L 6 B 198/07 SF

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 29 SF 154/07
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 198/07 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Gebührentatbestand Nr. 3103 VV RVG gilt nicht nur für Klageverfahren, sondern auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Januar 2007 - Az.: L 15 B 224/06 AS, SG Aurich, Beschluss vom 9. Mai 2006 - Az.: S 25 SF 20/05 AS; a.A. SG Lüneburg, Beschluss vom 18. April 2007 - Az.: S 25 SF 34/06).

Grundsätzlich sind bei jeder Rahmengebühr die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG gesondert zu prüfen (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Juni 2007 - Az.: L 6 B 80/07 SF; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006 - Az.: L 1 B 320/05 SF SK).
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 10. September 2007 werden zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Gotha streitig (Az.: S 29 AS 2679/06 ER).

Die Beschwerdeführerin zu 1. ist Rechtsanwältin und vertrat die Antragstellerin bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der ARGE SGB II Weimar/Apolda (Antragsgegnerin), in dem diese Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 622,65 Euro bewilligt hatte. Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2006 erhob sie Klage (Az.: S 29 AS 2058/06) und beantragte am 8. August 2006, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab 1. August 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 783,04 Euro zu gewähren. In der nichtöffentlichen Sitzung am 3. November 2006 (Dauer lt. Niederschrift: 70 Minuten) erörterte die Kammervorsitzende den Sachverhalt mit den Beteiligten. Sie bewilligte der Antragstellerin mit Beschluss vom 6. November 2006 Prozesskostenhilfe ab 27. September 2006, ordnete die Beschwerdeführerin zu 1. bei und verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. November 2006 zur Zahlung von weiteren Leistungen vom 27. bis 30. September 2006 in Höhe von 21,39 Euro und vom 1. bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 160,39 Euro. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Die Antragsgegnerin habe ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

In ihrem Kostenerstattungsantrag vom 13. November 2006 begehrte die Beschwerdeführerin zu 1. die Erstattung folgender Gebühren:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 Euro zzgl. Erhöhung um 20 v.H. 50,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG (65 km x 2 x 0,30 Euro) 39,00 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 Euro 579,00 Euro 16 v.H. Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 92,64 Euro 671,64 Euro

Unter dem 29. November 2006 wandte die Antragsgegnerin ein, nach der "ständigen LSG-Rechtsprechung" sei für das Antragsverfahren lediglich ein Anteil von einem Drittel des Beitragsrahmens anzusetzen.

Mit Verfügung vom 3. Januar 2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattende Gebühr auf 339,88 Euro fest. Im Zeitpunkt der Beiordnung habe die Beschwerdeführerin zu 1. den Erörterungstermin wahrgenommen, zwei Schriftsätze gefertigt und die Antragstellerin beraten. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien so unterdurchschnittlich, dass die Mittelgebühr nicht gerechtfertigt sei. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin sei im Vergleich zu anderen Sozialrechtsstreitigkeiten unterdurchschnittlich.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin zu 1. am 8. Januar 2007 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, aufgrund der existentiellen Wichtigkeit des Verfahrens für die Antragstellerin und einer mehr als durchschnittlichen anwaltlichen Tätigkeit sei für die Verfahrens- und die Terminsgebühr die Mittelgebühr zuzüglich einer Erhöhung um 20 v.H. angemessen. Nicht nachvollziehbar sei die Kürzung des Abwesenheitsgeldes auf 15,00 Euro. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Der Beschwerdeführer zu 2. hat unter dem 21. Mai 2007 beantragt, die zu zahlende Vergütung auf 345,68 Euro festzusetzen. Die Kriterien des § 14 RVG seien in gleicher Gewichtung heranzuziehen. Die Angelegenheit sei für die Antragstellerin durchschnittlich bedeutend gewesen, ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse seien weit unterdurchschnittlich. Angesichts der Fertigung von drei Schriftsätzen und Teilnahme an dem Erörterungstermin erscheine die anwaltliche Tätigkeit hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit unterdurchschnittlich.

Mit Beschluss vom 10. September 2007 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu leistende Vergütung auf 513,88 Euro festgesetzt und die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zu erstatten sei die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 170,00 Euro. Aufgrund des regelmäßig niedrigeren Aufwandes sei auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86 b Abs. 2 SGG entsprechend dem Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 18. Januar 2007 – Az.: L 15 B 224/06 grundsätzlich auf den Gebührentatbestand der Nr. 3103 VV RVG abzustellen. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin im sozialgerichtlichen Eilverfahren werde regelmäßig dadurch erleichtert, dass sie in derselben Sache bereits im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren tätig geworden sei. Bezüglich der Höhe der Gebühr sei ein Abweichen von der Mittelgebühr in Höhe von 170,00 Euro nicht gerechtfertigt. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin zu 1. und die Bedeutung der Angelegenheit seien als durchschnittlich zu bewerten; die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse seien eher unterdurchschnittlich. Anhaltspunkte für eine Erhöhung durch das Haftungsrisiko bestünden nicht. Nicht unangemessen sei angesichts einer Verhandlungsdauer von 70 Minuten die Mittelgebühr für die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 200,00 Euro.

Gegen den Beschluss haben die Beschwerdeführerin zu 1.und der Beschwerdeführer zu 2. Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerdeführerin zu 1. hat zur Begründung angeführt, die Dauer eines Verfahrens könne nicht allein ausschlaggebend für die Höhe sein. Der kurzen Dauer eines Eilverfahrens stehe der erhöhte Aufwand zur schnellen Einreichung des Eilantrags gegenüber. Wenn der Gesetzgeber eine niedrigere Vergütung für die Tätigkeit in einem Eilverfahren gewollt hätte, hätte er dies in der Gebührentabelle so einführen können, was er aber nicht getan habe. Im Übrigen habe die Angelegenheit für die Antragstellerin eine überdurchschnittliche Bedeutung gehabt, denn die Entgeltersatzleistungen dienten der Sicherstellung grundlegenster Bedürfnisse.

Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 29. September 2007 aufzuheben, die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2. zurückzuweisen und die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 671,64 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdeführer zu 2. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 29. September 2007 aufzuheben, die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1. zurückzuweisen und die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 345,68 Euro festzusetzen.

Zur Begründung verweist er auf seinen Antrag vom 21. Mai 2007 und die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 3. Januar 2007.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 2. Oktober 2007) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Beide Beschwerden sind nach § 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 und 3 RVG zulässig, weil sie das Sozialgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung im Beschluss zugelassen hat und sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt worden sind (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG)).

Der Senat entscheidet durch die Berufsrichter des Senats, nachdem der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat mit Beschluss vom 4. März 2008 wegen grundsätzlicher Bedeutung nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 2 RVG übertragen hat.

Die Beschwerden sind unbegründet. Zu Recht hat die Vorinstanz die Vergütung der Beschwerdeführerin zu 1. auf 513,88 Euro festgesetzt

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Es handelte sich bei der Antragstellerin des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutzes als Versicherte um eine kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG.

Zu Recht hat die Vorinstanz die der Beschwerdeführerin zu 1. zustehende Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG nur in der reduzierten Höhe nach Nr. 3103 VV RVG zugesprochen. Nach seiner Definition beträgt die Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 20,00 bis 320,00 Euro (statt 40 bis 460,00 Euro), wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im weiteren, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienenden Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall vor.

Unzweifelhaft findet die Sondervorschrift Nr. 3103 VV RVG Anwendung für die Gebühren eines dem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren folgenden Klageverfahrens (vgl. Madert in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 17. Auflage 2006, VV 3103 Rdnr. 2). Sie greift aber auch dann ein, wenn statt dessen ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG geführt wird.

Dieser Auslegung steht der Wortlaut der Regelung nicht entgegen (so aber SG Lüneburg, Beschluss vom 18. April 2007 - Az.: S 25 SF 34/06, nach juris). Richtig ist, dass "vorausgegangen" ein zeitlich früheres Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren voraussetzt. Diese Voraussetzung liegt hier auch vor. Ob das Verfahren zusätzlich abgeschlossen sein muss (so das SG Lüneburg), erscheint zweifelhaft, kann hier aber dahingestellt bleiben, weil ein Widerspruchsbescheid vor der Antragstellung ergangen ist.

Der Senat folgt nicht der Ansicht des SG Lüneburg, dass das Vor- bzw. Widerspruchsverfahren in ein Klageverfahren "eingemündet" sein muss und Nr. 3103 VV RVG nur dann in Betracht kommt, wenn es sich um "denselben Streitgegenstand" handle. Für die einschränkende Auslegung gibt der Wortlaut keinen Anhalt. Vielmehr ist Nr. 3103 VV RVG immer dann anzuwenden, wenn eine Tätigkeit im zeitlich früheren Widerspruchsverfahren vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Dessen niedrigere Gebühr soll berücksichtigen, dass die frühere Tätigkeit die im gerichtlichen Verfahren "durchaus erleichtert" und damit einen entsprechenden Aufwand erspart (BT-Drucksache 15/1971 S. 212). Dies gilt nicht nur für ein Klageverfahren, sondern auch für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Januar 2007 - Az.: L 15 B 224/06 AS KO; SG Aurich; Beschluss vom 9. Mai 2006 – Az.: S 25 SF 20/05 AS, beide nach juris). Die Prüfung und der Vortrag des Rechtsanwalts sind hinsichtlich des Anordnungsanspruchs deckungsgleich mit den materiell-rechtlichen Anforderungen der Widerspruchsbegründung. Dass zusätzlich der Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden muss, steht dem nicht entgegen, denn dieser Aufwand tritt üblicherweise gegenüber dem Aufwand für die Begründung des Anordnungsanspruchs erheblich zurück.

Für die geminderte Verfahrensgebühr ist eine Mittelgebühr in Höhe von 170,00 Euro angemessen. Die Höhe bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 – Az.: VI ZR 261/05, nach juris).Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 – Az.: L 6 B 80/07 SF; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006 – Az.: L 1 B 320/05 SF SK, nach juris). Dies ist hier der Fall, wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat. Die von der Beschwerdeführerin zu 1. geforderte Gebühr von insgesamt 450,00 Euro ist auch unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze nicht angemessen. Der Senat hält wie die Vorinstanz eine Gebühr von 370,00 Euro für akzeptabel.

Darauf hingewiesen wird, dass eine "gleiche Gewichtung" der Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG, wie vom Beschwerdeführer zu 2. im Verlauf des Verfahrens geltend gemacht, nicht in Betracht kommt (so schon Senatsbeschlüsse vom 30. August 2002 – Az.: L 6 B 3/02 SF, 6. Oktober 2000 – Az.: L 6 B 47/00 SF und 14. März 2001 – Az.: L 6 B 3/01 SF in: E-LSG B-207). Diese starre Lösung widerspricht der Kompensationstheorie und verkennt, dass es sich nach dem Wortlaut ("vor allem") genannten Kriterien nicht um eine abschließende Aufzählung handelt.

Der zeitliche Umfang der Tätigkeit der Beschwerdeführerin zu 1. ist für ein sozialgerichtliches Verfahren gerade noch durchschnittlich: Sie hat drei Schriftsätze mit diversen Anlagen eingereicht und an dem Erörterungstermin vom 3. November 2006 teilgenommen. Nicht nochmals berücksichtigt werden kann hier der durch die vorangegangene Tätigkeit im Widerspruchsverfahren niedrigere Aufwand (BT-Drucksache 15/1971 S. 212). Die Bedeutung der Angelegenheit war für die Antragstellerin durchschnittlich. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die beantragte Leistung nur einen eingeschränkten Zeitraum (1. August bis 31. Oktober 2006) und mit ca. 120,00 Euro monatlich nur einen vergleichsweise geringen Betrag betraf, Gegenstand jedoch existenzsichernde Leistungen waren. Nicht vergleichbar ist dies allerdings mit Verfahren, in denen es um die Sicherung des dauerhaften Einkommens geht und für die deshalb ggf. sogar die Höchstgebühr angemessen sein kann (z.B. bei Streitigkeiten über die Dauerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 14. März 2001 - Az.: L 6 B 3/01 SF, 3. April 2000 – Az.: L 6 B 1/00 SF und 6. Oktober 2000 – Az.: L 6 B 47/00 SF). Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewegte sich eher im unterdurchschnittlichen Bereich. Die – wie in allen PKH-Verfahren – unterdurchschnittlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse sind bei der Festsetzung der Rahmengebühren nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 RVG zu berücksichtigen, begründen hier allerdings nicht eine Gebühr unter der Mittelgebühr. Anhaltspunkte für ein besonderes Haftungsrisiko der Beschwerdeführerin zu 1. (§ 14 Abs. 1 S. 2 RVG) sind nicht ersichtlich.

Auch für die Erstattung der Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) ist der Ansatz der Mittelgebühr angemessen. Grundsätzlich sind bei jeder Rahmengebühr die Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG gesondert zu prüfen, denn die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere zu übertragen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 – Az.: L 6 B 80/07 SF; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006 - Az.: L 1 B 320/05 SF SK; Keller in jurisPR-SozR 10/2006 Anm. 6). Dies hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht beachtet. Bei einer Terminsdauer von 70 Minuten liegt der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit durchaus an der oberen Grenze des durchschnittlichen Umfangs. Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und der Bedeutung der Angelegenheit und den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Antragstellerin wird auf die Ausführungen zu Nr. 3103 VV RVG Bezug genommen; Unterschiede ergeben sich bei der Terminsgebühr nicht.

Zusätzlich zu erstatten sind die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 Euro (Nr. 7002 VV RVG), die Fahrtkosten für eine Geschäftsreise bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges in Höhe von 33,00 Euro (Nr. 7003 VV RVG), das Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG) und die Umsatzsteuer auf die Vergütung (Nr. 7008 VVRVG).

Damit errechnet sich die Vergütung wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 Euro Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 33,00 Euro Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 Euro 443,00 Euro 16 v.H. USt 70,88 Euro 513,68 Euro =========

Nicht in Betracht kommt die Festsetzung der Gebühr auf ein Drittel, wie die Antragsgegnerin unter Hinweis auf eine angebliche "ständige LSG-Rechtsprechung" beantragt hat. Sie existiert ebenso wenig wie eine gesetzliche Grundlage für ein solches Handeln. Sollte die Antragsgegnerin auf die gerichtliche Praxis bei der Festsetzung des Streitwerts der Regelungsanordnungen nach § 86b SGG (vgl. Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2007, B 7.1) abstellen wollen, wird darauf hingewiesen, dass dies einen Fall des § 197a SGG voraussetzt; diese Vorschrift ist aber gerade nicht einschlägig. Eine analoge oder entsprechende Anwendung dieser Praxis ist hier nicht denkbar.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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