Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 376/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 873/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.12.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein beim Kläger diagnostizierter Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule (LWS) auf die als Arbeitsunfall geltend gemachten Ereignisse vom 30.04.2005 und 09.07.2005 zurückzuführen ist.
Der 1957 geborene Kläger ist Landwirt. Am 30.04.2005 transportierte er Rinder mit einem Viehwagen auf die Weide. Beim Heraustreiben von zwei oder drei im Viehwagen verbliebenen Jungtieren erhielt er seinen Angaben zufolge einen Tritt auf den linken Oberschenkel. Am 15.05.2005 (Pfingstsonntag) suchte er den ärztlichen Notdienst wegen Zunahme ausstrahlender Schmerzen in das linke Bein auf (Arztbericht von Dr. M. vom 19.10.2005) und am 18.05.2005 Dr. B. wegen Schmerzen in der LWS und im linken Oberschenkel auf. Dr. B. erhob im Bereich des linken Oberschenkels im körperfernen Drittel eine gelblich-blaue Verfärbung älteren Datums und bei der Untersuchung in Bauchlage einen Druckschmerz im Bereich der Spina iliaca posterior superior (hinterer oberer Darmbeinstachel). Der Röntgenbefund der LWS habe keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung oder degenerative Veränderungen ergeben. Dr. B. diagnostizierte eine Prellung und intramuskuläre Hämatombildung des linken Oberschenkels und eine Zerrung der linken Hüfte und unteren LWS (Arztbericht von Dr. B. vom 18.05.2005).
Am 09.07.2005 wich der Kläger eigenen Angaben zufolge dem Stoß einer Kuh mit einer Körperdrehung aus, was zu Schmerzen führte. Nach Dr. M. stellte die aufgesuchte Urlaubsvertreterin Dr. B. am 19.07.2005 die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls. Während der stationären Behandlung vom 22. bis 30.07.2005 im Kreiskrankenhaus R. wurde unter der Diagnose eines Massendiscusprolaps beim Wirbelkörpersegment L 4/5 mit freier Sequesterbildung und Wurzelkompression bei L 4 und L 5 links am 22.07.2005 eine Nukleotomie bei L 4/5 durchgeführt (Entlassungsbericht von Oberarzt Dr. H., Kreiskrankenhaus R., vom 29.07.2005).
Die Ehefrau des Klägers machte bei der Beklagten bei ihrer Vorsprache am 27.07.2005 die Vorfälle vom 30.04. und 09.07.2005 als landwirtschaftliche Unfälle geltend, die die Rückenbeschwerden verursachten (Niederschrift der Beklagten vom 28.07.2005). Die Beklagte holte den Krankheitsbericht der Chefärztin Prof. Dr. E. des Kreiskrankenhaus R. vom 23.09.2005 ein, in der als Erstangaben des Klägers zur Entstehung des diagnostizierten Bandscheibenvorfalls das Ereignis vom 30.04. 2005 und ein Tritt von einer Kuh am 16.07.2005 angegeben wurden. Eine spontane Entstehung des Bandscheibenvorfalls sei wahrscheinlich. Im Schreiben vom 26.08.2005 machte der Kläger Angaben zum Ablauf der Ereignisse am 30.04. und 09.07.2005 und zur Entwicklung der Beschwerdesymptomatik. Auf der Grundlage der eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. J. vom 29.09.2005 teilte die Beklagte mit Schreiben vom 06.10.2005 der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der landwirtschaftlichen Alterskasse mit, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Ereignissen und dem eingetretenen Bandscheibenvorfall bestehe, die beantragte Rehabilitations-Maßnahme sei zu Lasten der Alterskasse abzurechnen. Die Schreiben wurden dem Kläger mit Schreiben vom 06.10.2005 zur Kenntnisnahme übersandt.
Über seinen Klägerbevollmächtigten wandte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 28.10.2005, den die Beklagte als Widerspruch wertete, gegen die Verneinung des ursächlichen Zusammenhangs der Unfallereignisse mit dem Bandscheibenvorfall und verwies auf den vorgelegten Arztbericht von Dr. M. vom 19.10.2005, der den Tritt gegen den linken Oberschenkel am 30.04. 2005 und einen Stoß an die linke Hüfte und linke Flanke am 17.07.2005 als ursächlich für den Massendiskusprolaps bei L 4/5 erachtete. Vor den Unfällen habe der Kläger keinerlei Rückenprobleme gehabt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beschwerden im Bereich der LWS seien beim Kläger nur gelegentlich der versicherten Tätigkeit, jedoch nicht infolge äußerer Einwirkungen aufgetreten. Die Bandscheibe im Bereich des Wirbelkörpersegments L 4/5 sei bereits vor dem Ereignis am 30.04.2005 vorgeschädigt gewesen. Aufgrund körpereigener Ursachen sei es zu dem Bandscheibenvorfall gekommen. Ursache sei damit nicht der Tritt des Jungviehs.
Der Kläger hat am 23.01.2006 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Begehren, den Bandscheibenvorfall als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen.
Das Sozialgericht hat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Prof. Dr. E. vom 10.05.2006 eingeholt, die eine stationäre Behandlung des Klägers vom 22.07. bis 30.07.2005 und ihre Auffassung mitgeteilt hat, dass das Unfallereignis und der Unfallhergang am 30.04. und am 09.07.2005 keine adäquaten Unfälle gewesen seien, um einen Bandscheibenvorfall auszulösen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht das Gutachten von Dr. Spring vom 10.05.2007 eingeholt. Danach sei der Massenprolaps bei L 4/5 ursächlich auf das Ereignis vom 09.07.2005 zurückzuführen. Bei diesem Ereignis sei es wahrscheinlich zu einer explosionsartigen Drehung der LWS bei gleichzeitiger Fixation des Oberschenkels durch die ausschlagende Kuh gekommen, was geeignet gewesen sei, den Bandscheibenvorfall auszulösen. Das Ereignis vom 30.04.2005 sei dagegen nicht geeignet, den Massenprolaps zu erklären.
In dem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 19.09.2007 hat der Sachverständige Prof. Dr. C. einen unfallbedingten Zusammenhang verneint. Der vom Kläger geschilderte Stoß gegen die Wand des Viehanhängers durch den Tritt gegen den linken Oberschenkel am 30.04.2005 und die geschilderte Rumpfrotation am 09.07.2005 seien ungeeignet, einen traumatisch bedingt Bandscheibenvorfall auszulösen. Aus der Kernspintomographie vom 22.07.2005 sei ein erheblicher Verschleiß des Bandscheibenfaches bei L 5/S 1 mit degenerativen Veränderungen der entsprechenden Wirbelbogengelenke ersichtlich. Bereits bei den initial angefertigten Röntgenbildern vom 18.05.2005 sei eine erhebliche Verschmälerung des Bandscheibenfaches zu erkennen. Solche Veränderungen entstünden nicht innerhalb von Stunden oder Tagen, weshalb von einem erheblichen degenerativen Vorschaden der unteren LWS zum Zeitpunkt des zur Debatte stehenden Ereignisses vom 30.04.2005 auszugehen sei. Hinweise auf eine Verletzung der die Bandscheibe umgebenden Strukturen seien aus der Kernspintomographie vom 22.07.2005 nicht ersichtlich. Bei biomechanischen Untersuchungen sei es aber nicht gelungen, traumatisch einen isolierten Bandscheibenvorfall zu produzieren. Als geeignet für die Verursachung eines Bandscheibenvorfalls sei ein axiales Stauchungstrauma anzusehen, was bei der geltend gemachten Prellung der LWS nicht vorgelegen habe. Auch die durch das Ausweichen des Schlages willkürlich eingeleitete Verdrehung des Rumpfes sei nicht geeignet, einen Bandscheibenvorfall hervorzurufen. Das Ereignis vom 09.07.2005 sei lediglich ein Anlassgeschehen, das einen vorbestehenden Bandscheibenvorfall klinisch verschlechtert habe. Dies hätte jedoch auch bei jeder anderen Gelegenheit des täglichen Lebens auftreten können. Aus den Angaben des Klägers, nach dem ersten Unfall am 30.04.2005 immer wieder Beschwerden in Form von in das linke Bein einziehende Schmerzen verspürt zu haben, sei zu vermuten, dass bereits nach dem 30.04.2005 Beschwerden des später operierten Bandscheibenvorfalls bei L 4/5 vorgelegen hatten. Eine unfallbedingte MdE liege nicht vor.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2007 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich auf das Gutachten von Prof. Dr. C. gestützt.
Gegen den ihm am 09.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger beim Sozialgericht am Montag, dem 11.02.2008 Berufung eingelegt mit der Begründung, Prof. Dr. C. habe ausgeführt, dass bereits nach dem ersten Unfall am 30.04.2005 lumboischialgiforme Beschwerden im Bereich des linken Beines aufgetreten seien, was auch Dr. M. in seinem Bericht vom 19.10.2005 beschrieben habe. Angesichts dieser Feststellungen seien seine Ausführungen, dass bei dem zweiten Ereignis am 09.07.2005 nur von einem Anlassgeschehen auszugehen sei, nicht nachvollziehbar. Prof. Dr. C. lasse die Frage offen, weshalb nicht das Ereignis vom 30.04.2005 als Ursache des Bandscheibenvorfalls in Betracht zu ziehen sei. Seine Bewertung, der Eintritt eines Bandscheibenvorfalls sei nur durch eine axiale Krafteinwirkung auszulösen, lasse die entscheidende Frage, weshalb vor dem Ereignis am 30.04. 2005 keinerlei Rückenbeschwerden bestanden hätten, unbeantwortet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe der behandelnde Arzt einen unfallbedingten Zusammenhang bejaht, insoweit werde auf das Schreiben von Dr. M. vom 19.10.2005 bzw. vom 19.12.2005 verwiesen, der auch die Entscheidung der Beklagten als nicht nachvollziehbar angesehen habe. Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge erfordere nur eine Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs. Eine solche Ursächlichkeit dränge sich bei formaler Betrachtung des Sachverhaltes auf. Es werde die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei Prof. Dr. B. beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.12.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Bandscheibenvorfall bei L 4/5 Folge eines am 30.04.2005 bzw. 09.07.2005 erlittenen Arbeitsunfalls ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des angefochtenen Gerichtsbescheids und verweist auf das Gutachten von Prof. Dr. C ...
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten, die sie in Kopie vorgelegt hat, und die Akten des Sozialgerichts beigezogen, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge.
Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig. An der Feststellung besteht auch ein berechtigtes Interesse, weil die Erkrankungen geeignet ist, derzeitige und auch künftige Entschädigungsansprüche auszulösen.
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung liegen jedoch nicht vor. Der Senat ist nicht von einer hinreichende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen dem beim Kläger diagnostizierten Bandscheibenvorfalls bei L 4/5 und den als Arbeitsunfällen geltend gemachten ereignissen vom 30.04. und 09.07.2005 überzeugt.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2 , 3 , 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Tatbestand eines Unfallereignisses i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Ereignisse am 30.04. und 09.07.2005 erfüllt ist. Ob der behauptete Gesundheitserstschaden einer Prellung des linken Oberschenkels und des Rückens am 30.04.2005 als nachgewiesen angesehen werden kann, da erst über zwei Wochen später am 18.05.2005 am Oberschenkel des Klägers ein Hämatom älteren Datums von Dr. B. beschrieben worden ist und eine Rückenprellung durch den Stoß gegen die Wand des Viehanhängers erst zu einem späteren Zeitpunkt behauptet wurde - Dr. B. diagnostizierte am 18.05.2005 eine Zerrung und keine Prellung der LWS, was auf einen anderen geschilderten Unfallablauf hindeutet -, mag offen bleiben. Ebenso ist der Eintritt eines Gesundheitserstschadens beim Ereignis am 09.07.2005 fraglich, denn eine zeitnahe Diagnose der behaupteten Verstärkung von Schmerzen wurde nicht gestellt. Vielmehr hat der Kläger nach eigenen Angaben weitergearbeitet und erst am 19.07.2005 sei beim Ausputzen eines Entwässerungsgrabens mit einer Schaufel ein behandlungsbedürftiger Rückenschmerz aufgetreten (Angaben des Klägers vom 26.08.2005). Auch das Vorliegen eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses als Ursache eines Gesundheitserstschadens ist bei der behaupteten willentlich ablaufenden Ausweichbewegung rechtlich zweifelhaft, denn physiologisch ablaufende Körpereigenbewegungen können auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Grabstein-Urteil) nicht von vornherein als äußere Einwirkung angesehen werden.
Doch selbst wenn zu Gunsten des Klägers für die geltend gemachten Ereignisse jeweils die Voraussetzungen der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII als erfüllt angesehen werden, ist der Senat wie bereits das Sozialgericht nicht von einem hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang der Unfallereignisse mit dem am 22.07.2005 diagnostizierten Massendiskusprolaps bei L 4/5 überzeugt.
Mit dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. C. ist für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass bereits zum Zeitpunkt des ersten Ereignisses am 30.04.2005 beim Kläger eine erheblich degenerativ veränderte untere LWS vorgelegen hat. Prof. Dr. C. hat dies schlüssig mit den in der Kernspintomographie vom 22.07.2005 und in den ab 18.05.2005 gefertigten Röntgenbildern erkennbar gewordenen Verschleißerscheinungen begründet, die sich nicht innerhalb der zwei bis drei Wochen seit dem angeschuldigten Unfallereignis haben entwickeln können. Auch das Schadensbild eines isolierten Bandscheibenvorfalls spricht gegen die Entstehung des Bandscheibenvorfalls durch ein von außen einwirkendes Trauma, weil die zum Zerreisen von Bandscheibengewebe erforderlichen einwirkenden Kräfte auch an den die Bandscheibe umgebenden knöchernen und weichteiligen Strukturen Verletzungen hervorrufen. Zudem war für beide geltend gemachten Ereignisse der zu unterstellende Unfallablauf nach Prof. Dr. C. nicht geeignet, eine Bandscheibenverletzung hervorzurufen. Die unfallbedingte Verursachung eines Bandscheibenvorfalls setzt nach Prof. Dr. C. eine bestimmte Richtung und Größe der einwirkenden Kraft voraus. Sowohl die Intensität als auch die bei beiden Ereignissen anzunehmende Richtung der einwirkenden Kräfte erfüllten nach Prof. Dr. C. nicht diese Kriterien.
Zur Überzeugung des Senats ist daher bei den unterstellten Unfällen nicht von einer wesentlichen Bedingung für die Auslösung einer bislang stummen Schadensanlage auszugehen. Wesentlich für das akute Auftreten von Rückenbeschwerden der latenten Schadensanlage war nach Prof. Dr. C. die Ausprägung der vorbestehenden degenerativen Veränderungen an der unteren LWS. Auch wenn die bei den Ereignissen aufgetretenen, auf die LWS einwirkenden Kräfte neben den degenerativen Veränderungen teilursächlich für das Akutwerden der Beschwerdesymptomatik des Bandscheibenvorfalls waren, ist auf Grund der überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. C. der nachgewiesenen unfallunabhängigen Schadensanlage rechtlich die überragende Bedeutung für das Entstehen der symptomatisch gewordenen Bandscheibenerkrankung zuzumessen. Die röntgenologisch nachgewiesene deutliche Ausprägung der Degenerationserscheinungen an der unteren LWS, die allenfalls geringfügige Intensität einer denkbaren Einwirkung eines schadensungeeigneten Unfallablaufs auf die betroffene Bandscheibe im Segment L 4/5 sowie die ab 30.04.2005 einsetzende, sich nur allmählich entwickelnde, mit anfangs nur zeitweise ischialgiförmig auftretenden Schmerzen und daher nur verzögert aufgetretener typischer Beschwerdesymptomatik sind Umstände, die mehr für einen unfallunabhängigen und gegen einen unfallbedingten Zusammenhang sprechen. Diese Bewertung wird noch dadurch bestätigt, dass die eigentliche, behandlungsbedürftige Beschwerdesymptomatik nach Vorbringen des Klägers während Bewegungsabläufe aufgetreten sein soll - nach seiner Einschätzung sogar verursacht worden sein soll -, die auch sonst im Alltag vorkommen, nämlich eine Körperdrehung, wie am 09.07.2005, oder das Anheben einer geringen Last mit Körperdrehung oder in leicht gebeugter Körperhaltung, wie es bei Arbeiten mit einer Schaufel während des geschilderten Vorfalls am 19.07.2005 der Fall gewesen ist. Auch dies lässt den Rückschluss darauf zu, dass die nachgewiesene unfallvorbestehende Schadensanlage bereits so stark ausgeprägt war, dass jedes andere alltägliche Ereignis auch die Beschwerdesymptomatik ausgelöst hätte.
Diese Gesichtspunkte sind von Dr. S. in seinem Gutachten nicht berücksichtigt worden. Soweit er auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen geltend gemachtem Unfall am 09.07.2005 und aufgetretener Beschwerdesymptomatik abstellt, ist dies nach den anzuwendenden Bewertungsgrundsätzen für die Zusammenhangsbeurteilung nicht überzeugend. Auch der Hinweis des Klägers, dass bandscheibentypische Beschwerden bereits nach dem 30.04.2005 aufgetreten seien, wie Prof. Dr. C. und Dr. M. es darlegen würden, gibt nach den obigen Ausführungen keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Der Senat hat aufgrund des überzeugenden Gutachtens von Prof. Dr. C. den entscheidungsrelevanten medizinischen Sachverhalt als aufgeklärt angesehen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen haben sich dem Senat nicht aufgedrängt. Aufklärungsbedürftige Sachverhalte hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Der Senat war auch nicht gehalten, dem wiederholten Antrag des Klägers nach § 109 SGG auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. B. stattzugeben.
Von dem Antragsrecht nach § 109 SGG machte der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren Gebrauch, worauf das Sozialgericht das Gutachten des Dr. S. eingeholt hat. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich nur bei Vorliegen besonderer Umstände (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 109 Rdnr. 10b). Solche sind nicht gegeben. Ein Grund zur wiederholten Anhörung des Arztes oder eines anderen Arztes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass aus dem Gutachten des Sachverständigen nach § 109 SGG zu erkennen ist, dass er nicht kompetent war oder das Gutachten sonstige Mängel enthält (vgl. Keller a. a. O.). Gründe, die eine nochmalige Anhörung eines Sachverständigen nach § 109 SGG rechtfertigen, sind nicht vorgetragen, obgleich der Kläger mit richterlicher Verfügung vom 06.05.2008 auf die Grundsätze zum wiederholten Antrag nach § 109 SGG hingewiesen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein beim Kläger diagnostizierter Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule (LWS) auf die als Arbeitsunfall geltend gemachten Ereignisse vom 30.04.2005 und 09.07.2005 zurückzuführen ist.
Der 1957 geborene Kläger ist Landwirt. Am 30.04.2005 transportierte er Rinder mit einem Viehwagen auf die Weide. Beim Heraustreiben von zwei oder drei im Viehwagen verbliebenen Jungtieren erhielt er seinen Angaben zufolge einen Tritt auf den linken Oberschenkel. Am 15.05.2005 (Pfingstsonntag) suchte er den ärztlichen Notdienst wegen Zunahme ausstrahlender Schmerzen in das linke Bein auf (Arztbericht von Dr. M. vom 19.10.2005) und am 18.05.2005 Dr. B. wegen Schmerzen in der LWS und im linken Oberschenkel auf. Dr. B. erhob im Bereich des linken Oberschenkels im körperfernen Drittel eine gelblich-blaue Verfärbung älteren Datums und bei der Untersuchung in Bauchlage einen Druckschmerz im Bereich der Spina iliaca posterior superior (hinterer oberer Darmbeinstachel). Der Röntgenbefund der LWS habe keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung oder degenerative Veränderungen ergeben. Dr. B. diagnostizierte eine Prellung und intramuskuläre Hämatombildung des linken Oberschenkels und eine Zerrung der linken Hüfte und unteren LWS (Arztbericht von Dr. B. vom 18.05.2005).
Am 09.07.2005 wich der Kläger eigenen Angaben zufolge dem Stoß einer Kuh mit einer Körperdrehung aus, was zu Schmerzen führte. Nach Dr. M. stellte die aufgesuchte Urlaubsvertreterin Dr. B. am 19.07.2005 die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls. Während der stationären Behandlung vom 22. bis 30.07.2005 im Kreiskrankenhaus R. wurde unter der Diagnose eines Massendiscusprolaps beim Wirbelkörpersegment L 4/5 mit freier Sequesterbildung und Wurzelkompression bei L 4 und L 5 links am 22.07.2005 eine Nukleotomie bei L 4/5 durchgeführt (Entlassungsbericht von Oberarzt Dr. H., Kreiskrankenhaus R., vom 29.07.2005).
Die Ehefrau des Klägers machte bei der Beklagten bei ihrer Vorsprache am 27.07.2005 die Vorfälle vom 30.04. und 09.07.2005 als landwirtschaftliche Unfälle geltend, die die Rückenbeschwerden verursachten (Niederschrift der Beklagten vom 28.07.2005). Die Beklagte holte den Krankheitsbericht der Chefärztin Prof. Dr. E. des Kreiskrankenhaus R. vom 23.09.2005 ein, in der als Erstangaben des Klägers zur Entstehung des diagnostizierten Bandscheibenvorfalls das Ereignis vom 30.04. 2005 und ein Tritt von einer Kuh am 16.07.2005 angegeben wurden. Eine spontane Entstehung des Bandscheibenvorfalls sei wahrscheinlich. Im Schreiben vom 26.08.2005 machte der Kläger Angaben zum Ablauf der Ereignisse am 30.04. und 09.07.2005 und zur Entwicklung der Beschwerdesymptomatik. Auf der Grundlage der eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. J. vom 29.09.2005 teilte die Beklagte mit Schreiben vom 06.10.2005 der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der landwirtschaftlichen Alterskasse mit, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Ereignissen und dem eingetretenen Bandscheibenvorfall bestehe, die beantragte Rehabilitations-Maßnahme sei zu Lasten der Alterskasse abzurechnen. Die Schreiben wurden dem Kläger mit Schreiben vom 06.10.2005 zur Kenntnisnahme übersandt.
Über seinen Klägerbevollmächtigten wandte sich der Kläger mit Schriftsatz vom 28.10.2005, den die Beklagte als Widerspruch wertete, gegen die Verneinung des ursächlichen Zusammenhangs der Unfallereignisse mit dem Bandscheibenvorfall und verwies auf den vorgelegten Arztbericht von Dr. M. vom 19.10.2005, der den Tritt gegen den linken Oberschenkel am 30.04. 2005 und einen Stoß an die linke Hüfte und linke Flanke am 17.07.2005 als ursächlich für den Massendiskusprolaps bei L 4/5 erachtete. Vor den Unfällen habe der Kläger keinerlei Rückenprobleme gehabt. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beschwerden im Bereich der LWS seien beim Kläger nur gelegentlich der versicherten Tätigkeit, jedoch nicht infolge äußerer Einwirkungen aufgetreten. Die Bandscheibe im Bereich des Wirbelkörpersegments L 4/5 sei bereits vor dem Ereignis am 30.04.2005 vorgeschädigt gewesen. Aufgrund körpereigener Ursachen sei es zu dem Bandscheibenvorfall gekommen. Ursache sei damit nicht der Tritt des Jungviehs.
Der Kläger hat am 23.01.2006 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben mit dem Begehren, den Bandscheibenvorfall als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen.
Das Sozialgericht hat die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Prof. Dr. E. vom 10.05.2006 eingeholt, die eine stationäre Behandlung des Klägers vom 22.07. bis 30.07.2005 und ihre Auffassung mitgeteilt hat, dass das Unfallereignis und der Unfallhergang am 30.04. und am 09.07.2005 keine adäquaten Unfälle gewesen seien, um einen Bandscheibenvorfall auszulösen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht das Gutachten von Dr. Spring vom 10.05.2007 eingeholt. Danach sei der Massenprolaps bei L 4/5 ursächlich auf das Ereignis vom 09.07.2005 zurückzuführen. Bei diesem Ereignis sei es wahrscheinlich zu einer explosionsartigen Drehung der LWS bei gleichzeitiger Fixation des Oberschenkels durch die ausschlagende Kuh gekommen, was geeignet gewesen sei, den Bandscheibenvorfall auszulösen. Das Ereignis vom 30.04.2005 sei dagegen nicht geeignet, den Massenprolaps zu erklären.
In dem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 19.09.2007 hat der Sachverständige Prof. Dr. C. einen unfallbedingten Zusammenhang verneint. Der vom Kläger geschilderte Stoß gegen die Wand des Viehanhängers durch den Tritt gegen den linken Oberschenkel am 30.04.2005 und die geschilderte Rumpfrotation am 09.07.2005 seien ungeeignet, einen traumatisch bedingt Bandscheibenvorfall auszulösen. Aus der Kernspintomographie vom 22.07.2005 sei ein erheblicher Verschleiß des Bandscheibenfaches bei L 5/S 1 mit degenerativen Veränderungen der entsprechenden Wirbelbogengelenke ersichtlich. Bereits bei den initial angefertigten Röntgenbildern vom 18.05.2005 sei eine erhebliche Verschmälerung des Bandscheibenfaches zu erkennen. Solche Veränderungen entstünden nicht innerhalb von Stunden oder Tagen, weshalb von einem erheblichen degenerativen Vorschaden der unteren LWS zum Zeitpunkt des zur Debatte stehenden Ereignisses vom 30.04.2005 auszugehen sei. Hinweise auf eine Verletzung der die Bandscheibe umgebenden Strukturen seien aus der Kernspintomographie vom 22.07.2005 nicht ersichtlich. Bei biomechanischen Untersuchungen sei es aber nicht gelungen, traumatisch einen isolierten Bandscheibenvorfall zu produzieren. Als geeignet für die Verursachung eines Bandscheibenvorfalls sei ein axiales Stauchungstrauma anzusehen, was bei der geltend gemachten Prellung der LWS nicht vorgelegen habe. Auch die durch das Ausweichen des Schlages willkürlich eingeleitete Verdrehung des Rumpfes sei nicht geeignet, einen Bandscheibenvorfall hervorzurufen. Das Ereignis vom 09.07.2005 sei lediglich ein Anlassgeschehen, das einen vorbestehenden Bandscheibenvorfall klinisch verschlechtert habe. Dies hätte jedoch auch bei jeder anderen Gelegenheit des täglichen Lebens auftreten können. Aus den Angaben des Klägers, nach dem ersten Unfall am 30.04.2005 immer wieder Beschwerden in Form von in das linke Bein einziehende Schmerzen verspürt zu haben, sei zu vermuten, dass bereits nach dem 30.04.2005 Beschwerden des später operierten Bandscheibenvorfalls bei L 4/5 vorgelegen hatten. Eine unfallbedingte MdE liege nicht vor.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2007 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es sich auf das Gutachten von Prof. Dr. C. gestützt.
Gegen den ihm am 09.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger beim Sozialgericht am Montag, dem 11.02.2008 Berufung eingelegt mit der Begründung, Prof. Dr. C. habe ausgeführt, dass bereits nach dem ersten Unfall am 30.04.2005 lumboischialgiforme Beschwerden im Bereich des linken Beines aufgetreten seien, was auch Dr. M. in seinem Bericht vom 19.10.2005 beschrieben habe. Angesichts dieser Feststellungen seien seine Ausführungen, dass bei dem zweiten Ereignis am 09.07.2005 nur von einem Anlassgeschehen auszugehen sei, nicht nachvollziehbar. Prof. Dr. C. lasse die Frage offen, weshalb nicht das Ereignis vom 30.04.2005 als Ursache des Bandscheibenvorfalls in Betracht zu ziehen sei. Seine Bewertung, der Eintritt eines Bandscheibenvorfalls sei nur durch eine axiale Krafteinwirkung auszulösen, lasse die entscheidende Frage, weshalb vor dem Ereignis am 30.04. 2005 keinerlei Rückenbeschwerden bestanden hätten, unbeantwortet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe der behandelnde Arzt einen unfallbedingten Zusammenhang bejaht, insoweit werde auf das Schreiben von Dr. M. vom 19.10.2005 bzw. vom 19.12.2005 verwiesen, der auch die Entscheidung der Beklagten als nicht nachvollziehbar angesehen habe. Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge erfordere nur eine Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs. Eine solche Ursächlichkeit dränge sich bei formaler Betrachtung des Sachverhaltes auf. Es werde die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei Prof. Dr. B. beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.12.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Bandscheibenvorfall bei L 4/5 Folge eines am 30.04.2005 bzw. 09.07.2005 erlittenen Arbeitsunfalls ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen des angefochtenen Gerichtsbescheids und verweist auf das Gutachten von Prof. Dr. C ...
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten, die sie in Kopie vorgelegt hat, und die Akten des Sozialgerichts beigezogen, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des geltend gemachten Bandscheibenvorfalls als Unfallfolge.
Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG zulässig. An der Feststellung besteht auch ein berechtigtes Interesse, weil die Erkrankungen geeignet ist, derzeitige und auch künftige Entschädigungsansprüche auszulösen.
Die Voraussetzungen für die begehrte Feststellung liegen jedoch nicht vor. Der Senat ist nicht von einer hinreichende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen dem beim Kläger diagnostizierten Bandscheibenvorfalls bei L 4/5 und den als Arbeitsunfällen geltend gemachten ereignissen vom 30.04. und 09.07.2005 überzeugt.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2 , 3 , 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156 , 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. H.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. mH auf BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Gesundheitsstörung nicht vor.
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Tatbestand eines Unfallereignisses i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für die Ereignisse am 30.04. und 09.07.2005 erfüllt ist. Ob der behauptete Gesundheitserstschaden einer Prellung des linken Oberschenkels und des Rückens am 30.04.2005 als nachgewiesen angesehen werden kann, da erst über zwei Wochen später am 18.05.2005 am Oberschenkel des Klägers ein Hämatom älteren Datums von Dr. B. beschrieben worden ist und eine Rückenprellung durch den Stoß gegen die Wand des Viehanhängers erst zu einem späteren Zeitpunkt behauptet wurde - Dr. B. diagnostizierte am 18.05.2005 eine Zerrung und keine Prellung der LWS, was auf einen anderen geschilderten Unfallablauf hindeutet -, mag offen bleiben. Ebenso ist der Eintritt eines Gesundheitserstschadens beim Ereignis am 09.07.2005 fraglich, denn eine zeitnahe Diagnose der behaupteten Verstärkung von Schmerzen wurde nicht gestellt. Vielmehr hat der Kläger nach eigenen Angaben weitergearbeitet und erst am 19.07.2005 sei beim Ausputzen eines Entwässerungsgrabens mit einer Schaufel ein behandlungsbedürftiger Rückenschmerz aufgetreten (Angaben des Klägers vom 26.08.2005). Auch das Vorliegen eines von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses als Ursache eines Gesundheitserstschadens ist bei der behaupteten willentlich ablaufenden Ausweichbewegung rechtlich zweifelhaft, denn physiologisch ablaufende Körpereigenbewegungen können auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Grabstein-Urteil) nicht von vornherein als äußere Einwirkung angesehen werden.
Doch selbst wenn zu Gunsten des Klägers für die geltend gemachten Ereignisse jeweils die Voraussetzungen der Legaldefinition des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII als erfüllt angesehen werden, ist der Senat wie bereits das Sozialgericht nicht von einem hinreichend wahrscheinlichen Zusammenhang der Unfallereignisse mit dem am 22.07.2005 diagnostizierten Massendiskusprolaps bei L 4/5 überzeugt.
Mit dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. C. ist für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass bereits zum Zeitpunkt des ersten Ereignisses am 30.04.2005 beim Kläger eine erheblich degenerativ veränderte untere LWS vorgelegen hat. Prof. Dr. C. hat dies schlüssig mit den in der Kernspintomographie vom 22.07.2005 und in den ab 18.05.2005 gefertigten Röntgenbildern erkennbar gewordenen Verschleißerscheinungen begründet, die sich nicht innerhalb der zwei bis drei Wochen seit dem angeschuldigten Unfallereignis haben entwickeln können. Auch das Schadensbild eines isolierten Bandscheibenvorfalls spricht gegen die Entstehung des Bandscheibenvorfalls durch ein von außen einwirkendes Trauma, weil die zum Zerreisen von Bandscheibengewebe erforderlichen einwirkenden Kräfte auch an den die Bandscheibe umgebenden knöchernen und weichteiligen Strukturen Verletzungen hervorrufen. Zudem war für beide geltend gemachten Ereignisse der zu unterstellende Unfallablauf nach Prof. Dr. C. nicht geeignet, eine Bandscheibenverletzung hervorzurufen. Die unfallbedingte Verursachung eines Bandscheibenvorfalls setzt nach Prof. Dr. C. eine bestimmte Richtung und Größe der einwirkenden Kraft voraus. Sowohl die Intensität als auch die bei beiden Ereignissen anzunehmende Richtung der einwirkenden Kräfte erfüllten nach Prof. Dr. C. nicht diese Kriterien.
Zur Überzeugung des Senats ist daher bei den unterstellten Unfällen nicht von einer wesentlichen Bedingung für die Auslösung einer bislang stummen Schadensanlage auszugehen. Wesentlich für das akute Auftreten von Rückenbeschwerden der latenten Schadensanlage war nach Prof. Dr. C. die Ausprägung der vorbestehenden degenerativen Veränderungen an der unteren LWS. Auch wenn die bei den Ereignissen aufgetretenen, auf die LWS einwirkenden Kräfte neben den degenerativen Veränderungen teilursächlich für das Akutwerden der Beschwerdesymptomatik des Bandscheibenvorfalls waren, ist auf Grund der überzeugenden Ausführungen im Gutachten von Prof. Dr. C. der nachgewiesenen unfallunabhängigen Schadensanlage rechtlich die überragende Bedeutung für das Entstehen der symptomatisch gewordenen Bandscheibenerkrankung zuzumessen. Die röntgenologisch nachgewiesene deutliche Ausprägung der Degenerationserscheinungen an der unteren LWS, die allenfalls geringfügige Intensität einer denkbaren Einwirkung eines schadensungeeigneten Unfallablaufs auf die betroffene Bandscheibe im Segment L 4/5 sowie die ab 30.04.2005 einsetzende, sich nur allmählich entwickelnde, mit anfangs nur zeitweise ischialgiförmig auftretenden Schmerzen und daher nur verzögert aufgetretener typischer Beschwerdesymptomatik sind Umstände, die mehr für einen unfallunabhängigen und gegen einen unfallbedingten Zusammenhang sprechen. Diese Bewertung wird noch dadurch bestätigt, dass die eigentliche, behandlungsbedürftige Beschwerdesymptomatik nach Vorbringen des Klägers während Bewegungsabläufe aufgetreten sein soll - nach seiner Einschätzung sogar verursacht worden sein soll -, die auch sonst im Alltag vorkommen, nämlich eine Körperdrehung, wie am 09.07.2005, oder das Anheben einer geringen Last mit Körperdrehung oder in leicht gebeugter Körperhaltung, wie es bei Arbeiten mit einer Schaufel während des geschilderten Vorfalls am 19.07.2005 der Fall gewesen ist. Auch dies lässt den Rückschluss darauf zu, dass die nachgewiesene unfallvorbestehende Schadensanlage bereits so stark ausgeprägt war, dass jedes andere alltägliche Ereignis auch die Beschwerdesymptomatik ausgelöst hätte.
Diese Gesichtspunkte sind von Dr. S. in seinem Gutachten nicht berücksichtigt worden. Soweit er auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen geltend gemachtem Unfall am 09.07.2005 und aufgetretener Beschwerdesymptomatik abstellt, ist dies nach den anzuwendenden Bewertungsgrundsätzen für die Zusammenhangsbeurteilung nicht überzeugend. Auch der Hinweis des Klägers, dass bandscheibentypische Beschwerden bereits nach dem 30.04.2005 aufgetreten seien, wie Prof. Dr. C. und Dr. M. es darlegen würden, gibt nach den obigen Ausführungen keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Der Senat hat aufgrund des überzeugenden Gutachtens von Prof. Dr. C. den entscheidungsrelevanten medizinischen Sachverhalt als aufgeklärt angesehen. Weitere Ermittlungen von Amts wegen haben sich dem Senat nicht aufgedrängt. Aufklärungsbedürftige Sachverhalte hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Der Senat war auch nicht gehalten, dem wiederholten Antrag des Klägers nach § 109 SGG auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. B. stattzugeben.
Von dem Antragsrecht nach § 109 SGG machte der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren Gebrauch, worauf das Sozialgericht das Gutachten des Dr. S. eingeholt hat. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich nur bei Vorliegen besonderer Umstände (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 109 Rdnr. 10b). Solche sind nicht gegeben. Ein Grund zur wiederholten Anhörung des Arztes oder eines anderen Arztes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass aus dem Gutachten des Sachverständigen nach § 109 SGG zu erkennen ist, dass er nicht kompetent war oder das Gutachten sonstige Mängel enthält (vgl. Keller a. a. O.). Gründe, die eine nochmalige Anhörung eines Sachverständigen nach § 109 SGG rechtfertigen, sind nicht vorgetragen, obgleich der Kläger mit richterlicher Verfügung vom 06.05.2008 auf die Grundsätze zum wiederholten Antrag nach § 109 SGG hingewiesen worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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