L 12 AL 96/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AL 29/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 96/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.08.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Arbeitslosengeld über den 27.04.2008 hinaus für weitere 93 Tage.

Der 1943 geborene Kläger war vom 1981 bis zum 29.08.2005 bei der Tuchfabrik C beschäftigt. Über das Vermögen des Arbeitgebers wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der eingesetzte Insolvenzverwalter kündigte den Kläger unter Freistellung von der Arbeit am 29.08.2005 zum 30.11.2005.

Der Kläger erhielt für die Zeit vom 01.06.2005 bis 28.08.2005 Insolvenzgeld. Am 29.08.2005 meldet sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, das die Beklagte durch bindenden Bescheid für die Zeit ab 29.08.2005 für eine Anspruchsdauer von 960 Tagen bewilligt und auch zahlte (bis einschließlich 27.04.2008). Unter Hinweis auf § 143 Abs. 3 Soziagesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 115 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zeigte die Beklagte gegenüber dem Insolvenzverwalter an, dass Arbeitsentgeltansprüche des Klägers für die Zeit des Arbeitslosengeldbezug auf sie übergangen sind.

Mit Schreiben vom 08.02.2007 beanspruchte der Kläger von der Beklagten die Verlängerung seines Leistungsanspruches um 93 Leistungstage. Er machte geltend, für die Zeit bis 30.11.2005 (Ablauf der Kündigungsfrist) habe die Beklagte aufgrund des Anspruchsübergangs eine Masseforderung gehabt, die auch realisierbar gewesen sei. Die Beklagte habe aber diese Ansprüche - zum Schaden des Klägers - aufgrund einer Absprache mit dem Insolvenzverwalter nicht geltend gemacht, um die Fortführung des zahlungsunfähigen Betriebes mit mehreren 100 Arbeitnehmern zu erleichtern. Dieser Verzicht zu Lasten des Klägers sei rechtswidrig, weshalb der Leistungszeitraum um die Tage der "Gleichwohlgewährung" zu verlängern sei. Die Beklagte müsse den Kläger so stellen, als ob sie den übergegangenen Anspruch realisiert habe.

Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 07.03.2007 und Widerspruchsbescheid vom 02.04.2007 ab. Derzeit sei die Masseschuldforderung lediglich gestundet bis 31.12.2007. Sei die Tuchfabrik C bis dahin erloschen, lebe die Masseforderung wieder auf; anderenfalls werde sie als Insolvenzforderung zurückgestuft und mit 5 % Quote berücksichtigt.

Dagegen hat der Kläger am 12.04.2007 vor dem Soziagericht Aachen (SG) Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, im Rahmen der Verfolgung der übergegangenen Ansprüche gemäß § 115 SGB X gegenüber dem Insolvenzverwalter wäre die Realisierung der übergegangenen Beträge für die Beklagte möglich und zumutbar gewesen. Die gesamtwirtschaftlich sinnvolle Schonung der Insolvenzschuldnerin dürfe nicht auf seine Kosten erfolgen. Das Unternehmen erfreue sich nach Fortführung bester wirtschaftlicher Gesundheit, insoweit sei eine derartige Rücksichtnahme auf das Unternehmen auch nicht erforderlich gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 28.02. 2007 (gemeint war 07.03.2007) in Form des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2007 dem Kläger Arbeitslosengeld für weitere 93 Tage über den 27.04.2008 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, eine Anspruchsdauerverlängerung sei an die Realisierung der übergegangenen Forderung gebunden, auch wenn die Beklagte den Einzug der Forderung nicht betreibe.

Das SG hat durch Urteil vom 16.08.2007 die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: Ersichtlich gehe es dem Kläger darum, festzustellen, dass die Dauer des Anspruches auf Arbeitslosengeld nicht durch die 93 Tage des Leistungsbezuges gemindert worden sei, die auf die Arbeitslosengeldzahlung im Wege der "Gleichwohlgewährung" nach § 143 Abs. 3 SGB III bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 30.11.2005 entfalle. Nach § 128 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III mindere sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit erfüllt wird. Grundsätzlich mindere er sich demnach auch um Arbeitslosengeldzahlungen im Wege der "Gleichwohlgewährung", obwohl insoweit nach § 115 Abs. 1 SGB X die Beklagte einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung des geschuldeten Arbeitsentgelts hat. Die Beklagte zahle kein Arbeitsentgelt sondern Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung. Der Kläger habe demnach reguläres Arbeitslosengeld bezogen, so dass sich sein Anspruch grundsätzlich verbrauche. Die Minderung des Anspruchs entfalle allerdings aus Billigkeitsgründen in den Fällen, in denen die Beklagte tatsächlich Ersatz für ihre Aufwendungen beim Arbeitgeber erlange. Dies sei hier bisher allerdings nicht der Fall, denn die Masseforderung sei einstweilen bis 31.12.2007 gestundet. Die Kammer folge im Übrigen der Rechtsprechung des BSG, wonach die grundsätzlich vorzunehmende Minderung des Arbeitslosengeldanspruches auch um Tage der "Gleichwohlgewährung" nur dann aus Billigkeitsgründen entfalle, wenn die Beklagte auch tatsächlich Ersatz für ihre Aufwendungen erlangt habe, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen (in den Grenzen des § 826 BGB) dies ggf. der Fall sei.

Das Urteil ist dem Kläger am 17.09.2007 zugestellt worden. Am 16.10.2007 hat er dagegen Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend macht er geltend, es sei bei der Insolvenzschuldnerin ausreichende Masse vorhanden, um die Ansprüche des Klägers auf Entgeltzahlung (einschließlich Sozialversicherungsbeiträge) aus dem Zeitraum 01.09.2005 bis 30.11.2005 zu befriedigen. Wenn die Beklagte nach wie vor davon absehe, diese Beträge beizutreiben oder auch nur anzufordern, führe sie den unzulässig zu Lasten des Klägers geschlossenen Verzichtsvertrag mit dem Insolvenzverwalter in sozialversicherungsrechtlich nicht billigenswerter Weise fort. Die Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts zum Aufgabenkreis der Bundesagentur und zu deren angeblicher Überforderung, falls sie zur Beitreibung von auf sie übergangenen Ansprüchen verpflichtet wäre, seien nicht haltbar. Die Beklagte hätte jedenfalls dafür Sorge tragen müssen, dass dem Kläger zur Schadensvermeidung die ihm zustehenden und übergegangenen Ansprüche hätten rückübertragen werden können. Im Übrigen sei die Vorgehensweise durch die Insolvenzverwaltung darauf angelegt, vorsätzlich unstreitige Entlohnungsansprüche von Arbeitnehmern insolventer Unternehmen unter Instrumentalisierung der Bundesagentur für Arbeit unter einseitiger Bevorteilung der Insolvenzmasse planmäßig zu "vernichten". Diese Handhabungsweise der Insolvenzverwalter, sozialversicherungsrechtliche (Schutz-) Systeme für Arbeitslose gezielt und entgegen den Intentionen des Gesetzgebers dazu zu missbrauchen, im Ergebnis öffentlich rechtliche Ansprüche der Arbeitslosen - und sei es auch nur durch den Effekt der faktischen Verkürzung der Arbeitslosengeldbezugsdauer - auszuhebeln, trage jedenfalls im Rechtsverhältnis zu den Arbeitnehmern ebenfalls den Makel der sittenwidrigen Schädigungsabsicht im Sinne des § 826 BGB. Dass die Beklagte an diesem Szenario bewusst und vorsätzlich zu Lasten des Klägers - geradezu kollusiv - mitgewirkt habe, begründe den Anspruch auf "Gutschrift" von weiteren 93 Tagen Bezugsdauer. Im Übrigen stelle die Rechtsprechung des BSG nicht hinreichend auf den Einzelfall und die umfassend notwendige Abwägung der beiderseitigen Interessen im Rahmen einer Billigkeitsprüfung ab, sondern stelle ohne nähere sachgerechte Begründung vermeintlich vorhandene übergeordnete Interessen der Arbeitsverwaltung in den Vordergrund. Wenn dies vor 20 Jahren im Jahre 1987 möglicherweise noch gerechtfertigt gewesen sein möge, sei dies heute nicht mehr haltbar und widerspreche im Einzelfall eklatant auch dem von der Beklagten zu beachtenden Gebot sozialer Gerechtigkeit.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.08.2007 zu ändern und nach dem erstinstanzlich gestellten Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend. Ergänzend weißt sie daraufhin, dass mittlerweile die Zahlung auf die vereinbarte Quote von 5 % gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht wurde und diese mittlerweile auch erfolgt sei. Die für das Arbeitslosengeld zuständige Leistungsabteilung werde den Kläger entsprechend bescheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2007, den der Kläger mit einer Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), verbunden mit einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) angreift (vgl. BSG 29.01.2008 - B 7/7a AL 58/06 R - Rz. 10). In der Sache wendet sich der Kläger dagegen, dass - wie von der Beklagten in den angefochten Bescheiden angenommen - sein Leistungsbezug vom 29.08.2005 bis 30.11.2005 die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemindert hat. Ist diese Minderung nicht eingetreten, besteht aufgrund der bindend festgestellten Anspruchsdauer von 960 Tagen ein Anspruch des Klägers auch über den 27.04.2008 hinaus.

Grundsätzlich mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gem. § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit erfüllt worden ist. Zu Recht hat das SG angenommen, dass dies auch dann gilt, wenn Arbeitslosengeld auf der Grundlage des § 143 Abs. 3 SGB III (sog. Gleichwohlgewährung) gewährt wird.

Nur in bestimmten Fällen kann die Minderung unbeachtlich sein. Hierfür gibt es zwar keine gesetzliche Grundlage. Jedoch hat das BSG richterrechtlich entwickelt, dass aus Billigkeitsgründen eine "Gutschrift" der Anspruchdauer zu erfolgen hat, wenn die Beklagte ihren "Schaden" den sie durch die Zahlung des Arbeitslosengeldes erleidet, ersetzt erhält, etwa durch Zahlungen des Arbeitgebers an die BA aufgrund übergegangener Ansprüche (grundlegend BSG 24.07.1986 - 7 RAr 4/85 -, Rz. 22; zuletzt bestätigt durch BSG 29.01.2008 - B 7/7a AL 58/06 R - Rz. 11, m.w.H. zum Schrifttum). Eine solche Zahlung des Arbeitgebers bzw. hier des Insolvenzverwalters ist vorliegend nur in einem sehr begrenzten Umfang erfolgt, was von der Beklagten im Übrigen auch noch berücksichtigt werden wird. Auf weitere Ansprüche hat die Beklagte im Rahmen eines Insolvenzplanes gegenüber dem Insolvenzverwalter verzichtet.

Entgegen der Auffassung des Klägers bestand keine Verpflichtung der Beklagten die übergegangenen Ansprüche beizutreiben, so dass eine Verletzung einer solchen vermeintlichen Pflicht auch nicht der Minderung der Anspruchsdauer entgegenstehen kann. Dies hat das BSG bereits in einem Urteil vom 11.06.1987 (7 RAr 16/86, Rz. 24; ebenso BSG 29.11.1988 - 11/7 RAr 79/87 -) zu der entsprechenden Rechtslage nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) wie folgt begründet:

"Aus dieser auf Billigkeitserwägungen beruhenden Praxis kann indessen nicht gefolgert werden, dass die eingetretene Minderung der Dauer des Anspruchs schon dann entfällt, wenn die Beklagte den auf sie übergegangenen Anspruch des Arbeitslosen nicht beitreibt, obwohl dies möglich gewesen wäre. Es besteht nämlich keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Arbeitslosen, die auf sie übergegangenen Ansprüche beizutreiben. Eine solche Verpflichtung ist nicht ausdrücklich normiert. Dass die Beklagte nach den für sie geltenden Vorschriften der Haushaltswirtschaft über die Einziehung von Forderungen gehalten ist, die auf sie übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt geltend zu machen, vermag einen subjektiven Anspruch des Arbeitslosen auf Beitreibung nicht zu begründen. Eine solche Verpflichtung lässt sich auch nicht aus dem Gesetzeszweck des AFG ableiten. Mit der Erbringung des Alg hat die Beklagte die ihr gegenüber dem Versicherten auferlegte Pflicht aus der Arbeitslosenversicherung erfüllt. Wie erwähnt, entspricht § 117 Abs 4 Satz 2 AFG aF = § 117 Abs 4 Satz 1, § 115 SGB 10 einem allgemeinen, auch in § 127 AFG, § 116 SGB 10 zum Ausdruck gekommenen Prinzip der Schadensversicherung, die Aufwendungen der Versicherung auf den beim Versicherten eingetretenen versicherten Schaden zu begrenzen. Es soll bewirkt werden, dass der Arbeitslose durch Alg und Arbeitsentgelt nicht mehr erhält, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalles als Arbeitsentgelt erhalten hätte. Die Versicherungsleistung wird hierdurch auf den eingetretenen Schaden in gleicher Weise begrenzt, wie dies § 67 des Versicherungsvertragsgesetzes für die private Schadensversicherung vorsieht. Der Übergang erfolgt also im Interesse der Versicherung und nicht zu dem Zweck, dass diese die Interessen des Arbeitnehmers wahrt. Hätte der Gesetzgeber die Beklagte über die Erbringung der Versicherungsleistung hinaus gegenüber dem Versicherten verpflichten wollen, die auf die Arbeitslosenversicherung übergegangenen Ansprüche möglichst umgehend zugunsten des Arbeitslosen zu realisieren, hätte es nahegelegen, dass er eine entsprechende Regelung getroffen hätte. Es handelt sich um eine vielschichtige Materie, bei der die Interessen der Arbeitslosenversicherung und des einzelnen Arbeitslosen auseinandergehen. So hat die Bundesanstalt ein Interesse daran, dass Beitreibungsmaßnahmen nicht dazu führen, daß der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird und hierdurch Arbeitsplätze vernichtet werden. Der Versicherte selbst hat in den Fällen, in denen die Beitreibung der Forderung auf Schwierigkeiten stößt, ein Interesse daran, dass ihm die Beklagte nicht zuvorkommt, wenn er den Arbeitsentgeltanspruch, der ihm verblieben ist, vollstrecken will. Schließlich muss auch beachtet werden, dass der Arbeitslose erst durch seinen Antrag auf Alg bewirkt, dass es zum Verbrauch seines Anspruchs und zu dem gesetzlichen Forderungsübergang kommt. Der Arbeitslose, der die Vermögenslage seines Arbeitgebers in vielen Fällen besser einschätzen kann als die Beklagte, hat es im übrigen in der Hand, ob er zunächst seinen Anspruch gegen den Arbeitgeber geltend macht, bevor er seine Rechte aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt. Er kann daher aus Billigkeitsgründen nur verlangen, dass nachträglich bei der Minderung der Dauer des Anspruchs berücksichtigt wird, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt in Höhe des Alg an die Beklagte gezahlt hat. Weitergehende Ansprüche kann er diesbezüglich gegen die Beklagte grundsätzlich nicht geltend machen."

Der Senat schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen in vollem Umfang an. Auch das zum 01.01.1998 in Kraft getretene SGB III enthält keine Regelung, die die Beklagte über die Erbringung der Versicherungsleistung hinaus gegenüber dem Versicherten verpflichten würde, die auf die Arbeitslosenversicherung übergegangenen Ansprüche möglichst umgehend zugunsten des Arbeitslosen zu realisieren. Wäre in diesem Regelungszusammenhang etwas anderes gewollt gewesen, hätte gerade die Einführung des SGB III Anlass für den Gesetzgeber sein müssen, eine ausdrückliche Regelung vorzusehen. Die Argumentation des Klägers, seit der BSG-Rechtsprechung sei viel Zeit vergangen, und nunmehr müsse anderes gelten, ist daher nicht stichhaltig.

Schließlich bleibt festzuhalten, dass es für eine Schädigungsabsicht der Beklagten keinerlei Anhaltpunkte gibt. Vielmehr sind die Erwägungen, die ihrem teilweisen Verzicht auf die Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche im Rahmen des Insolvenzverfahrens zugrunde lagen – nämlich den Fortbestand des Unternehmens mit seinen verbleibenden Arbeitsplätzen zu sichern - gut nachvollziehbar. Sie halten sich im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten, die in § 1 SGB III beschrieben werden. Der Vorwurf des Klägers, die Beklagte würde im Zusammenwirken mit dem Insolvenzverwalter regelmäßig auf die Vernichtung von Ansprüchen der Versicherten hinwirken, entbehrt jeder Grundlage.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es dem Kläger ohnehin frei gestanden hätte, die nicht auf die Beklagten übergegangenen Ansprüche in Höhe der Differenz zwischen den Arbeitsentgeltansprüchen und dem gezahlten Arbeitslosengeld im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Dadurch wäre er, wie die Beklagte zutreffend bemerkt hat, selbst in der Lage gewesen, seine Interessen gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen.

Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, auf den sich der Kläger ebenfalls beruft, scheitert vor diesem Hintergrund bereits deshalb, weil keine Pflichtverletzung der Beklagten erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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