L 13 AL 1299/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 6772/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 1299/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 2. Mai bis 21. Juli 2002 sowie die Rückforderung des für diese Zeit geleisteten Alg sowie der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den 17. Juli bis zum 21. Juli 2002.

Der 1948 geborene Kläger war zuletzt vor dem hier maßgeblichen Zeitraum versicherungspflichtig als Kraftfahrer in der Zeit vom 1. Februar 2000 bis zum 19. Juni 2000 tätig. Er erhielt ein Bruttoarbeitsentgelt für Februar 2000 bis Mai 2000 in Höhe von monatlich 4.055,69 DM (entspricht 2.073,64 EUR) und für den 1. Juni bis zum 18. Juni 2000 in Höhe von 2.433,41 DM. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 30. November 2000. Ab 19. Juni 2000 bis 19. Februar 2001, vom 21. März 2001 bis 30. April 2001 sowie vom 1. September 2001 bis zum 30. September 2001 bezog er Krankengeld.

Der Kläger meldete sich zum 1. Oktober 2001 arbeitslos und beantragte mit Antrag vom 13. November 2001, in dem er den Erhalt des Merkblattes 1 bestätigte, Alg, das ihm ab dem 1. Oktober 2001 gewährt und bis Januar 2002 gezahlt wurde. Da er vom 21. Januar 2002 bis 17. März 2002 an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnahm, erhielt er für Februar 2002 Unterhaltsgeld in Höhe von 876,56 EUR und für die Zeit vom 1. März 2002 bis zum 17. März 2002 in Höhe von 532,44 EUR. Am 18. März 2002 beantragte er die Weiterzahlung von Alg bzw. die Gewährung von Anschlussunterhaltsgeld. Mit Bescheid vom 3. April 2002 wurde die Gewährung von Anschlussunterhaltsgeld abgelehnt. Mit Bescheid vom 4. April 2002 wurde Alg rückwirkend ab 18. März 2002 gewährt. Mit Schreiben vom 19. Juli 2002, bei der Beklagten eingegangen am 22. Juli 2002, teilte der Kläger mit, dass er ab dem 22. Juli 2002 wieder eine Arbeit als Kraftfahrer annehme. Es erfolgte daraufhin die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab dem 22. Juli 2002.

Am 28. Februar 2003 teilte das Zentralamt der Bundesanstalt für Arbeit die Überschneidung des Leistungsbezugs mit einer Beschäftigungszeit mit. Danach hatte der Kläger bereits ab dem 2. Mai 2002 bis zum 16. Juli 2002 eine Beschäftigung ausgeübt. Die Beklagte stellte daraufhin Ermittlungen bei der Arbeitgeberin, der D. GmbH Transport Logistik an, wonach der Kläger von Mai 2002 bis Juli 2002 (Mai und Juni 2002 jeweils 2.271,86 EUR brutto, Juli (1. bis 16. Juli 2002) 1.476,73 EUR brutto) insgesamt ein Arbeitsentgelt in Höhe von 6.020,35 EUR verzielt habe. Mit Schreiben vom 16. Juli 2003 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Aufhebung der Alg-Gewährung für die Zeit vom 2. Mai bis 21. Juli 2001 und die Rückforderung von Leistungen in Höhe von 2.540,16 EUR an. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg für die Zeit ab dem 2. Mai 2002 auf. Der Kläger habe 2.540,16 EUR Alg zu erstatten zzgl. Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 17. Juli bis 21. Juli 2002 in Höhe von zusammen 44,79 EUR. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug vor, er habe ordnungsgemäß Ende April 2002 dem Arbeitsamt L. persönlich mitgeteilt, dass er ab dem 2. Mai 2002 eine Arbeit habe. Hierbei habe er auch einen Antrag auf Übergangsgeld gestellt. Bis zum 21. Juli 2002 habe er vom Arbeitsamt Geld erhalten und sei in gutem Glauben gewesen, dass dies das beantragte Übergangsgeld gewesen sei. Zudem wundere es ihn, dass das Arbeitsamt erst über ein Jahr später die angeblich unrechtmäßigen Zahlungen einfordere. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2003 zurück.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt und am 10. Dezember 2003 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe ordnungsgemäß Mitte April 2002 in einem persönlichen Gespräch dem Arbeitsamt in L. mitgeteilt, dass er ab dem 2. Mai 2002 wieder Arbeit habe. Da er aber nicht sofort habe einen Vorschuss beantragen können, habe er um ein Übergangsgeld gebeten. Die Dame beim Arbeitsamt habe deshalb einen Antrag auf Zahlung eines Übergangsgeldes aufgenommen, der ihm dann auch genehmigt worden sei (siehe Zahlungen). Es sei sehr fragwürdig, warum dem Arbeitsamt erst nach über einem Jahr aufgefallen sei, dass er angeblich zu Unrecht Leistungen erhalten habe. Mit Urteil vom 27. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Gründen im Wesentlichen ausgeführt, eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen sei vorliegend durch die Aufnahme der Beschäftigung ab dem 2. Mai 2002 eingetreten, da hierdurch der Alg-Anspruch des Klägers entfallen sei. Die Arbeitslosigkeit entfalle bei Ausübung einer Tätigkeit von 15 Wochenstunden und mehr. Der Kläger habe unstreitig am 2. Mai 2002 eine über dieser Grenze liegende Beschäftigung aufgenommen, so dass er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos war. Gleichzeitig sei durch die Aufnahme dieser Beschäftigung von mehr als 15 Wochenstunden die Wirkung der nach § 122 SGB III erforderlichen Arbeitslosmeldung erloschen. Vorliegend könne offen bleiben, ob der Kläger die Aufnahme seiner Beschäftigung dem Arbeitsamt mitgeteilt habe, da die Arbeitslosmeldung jedenfalls dadurch erloschen sei, dass die Arbeitslosigkeit wegen der ausgeübten Tätigkeit mehr als 6 Wochen unterbrochen gewesen sei. Ein Anspruch auf Alg habe somit ab dem 2. Mai 2002 bis zum 21. Juli 2002 nicht mehr bestanden. Die Beklagte sei auch gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X berechtigt gewesen, die Bewilligung von Arbeitslosengeld aufzuheben. Sofern der Kläger die Aufnahme der Beschäftigung dem Arbeitsamt nicht mitgeteilt gehabt habe, sei er einer durch Rechtsvorschrift (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I) vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X), so dass die Beklagte aufgrund dieser Verletzung der Mitteilungspflicht zur Aufhebung der Leistung berechtigt gewesen sei. Jedenfalls aber wusste der Kläger bzw. wusste er nur deshalb, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe, nicht, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Es liege auf der Hand, dass kein Alg mehr gezahlt werden könne, wenn jemand nicht mehr arbeitslos sei. Sollte der Kläger tatsächlich einen Antrag auf Mobilitätshilfe gem. §§ 53, 54 SGB III in Form einer Übergangsbeihilfe für den Lebensunterhalt bis zur ersten Arbeitsentgeltzahlung gestellt haben, hätte ihm darüber ein Bewilligungsbescheid erstellt werden müssen, in dem die Höhe eines bestimmten Darlehens hätte bewilligt werden können. Er hätte dann mit der Auszahlung dieses Darlehens rechnen können, nicht jedoch davon ausgehen dürfen, dass er weiterhin Anspruch auf Alg habe. Die Beklagte sei somit berechtigt gewesen, die Bewilligung von Alg aufzuheben. Aus der Aufhebung der Leistungsbewilligung folge auch die Pflicht, überzahlte Leistungen zurückzuzahlen (§ 50 Abs. 1 SGB X). Fehler bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die Verpflichtung zur Erstattung der gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 17. Juli bis 21. Juli 2002 folge aus § 335 SGB III, dessen Voraussetzungen erfüllt seien.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 30. März 2005 Berufung eingelegt und in der Begründung u.a. den Vorwurf der Rechtsbeugung erhoben. Zur Sache hat er vorgetragen, dass, nachdem er den nicht mehr auffindbaren Antrag auf Übergangshilfe gestellt gehabt habe, die Zahlungen für ihn Übergangshilfe und keine unberechtigten Alg-Zahlungen gewesen seien.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend und den angegriffenen Bescheid für rechtmäßig.

Die Berichterstatterin hat mit Verfügung vom 21. November 2007 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Senat in Betracht ziehe, nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu entscheiden, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis 19. Dezember 2007 gegeben. Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der SG-Akte sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte sowie zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Anlass von dieser Verfahrensweise abzuweichen, hat sich im Rahmen der Anhörung nicht ergeben.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Aufhebung der Bewilligung von Alg für die Zeit vom 2. Mai 2002 bis zum 21. Juli 2002, sowie die Erstattungsforderung des in diesem Zeitraum erbrachten Alg und der in der Zeit vom 17. bis 21. Juli 2002 entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides ist § 48 Abs. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Satz 2 Nr. 2) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Satz 2 Nr. 4). Die Bestimmung des § 330 SGB III modifiziert § 48 SGB X wie folgt: Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

Bei dem Bewilligungsbescheid vom 4. April 2002 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (BSGE 66, 134, 136). Die erforderliche wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist darin zu sehen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg ab 2. Mai 2002 entfallen sind. Ab diesem Zeitpunkt stimmte die Leistungsbewilligung mit dem materiellen Recht nicht mehr überein, weil der Kläger keinen Anspruch auf Alg mehr hatte.

Gemäß § 117 Abs. 1 SGB III, in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben und die Anwartschaftszeit erfüllen. Der Kläger war ab dem 2. Mai 2002 nicht mehr arbeitslos. Arbeitslos ist gemäß § 118 SGB III in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ein Arbeitnehmer, der 1. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und 2. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Der Kläger war ab dem 2. Mai 2002 nicht mehr arbeitslos im Sinne dieser Vorschriften, weil er an diesem Tag eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aufgenommen hatte. Nach Überzeugung des Senats war die Beschäftigung bei der D. GmbH Transport Logistik weder vertraglich noch ihrer Natur nach auf weniger als 15 Stunden in der Woche beschränkt und nahm auch tatsächlich wöchentlich 15 Stunden ein, was sich bereits aus dem im Vergleich zu dem vom Kläger zuletzt als Kraftfahrer erzielten noch etwas höheren Bruttomonatsverdienst ergibt. Auch der Kläger behauptet nicht, lediglich in einem geringeren zeitlichen Umfang pro Woche tätig gewesen zu sein.

Auch wenn der Kläger in der Zeit vom 17. Juli bis 21. Juli 2002 wieder beschäftigungslos war, fehlte es für diese Zeit an einer erneuten Arbeitslosmeldung. Seine zum 1. Oktober 2001 erfolgte Arbeitslosmeldung hatte mit der Aufnahme der Beschäftigung ihre Wirksamkeit verloren. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III erlischt die Wirkung der Meldung mit der Aufnahme der Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Unabhängig davon, ob der Kläger weiterhin beschäftigungslos war, ist ein Anspruch damit auch für die Zeit nach dem 17. Juli bis zum 21. Juli 2002 schon deswegen nicht gegeben, weil keine wirksame Arbeitsmeldung mehr vorlag, da der Kläger die Aufnahme der Beschäftigung nicht mitgeteilt hatte. Dass der Kläger die Aufnahme der Beschäftigung zum 2. Mai 2002 nicht gemeldet hatte, steht für den Senat entgegen dem Vorbringen des Klägers fest. Der Vortrag des Klägers hierzu ist insgesamt nicht schlüssig. Denn zum einen erscheint unklar, welche Leistung er zum Zeitpunkt der behaupteten Mitteilung der Aufnahme der Beschäftigung, den er unterschiedlich mit Mitte oder Ende April 2002 angegeben hat, beantragt haben will (vgl. hierzu auch unten). Sollte er tatsächlich eine Übergangsbeihilfe beantragt haben, wäre er darüber belehrt worden, dass diese nur als Darlehen gewährt werden kann und hätte damit ohnehin mit der Rückforderung rechnen müssen, über die er jedoch seine Verwunderung geäußert hat. Vor allem aber hätte der Kläger, wenn er die Beschäftigungsaufnahme zum 2. Mai 2002 im April 2002 mitgeteilt hatte und dementsprechend davon ausgegangen wäre, dass die Beklagte von seiner Beschäftigung Kenntnis hatte, nicht die erneute Aufgabe einer Beschäftigung melden brauchen, da er sich zum 19. Juli 2002 nicht arbeitslos gemeldet hatte. Unabhängig hiervon war die Arbeitslosmeldung, auch wenn sie nicht mit der Aufnahme der Beschäftigung erloschen sein sollte, jedenfalls am 17. Juli 2002 gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGG erloschen, weil aufgrund der zum 2. Mai 2002 aufgenommenen Beschäftigung die Arbeitslosigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 6 Wochen unterbrochen war.

Das die Aufhebung der Gewährung von Alg gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X auslösende Fehlverhalten des Klägers besteht in seinem vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Verstoß gegen seine gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Danach haben Bezieher von Sozialleistungen, zu denen auch das Alg gehört, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Hierunter fällt, wie dargelegt, auch die Aufnahme der Beschäftigung für 15 Stunden oder mehr pro Woche, da diese die Beschäftigungslosigkeit als eine der Voraussetzungen für Arbeitslosigkeit und damit für den Anspruch auf Alg ausschließt. Grobe Fahrlässigkeit ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187; BSGE 62, 32, 35). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273; SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Das Außerachtlassen von Hinweisen in einem Merkblatt ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und seinem Bildungsstand die Erläuterungen nicht verstanden hat (BSGE 44, 264, 273). Der Kläger erhielt anlässlich seines Antrags auf Alg am 9. Februar 2002 das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" und bestätigte den Erhalt unterschriftlich. Der Kläger ist über die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und über die leistungsrechtlichen Folgen der Aufnahme einer Beschäftigung in diesem ihm ausgehändigten Merkblatt für Arbeitslose auch umfassend belehrt worden. Auf S. 17 des Merkblatts (im Folgenden Stand April 2001) ist aufgeführt, dass als arbeitslos ein Arbeitnehmer gilt, der vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine Beschäftigung als Arbeitnehmer oder Tätigkeit als Selbständiger oder mithelfender Familienangehöriger von weniger als 15 Stunden in der Woche ausübt. Bei Aufnahme jeder Beschäftigung oder Tätigkeit prüfe das Arbeitsamt, ob die Arbeitslosigkeit und damit der Anspruch auf Arbeitslosengeld entfallen sei. Der Anspruch entfalle also, wenn die aufgenommene Beschäftigung oder Tätigkeit 15 Stunden wöchentlich erreicht bzw. übersteigt. Im eigenen Interesse sollte jede Beschäftigung oder Tätigkeit vor deren Beginn dem Arbeitsamt angezeigt werden. Bei Nichtanzeige oder verspäteter Anzeige einer Beschäftigung oder Tätigkeit, die die Arbeitslosigkeit entfallen lasse, könnten Leistungen erst wieder nach erneuter Arbeitslosmeldung bezogen werden. Der Kläger wusste damit, dass er die Aufnahme der Beschäftigung melden musste. Zumindest trifft ihn unter Berücksichtigung der Ausführungen im Merkblatt insoweit der Vorwurf grober Fahrlässigkeit. Darüber hinaus wusste der Kläger, dass mit der Aufnahme dieser Beschäftigung die Arbeitslosigkeit und damit der Anspruch auf Alg weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Der Kläger, der zuletzt vor dem Bezug von Unterhaltsgeld für Januar 2002 Alg in Höhe von 972,16 EUR erhalten und am 18. März 2002 u.a. erneut Alg beantragt hatte, wusste, dass die für April 2002 in Höhe von 940,80 EUR, für Mai 2002 in Höhe 972,16 EUR und für Juni 2002 in Höhe 940,80 EUR von der Beklagten erbrachten Leistungen aufgrund der Weitergewährung von Alg (Bescheid vom 4. April 2002) erfolgten. Wenn er geltend macht, er habe Ende bzw. Mitte April 2002 Übergangsbeihilfe beantragt, um die Zeit bis zur Arbeitsaufnahme überbrücken können, ohne einen Vorschuss beantragen zu müssen, da er seine Ersparnisse aufgebraucht gehabt habe und sei deswegen davon ausgegangen, dass es sich bei den Leistungen um diese Übergangsbeihilfe handele, kann dies nicht überzeugen. Der Kläger hatte bis zum 17. März 2002 Unterhaltsgeld erhalten hatte und bereits am 18. März 2002 weitere Leistungen (Anschluss-Unterhaltsgeld/Alg) beantragt, woraufhin ihm am 4. April 2002 rückwirkend für die Zeit ab dem 18. März 2002 wieder Alg gewährt wurde. Dementsprechend hatte er zu dem Zeitpunkt (Ende April 2002, wie er in der Widerspruchsbegründung vom 28. Oktober 2003 angegeben hat, oder Mitte April 2002, wie in der Klagebegründung vom 8. Dezember 2003 angegeben hat), zu dem er Übergangsbeihilfe beantragt haben will, Alg zumindest rückwirkend für März bereits wieder erhalten. Es konnte sich auch nur um das gewährte Alg und nicht Übergangsbeihilfe handeln, die er zum Zeitpunkt des Leistungsbeginns nach seinem eigenen Vortrag noch nicht einmal beantragt hatte. Schließlich ist, wollte man den Vortrag des Klägers als wahr unterstellen, auch nicht verständlich, weshalb er, wenn die Leistungen im April 2002 und ggf. Mai 2002 für eine Übergangsbeihilfe gehalten hat, sich zu keinem Zeitpunkt nach der Gewährung des bereits zuvor beantragten Alg erkundigt hat. Auch hätte er die erste Entgeltzahlung mitteilen müssen. Die danach erfolgten Zahlungen für Juni und Juli 2002 konnten ohnehin keine Übergangsbeihilfe mehr sein. Es konnte sich damit bei den Leistungen aber von Anfang an nur um Alg handeln. Wenn der Kläger dies bei der Zahlung für Mai 2002 nicht wusste - was auszuschließen sein dürfte -, obwohl er die Weitergewährung beantragt hatte und nun für Mai 2002 von der Beklagten in der Höhe Leistungen erhielt, in der er zuletzt Alg für den Monat Januar 2002 erhalten hatte, beruhte die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Wenn der Kläger statt den sich aufdrängenden Schluss zu ziehen, dass er weiter Alg erhält, tatsächlich eine andere Erklärung, für die, wie dargelegt, nichts sprach, gesucht haben sollte, und, ohne bei der Behörde nachzufragen, sich mit der Annahme, es könne eine - nicht bewilligte - Übergangsbeihilfe sein, zufrieden gegeben haben sollte, hat er damit in einem ungewöhnlichen Maße seine Sorgfaltspflichten verletzt. Ihm musste auch klar sein, dass neben einer Beschäftigung ein Anspruch auf Alg nicht besteht, wenn sie - wie hier - in leistungsschädlichem Umfang ausgeübt wird. Im übrigen ist er über die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg und über die leistungsrechtlichen Folgen der Aufnahme einer Beschäftigung in dem ihm ausgehändigten Merkblatt, dessen Erhalt er bei Stellung des Erstantrags auf Alg unterschriftlich bestätigt hat, belehrt worden (vgl. S. 17 des Merkblatts für Arbeitslose "Ihre Rechte - Ihre Pflichten"). Die Aufhebung einer begünstigenden Entscheidung ab dem Zeitpunkt der Änderung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist gemäß § 330 Abs. 3 SGB III eine gebundene Entscheidung, ohne dass es auf eine hier auch nicht anzunehmende Atypik ankäme.

Der Bescheid wurde dem Kläger innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X bekannt gegeben, die frühestens mit der Anhörung im Juli 2003, nachdem die Beklagte im Februar 2003 von der Beschäftigung des Klägers ab dem 2. Mai 2002 erfahren hatte, zu laufen begann. Die Frist von zehn Jahren ab Bekanntgabe des Bewilligungsbescheids ist ebenfalls gewahrt (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).

Die Rechtmäßigkeit der Erstattungsforderung des Alg beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind nach § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III und nach § 335 Abs. 5 SGB III unter entsprechender Anwendung des Absatzes 1 auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung zu erstatten. Für den Beitragserstattungszeitraum vom 17. bis zum 21. Juli 2002 hat insbesondere kein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden. Hinsichtlich des gezahlten Alg hat die Beklagte für die Zeit vom 2. Mai 2002 bis zum 21. Juli 2002 ausgehend von einem Leistungssatz in Höhe von 31,36 EUR für 81 Tage auf 2540,16 EUR zutreffend berechnet. Der Umfang der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung richtete sich 2002 nach dem täglichen Bemessungsentgelt, von dem 80 v. H. die beitragspflichtigen Einnahmen bildeten. Das gerundete Bemessungsentgelt betrug wöchentlich 484 EUR. Geteilt durch 7 und vervielfacht mit 5 Leistungstagen, für die die Erstattung gefordert wurde, ergab sich damit ein Betrag in Höhe von 276,56 EUR (69,14 EUR x 5 x 80 v.H.) sowie vervielfacht mit dem Beitragssatz der Kaufmännischen Krankenkasse von 14,5 v.H. der Betrag von 40,10 EUR (soweit die Beklagte hier einen Betrag in Höhe von 40,09 EUR ermittelt hat, beruht dies auf Rundungen während des Rechnungsvorgangs und belastet den Kläger offensichtlich nicht). Entsprechend berechnete sich die Beitragsrückforderung zur sozialen Pflegeversicherung bei einem Beitragssatz von 1,7 v.H. zu 4,70 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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