L 10 R 3111/08 AK-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 287/08 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3111/08 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 10.04.2008 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die am 13.05.2008 beim Sozialgericht Heilbronn eingegangene Beschwerde der Klägerin gegen den ihr am 17.04.2008 zugestellten Beschluss vom 10.04.2008 über die Ablehnung einer Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht statthaft.

Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 202 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 572 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die Beschwerde gegen - wie hier - Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG in der Fassung des Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444), gültig seit 01.04.2008 (Art. 5 des Gesetzes), ausgeschlossen und daher nicht statthaft.

Gegen diese seit 01.04.2008 geltende gesetzliche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) dadurch nicht verletzt (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30.06.2008, L 8 AL 2278/08 PKH-B, auch zum Nachfolgenden). Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird. Ein bestimmter Instanzenzug bzw. mehr als eine Tatsacheninstanz ist durch dieses Verfahrensgrundrecht jedoch nicht garantiert (st. Rpsr des BVerfG vgl. Kammerbeschluss vom 09.06.1993, 1 BvR 938/93). Dementsprechend ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn durch die gesetzliche Neuregelung die Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen der Sozialgerichte nach § 193 SGG ausgeschlossen ist und keine weitere Instanz zur Verfügung steht. Im Übrigen hat der Gesetzgeber insoweit lediglich das sozialgerichtliche Verfahren der Rechtslage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angepasst. Dort bestimmt § 158 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, dass eine Entscheidung über die Kosten unanfechtbar ist, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist.

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung weitere verfassungsrechtliche Bedenken äußert und behauptet, die Anwendung des gemäß Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 zum 01.04.2008 in Kraft getretenen Rechts sei von subjektiven Gründen abhängig, da die Entscheidung vom Sozialgericht schon vor dem 31.03.2008 hätte getroffen werden können, folgt ihr der Senat schon aus tatsächlichen Gründen nicht. Es trifft nicht zu, dass der am 06.12.2007 beim Sozialgericht gestellte Antrag nach § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG schon früher hätte beschieden werden können. Ausweislich der Akten ist die Stellungnahme der Beklagten zu diesem Antrag Ende Januar 2008 beim Sozialgericht eingegangen, allerdings ohne die für die Entscheidung erforderlichen Verwaltungsakten. Diese sind von der Beklagten noch für die Bearbeitung eines Verwaltungsvorganges benötigt (Mitteilung vom 12.03.2008 an das Sozialgericht: eine Rückantwort des Bevollmächtigten der Klägerin stehe noch aus) und am 10.04.2008, also nach Inkrafttreten der in Rede stehenden Regelung dem Sozialgericht vorgelegt worden.

Im Übrigen handelt es sich bei Art. 5 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 um eine Stichtagsregelung. Zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte dürfen Stichtage aber eingeführt werden, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 26.06.2007, 1 BvR 2204/00, 1 BvR 1355/03 m.w.N.). Sie unterliegen der verfassungsrechtlichen Überprüfung nur daraufhin, ob der Gesetzgeber den ihm bei der Stichtagsregelung zukommenden Gestaltungsfreiraum in sachgerechter Weise genutzt, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und ob sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken. Der Gesetzgeber hat den Instanzenzug für Kostengrundentscheidungen mit praktisch sofortiger Wirkung begrenzt und damit eine erforderliche und mit der gesetzlichen Änderung auch beabsichtigte (vgl. BRDrs. 820/07 S. 1) Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit herbeigeführt. Die Annahme eines bewussten und damit willkürlichen Hinauszögerns der Entscheidung durch die Sozialgerichte, um eine Unanfechtbarkeit zu Erreichen, erscheint angesichts des erst am 31.03.2008 und damit am Tag vor seinem Inkrafttreten verkündeten Gesetzes ohnehin fernliegend.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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