Ungleichbehandlung gegenüber einem vergleichbaren Rentenempfänger eintreten würde, der auch in den Monaten vor den beiden Überschreitungen der Hinzuverdienstgrenze erzielt hat, würde die Auslegung der Beklagten zur Überzeugung des Senats nicht nur zu einer der Beklagten nicht zustehenden Korrektur des Gesetzes (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31.1.2002 a.a.O. ) sondern auch zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 GG) führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zu Recht die Altersrente (AR) des Klägers für die Monate August und November 2005 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze neu berechnet hat und die Erstattung von 752,40 EUR verlangen kann.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezog ab Vollendung des 60. Lebensjahres AR wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte anerkannt sind oder die berufsunfähig oder erwerbsunfähig sind. Mit Bescheid vom 28.7.2004 war der monatliche Zahlbetrag dieser Rente ab 1.7.2004 auf 1134,20 EUR festgesetzt worden. Dieser Bescheid enthielt u.a. den Hinweis darauf, dass die Hinzuverdienstgrenze 1/7 der monatlichen Bezugsgröße - bei Beginn der laufenden Zahlung 345,00 EUR - betrage.
Zwischen Juni und November 2005 wurde der Kläger bedarfsweise als so genannter Abendhausmeister (Vertretung nach Bedarf) im Rathaus der Stadt C beschäftigt. Im Juni 2005 wurde er an zwei Tagen eingesetzt und erhielt dafür 152,66 EUR, vom 22.8 bis 3.9.2005 arbeitete an sieben Tagen und erhielt dafür insgesamt 725,90 EUR, wovon 408,95 EUR auf den Monat August und 309,83 EUR auf den Monat September 2005 entfielen. Im November 2005 wurde der Kläger zwischen dem 5.11. und 30.11.2005 an 10 Arbeitstagen eingesetzt und erhielt dafür 630,15 EUR. In den Monaten Juli und Oktober 2005 kam es zu keinem Arbeitseinsatz des Klägers.
Nachdem die Beklagte von der Beschäftigung des Klägers erfahren hatte, holte sie eine Auskunft von der Stadt C1 ein. Mit Bescheid vom 29.5.2006 (abgesandt am 14.6.2006) berechnete sie die AR des Klägers neu. In der Anlage 10 zu diesem Bescheid " Ergänzende Begründungen und Hinweise" führte sie aus: Der Rentenbescheid vom 28.7.2004 werde hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1.8.2005 nach § 48 SGB X aufgehoben; die entstandene Überzahlung in Höhe von 752,40 EUR (Anlage eins) sei vom Kläger nach § 50 SGB X zu erstatten. Die zweimalige im Jahr zulässige Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen könne im Einzelfall des Klägers für die Monate August und November 2005 nicht angewandt werden. Von der Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens könne immer dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Hinzuverdienst die maßgeblich Hinzuverdienstgrenze des Vormonats überschreite. Maßgebend könne eine Hinzuverdienstgrenze nur dann sein, wenn auch im Vormonat tatsächlich ein im Rahmen des § 34 Abs. 2 SGB VI zu berücksichtigender Hinzuverdienst - unabhängig von dessen Höhe - vorhanden sei. Das sei beim Kläger in den Monaten Juli und Oktober 2005 nicht der Fall gewesen. Somit liege ein unzulässiges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen vor.
Dagegen erhob der Kläger am 19.7.2006 Widerspruch und machte geltend: Er halte die Kürzung der Rente nicht für zutreffend; ein zweimaliges Überschreiten der Mindestverdienstgrenze sei unschädlich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück: Bescheidkorrektur und Rückforderung seien aus § 48 und § 50 SGB X gerechtfertigt. Dem Kläger habe in den Monaten August und November 2005 wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze lediglich die AR in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente zugestanden. Auf Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen. Ein atypischer Fall, der eine Ermessensausübung erforderlich machen würde, liege nicht vor.
Mit der am 15.01.2007 beim Sozialgericht Köln (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat die Ansicht vertreten, es liege ein unschädliches zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze vor. Außerdem könne er für sich Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, weil die gesetzliche Regelung äußerst kompliziert sei und er sich auf die korrekte Lohnabrechnung durch seine Arbeitgeberin habe verlassen dürfen.
Das SG hat mit Urteil vom 10.8.2007 den Bescheid vom 29.5.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2006 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Da der Kläger die Hinzuverdienstgrenze lediglich in den Monaten August 2005 sowie November 2005 überschritten habe, profitiere er von der Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI und habe somit Anspruch auf die AR in voller Höhe. Für die Auffassung der Beklagten, wonach die Regelung des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI nur Anwendung finden könne, wenn ein Rentenbezieher auch in den jeweiligen Vormonaten - also den Monaten, die dem Monat, in indem er die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, vorausgegangen sind - ein Hinzuverdienst erzielt haben müsse, gebe es weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung oder Literatur eine Grundlage.
Die Auffassung der Beklagten würde auch zu systemwidrigen Konsequenzen führen. Zum einen dürfte nämlich nach der Auffassung der Beklagten ein Rentenbezieher im ersten Monat seiner Nebenbeschäftigung niemals ein Verdienst erzielen, welcher über der Hinzuverdienstgrenze liegt. Zum anderen hätte die Auffassung der Beklagten zur Folge, dass derjenige, der mindestens vier Monate in einem jeden Jahr hinzu verdient und dabei in zwei Monaten die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, besser gestellt wäre als derjenige, der lediglich in zwei Monaten in einem jeden Jahr hinzu verdient habe und dabei die Hinzuverdienstgrenze ebenso überschreitet. Dass dies von dem Gesetzgeber gewollt sein könnte, sei nicht ersichtlich.
Gegen das ihr am 30.8.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26.9.2007 Berufung eingelegt. Sie meint, aus Sinn und Zweck der Regelung und dem von ihr angenommenen so genannten Vormonats-Prinzip, welches durch die Rechtsprechung des BSG anerkannt sei, folge, dass die Nichtberücksichtigung des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze in zwei Monaten nur im Ausnahmefall dann in Betracht komme, wenn ein Hinzuverdienst die im Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze überschreite. Deshalb könne ein unschädliches Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im ersten Monat der Beschäftigung nie möglich sein. Die Möglichkeit des zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze bedeute keine generelle "Freischussmöglichkeit".
Die Beklagte beantragt,
Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.8.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Weshalb ein Verdienst, der zufällig im ersten Monat der Beschäftigung zur Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze führe, anders zu beurteilen sein solle, als eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze im zweiten Monat der Beschäftigung, sei nicht nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
Zutreffend hat das SG den Bescheid vom 29.5.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 15.12.2006 aufgehoben, denn diese sind rechtswidrig. Zu Unrecht hat die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nach § 48 SGB X den AR-Bescheid vom 28.7.2004 hinsichtlich der Rentenhöhe teilweise aufgehoben und die AR in den Monaten August und November 2005 lediglich als Teilrente geleistet. Der Kläger hat auch in den genannten Monaten Anspruch auf die AR als Vollrente, so dass auch keine Überzahlung eingetreten ist und kein Rückforderungsanspruch der Beklagten besteht.
Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3).
Ein Anspruch auf eine AR besteht gemäß § 34 Abs. 2 S. 1 SGB VI vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird (negative Anspruchsvoraussetzung). Grundsätzliches Ziel dieser Hinzuverdienstgrenze ist es zu verhindern, dass der Versicherte durch Rente und Hinzuverdienst ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann als vor dem Rentenbezug (vgl. BT-Drucksache 13/2590 S. 20). Die Hinzuverdienstgrenze wird nach Satz 2 nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die Hinzuverdienstgrenze bei einer AR als Vollrente betrug im Jahre 2005 gemäß § 34 Abs. 3 SGB VI 350 EUR (1/7 der monatlichen Bezugsgröße), bei einer AR als Teilrente das 23,3 fache des aktuellen Rentenwerts (§ 68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 - 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahr vor Beginn der ersten AR, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten. Im Falle des Klägers ist sie von der Beklagten für die streitige Zeit zutreffend mit 768,83 EUR berechnet worden.
In den Monaten August und November 2005 hat das Arbeitsentgelt des Klägers die Hinzuverdienstgrenze einer AR als Vollrente überschritten. Hierdurch wird indes keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X bedingt, weil gemäß § 34 Abs. 2 S. 2 zweiter Halbsatz ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die zitierten Voraussetzungen des zweiten Halbsatzes sind nach dem Wortlaut der Vorschrift erfüllt. Im Kalenderjahr 2005 hat der Kläger die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze lediglich in den beiden Kalendermonaten August und November überschritten. Weder Wortlaut der Vorschrift noch Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Gesetzgebungsmaterialien (vgl. Fraktionsentwurf-RRG zu § 34 in BT-Drucks 11/4124 S 161; siehe dazu auch Niesel in Kasseler Kommentar, § 34 SGB VI RdNr 20; Klattenhoff in Hauck, SGB VI, § 34 RdNr 11 Fußnote 37) geben eine Handhabe für die von der Beklagten gewählte einschränkende Auslegung. Das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in den Monaten August und November 2005 hat deshalb auch hier außer Betracht zu bleiben und kann deshalb keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X begründen.
Dem Versuch der Rentenversicherungsträger, den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 2 S. 2 , zweiter Halbsatz SGB VI einzuengen, ist das BSG bereits im Urteil vom 31.1.2002 ( B 13 RJ 33/01 R = SozR 3-2600 § 34 Nr.4) überzeugend entgegengetreten. Danach ist es der Verwaltung nicht gestattet, solange das Gesetz ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen bis zum Doppelten durch Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen vorsieht, diese Möglichkeit nur auf abhängig Beschäftigte und bei diesen nur auf den Hinzuverdienst durch Sonderzahlungen zu beschränken. Wie ferner bereits das LSG Baden-Württemberg in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 24.8.2007 ( L 4 R 5630/06 ( Blatt 9 des Umdrucks)) zutreffend ausgeführt hat, stellt der Wortlaut des § 34 Abs. 2 S. 2 SGB VI ebenso wenig darauf ab, dass ein Überschreiten nur dann möglich sei, wenn auf eine maßgebliche Hinzuverdienstgrenze des Vormonats zurückgegriffen werden könne.
Der erkennende Senat lässt insoweit offen, ob dem Urteil des BSG vom 6.2.2007 ( B 8 KN 3/06 R = SozR 4-2600 § 96a Nr 9) zu folgen ist, wonach die auch hier streitige Vergünstigung, in zwei Monaten des Kalenderjahres trotz Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze keine (weitere) Rentenminderung hinnehmen zu müssen, bei gleich bleibenden Einkünften nicht in Anspruch genommen werden könne. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nämlich nicht vor, weil das Arbeitseinkommen des auf Abruf tätig gewordenen Klägers ein schwankendes war. Soweit das BSG im Urteil vom 6.2.2007 (aaO) das von den Rentenversicherungsträgern geschaffene so genannte " Vormonatsprinzip" aufgreift, lassen die Ausführungen des BSG die von der Beklagten gezogenen Schlüsse jedenfalls nicht zu. Das BSG führt unter Randziffer 32 der Entscheidung aus: "Wird die im jeweiligen Vormonat unterschrittene Grenze im Laufe des Jahres erstmals überschritten und das Doppelte dieser Grenze eingehalten, wird ihm (dem Versicherten) die Rente in derselben Höhe auch für diesen Monat weitergezahlt und die erste Möglichkeit des privilegierten Überschreitens verbraucht. " Das BSG stellt - entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes - auf das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze des Vormonats ab. Eine gesetzliche Hinzuverdienstgrenze besteht aber unabhängig davon, ob überhaupt ein Hinzuverdienst erzielt wird. Die Hinzuverdienstgrenze von 350 EUR bestand im Juli 2005 und wurde, weil kein Arbeitsentgelt erzielt wurde, ebenso eingehalten wie bei jedem Arbeitsentgelt zwischen Null EUR und dem genannten Grenzbetrag, und wurde im August 2005 erstmals vom Arbeitseinkommen des Klägers überschritten. Die Beklagte macht dagegen aus dem Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze ein Überschreiten des Hinzuverdienstes des Vormonats und folgert daraus, dass im Vormonat ebenfalls ein Hinzuverdienst erzielt worden sein müsse. In der Konsequenz dieser Annahme der Beklagten würde im Monat des Rentenbeginns bzw. im Monat des erstmaligen oder erneuten Zusammentreffens von Rente und Hinzuverdienst ein Überschreiten immer den Anspruch auf die Vollrente mindern oder entfallen lassen (vgl. LSG Baden-Württemberg a.a.O. m.w.N.). Ein so verstandenes Vormonatsprinzip lässt sich aber weder aus der gesetzliche Regelung noch aus der Entscheidung des BSG vom 6.2.2007 (aaO) herleiten (vgl. zur Kritik am "Vormonatsprinzip" auch Cirsovius, ZFSH/SGB 2007, 648,654; ders., in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Rentenversicherung, § 34 SGB VI Anm. 3.1.2).
Die Beklagte konnte auch keinen Wertungsgesichtspunkt anführen, der für ihre Auslegung hätte sprechen können. Sie verweist, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon spricht, "im Einzelfall des Klägers könne die zweimal im Jahr zulässige Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen nicht angewandt werden" eher lapidar auf die Konsequenz einer von ihr bzw. den Rentenversicherungsträgern entwickelten, aber nicht im Gesetz angelegten Kasuistik. Mit welcher sachlichen Rechtfertigung - außer einer von der Beklagten verlangten Konkordanz mit ihrer Kasuistik - der Kläger in den Monaten August und November 2005 keinen Anspruch auf die Vollrente gehabt haben soll, weil er zufällig in den jeweiligen Vormonaten kein Arbeitsentgelt erzielt hat, erschließt sich nicht. Es zeigt sich vielmehr, dass gerade beim Kläger, der nicht nach exakter vorheriger Festlegung sondern nach Bedarf der Arbeitgeberin und auf Abruf tätig geworden ist, ein Fall nicht zu planenden und schwankenden Hinzuverdienstes gegeben ist, dem die Überschreitungsregelung des § 34 Abs. 2 SGB VI Rechnung tragen sollte. Dass das Nichterzielen von Hinzuverdienst in den Vormonaten nach der Auffassung der Beklagten zur Rentenminderung oder zum Rentenwegfall in den Folgemonaten führen würde, wäre mithin keine zufällige und deshalb möglicherweise hinzunehmende Konsequenz einer allgemeinen und nicht jeden Fall gleich befriedigend lösenden gesetzlichen Regelung in einem atypischen Fall, sondern allein Folge der restriktiven Auslegung der Beklagten. Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes ist das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze, wie oben ausgeführt, auch im Falle des Klägers unbeachtlich.
Weil erst durch die vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung der Beklagten eine Ungleichbehandlung gegenüber einem vergleichbaren Rentenempfänger eintreten würde, der auch in den Monaten vor den beiden Überschreitungen der Hinzuverdienstgrenze erzielt hat, würde die Auslegung der Beklagten zur Überzeugung des Senats nicht nur zu einer der Beklagten nicht zustehenden Korrektur des Gesetzes (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31.1.2002 a.a.O. ) sondern auch zu einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 GG) führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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