Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AL 62/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 114/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.09.2007 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes für Dezember 2004.
Sie meldete sich am 03.06.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Seit dem 01.02.1984 war die Klägerin bei der Fa. X & Co. KG in C als Angestellte in der CAD-Gradierung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig wegen Insolvenz der Arbeitgeberin am 01.07.2005 zum 30.10.2005 beendet. Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 wurde der Klägerin nicht gezahlt. Sie erhielt von der Beklagten Alg ab dem 01.07.2005 für 960 Tage in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 16,44 Euro auf der Basis eines täglichen Bemessungsentgelts von 52,12 Euro (Bescheid vom 19.07.2005). Hierbei berücksichtigte die Beklagte das der Klägerin von der damaligen Arbeitgeberin tatsächlich gezahlte Entgelt für die Zeit vom 01.07.2004 bis 30.06.2005.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.08.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, die Beklagte habe bei der Berechnung des Alg das Weihnachtsgeld für 2004 nicht berücksichtigt. Zwar habe sie das Weihnachtsgeld i. H. v. 1.281,00 Euro nicht erhalten. Ihren Anspruch darauf habe die ehemalige Arbeitgeberin jedoch anerkannt. Auf das ihr tariflich zustehende Weihnachtsgeld habe sie auch nicht verzichtet, sondern dies ihrer ehemaligen Arbeitgeberin lediglich gestundet. Ihr entsprechendes Schreiben an die ehemalige Arbeitgeberin vom 24.02.2005 fügte die Klägerin bei und führte ergänzend aus, sie habe rechtzeitig, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, die frühere Arbeitgeberin aufgefordert, das Weihnachtsgeld in der ihr zustehenden Höhe abzurechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2006, der Klägerin zugestellt am 06.03.2006, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das tariflich festgelegte Weihnachtsgeld sei im Dezember 2004 fällig gewesen. Es sei zwar an die Klägerin nicht ausgezahlt worden. Jedoch habe die frühere Arbeitgeberin mit Schreiben vom 02.08.2005 einen Anspruch auf Auszahlung ausdrücklich anerkannt. Das Weihnachtsgeld gelte jedoch erst dann als zugeflossen, wenn eine Auszahlung nur aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit der früheren Arbeitgeberin nicht erfolgt sei. Im Dezember 2004 sei die frühere Arbeitgeberin jedoch nicht zahlungsunfähig gewesen. Insolvenztag sei vielmehr der 01.07.2005 gewesen. Erst von diesem Zeitpunkt an könne von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden. Mithin beruhe die nicht erfolgte Auszahlung des Weihnachtsgeldes nicht auf einer Zahlungsunfähigkeit der früheren Arbeitgeberin, so dass sie, die Beklagte, den Alg-Anspruch der Klägerin richtig berechnet habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.04.2004 Klage erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes von 1.281,00 Euro zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ferner beantragt,
die Berufung zuzulassen.
Sie hat gemeint, das Weihnachtsgeld zu Recht bei der Bemessung des Alg nicht berücksichtigt zu haben. Es sei im Dezember 2004 fällig gewesen, aber nicht ausgezahlt worden. Laufendes Arbeitsentgelt für diesen Monat sei hingegen ausgezahlt worden. Offensichtlich habe sich zwar die frühere Arbeitgeberin der Klägerin in finanziellen Schwierigkeiten befunden. Gleichwohl habe aber noch keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Diese sei vielmehr erst dann gegeben, wenn der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, also wenn er die Lohn- und Gehaltszahlungen mit Hinweis auf die Insolvenz eingestellt habe. Dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin bei dem späteren Eintritt in die Insolvenz möglicherweise noch bestanden habe, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13.09.2007 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin höheres Alg unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes zu gewähren: Die Klägerin habe nicht auf das Weihnachtsgeld verzichtet, sondern dieses nur gestundet, was zum Hinausschieben der Fälligkeit führe. Zwar habe auch bei der Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 24.02.2005 nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Eine solche müsse aber für die Anwendbarkeit des § 131 Abs. 1 S. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ausreichen. Ansonsten würde die Klägerin für ihre Stundung zwecks Erhalt des Unternehmens bestraft. Dies könne jedoch nicht Sinn und Zweck der Regelung sein.
Gegen dieses ihr am 01.10.2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 18.10.2007 eingelegten Berufung. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse Zahlungsunfähigkeit die alleinige Ursache der unterbliebenen Zahlung sein. Sei hingegen die Zahlung auch oder zunächst aus anderen Gründen unterblieben und Zahlungsunfähigkeit erst später hinzu getreten, sei eine alleinige Ursächlichkeit zu verneinen. Vorliegend sei aber die Zahlungsunfähigkeit gerade nicht der alleinige Grund. Vielmehr sei das Weihnachtsgeld zunächst aufgrund der Stundungsvereinbarung nicht ausgezahlt worden. Zahlungsunfähigkeit habe auch nicht bereits im Dezember 2004 vorgelegen. Ansonsten hätte das Schreiben der IG Metall vom 01.12.2004, wonach die Geschäftsleitung die Jahressonderzahlung nicht habe auszahlen wollen und auf einen freiwilligen Verzicht setze, keinen Sinn ergeben. Im Übrigen hätte auch der Bankenpool die Kreditlinie ansonsten nicht erst im Mai 2005 gekündigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.09.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für richtig und meint, Zahlungsunfähigkeit habe bereits vor Januar 2005 vorgelegen. Ihre Auffassung meint sie auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) stützen zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der Beklagten - 000 - und der in Kopie auszugsweise vorliegenden Insolvenzakte des Amtsgerichts Münster - Az.: 70 IN 55/05 - Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts (SG) ist sie nicht verpflichtet, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes für 2004 zu gewähren. Vielmehr ist das Weihnachtsgeld bei der Bemessung des Alg nicht zu berücksichtigen.
Da das Weihnachtsgeld für 2004 der Klägerin nicht zugeflossen ist, ist es bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nur zu berücksichtigen, wenn es der Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers nicht zugeflossen ist (§ 131 Abs. 1 S. 2 Alternative 2 SGB III in der aufgrund Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003 [BGBl. 1, S. 2848] seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung). Die Zahlungsunfähigkeit muss die alleinige Ursache des unterbliebenen Zuflusses sein. Hierfür reicht eine Ursächlichkeit nach der im Sozialrecht herrschenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung nicht aus. Es genügt insbesondere nicht, dass die Zahlung zunächst - wie auch hier - aus anderen Gründen unterblieben und erst im weiteren Verlauf die Zahlungsunfähigkeit hinzu getreten ist (BSG, Urteil vom 08.02.2007, Az.: B 7a AL 28/06 R, Rn. 15, 17; BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 7 AL 54/05 R, Rn. 13-15; BSG, Urteil vom 05.12.2006, Az.: B 11a AL 43/05 R, Rn. 22, 24). Die-ser Rechtsprechung des BSG folgt der Senat. Die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin war gerade nicht die alleinige Ursache des unterbliebenen Zuflusses des Weihnachtsgeldes für 2004. Schon nach eigenem Vortrag hat die Klägerin das Weihnachtsgeld deshalb nicht zum Fälligkeitszeitpunkt - mit der Auszahlung für November 2004 - erhalten, weil sie es ihrem Arbeitgeber gestundet hatte. Sie hat überdies lediglich zur Wahrung ihrer Rechte ihren Arbeitgeber mit Schreiben vom 24.02.2005 aufgefordert, das Weihnachtsgeld "bei einer sich ergebenden Möglichkeit abzurechnen". Hierin ist eine Fortdauer der Stundung zu sehen. Damit war Zahlungsunfähigkeit gerade nicht - wie von § 131 Abs. 1 S. 2 Alternative 2 SGB III gefordert - die alleinige Ursache für die Nichtauszahlung des Weihnachtsgeldes. Zahlungsunfähigkeit ist vielmehr erst im Verlauf des Jahres 2005 zur zwischen Klägerin und Arbeitgeber vereinbarten Stundung des Weihnachtsgeldes für 2004 hinzu getreten.
Zahlungsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn eines der Insolvenzereignisse des § 183 Abs. 1 SGB III vorliegt, also Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse oder vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland bei offensichtlicher Masselosigkeit. Ferner ist Zahlungsunfähigkeit beim Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung des Arbeitgebers oder unter den Voraussetzungen des § 17 Insolvenzordnung - InSO - (Zahlungseinstellung oder die Unfähigkeit, fällige Zahlungsverpflichtung zu erfüllen) anzunehmen (Behrend in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, Rn. 59b zu § 131 SGB III).
Die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin ist jedoch nicht vor Mai 2005 eingetreten. So wurde der Insolvenzantrag erst am 13.05.2005 gestellt. An diesem Tag hat das Amtsgericht zunächst auch nur vorläufige Sicherungsmaßnahmen eingeleitet und das Insolvenzverfahren erst zum 01.07.2005 eröffnet. Die Betriebstätigkeit war Ende 2004 auch zumindest nicht vollständig eingestellt. Vielmehr wurde ausweislich des vom Amtsgericht Münster eingeholten Sachverständigengutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rechtsanwalt N, vom 27.06.2005 noch am 16.05.2005 mit dem Vorstand der Arbeitgeberin die vorläufige Fortführung des Betriebs besprochen (Seite 3). Nach diesem Gutachten, an dessen Richtigkeit der Senat keinerlei Zweifel hat, lag noch bei Erstellung des Jahresabschlusses für 2003/2004 - also Ende 2004 - keine Überschuldung im Sinne des § 19 InSO vor (Seite 10 f.). Selbst drohende Zahlungsunfähigkeit lag nach diesem Gutachten erst bei Stellung des Insolvenzantrages im Mai 2005 vor. Zahlungsunfähigkeit selbst war hingegen erst bei Erstellung des Gutachtens im Juni 2005 gegeben. Eine eidesstattliche Versicherung hat die Arbeitgeberin überdies nicht abgegeben.
Zahlungsunfähigkeit war deshalb frühestens im Mai 2005 eingetreten. Sie war auch nicht die alleinige Ursache für die Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes. Vielmehr war die ursprüngliche Ursache für dessen Nichtzahlung die Stundung des Weihnachtsgeldes durch die Klägerin.
Auch das von den Klägern zitierte Urteil des BGH vom 24.05.2005 (Az.: IX ZR 123/04) führt angesichts der eindeutigen, den Senat überzeugenden Ausführungen des im Insolvenzverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens zu keiner anderen Beurteilung des Zeitpunkts, in dem die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Somit hat die Beklagte bei der Berechnung des Alg das nicht gezahlte Weihnachtsgeld für 2004 zu Recht unberücksichtigt gelassen und auf dieser Grundlage den Anspruch der Klägerin korrekt berechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten höheres Arbeitslosengeld (Alg) unter Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes für Dezember 2004.
Sie meldete sich am 03.06.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Seit dem 01.02.1984 war die Klägerin bei der Fa. X & Co. KG in C als Angestellte in der CAD-Gradierung beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde arbeitgeberseitig wegen Insolvenz der Arbeitgeberin am 01.07.2005 zum 30.10.2005 beendet. Weihnachtsgeld für das Jahr 2004 wurde der Klägerin nicht gezahlt. Sie erhielt von der Beklagten Alg ab dem 01.07.2005 für 960 Tage in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 16,44 Euro auf der Basis eines täglichen Bemessungsentgelts von 52,12 Euro (Bescheid vom 19.07.2005). Hierbei berücksichtigte die Beklagte das der Klägerin von der damaligen Arbeitgeberin tatsächlich gezahlte Entgelt für die Zeit vom 01.07.2004 bis 30.06.2005.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.08.2005 Widerspruch ein. Sie machte geltend, die Beklagte habe bei der Berechnung des Alg das Weihnachtsgeld für 2004 nicht berücksichtigt. Zwar habe sie das Weihnachtsgeld i. H. v. 1.281,00 Euro nicht erhalten. Ihren Anspruch darauf habe die ehemalige Arbeitgeberin jedoch anerkannt. Auf das ihr tariflich zustehende Weihnachtsgeld habe sie auch nicht verzichtet, sondern dies ihrer ehemaligen Arbeitgeberin lediglich gestundet. Ihr entsprechendes Schreiben an die ehemalige Arbeitgeberin vom 24.02.2005 fügte die Klägerin bei und führte ergänzend aus, sie habe rechtzeitig, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, die frühere Arbeitgeberin aufgefordert, das Weihnachtsgeld in der ihr zustehenden Höhe abzurechnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2006, der Klägerin zugestellt am 06.03.2006, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das tariflich festgelegte Weihnachtsgeld sei im Dezember 2004 fällig gewesen. Es sei zwar an die Klägerin nicht ausgezahlt worden. Jedoch habe die frühere Arbeitgeberin mit Schreiben vom 02.08.2005 einen Anspruch auf Auszahlung ausdrücklich anerkannt. Das Weihnachtsgeld gelte jedoch erst dann als zugeflossen, wenn eine Auszahlung nur aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit der früheren Arbeitgeberin nicht erfolgt sei. Im Dezember 2004 sei die frühere Arbeitgeberin jedoch nicht zahlungsunfähig gewesen. Insolvenztag sei vielmehr der 01.07.2005 gewesen. Erst von diesem Zeitpunkt an könne von einer Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden. Mithin beruhe die nicht erfolgte Auszahlung des Weihnachtsgeldes nicht auf einer Zahlungsunfähigkeit der früheren Arbeitgeberin, so dass sie, die Beklagte, den Alg-Anspruch der Klägerin richtig berechnet habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 04.04.2004 Klage erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes von 1.281,00 Euro zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ferner beantragt,
die Berufung zuzulassen.
Sie hat gemeint, das Weihnachtsgeld zu Recht bei der Bemessung des Alg nicht berücksichtigt zu haben. Es sei im Dezember 2004 fällig gewesen, aber nicht ausgezahlt worden. Laufendes Arbeitsentgelt für diesen Monat sei hingegen ausgezahlt worden. Offensichtlich habe sich zwar die frühere Arbeitgeberin der Klägerin in finanziellen Schwierigkeiten befunden. Gleichwohl habe aber noch keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Diese sei vielmehr erst dann gegeben, wenn der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, also wenn er die Lohn- und Gehaltszahlungen mit Hinweis auf die Insolvenz eingestellt habe. Dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin bei dem späteren Eintritt in die Insolvenz möglicherweise noch bestanden habe, rechtfertige keine andere Beurteilung.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13.09.2007 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin höheres Alg unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes zu gewähren: Die Klägerin habe nicht auf das Weihnachtsgeld verzichtet, sondern dieses nur gestundet, was zum Hinausschieben der Fälligkeit führe. Zwar habe auch bei der Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 24.02.2005 nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorgelegen. Eine solche müsse aber für die Anwendbarkeit des § 131 Abs. 1 S. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ausreichen. Ansonsten würde die Klägerin für ihre Stundung zwecks Erhalt des Unternehmens bestraft. Dies könne jedoch nicht Sinn und Zweck der Regelung sein.
Gegen dieses ihr am 01.10.2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 18.10.2007 eingelegten Berufung. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse Zahlungsunfähigkeit die alleinige Ursache der unterbliebenen Zahlung sein. Sei hingegen die Zahlung auch oder zunächst aus anderen Gründen unterblieben und Zahlungsunfähigkeit erst später hinzu getreten, sei eine alleinige Ursächlichkeit zu verneinen. Vorliegend sei aber die Zahlungsunfähigkeit gerade nicht der alleinige Grund. Vielmehr sei das Weihnachtsgeld zunächst aufgrund der Stundungsvereinbarung nicht ausgezahlt worden. Zahlungsunfähigkeit habe auch nicht bereits im Dezember 2004 vorgelegen. Ansonsten hätte das Schreiben der IG Metall vom 01.12.2004, wonach die Geschäftsleitung die Jahressonderzahlung nicht habe auszahlen wollen und auf einen freiwilligen Verzicht setze, keinen Sinn ergeben. Im Übrigen hätte auch der Bankenpool die Kreditlinie ansonsten nicht erst im Mai 2005 gekündigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 13.09.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für richtig und meint, Zahlungsunfähigkeit habe bereits vor Januar 2005 vorgelegen. Ihre Auffassung meint sie auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) stützen zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der Beklagten - 000 - und der in Kopie auszugsweise vorliegenden Insolvenzakte des Amtsgerichts Münster - Az.: 70 IN 55/05 - Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts (SG) ist sie nicht verpflichtet, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung des Weihnachtsgeldes für 2004 zu gewähren. Vielmehr ist das Weihnachtsgeld bei der Bemessung des Alg nicht zu berücksichtigen.
Da das Weihnachtsgeld für 2004 der Klägerin nicht zugeflossen ist, ist es bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nur zu berücksichtigen, wenn es der Klägerin wegen Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers nicht zugeflossen ist (§ 131 Abs. 1 S. 2 Alternative 2 SGB III in der aufgrund Artikel 1 Nr. 71 des Gesetzes vom 23.12.2003 [BGBl. 1, S. 2848] seit dem 01.01.2005 geltenden Fassung). Die Zahlungsunfähigkeit muss die alleinige Ursache des unterbliebenen Zuflusses sein. Hierfür reicht eine Ursächlichkeit nach der im Sozialrecht herrschenden Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung nicht aus. Es genügt insbesondere nicht, dass die Zahlung zunächst - wie auch hier - aus anderen Gründen unterblieben und erst im weiteren Verlauf die Zahlungsunfähigkeit hinzu getreten ist (BSG, Urteil vom 08.02.2007, Az.: B 7a AL 28/06 R, Rn. 15, 17; BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 7 AL 54/05 R, Rn. 13-15; BSG, Urteil vom 05.12.2006, Az.: B 11a AL 43/05 R, Rn. 22, 24). Die-ser Rechtsprechung des BSG folgt der Senat. Die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin war gerade nicht die alleinige Ursache des unterbliebenen Zuflusses des Weihnachtsgeldes für 2004. Schon nach eigenem Vortrag hat die Klägerin das Weihnachtsgeld deshalb nicht zum Fälligkeitszeitpunkt - mit der Auszahlung für November 2004 - erhalten, weil sie es ihrem Arbeitgeber gestundet hatte. Sie hat überdies lediglich zur Wahrung ihrer Rechte ihren Arbeitgeber mit Schreiben vom 24.02.2005 aufgefordert, das Weihnachtsgeld "bei einer sich ergebenden Möglichkeit abzurechnen". Hierin ist eine Fortdauer der Stundung zu sehen. Damit war Zahlungsunfähigkeit gerade nicht - wie von § 131 Abs. 1 S. 2 Alternative 2 SGB III gefordert - die alleinige Ursache für die Nichtauszahlung des Weihnachtsgeldes. Zahlungsunfähigkeit ist vielmehr erst im Verlauf des Jahres 2005 zur zwischen Klägerin und Arbeitgeber vereinbarten Stundung des Weihnachtsgeldes für 2004 hinzu getreten.
Zahlungsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn eines der Insolvenzereignisse des § 183 Abs. 1 SGB III vorliegt, also Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse oder vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland bei offensichtlicher Masselosigkeit. Ferner ist Zahlungsunfähigkeit beim Vorliegen einer eidesstattlichen Versicherung des Arbeitgebers oder unter den Voraussetzungen des § 17 Insolvenzordnung - InSO - (Zahlungseinstellung oder die Unfähigkeit, fällige Zahlungsverpflichtung zu erfüllen) anzunehmen (Behrend in Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, Rn. 59b zu § 131 SGB III).
Die Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin ist jedoch nicht vor Mai 2005 eingetreten. So wurde der Insolvenzantrag erst am 13.05.2005 gestellt. An diesem Tag hat das Amtsgericht zunächst auch nur vorläufige Sicherungsmaßnahmen eingeleitet und das Insolvenzverfahren erst zum 01.07.2005 eröffnet. Die Betriebstätigkeit war Ende 2004 auch zumindest nicht vollständig eingestellt. Vielmehr wurde ausweislich des vom Amtsgericht Münster eingeholten Sachverständigengutachtens des vorläufigen Insolvenzverwalters, Rechtsanwalt N, vom 27.06.2005 noch am 16.05.2005 mit dem Vorstand der Arbeitgeberin die vorläufige Fortführung des Betriebs besprochen (Seite 3). Nach diesem Gutachten, an dessen Richtigkeit der Senat keinerlei Zweifel hat, lag noch bei Erstellung des Jahresabschlusses für 2003/2004 - also Ende 2004 - keine Überschuldung im Sinne des § 19 InSO vor (Seite 10 f.). Selbst drohende Zahlungsunfähigkeit lag nach diesem Gutachten erst bei Stellung des Insolvenzantrages im Mai 2005 vor. Zahlungsunfähigkeit selbst war hingegen erst bei Erstellung des Gutachtens im Juni 2005 gegeben. Eine eidesstattliche Versicherung hat die Arbeitgeberin überdies nicht abgegeben.
Zahlungsunfähigkeit war deshalb frühestens im Mai 2005 eingetreten. Sie war auch nicht die alleinige Ursache für die Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes. Vielmehr war die ursprüngliche Ursache für dessen Nichtzahlung die Stundung des Weihnachtsgeldes durch die Klägerin.
Auch das von den Klägern zitierte Urteil des BGH vom 24.05.2005 (Az.: IX ZR 123/04) führt angesichts der eindeutigen, den Senat überzeugenden Ausführungen des im Insolvenzverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens zu keiner anderen Beurteilung des Zeitpunkts, in dem die Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Somit hat die Beklagte bei der Berechnung des Alg das nicht gezahlte Weihnachtsgeld für 2004 zu Recht unberücksichtigt gelassen und auf dieser Grundlage den Anspruch der Klägerin korrekt berechnet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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