Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 9649/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1541/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Der Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtliche Kosten der Klägerin im gesamten Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1987 geborene Klägerin steht seit 01. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Sie lebte jedenfalls bis November 2005 zunächst gemeinsam in einem Haushalt mit ihrer Mutter K S und ihrer am 1995 geborenen Schwester S S. Im Juli 2006 stellte die Klägerin einen "Antrag auf Mietkostenübernahme" für die Wohnung C, B. Mit Bescheid vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf die zum 1. April 2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 588) erfolgte Einfügung des § 22 Abs. 2a Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) die Übernahme der begehrten Unterkunftskosten ab mit der Begründung, dass die Klägerin als unter 25-jährige Hilfeempfängerin auf die Wohnung der Mutter zu verweisen sei und keine schwerwiegenden Gründe dargelegt habe, die die begehrte Neuanmietung mit den damit verbundenen Folgekosten erforderlich machen würden.
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren zunächst eine Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme der Kosten der in Rede stehenden Wohnung begehrt hatte, hat sie nach der anderweitigen Vermietung dieser Wohnung im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Sozialgericht (SG) Berlin am 15. Juni 2007 beantragt, festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 rechtswidrig war und sie einen Anspruch auf Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung C, B, hatte. Das SG hat dieser Klage mit Urteil vom 15. Juni 2007 antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Umstellung von der ursprünglich erhobenen Leistungsklage zur statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Feststellung, dass sie einen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung für die Kosten der im Klageantrag bezeichneten Wohnung gehabt habe. Auch nach Wegfall der Wohnung bestehe das berechtigte Interesse der Klägerin fort, weil diese weiterhin eine eigene Wohnung wünsche und die Gefahr bestehe, dass der Beklagte einen entsprechenden Antrag mit derselben Begründung ablehne und die Klägerin erneut auf die Wohnung der Mutter verweise. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die begehrte Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen. Es habe ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund im Sinne des § 22 Abs. 2a Satz 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01. April 2006 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung vorgelegen. Denn die Wohnung der Mutter sei entgegen der Ansicht des Beklagten zu klein und die Wohnverhältnisse dort unzumutbar beengt, wenn auch die Klägerin dort wohnte.
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil. Er trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG sei die Wohnung der Mutter der Klägerin gerade noch ausreichend für drei Personen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin diverse widersprüchliche Angaben zu ihren Antragstellungen gemacht habe und die Gründe für mehrere in der Vergangenheit liegende Umzüge offenbar in immer wieder auftretenden Streitsituationen gelegen hätten. Die Wohnverhältnisse in der Wohnung der Mutter seien nicht unzumutbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und geht weiter davon aus, dass sie mit dem ergangenen Feststellungsurteil ihr berechtigtes Interesse eher verwirklichen könne, künftig eine entsprechende Zusicherung des Beklagten zu erwirken, um in eine ihr zumutbare Wohnung umziehen zu können. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Wohnverhältnisse in der Wohnung ihrer Mutter wie auch in der ihres Vaters unzumutbar. Im Übrigen habe sie bei Beantragung der Kostenübernahme im Juli 2006 schon über ein halbes Jahr weder bei ihrer Mutter noch bei ihrem Vater gelebt, sondern sei in kleinen Ein-Zimmer-Wohnungen mit einer Wohnfläche von 20 m² nur geduldet worden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Leistungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die nach dem Übergang von der erstinstanzlich erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (Fortsetzungsfeststellungsklage) fortgesetzte Klage ist bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin liegt nicht vor.
Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 hat sich durch anderweitige Vermietung der Wohnung C, B, erledigt. Da sich der angefochtene Verwaltungsakt insoweit erledigt hat, sind diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG vorhanden. Die Zulässigkeit einer solchen Klage hängt nach dieser Vorschrift jedoch weiterhin davon ab, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung hat. Ein derartiges berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die erstrebte gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers zu verbessern. Ein Feststellungsinteresse kommt im Grundsatz in drei verschiedenen Richtungen in Betracht, nämlich wegen eines Schadensinteresses, wegen eines Rehabilitierungsinteresses und/oder wegen des Interesses, der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen vorzubeugen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 148/88 = SozR 4100 § 91 Nr. 5 m. w. Nachw.).
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse im dargelegten Sinn, das vorliegend allein unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen des Beklagten bestehen könnte, ist aber bereits deshalb zu verneinen, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, d. h. der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt. Das gilt sowohl für die Zusicherung für über 25-jährige Hilfebedürftige, die sich allein nach § 22 Abs. 2 SGB II beurteilt, als auch für die Zusicherung bei unter 25-jährigen Hilfebedürftigen, bei denen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II und zusätzlich die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 SGB II gegeben sein müssen (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rz. 80u)
Ob indes bei einer zukünftigen Verwaltungsentscheidung des Beklagten über die Erteilung einer Zusicherung für die Aufwendungen einer Unterkunft u.a. im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Aufwendungen (vgl. die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II) die gleichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann derzeit nicht beurteilt werden. Das Feststellungsinteresse ist aber schon dann zu verneinen, wenn – wie hier – ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 – veröffentlicht in juris – m. w. Nachw.; BVerwG, Urteil vom 25. November 1986 – 1 C 10/86 = Buchholz, 310, § 113 Nr. 162).
Soweit die Klägerin geltend macht, ein Feststellungsinteresse bestehe deshalb, weil zu gewärtigen sei, dass der Beklagte bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres auch weitere Anträge auf Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme von Unterkunftskosten unter Berufung auf die Vorschrift des § 22 Abs. 2a SGB II ablehnen werde, vermag allein die – drohende – Anwendung dieser – anspruchsbegrenzenden und anlassbezogenen - Regelung das erforderliche Feststellungsinteresse ebenfalls deshalb nicht zu begründen, weil derzeit völlig offen ist, welche Tatsachengrundlage der dann ergehenden Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen sein wird. Zu berücksichtigen ist überdies, dass auf der Grundlage des glaubhaften Vorbringens der Klägerin (Schriftsatz vom 31. Oktober 2007), sie habe mindestens seit Weihnachten 2005 nicht mehr bei ihrer Mutter, sondern bei ihrem Bruder MS gewohnt, unter Beachtung der Übergangsvorschrift des § 68 Abs. 2 SGB II die Vorschrift des § 22 Abs. 2a SGB II gar nicht von der Beklagten hätte herangezogen werden dürfen. Denn nach § 68 Abs. 2 SGB II gilt § 22 Abs. 2a SGB III nicht für Personen, die am 17. Februar 2006 nicht mehr zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils gehörten.
Ein berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne folgt schließlich auch nicht aus einem etwaigen Interesse der Klägerin an einer auf erschöpfender Klärung der Sach- und Rechtslage beruhenden Kostenentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 –).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte durch die Nichtberücksichtigung der Vorschrift des § 68 Abs. 2 SGB II Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die 1987 geborene Klägerin steht seit 01. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten. Sie lebte jedenfalls bis November 2005 zunächst gemeinsam in einem Haushalt mit ihrer Mutter K S und ihrer am 1995 geborenen Schwester S S. Im Juli 2006 stellte die Klägerin einen "Antrag auf Mietkostenübernahme" für die Wohnung C, B. Mit Bescheid vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf die zum 1. April 2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. März 2006 (BGBl. I S. 588) erfolgte Einfügung des § 22 Abs. 2a Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) die Übernahme der begehrten Unterkunftskosten ab mit der Begründung, dass die Klägerin als unter 25-jährige Hilfeempfängerin auf die Wohnung der Mutter zu verweisen sei und keine schwerwiegenden Gründe dargelegt habe, die die begehrte Neuanmietung mit den damit verbundenen Folgekosten erforderlich machen würden.
Nachdem die Klägerin im Klageverfahren zunächst eine Verurteilung des Beklagten zur Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme der Kosten der in Rede stehenden Wohnung begehrt hatte, hat sie nach der anderweitigen Vermietung dieser Wohnung im Termin zur mündlichen Verhandlung bei dem Sozialgericht (SG) Berlin am 15. Juni 2007 beantragt, festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 rechtswidrig war und sie einen Anspruch auf Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung C, B, hatte. Das SG hat dieser Klage mit Urteil vom 15. Juni 2007 antragsgemäß stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Umstellung von der ursprünglich erhobenen Leistungsklage zur statthaften Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Feststellung, dass sie einen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung für die Kosten der im Klageantrag bezeichneten Wohnung gehabt habe. Auch nach Wegfall der Wohnung bestehe das berechtigte Interesse der Klägerin fort, weil diese weiterhin eine eigene Wohnung wünsche und die Gefahr bestehe, dass der Beklagte einen entsprechenden Antrag mit derselben Begründung ablehne und die Klägerin erneut auf die Wohnung der Mutter verweise. Die Klage sei auch begründet. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die begehrte Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II zu erteilen. Es habe ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund im Sinne des § 22 Abs. 2a Satz 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01. April 2006 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung vorgelegen. Denn die Wohnung der Mutter sei entgegen der Ansicht des Beklagten zu klein und die Wohnverhältnisse dort unzumutbar beengt, wenn auch die Klägerin dort wohnte.
Mit der Berufung wendet sich der Beklagte gegen dieses Urteil. Er trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG sei die Wohnung der Mutter der Klägerin gerade noch ausreichend für drei Personen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin diverse widersprüchliche Angaben zu ihren Antragstellungen gemacht habe und die Gründe für mehrere in der Vergangenheit liegende Umzüge offenbar in immer wieder auftretenden Streitsituationen gelegen hätten. Die Wohnverhältnisse in der Wohnung der Mutter seien nicht unzumutbar.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und geht weiter davon aus, dass sie mit dem ergangenen Feststellungsurteil ihr berechtigtes Interesse eher verwirklichen könne, künftig eine entsprechende Zusicherung des Beklagten zu erwirken, um in eine ihr zumutbare Wohnung umziehen zu können. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Wohnverhältnisse in der Wohnung ihrer Mutter wie auch in der ihres Vaters unzumutbar. Im Übrigen habe sie bei Beantragung der Kostenübernahme im Juli 2006 schon über ein halbes Jahr weder bei ihrer Mutter noch bei ihrem Vater gelebt, sondern sei in kleinen Ein-Zimmer-Wohnungen mit einer Wohnfläche von 20 m² nur geduldet worden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (vgl. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Leistungsakte des Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die nach dem Übergang von der erstinstanzlich erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (Fortsetzungsfeststellungsklage) fortgesetzte Klage ist bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin liegt nicht vor.
Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten vom 10. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2006 hat sich durch anderweitige Vermietung der Wohnung C, B, erledigt. Da sich der angefochtene Verwaltungsakt insoweit erledigt hat, sind diesbezüglich die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG vorhanden. Die Zulässigkeit einer solchen Klage hängt nach dieser Vorschrift jedoch weiterhin davon ab, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung hat. Ein derartiges berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die erstrebte gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers zu verbessern. Ein Feststellungsinteresse kommt im Grundsatz in drei verschiedenen Richtungen in Betracht, nämlich wegen eines Schadensinteresses, wegen eines Rehabilitierungsinteresses und/oder wegen des Interesses, der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen vorzubeugen (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 148/88 = SozR 4100 § 91 Nr. 5 m. w. Nachw.).
Ein berechtigtes Feststellungsinteresse im dargelegten Sinn, das vorliegend allein unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen des Beklagten bestehen könnte, ist aber bereits deshalb zu verneinen, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, d. h. der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt. Das gilt sowohl für die Zusicherung für über 25-jährige Hilfebedürftige, die sich allein nach § 22 Abs. 2 SGB II beurteilt, als auch für die Zusicherung bei unter 25-jährigen Hilfebedürftigen, bei denen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II und zusätzlich die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 SGB II gegeben sein müssen (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rz. 80u)
Ob indes bei einer zukünftigen Verwaltungsentscheidung des Beklagten über die Erteilung einer Zusicherung für die Aufwendungen einer Unterkunft u.a. im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Aufwendungen (vgl. die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II) die gleichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann derzeit nicht beurteilt werden. Das Feststellungsinteresse ist aber schon dann zu verneinen, wenn – wie hier – ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 – veröffentlicht in juris – m. w. Nachw.; BVerwG, Urteil vom 25. November 1986 – 1 C 10/86 = Buchholz, 310, § 113 Nr. 162).
Soweit die Klägerin geltend macht, ein Feststellungsinteresse bestehe deshalb, weil zu gewärtigen sei, dass der Beklagte bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres auch weitere Anträge auf Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme von Unterkunftskosten unter Berufung auf die Vorschrift des § 22 Abs. 2a SGB II ablehnen werde, vermag allein die – drohende – Anwendung dieser – anspruchsbegrenzenden und anlassbezogenen - Regelung das erforderliche Feststellungsinteresse ebenfalls deshalb nicht zu begründen, weil derzeit völlig offen ist, welche Tatsachengrundlage der dann ergehenden Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen sein wird. Zu berücksichtigen ist überdies, dass auf der Grundlage des glaubhaften Vorbringens der Klägerin (Schriftsatz vom 31. Oktober 2007), sie habe mindestens seit Weihnachten 2005 nicht mehr bei ihrer Mutter, sondern bei ihrem Bruder MS gewohnt, unter Beachtung der Übergangsvorschrift des § 68 Abs. 2 SGB II die Vorschrift des § 22 Abs. 2a SGB II gar nicht von der Beklagten hätte herangezogen werden dürfen. Denn nach § 68 Abs. 2 SGB II gilt § 22 Abs. 2a SGB III nicht für Personen, die am 17. Februar 2006 nicht mehr zum Haushalt der Eltern oder eines Elternteils gehörten.
Ein berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne folgt schließlich auch nicht aus einem etwaigen Interesse der Klägerin an einer auf erschöpfender Klärung der Sach- und Rechtslage beruhenden Kostenentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 –).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte durch die Nichtberücksichtigung der Vorschrift des § 68 Abs. 2 SGB II Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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