L 3 AL 2138/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 190/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2138/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi).

Der 1942 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 15.06.2001 Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran erhielt er mit Unterbrechungen wegen Arbeitsaufnahme (01.09.2001 bis 30.11.2001) und Krankheitszeiten Alhi, ab 16.06.2001 zunächst nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1220,- DM (Bescheid vom 04.07.2001). Ab dem 24.01.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alhi nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 620,- EUR (Bescheid vom 30.01.2002), ab dem 16.06.2002 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 610,- EUR (Bescheid vom 05.07.2002) und ab dem 16.06.2003 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 595,- EUR (Bescheid vom 28.05.2003).

Gegen die Absenkung des Bemessungsentgelts ab 16.06.2003 erhob der Kläger Widerspruch, den er damit begründete, dass ihm im November 2001, als er die Erklärung zur Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe unter erleichterten Voraussetzungen für ältere Arbeitslose unterschrieben habe, Bestandschutz (Vertrauensschutz) zugesichert worden sei. Bestandsschutz ergebe sich auch aus dem Merkblatt für Arbeitslose, Stand April 2003, Seite 44 Ziff. b. Aus diesem Grund sei auch die Absenkung des Bemessungsentgelts um drei Prozent in den Jahren 2002 und 2003 bereits rechtswidrig gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass gemäß § 200 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) das Bemessungsentgelt für Alhi, das sich vor der Rundung ergebe, jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Alhi um drei Prozent abgesenkt werde. Das Bemessungsentgelt dürfe durch die Absenkung fünfzig Prozent der Bezugsgröße nicht unterschreiten. Die Absenkung des Bemessungsentgelts unterbleibe für die Dauer eines Jahres nach der erneuten Bewilligung der Alhi, wenn der Arbeitslose innerhalb des letzten Jahres vor der erneuten Bewilligung an einer vom Arbeitsamt geförderten, mindestens sechs Monate dauernden Maßnahme zur Förderung der Berufsausbildung oder der beruflichen Weiterbildung oder an einer von einem Rehabilitationsträger geförderten, mindestens sechs Monate dauernden Leistung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben erfolgreich teilgenommen habe, oder eine mindestens sechs Monate dauernde versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ununterbrochen ausgeübt habe. Der Anspruch des Klägers auf Alhi sei am 16.06.2001 entstanden. Am 16.06.2003 sei ein weiteres Jahr abgelaufen und das Bemessungsentgelt entsprechend § 200 SGB III abzusenken gewesen. Durch die Absenkung auf ein Bemessungsentgelt in Höhe von 595 EUR wöchentlich würden fünfzig Prozent der Bezugsgröße (274,62 EUR wöchentlich) nicht unterschritten. Im Jahr vor dem 16.06.2003 lägen auch keine der genannten Zeiten, die dazu führen würden, dass eine Absenkung nicht zu erfolgen habe, vor. Vor dem 16.06.2003 habe sich vor der Rundung ein Bemessungsentgelt von 612,25 EUR ergeben. Drei Prozent hiervon seien 18,37 EUR. Werde dieser Betrag vom ursprünglichen Betrag abgesetzt, verblieben 593,88 EUR, was gerundet zu einem wöchentlichen Entgelt von 595,- EUR wöchentlich führe. Hieraus ergebe sich der bewilligte wöchentliche Leistungssatz an Alhi von 184,24 EUR.

Ab dem 01.01.2004 betrug der wöchentliche Leistungssatz nach der ab diesem Tag in Kraft getretenen Leistungsentgeltverordnung 2004 188,44 EUR (Bescheid im Januar 2004). Mit Bescheid vom 23.01.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit Wirkung vom 22.01.2004 auf, da sich der Kläger ab 22.01.2004 in einem Kuraufenthalt befand. Ab 18.10.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld (Bescheid vom 18.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 28.02.2005).

Gegen den Bescheid vom 28.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2003 hat der Kläger am 02.01.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Bescheid sei auch wegen falscher Aufklärung rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Er wäre jederzeit bereit gewesen, an Maßnahmen im Sinne des § 200 Abs. 4 SGB III teilzunehmen, um den vollen Anspruch auf Alhi ungekürzt aufrecht zu erhalten. Mit der Unterzeichnung der Erklärung gemäß § 428 SGB III habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, entsprechende Leistungen zu beantragen. Hierauf sei er nicht hingewiesen worden. Vielmehr sei ihm zugesichert worden, dass er hinsichtlich der Höhe der Alhi dauerhaft bis zum Renteneintritt einem Alhi-Empfänger, welcher die Erklärung gemäß § 428 SGB III nicht abgebe, gleichgestellt sei. Im Übrigen sei die Regelung des § 200 Abs. 3 SGB III nicht mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 428 SGB III vereinbar. Mit der Möglichkeit, Alhi unter erleichterten Voraussetzungen zu beziehen, solle dem betroffenen älteren Arbeitslosen mit gerade nicht personen-, sondern vielmehr arbeitsmarktbezogenen schlechten Vermittlungschancen ein ungeminderter Alhi-Bezug ermöglicht werden. Abgesehen davon könne die Regelung des § 200 Abs. 3 SGB III, die erst zum 01.01.2003 in Kraft getreten sei, nicht auf Altfälle angewandt werden.

Die Beklagte hat dagegen vorgetragen, dass sich der Hinweis im vom Kläger zitierten Merkblatt auf Seite 44 auf § 133 SGB III beziehe. Durch diese Regelung habe ein Absinken des Bemessungsentgelt bei Personen verhindert werden sollen, die durch die Ausübung einer schlechter bezahlten Stelle einen neuen Anspruch erworben hätten. Hiervon zu unterscheiden sei die Regelung des § 200 Abs. 3 SGB III ab 01.01.2003 bzw. bis zu diesem Zeitpunkt die Regelung des § 201 SGB III. Danach sei das Bemessungsentgelt für die Alhi, das sich vor der Rundung ergebe, jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Alhi um drei Prozent abzusenken. Hierauf sei im erwähnten Merkblatt auf Seite 45 hingewiesen. Abgesehen davon habe der Kläger am 15.11.2001, als er die Erklärungen im Sinne des § 428 SGB III abgegeben habe, weder auf § 200 Abs. 4 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 noch auf die Vorgängervorschrift des § 201 Abs. 2 SGB III in der Fassung des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 hingewiesen werden können. Eine "falsche" Aufklärung sei deshalb nicht erfolgt. Die Bereitschaft, an einer Weiterbildungsmaßnahme teilzunehmen, verhindere nicht die Absenkung des Bemessungsentgelts. Auch die Übergangsregelungen der §§ 434d und 434g SGB III stützten die Rechtsauffassung des Klägers nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Die von der Beklagten vorgenommene Absenkung des Bemessungsentgelts um drei Prozent in Anwendung von § 200 Abs. 3 SGB 3 sei nicht rechtswidrig. Ein Tatbestand nach § 200 Abs. 4 SGB III, nach dem die Absenkung des Bemessungsentgelts unterbleibe, liege nicht vor. Auf einen Beratungsmangel der Beklagten könne sich der Kläger nicht berufen, denn die Erklärung im Sinne des § 428 SGB III habe er am 15.11.2001 zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bestimmungen des § 200 Abs. 3 und Abs. 4 SGB III noch nicht in Kraft getreten seien, abgegeben. Gleiches gelte für die erst mit Gesetz vom 10.12.2001 am 01.01.2002 in Kraft getretene Vorgängervorschrift des § 201 Abs. 2 SGB III. Die Übergangsregelungen der §§ 434d und g SGB III enthielten keinen Hinweis darauf, dass die genannten Absenkungsvorschriften im Falle des Bezugs von Arbeitsgeld bzw. Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III nicht anzuwenden seien. Der Hinweis des Klägers auf Seite 44 Buchst. d des Merkblattes für Arbeitslose beziehe sich auf § 133 SGB III. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 200 Abs. 3 SGB III bestünden nicht.

Hiergegen hat der Kläger am 25.05.2005 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Alhi sei, nachdem sie mittlerweile nur noch dann gewährt werde, wenn zuvor mindestens 12 Monate Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden seien und damit eine volle Anwartschaft auf den Bezug von Arbeitslosengeld erworben worden sei, eigentumsrechtlich geschützt. Zwar könne auch in eine vom Schutzbereich des Artikels 14 Grundgesetz (GG) umfasste Position eingegriffen werden. Der Gesetzgeber habe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit auch einen weiten Gestaltungsspielraum, jedoch habe er die Pflicht, das Gemeinwohlinteresse und das Interesse der von den Änderungen Betroffenen abzuwägen und einen gerechten Ausgleich ihrer Belange herbeizuführen. Dass diese Interessenabwägung für den Personenkreis, der Leistungen der Arbeitslosenversicherung unter den erleichterten Bedingungen in Anspruch genommen habe, vorgenommen worden sei, sei dem Gesetzgebungsverfahren nicht zu entnehmen. Das individuelle Fallmanagement sei für den Personenkreis, der sich auf Verpflichtungserklärung nach § 428 SGB III eingelassen habe, ausgeschlossen. Dieser werde von der Vermittlungsoffensive nicht begünstigt. Um für diese Vermittlungsoffensive mehr Mittel zur Verfügung zu haben und wegen der Ausweitung des zu fördernden Personenkreises auf ehemalige Sozialhilfeempfänger, möge die Einsparung von Mitteln durch die Absenkung bisheriger Ansprüche legitim erscheinen. Wenn jedoch ein Personenkreis von dem verfolgten Zweck der Neuregelung ausgeklammert bleibe, dann seien ihm gegenüber die damit verbundenen Einschnitte in das Leistungssystem nicht zu rechtfertigen. Auch habe der Gesetzgeber keine anderweitigen Erwägungen in Betracht gezogen, um die finanziellen Einbußen für diesen Personen zu mindern. Da der Personenkreis, der sich auf eine Verpflichtungserklärung nach § 428 SGB III eingelassen habe, seinen Lebensunterhalt nur noch nach dem Existenzminimum ausrichten könne und ihm ein selbstbestimmtes Leben weitgehend erschwert werde, werde diesem auch eine übermäßige und unzumutbare Belastung aufgebürdet.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. April 2005 aufzuheben, den Bescheid vom 28. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2003 und den Bescheid der Beklagten "im Januar 2004" abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 16. Juni 2003 Arbeitslosenhilfe nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 610,- Euro zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Alhi für die Zeit vom 16.06.2003 bis 21.01.2004.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 28.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.12.2003 und der Folgebescheid vom "Januar 2004" über die Bewilligung von Alhi, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens wurde. Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte eine Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) getroffen, wonach vorliegend in den rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten ist, dass unter Berücksichtigung des sich aus dem Anpassungsfaktor (drei Prozent) ergebenden neuen Bemessungsentgelts ein neuer Zahlbetrag ergibt. Die Änderung beruht auf § 200 Abs. 3 SGB III (in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, in Kraft ab 01.01.2003). Danach wird gemäß Satz 1 der Vorschrift das Bemessungsentgelt für die Alhi, das sich vor der Rundung ergibt, jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Alhi um drei Prozent abgesenkt und gemäß Satz 2 der Vorschrift darf das Bemessungsentgelt durch die Absenkung nicht fünfzig Prozent der Bezugsgröße unterschreiten.

Die Beklagte ist für die dem Kläger ab 16.06.2003 zustehende Alhi zu Recht von einem niedrigerem Bemessungsentgelt in Höhe von 595,- EUR ausgegangen. Das Bemessungsentgelt von 595,- EUR ist richtig errechnet und nach Aufrundung richtig festgestellt und auch ansonsten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der neue Zahlbetrag der Alhi unrichtig ermittelt worden wäre. Dies wird auch vom Kläger nicht vorgetragen.

Unbestrittenermaßen liegen beim Kläger auch die Voraussetzungen des § 200 Abs. 4 SGB III, wonach die Absenkung des Bemessungsentgeltes für die Dauer eines Jahres unterbleibt, wenn der Arbeitslose an einer mindestens sechsmonatigen Maßnahme teilgenommen hat oder eine mindestens sechs Monate dauernde versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, nicht vor.

Der Kläger hat auch unter Anwendung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs keinen Anspruch auf Gewährung höherer Alhi ohne Absenkung des Bemessungsentgeltes. Ein solcher Herstellungsanspruch hat folgende Voraussetzungen:

1. Der Sozialleistungsträger muss eine gesetzliche oder eine aus einem bestehenden So-zialrechtsverhältnis resultierende Verpflichtung verletzt haben, die ihm gerade gegenüber dem Antragsteller oblag, 2. die Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung - zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen - "ursächlich" einen Nachteil des Betroffenen bewirkt haben und 3. die verletzte Pflicht muss darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren.

Als weitere Einschränkung ist zu beachten, dass der Herstellungsanspruch nur in Fällen zum Tragen kommt, in denen der Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, also die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (BSG SozR 3-8835 § 2 Nr. 3; SozR 3-1200 § 14 Nr. 28). Hier fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung. Wie das SG und auch bereits die Beklagte ausgeführt haben, wurden § 200 Abs. 3 und 4 SGB III durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 an § 200 SGB III angefügt. In Kraft sind die Normen ab 01.01.2003. Die Vorgängervorschrift des § 200 Abs. 4 SGB III wurde durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001, in Kraft ab 01.01.2002, eingefügt. Diese Normen bestimmten erstmals, dass unter den dort genannten Voraussetzungen, eine Minderung des Anpassungsfaktors zu unterbleiben hat. Die Erklärung nach § 428 SGB III hat der Kläger am 15.11.2001 abgegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren weder § 201 Abs. 2 SGB III in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung noch § 200 Abs. 3 und Abs. 4 SGB III, in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung in Kraft. Sie lagen noch nicht einmal in Gesetzesform vor, weshalb die Beklagte den Kläger hierauf am 15.11.2001 noch gar nicht hinweisen konnte und sich deshalb durch den "unterlassenen" Hinweis keiner Pflichtverletzung schuldig machte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis auf Seite 44 Buchst. d des Merkblattes für Arbeitslose, Stand April 2003. Dieser Hinweis bezieht sich, wie sich aus dem angefügten Beispiel ergibt, auf § 133 SGB III und nicht auf § 428 SGB III.

Die Übergangsregelungen der §§ 434d und g SGB III sind, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, weshalb hierauf § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, nicht einschlägig.

Gegen die Absenkung des Bemessungsentgeltes gemäß § 200 Abs. 3 SGB III bestehen auch nach Auffassung des Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass ab dem 01.01.2000 nur noch solche Arbeitslose, die in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, Anspruch auf Alhi haben, doch ändert dies nichts daran, dass es sich bei der Alhi um eine Sozialleistung handelt, die aus Steuermitteln finanziert und die nur bei Bedürftigkeit des Antragstellers gewährt wird, weshalb der 11. Senat des BSG auch in der Entscheidung vom 05.06.2003 (B 11 AL 67/02 R in SozR 4-4300 § 434c Nr. 3) weiter daran festhält, dass der Anspruch auf Alhi nicht unter den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fällt. Die vom Kläger auf Artikel 14 GG gestützte Pflicht des Gesetzgebers bei der Alhi das Gemeinwohlinteresse und das Interesse der von den Änderungen Betroffenen abzuwägen und einen gerechten Ausgleich ihrer Belange herbeizuführen, hat deshalb nicht zu erfolgen. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, den Personenkreis, der eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hat, von der Absenkung des Bemessungsentgelts nach § 200 Abs. 3 SGB III auszunehmen.

Der Senat sieht in der Absenkung des Bemessungsentgeltes auch für den Personenkreis, der eine Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben hat, auch keinen Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist eine Verletzung des Vertrauensschutzes anzunehmen, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem Staatsbürger nicht zu rechnen hatte, den er also bei seinen Dispositionen nicht zu berücksichtigen brauchte (BVerfGE 14, 297 ff.). Alhi wird bereits seit dem 01.04.1996 turnusmäßig, rein rechnerisch-schematisch neu bemessen (§ 136 Abs. 2 b Arbeitsförderungsgesetz). Hiervon gab es bis zur Einführung des § 201 Abs. 2 SGB III durch das Job-AQTIV-G keine Ausnahme. Die Absenkung traf den Kläger deshalb nicht unvorbereitet. Neu ist lediglich, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Minderung des Anpassungsfaktors unterbleibt. Diese Regelung wurde jedoch - wie ausgeführt - erst zum 01.01.2002 eingeführt. Als der Kläger die Erklärung nach § 428 SGB III im November 2001 abgab, gab es diese Ausnahme noch nicht. Auf Vertrauen kann er sich deshalb nicht berufen. Im Übrigen stellt die Absenkung auch keinen entwertenden Eingriff dar. Sowohl § 201 Abs. 1 Satz 2 SGB III als auch § 200 Abs. 3 SGB III gewähren einen Anspruch auf einen Mindestbetrag. Das Arbeitsentgelt darf durch die Anpassung fünfzig Prozent der Bezugsgröße nicht unterschreiten. Zudem ist zu beachten, dass die Alhi ggf. um Sozialhilfe aufgestockt werden kann. Eine übermäßige und unzumutbare Belastung liegt deshalb nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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