L 3 P 6/99

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 4 P 6/96
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 P 6/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. November 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um Kostenerstattung für vom Kläger erbrachte Verhinderungspflege in Höhe von 2.164,25 DM.

Die Ehefrau des Klägers betrieb bis zum 31. Januar 1996 den ambulanten Pflegedienst K. Die Pflegeeinrichtung genoß Besitzstandsschutz nach § 73 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch (SGB XI). Zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers wurde am 31. August 1995 eine Vergütungsvereinbarung für ambulante Leistungen geschlossen. Seit dem 1. Februar 1996 ist der Kläger Inhaber des Pflegedienstes.

Die am 30. Juni 1905 geborene und am 9. März 1996 verstorbene bei der Beklagten versicherte Ka B erhielt von der Beklagten aufgrund eines Bescheides vom 11. August 1995 ab 1. April 1995 Kombinationsleistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Die Pflegesachleistung wurde zunächst durch die Diakonie-Sozialstation erbracht, die häusliche Pflege erfolgte durch den Sohn der Versicherten. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1995 zeigte der Kläger an, daß ab 3. Dezember 1995 der seiner Ehefrau gehörende ambulante Pflegedienst K die häusliche Pflege und ab 4. Dezember 1995 Verhinderungspflege durchführe. Am 12. Dezember 1995 beantragte die Versicherte sodann Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson für die Zeit vom 4. Dezember bis 8. Dezember 1995 wegen Krankenhausaufenthalts des sie pflegenden Sohnes. Mit Schreiben vom 4. Januar 1996 bat der Kläger um Überweisung von 2.800,00 DM für Leistungen bei Verhinderungspflege im Monat Dezember bei der Versicherten B. Für in der Zeit vom 4. bis 8. Dezember, 15., 22. und 29. Dezember 1995 geleistete häusliche Pflegehilfe stellte er der Beklagten mit Schreiben vom 4. Januar 1996 407,75 DM in Rechnung. Dieser Betrag wurde von der Beklagten auch beglichen. Mit Schreiben vom 14. Februar 1996 mahnte der Kläger die Zahlung der 2.800,00 DM für die Verhinderungspflege an. Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 22. Februar 1996 auf, die Verhinderungspflege nach den nachzuweisenden Leistungskomplexen abzurechnen. Eine pauschale Begleichung der 2.800,00 DM sei nicht möglich. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 24. Februar 1996 mit, sein Pflegedienst sei vom Sohn der Versicherten beauftragt worden, wegen eines Krankenhausaufenthaltes Tag und Nacht die Verhinderungspflege durchzuführen. Es seien in der Zeit vom 4. Dezember bis 8. Dezember 1995 104 Einsatzstunden geleistet worden. Dies ergebe einen Verhinderungspflegesatz von 26,92 DM pro Stunde.

Am 5. März 1996 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Schleswig Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe einen Vergütungsanspruch für die von seiner Einrichtung erbrachten Leistungen. Für die Höhe der Vergütung gebe es keine Tätigkeitsmerkmale. Die Leistungskomplexe fänden nur für Tätigkeiten Anwendung, die zusätzlich zu den Aufgaben des betreuenden Angehörigen erbracht würden. Für die Verhinderungspflege gebe es keine Grundlage für eine Tätigkeitszuordnung. Die von seiner Einrichtung erbrachten Leistungen hätten von jeder Privatperson erbracht werden können. Im Gegensatz zu einer solchen müsse er seinen Mitarbeitern jedoch Stundenlohn zahlen und dazu hohe Lohnnebenkosten, Kosten für Arbeitszeiten, für Arbeitsmaterialien und für ein Dienstfahrzeug finanzieren. Unter Berücksichtigung einer Nachtpauschale von 140,00 DM für 8 Stunden, wobei bei der Versicherten auch in der Nacht eine persönliche Betreuung erforderlich gewesen sei, und einer Tagesbetreuungszeit von 16 Stunden a 31,58 DM ergebe sich pro Tag und Nacht ein Satz von 645,28 DM. Für den Zeitraum vom 4. Dezember bis 8. Dezember mit 4 Nächten von insgesamt 32 Stunden und 72 Ta¬gesstunden zu 31,58 DM ergebe sich ein Gesamtbetrag von 2.913,76 DM. Es seien nur 2.800,00 DM in Rechnung gestellt worden, weil der abrechenbare Höchstbetrag überschritten gewesen sei. Entsprechende Rechnungen habe er auch für andere Pflegekassen erstellt, die von diesen ohne Beanstandung beglichen worden seien. Dazu hat der Kläger Schreiben der Barmer Ersatz-

kasse vom 16. April 1998 und der Deutschen Angestellten Krankenkasse vom 24. April 1998 zu den Akten gereicht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, für die geleistete Verhinderungspflege vom 4. bis zum 8. Dezember 1995 2.800,00 DM zu zahlen und entsprechend zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung gewesen, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, daß für die Versicherte Frau B jeweils 24 Stun¬den Verhinderungspflege erbracht worden seien. Dem stünden auch die Ausführungen des Gutachters des MDK im Gutachten vom 26. Juli 1995 hinsichtlich des Pflegebedarfs der Verstorbenen entgegen. Im Rahmen der Verhinderungspflege könnten nur solche Hilfeleistungen von der Pflegekasse bezahlt werden, die zu den anerkannten Verrichtungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung gehörten. Die nach dem Pflegeversicherungsgesetz berücksichtigungsfähigen Hilfeleistungen im Sinne des § 14 Abs. 4 SGB XI stünden gewissermaßen vor der großen Klammer der §§ 36 ff SGB XI. Allgemeine Beaufsichtigung und Betreuung seien also auch nicht im Rahmen der Verhinderungspflege zu berücksichtigen, was die Erstattungsmöglichkeit seitens der Pflegeklasse betreffe. Welche Leistungen von ihr der Beklagten zu erbringen seien, ergebe sich aus dem Rahmenvertrag zwischen den Pflegekassen und den zugelassenen Pflegeeinrichtungen, der im Inland unmittelbar verbindlich sei. Der Anspruch des Klägers werde dem Grunde nach nicht bestritten. Solange sich dieser aber aus welchen Gründen auch immer weigere, eine Abrechnung im Sinne des Rahmenvertrages und der bestehenden Vergütungsvereinbarung vorzulegen, sei sie zu keiner Zahlung bereit. Dazu hat sie den Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Schleswig-Holstein zu den Akten gereicht.

Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 26. Novem¬ber 1998 mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Nach dem Gesetzeswortlaut bestehe nur eine Verpflichtung der Pflegekasse für die Kostenübernahme einer notwendigen Ersatzpflege, so daß das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 29 SGB XI zu beachten sei. Gerade dieses Erfordernis mache es aber unumgänglich, die erbrachten Leistungen nachzuweisen, weil erst dann eine Überprüfung möglich sei, ob diese auch notwendig gewesen seien. Im vorliegenden Fall gelte dies um so mehr, als der Kläger neben der von ihm durchgeführten Verhinderungspflege im gleichen Zeitraum auch Sachleistungen mit den Leistungskomplexen große Morgentoilette, Umlagern/ Betten, Reinigen der Wohnung und zweimal wöchentlichem Einkaufen gemäß § 36 SGB XI erbracht und abgerechnet habe. Das Nebeneinander von Sachleistungen gemäß § 36 SGB XI und Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI sei zwar grundsätzlich möglich. Zu einer Berechnung doppelter Leistungen dürfe es jedoch nicht kommen. Zweifel an der Notwendigkeit bestünden auch im Hinblick auf die 24 Stunden am Tag durchgeführte Verhinderungspflege, insbesondere die während der Nachtzeit ununterbrochene Pflege. Zwar bestehe die Möglichkeit der Verhinderungspflege unabhängig von der Pflegestufe. Dies bedeute jedoch nicht, daß durch die Verhinderungspflege Leistungen außerhalb des Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung erbracht und erstattet verlangt werden könnten. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3 SGB XI sei nach den Gutachten des MDK nicht erforderlich gewesen, so daß eine 24-stündige Pflege allein schon unter dem zeitlichen As¬pekt das Maß des Notwendigen überschritten habe. Welche pflegerischen Leistungen der Kläger konkret erbracht habe, sei von ihm nicht nachgewiesen worden. Eine Verpflichtung zur Vorlage der erbrachten Leistungen ergebe sich einerseits unmittelbar aus § 105 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI, andererseits aus dem gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI geschlossenen Rahmenvertrag, der gemäß § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI für die Pflegekasse und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sei.

Gegen dieses dem Kläger am 2. Februar 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 1999 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Damit macht er geltend, aus dem Gutachten des MDK ergebe sich einerseits der rein pflegerische Bedarf der Verstorbenen sowie andererseits aber auch die Notwendigkeit der permanenten Anwesenheit der Pflegeperson. Im Falle der Verhinderungspflege sei also die 24-stündige Betreuung notwendig gewesen. Daß sich daraus zwangsläufig der Betrag von 2.800,00 DM errechne, bedürfe keiner besonderen Erläuterung. Auf Anforderung des Senats hat der Kläger das Frau B betreffende Pflegeprotokoll, das Dienstbuch einer Pflegeperson sowie den Dienstplan vom 2. bis 8. Dezember 1995 übersandt.

Die Beklagte hat auf Grund des vom Kläger vorgelegten Pflegeprotokolls anerkannt, daß im Rahmen der Verhinderungspflege Leistungen in Höhe von insgesamt 635,75 DM abzurechnen seien. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11. November 1999 bezug genommen. Der Kläger hat dies als Teilanerkenntnis ohne Anerkennung der Berechnungsgrundlage angenommen.

Der Kläger beantragt noch,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.164,20 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält insoweit das angefochtene Urteil für zutreffend.

Dem Senat haben die die verstorbene Versicherte betreffenden Akten der Beklagten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakten wird im übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Von dem Frau B behandelnden Arzt Dr. F hat der Senat die Auskunft vom 18. November 1999 eingeholt.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von aufgrund des angenommenen Teilanerkenntnisses nunmehr nur noch streitigen 2.164,25 DM verneint. Sein Urteil war deshalb zu bestätigen.

Zutreffend hat das Sozialgericht die nach § 54 Abs. 5 SGG erhobene echte Leistungsklage für zulässig erachtet. Denn Kläger und Beklagte stehen nicht in einem Subordinationsverhältnis, sondern sich gleichrangig gegenüber (vgl. Leitherer in Kasseler Kommentar, § 72 SGB XI Rz. 7). Zwar hat der Kläger mit der Beklagten keinen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich jedoch, daß die Pflegeeinrichtung Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3 SGB XI genießt, d.h. es gilt ein Versorgungsvertrag als abgeschlossen. Dementsprechend hat die Beklagte mit der Pflegeeinrichtung auch die Vergütungsvereinbarung vom 1. August 1995 geschlossen. Daraus resultiert nach § 72 Abs. 4 SGB XI der Vergütungsanspruch gegen die Beklagte, den der Kläger zutreffend ohne vorausgegangenen

Verwaltungsakt durch die Beklagte im Wege der echten Leistungsklage geltend macht.

Der Kläger ist auch aktiv legitimiert. Zwar war zum Zeitpunkt der Leistungserbringung noch seine Ehefrau Inhaberin des "ambu¬lanten Pflegedienstes Ärztehaus K ". Jedoch ist der Betrieb nach den glaubhaften Angaben des Klägers mit allen Rechten und Pflichten am 1. Februar 1996 auf ihn übergegangen. Dementsprechend wurden auch die Verträge mit der Beklagten auf ihn umgeschrieben, ohne daß es zu neuen Vertragsabschlüssen kam.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Daß die Voraussetzungen des § 39 SGB XI in der Fassung vom 1. April 1995 im Falle der verstorbenen Versicherten gegeben waren, ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig. Da die Versicherte Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI in Anspruch nahm, ist durch den Krankenhausaufenthalt des sie pflegenden Sohnes auch ein Verhinderungsfall eingetreten (vgl. dazu Leitherer aaO § 39 Rz. 11). Streitig ist allein die Höhe des Anspruchs. Nach § 39 Satz 1 SGB XI in der o.g. Fassung übernimmt die Pflegekasse die Kosten für eine Ersatzpflegekraft für längstens 4 Wochen je Kalenderjahr. Nach Satz 3 der Vorschrift dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall 2.800,00 DM im Kalenderjahr nicht überschreiten. Der Kläger als Träger einer Pflegeeinrichtung kann diesen Betrag jedoch nicht pauschal für eine rund um die Uhr durchgeführte Verhinderungspflege beanspruchen. Da nach § 73 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ein Versorgungsvertrag zwischen ihm und der Beklagten fingiert wird, ist er auch im übrigen an die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen gebunden. Zwar wurde der Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI erst am 11. Oktober 1996 rückwirkend ab 1. August 1995 geschlossen. Ob er für die Abrechnung der im Dezember 1995 erbrachten Leistungen Wirkungen entfalten kann, kann aber dahinstehen. Denn der Kläger bzw. seine Ehefrau hat am 31. August 1995 eine Vergütungsvereinbarung entsprechend § 89 Abs. 1 SGB XI mit der Beklagten geschlossen. Danach galten bis zum Abschluß eines Rahmenvertrages die Abrechnungsmodalitäten und Qualitätsanforderungen für die Krankenversicherung weiter, d.h. der Kläger mußte im Rahmen der ambulanten Pflege nach den insoweit geltenden Leistungskomplexen abrechnen, wie er es im übrigen im Falle der verstorbenen Versicherten auch getan hat. Die ambulanten Pflegeleistungen sind insoweit gleichbedeutend mit der häuslichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im Sinne von § 36 SGB XI (vgl. Gürtler in Kasseler Kommentar § 89 SGB XI Rz. 3) und umfassen die Hilfeleistungen bei den in § 14 genannten gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens. Dies muß nach Auffassung des Senats nicht nur für die häusliche Pflege, sondern auch im Rahmen der Verhinderungspflege gelten. Denn diese tritt an die Stelle der sonst geleisteten häuslichen Pflege und darf wie diese nach § 4 Abs. 3 SGB XI nur im notwendigen Umfang erbracht werden. Dies ist mittlerweile durch die Neufassung von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB XI klargestellt worden, wonach die Pflegekasse die Kosten einer "notwendigen" Ersatzpflege übernimmt. Diese Notwendigkeit kann aber nur dann festgestellt werden, wenn die Pflegeeinrichtung die erbrachten Leistungen nach § 105 Abs. 1 SGB XI im einzelnen aufzeichnet. Danach sind die an der Pflegeversorgung teilnehmenden Leistungserbringer verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen die von ihnen erbrachten Leistungen nach Art, Menge und Preis einschließlich des Tages und der Zeit der Leistung aufzuzeichnen (Nr. 1 der Vorschrift). Dies hat der Kläger eindeutig nicht getan, sondern zunächst pauschal 2.800,00 DM für die Verhinderungspflege abgerechnet. Auch die im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen (Pflegeprotokoll, auszugsweise Dienstbücher der Pflegepersonen sowie der Dienstplan) lassen die im einzelnen erbrachten Leistungen nicht erkennen. Zweifel an einer Pflegebedürftigkeit "rund um die Uhr" ergeben sich im übrigen aus der Auskunft des die verstorbene Versicherte seinerzeit behandelnden Arztes. Dieser hat ausgeführt, daß die Verstorbene soweit ihm, dem Arzt, erinnerlich in der Lage gewesen sei, allein im Hause zu bleiben. Die ständige Anwesenheit eine Aufsichtsperson sei nicht erforderlich gewesen. Im übrigen erhielt die Verstorbene auch keine Leistungen nach der Pflegestufe III. Dieser Frage brauchte der Senat letztlich aber nicht weiter nachzugehen, denn entsprechende Leistungen bei der Grundpflege auch nachts (vgl. dazu BSG vom 19. Februar 1998 B 3 P 7/97 R ) hat der Kläger weder nachgewiesen noch abgerechnet.

Zwar kann diese Auslegung des § 39 SGB XI dazu führen, daß im Falle einer Verhinderung der Pflegeperson der Pflegebedürftige nicht jedenfalls nicht auf Kosten der Pflegeversicherung wie üblich außerhalb des Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung betreut wird. Dies liegt aber in der Natur der Pflegeversicherung, bei der es sich um keine "Voll¬versicherung" handelt. Zur Frage der Berücksichtigung der allgemeinen Beaufsichtigung von geistig Behinderten hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, daß diese bei der Bestimmung des Pflegebedarfs außer Betracht bleiben müsse. Dies sei zwar nicht ohne weiteres sachgerecht, jedoch nicht verfassungswidrig. Eine entsprechende Änderung könne nicht durch die Rechtsprechung erfolgen, sondern obliege angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes dem Gesetzgeber (vgl. BSG vom 28.11.1998 B 3 P 2/98 R ). Gleiches muß nach Auffassung des Senats auch im Rahmen der Verhinderungspflege gelten, die wie bereits oben ausgeführt an die Stelle der häuslichen Pflege tritt. Damit wird nach Auffassung des Senats der Sinn und Zweck der Verhinderungspflege, nämlich einerseits eine Entlastung der Pflegeperson und andererseits die Vermeidung von stationärer Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (vgl. Leitherer, aaO § 39 SGB XI Rz. 2) auch nicht in ihr Gegenteil verkehrt. Ließe man eine pauschale Abrechnung rund um die Uhr zu, wäre der Anspruch wie im vorliegenden Fall innerhalb kürzester Zeit erschöpft. Die beabsichtige Entlastung der Pflegeperson könnte nicht eintreten. Ist diese nicht in der Lage, die gewünschte Betreuung anderweitig sicher zu stellen, bliebe zwar nur ein

vorübergehendes Überwechseln in teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI oder Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI. Die Entlastung der Pflegeperson wäre in diesem Fall jedoch gewährleistet.

Über den von der Beklagten anerkannten Betrag hinaus steht dem Kläger schon wegen der fehlenden Dokumentation kein weiterer Zahlungsanspruch zu. Seine Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Beklagte unverzüglich nach Vorlage des Pflegeprotokolls einen Teil des Anspruchs anerkannt hat, so daß eine Kostenbelastung insoweit unbillig wäre.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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