Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3370/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2441/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger für seinen Sohn T. Anspruch auf Versorgung mit einem Speedy-Tandem hat bzw. ob er für die zwischenzeitlich auf eigene Kosten erfolgte Anschaffung Anspruch auf Erstattung von 3.957,22 EUR hat.
Das am 29.06.1992 geborene Kind T. leidet unter einer Progressiven Muskeldystrophie vom Typ Duchenne sowie unter Minderwuchs (120 cm Größe im April 2007) sowie einer rechtsventrikulären Leistungsverzögerung. Er kann allein sitzen und verfügt noch über ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich von Ellenbogen und Händen, um einen Aktivrollstuhl zu bewegen. Nach einer Schienbeinfraktur im Januar 2006 ist es zu einem völligen Gehverlust gekommen. Die Pflegeversicherung hat den Kläger in Pflegestufe II eingestuft.
T., der in Heidelberg wohnt, besucht die Stephen-Hawkins-Schule im 15 km entfernten Neckargemünd. Er erreicht sie mit dem Schulbus; er nimmt an allen Ausflügen und Klassenfahrten teil. In seiner Freizeit geht er regelmäßig bis zu dreimal pro Woche zu Fußballspielen der ersten Herrenmannschaft bzw. der C- und D-Jugend (bei der seine Schwester mitspielt) des TSV W ... Darüber hinaus fährt er mit seinen Eltern auch zu Auswärtsspielen in die benachbarten Ortschaften. Ansonsten hat der Kontakt mit vier bis fünf Freunden aus der Nachbarschaft, seinen früheren Mitspielern aus der ehemaligen C-Jugendmannschaft und Kindern aus seiner Konfirmationsgruppe. In seiner Freizeit besucht er auch die Gymnastikgruppe des TSV W. einmal in der Woche und geht zur Krankengymnastik, wobei er zusätzlich zweimal pro Woche Krankengymnastik in der Schule erhält. Er ist außer Haus allerdings stets auf fremde Hilfe angewiesen, hat inzwischen jedoch einen Zivildienstleistenden, der ihn betreut. Anfang 2006 war er mit einem Adaptivrollstuhl und einem E-Motion versorgt.
T. besaß nach eigenen Angaben in der Vergangenheit auch ein so genanntes Reha-Tandem, auf dem er sich noch selbst mit fortbewegen konnte. Wegen des Fortschreitens der Behinderung war er jedoch nicht mehr in der Lage, sich selbständig auf dem Fahrrad festzuhalten oder mitzutreten, weswegen die Familie (später) das Reha-Fahrrad zurückgegeben und gegen ein Speedy-Tandem ausgetauscht hat. Bei einem Speedy-Tandem handelt es sich um einen Rollstuhl, der an ein handelsübliches Fahrrad über einen Kupplungsmechanismus angeschlossen wird, das von einem Partner gefahren wird. Das Fahrrad ist mit einem an der Sattelstange gelenkig angebrachten Ausleger ausgerüstet und zieht den Rollstuhl hinter sich her (vgl. auch Bl. 35 LSG-Akte - Prospekt S. 22)
Am 07.03.2006 beantragte der Kläger die Versorgung seines Sohnes T. mit einem Speedy-Rollstuhltandem und legte hierzu die Hilfsmittelverordnung der Kinderklinik Heidelberg vom 13.02.2006 sowie einen Kostenvoranschlag der Fa. A.-Reha-Technik vom 06.03.2006 für ein Speedy-Tandem in der Grundausstattung über 4.207,22 EUR vor. Dr. Kaiser vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vertrat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 31.03.2006 hierzu die Auffassung, die Fahrrad-Rollstuhl-Kombination sei nicht geeignet, eine Integration des behinderten Jugendlichen in die Gruppe Gleichaltriger wirksam zu gewährleisten, da eine eigenständige Bewegung des Versicherten dadurch nicht ermöglicht werde und er ständig auf eine die Kombination führende Hilfsperson angewiesen sei. Er werde nur befördert und könne sich nicht wirklich selbständig einen Freiraum erschließen. Mit Bescheid vom 06.04.2006 lehnte daraufhin die Beklagte die Kostenübernahme für das Speedy-Tandem ab. Sie berief sich auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG, wonach die Ermöglichung der Überwindung größerer Strecken keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung darstelle. Die entsprechende Produktgruppe für das Speedy-Tandem sei im März letzten Jahres auch im Hilfsmittelverzeichnis gestrichen worden, weswegen eine Kostenübernahme nicht möglich sei.
Hiergegen erhob der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 27.01.2005 - L 16 KR 137/03 - Widerspruch. In jener Entscheidung habe das LSG NRW entschieden, dass ein Speedy-Tandem für ein 13-jähriges schwerstbehindertes Mädchen ausnahmsweise erstattungsfähig sei, weil es in jenem Fall der Integration in das Lebensumfeld nichtbehinderter Gleichaltriger diene. Dr. K. vom MDK vertrat in der sozialmedizinischen Beratung vom 19.04.2006 hierzu die Auffassung, die beiden Fallkonstellationen seien nicht miteinander vergleichbar. Bei T. bestehe eine körperliche, aber keine geistige Behinderung. Eine aktive Bewältigung beim Mobilitätsausgleich sei möglich, er sei rollstuhlversorgt. Er sei auch in der Lage, seinen Aktivrollstuhl für kurze Strecken selbst zu führen, dieser verfüge zudem über einen Elektroantrieb, sodass hiermit im Rahmen der Grundbedürfnisse zu überwindende Distanzen überbrückt werden könnten (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 17.07.2006). Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehe kein Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Tandem. Der Nutzen des Therapie-Tandems beginne erst außerhalb des durch die gesetzliche Krankenversicherung sicher zu stellenden Grundbedürfnisses. Es sei weder erforderlich um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, noch diene sein Einsatz der Integration in eine Gruppe gleichaltriger Jugendlicher. Ein Therapie-Tandem erfordere die Anwesenheit einer Begleitperson, d. h. eines Erwachsenen, was von den Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollten, üblicherweise nicht akzeptiert werde. In dem von dem LSG NRW entschiedenen Fall habe es sich um eine geistige Retardierung gehandelt, was dazu führe, dass die Ausgangslage beider Fälle unterschiedlich und nicht vergleichbar sei. T. stehe mit den vorhandenen Hilfsmitteln (u. a. Rollstuhl mit Elektroantrieb) eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung zur Verfügung.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.10.2006 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Er wies darauf hin, dass die Familie gerne mit dem Fahrrad unterwegs sei, da hiermit der Familienzusammenhalt gefördert werde und sämtliche Familienmitglieder an gemeinsamen Ausflügen teilnehmen könnten. Da T. dazu nicht mehr in der Lage sei, sei das Speedy-Tandem notwendig. Dies sei auch sonst erforderlich, damit ihn die Mutter in kürzerer Zeit zur Krankengymnastik transportieren könne, er brauche das Therapie-Tandem aber auch, um Freizeitaktivitäten in Heidelberg sowie Arzttermine wahrnehmen zu können. Schließlich sei auch zu erwarten, dass ältere Jugendliche und seine 1994 geborene Schwester Elena das Fahrrad führen könnten und er damit eine gewisse Selbständigkeit und Unabhängigkeit von den Erwachsenen erhalte.
Der Kläger und seine Ehefrau hätten inzwischen das Tandem gekauft (Rechnung vom 21.06.2006 über 4.207,22 EUR Bl. 18 SG-Akte). Hierauf seien die Kosten eines normalen Fahrrads in Höhe von 250 EUR anrechenbar, weswegen ihm die Beklagte 3.957,22 EUR zu ersetzen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf hingewiesen, dass T. bereits ein Elektrorollstuhl zum Ausgleich seiner rein körperlichen Behinderung zur Verfügung stehe, wodurch es ihm ermöglicht werde, selbständig zur Krankengymnastik und zu Freizeitgestaltungen zu gelangen. Ein Basisausgleich der behinderungsbedingt eingeschränkten Fortbewegungsmöglichkeiten sei damit sichergestellt. Auch sei kein Grund erkennbar, weshalb eine Integration und Kommunikation mit Gleichaltrigen nicht mit der vorhandenen Rollstuhl- bzw. Elektrorollstuhlversorgung erfolgen könne.
Das SG hat bei Prof. Dr. Rating eine Auskunft über den Gesundheitszustand von T. eingeholt (Blatt 32/56 SG-Akte). Auf die schriftliche Zeugenaussage dieses Arztes vom 27.02.2007 sowie die beigefügten Behandlungsberichte wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, das Speedy-Tandem sei nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil T. bereits regelmäßig und ausreichend Krankengymnastik erhalte. Sein Grundbedürfnis des Sichfortbewegens im Nahbereich könne er auch ohne Tandem befriedigen, weil er sich mit dem vorhandenen E-Motion-Rollstuhl selbständig fortbewegen könne. Schließlich liege auch kein Fall vor, bei dem ein Therapie-Tandem erforderlich sei, um ihm wenigstens ein Minimum an Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. In den von der Rechtsprechung bei vergleichbarer Fragestellung positiv entschiedenen Fällen hätte es sich stets um Personen gehandelt, die geistig und körperlich schwer behindert und daher zur Integration und zur Förderung von Kommunikation und zum Zusammensein von Gleichaltrigen auf die bewilligten Fahrgeräte angewiesen gewesen seien. Demgegenüber habe die ständige Rechtsprechung der Obergerichte in allen anderen Fällen ohne diese Besonderheiten Fahrradausflüge nicht als relevanten Faktor für die soziale Integration und Kommunikation eines Behinderten angesehen. Durch seine Schwester, die Besuche seiner Freunde, das Teilnehmen an Ausflügen und Klassenfahrten sowie den täglichen Besuch der Schule sei T. sozial gut integriert und habe gute Möglichkeiten der Kommunikation. Da er geistig nicht behindert sei, könne er rege soziale Kontakte auch außerhalb des Fahrradfahrens unterhalten.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 27.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.5.2007 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. T. müsse mindestens einmal, häufig auch mehrmals pro Woche zur Krankengymnastik fahren und häufig auch andere Ärzte aufsuchen. Mit dem familieneigenen Fiat Kombi sei ein Transport nicht möglich (kein behindertengerechter Umbau zum Transport eines Rollstuhls, Kläger/Vater benötige Fahrzeug beruflich), eine Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel scheitere in der Regel daran, dass die Straßenbahnen äußerst mangelhaft rollstuhlgeeignet ausgestattet seien und nur teilweise einen ebenerdigen Zutritt ermöglichten. Die Lösung des Transportproblems sei nur über das für T. angeschaffte Speedy-Tandem möglich, da ihn dann seine Mutter zu den entsprechenden Terminen bringen könne. Die Bewegungsfreiheit in der Öffentlichkeit und im Freien sowie die Möglichkeit der Verbringung von Urlaub zähle nach seiner Auffassung auch zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Nur durch tagesnahe Fahrradausfahrten könne er dann in das Familienleben integriert werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. April 2007 sowie den Bescheid vom 06. April 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 3.957,22 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und wiederholt unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG ihre Rechtsauffassung.
Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig, insbesondere statthaft. Berufungsausschlussgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, da der Rechtsstreit um die Erstattung von 3.957,22 EUR geht.
Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid vom 6.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.9.2006 die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Speedy-Tandems abgelehnt. Der Kläger kann diese Leistung für seinen Sohn T. nicht beanspruchen.
Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht Anspruch auf Erstattung der Kosten für vom Versicherten selbst beschaffte Leistungen, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der nach dieser Vorschrift in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtssprechung, vgl. z.B. BSG 79,125,126 oder BSG vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R -). Die Anschaffung eines Speedy-Tandems muss die Krankenkasse im Falle des Sohnes des Klägers nicht erbringen. Die Leistungsvoraussetzung einer vorherigen "Ablehnung des Antrags zu Unrecht" liegt hier nicht vor. Dem Kläger steht deshalb auch kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V für das erst nach negativer Entscheidung der Beklagten privat beschaffte Speedy-Tandems zu.
Offen bleiben kann hier, ob T. von der Beklagten schon früher ein Therapie-Tandem bewilligt worden war und ob das hier im Streit stehende Speedy-Tandem wegen des Fortschreitens der Erkrankung als Nachfolge- oder Ersatzgerät anzusehen ist. Eine Selbstbindung, bei fortschreitendem Krankheitsverlauf weitere (vergleichbare) Hilfsmittel zu gewähren, tritt nicht ein. Bei jedem - neuen - Antrag auf Hilfsmittelversorgung sind die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V vielmehr erneut und vollständig zu prüfen (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 21 und BSG-Urteil vom 24.5.2006 - B 3 KR 12/05 R = SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 11 sowie zuletzt BSG Urt. v. 19.4.2007 - B 3 KR 9/06). Irgendeine schriftliche Zusage zur späteren Förderung eines Speedy-Tandems hat die Beklagte nicht abgegeben; dies wird von dem Kläger auch nicht behauptet.
Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Geh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der GKV auch, müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Das inzwischen selbst angeschaffte Speedy-Tandem ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern eine Sonderanfertigung, die nur für Kranke und Behinderte in Betracht kommen kann. Der Anspruch scheitert aber an der fehlenden Erforderlichkeit im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Das BSG hat für ein Therapie-Tandem entschieden, dass dieses nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil eine regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines Behinderten erreichen kann, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl (BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R - sowie Beschluss vom 27.7.2006 - B 3 KR 11/06 B - ). Nichts anderes gilt hier für eventuelle therapeutische Effekte des Speedy-Tandems im Falle des Kindes T ... Um an der frischen Luft atmen zu können, bedarf es nicht der Ausfahrt mit einem Speedy-Tandem, T. kann sich auch mit Hilfe seines Elektro-Rollstuhls im Freien aufhalten. Zu Recht hat das SG in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kläger eine Gymnastikgruppe besucht, er zur Krankengymnastik in seiner Freizeit geht und er schließlich auch noch in der Schule Krankengymnastik erhält. Ein von dieser Krankengymnastik nicht abgedeckter therapeutischer Effekt des Speedy-Tandems ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
Hinsichtlich des Behinderungsausgleichs gilt nach Auffassung des Senates für das Speedy-Tandem nichts anderes als für ein Therapie-Tandem. Zu diesem Hilfsmittel hat das BSG (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R) folgendes entschieden:
Tenor:
"Um eine Behinderung auszugleichen" ist das Therapie-Tandem ebenfalls nicht erforderlich (vgl zum Folgenden BSG aaO; Urteil des Senats vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - sowie zuletzt Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach stRspr (vgl die oben genannten Urteile des Senats) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Auch das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R - Rollstuhl-Bike für Jugendliche - SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen Erweiterung - sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass er zu Fuß nur Strecken von höchstens 100 Metern und auch nur unter Aufsicht zurücklegen sowie einen Rollstuhl selbstständig überhaupt nicht benutzen kann; dieser schwerwiegenden Einschränkung seiner Fähigkeit zum selbstständigen Fortbewegen kann aber auch ein Therapie-Tandem nicht abhelfen. Unselbstständig, dh mit Hilfe Dritter, wie mit dem Therapie-Tandem, kann der Kläger aber bereits mit dem von der Beklagten gewährten Schieberollstuhl die für die medizinische Rehabilitation iS von § 33 SGB V maßgeblichen Entfernungen, "die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt" (vgl oben), bewältigen. Das gilt auch für diejenigen Stellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden, dh üblicherweise im Nahbereich; dazu gehört das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 - Shoprider -); auf Besonderheiten des Wohnortes und -gebietes kommt es dabei nicht an (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31). Zwar könnte das Tandem den Radius unselbstständiger Fortbewegung deutlich erweitern. Sein Einsatzbereich beginnt auch nicht, wie das LSG formuliert hat, "im Grunde erst dort", wo das Grundbedürfnis auf Fortbewegung bereits endet; denn das Tandem ist auch im Nahbereich einsetzbar, zB beim Einkaufen. Überlegen wird es gegenüber einem Schieberollstuhl aber erst jenseits dieser Grenze, und damit außerhalb des räumlichen Anspruchsbereichs iS von § 33 SGB V. Bereits in seinem Urteil vom 16. September 1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32) hat der erkennende Senat in Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des 8. Senats des Bundessozialgerichts zu Therapie-Tandems (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 und Nr 28) ausgeführt, dass dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung Genüge getan ist, wenn ein Selbstfahrerrollstuhl im Nahbereich bewegt werden kann, selbst wenn das im Straßenverkehr nur unter Aufsicht möglich ist, und dass eine weitere "Kompensation" durch Ausflüge mit einem Therapie-Tandem nicht erforderlich ist. Das Radfahren, mag es in der Bevölkerung auch weit verbreitet sein, gehört nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und führt daher ebenfalls nicht zu einem Anspruch eines Behinderten auf ein Hilfsmittel, mit dem es "in etwa" kompensiert werden kann, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat. Dasselbe gilt für Freizeitbeschäftigungen, wie Wandern, Dauerlauf, Ausflüge uä, die das "Stimulieren aller Sinne", die "Erfahrung von Geschwindigkeit und Raum", das "Erleben physischen und psychischen Durchhaltens" sowie das "Gewinnen von Sicherheit und Selbstbewusstsein" - nicht "Selbstständigkeit", wie vorgetragen worden ist, denn diese gewinnt der Kläger mit dem Therapie-Tandem gerade nicht - mit sich bringen (vgl zum Ganzen Urteile vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R und B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 und Nr 32). Zur Teilnahme an Aktivitäten anderer Jugendlicher und damit zur Integration in Gruppen Gleichaltriger als einem anzuerkennenden Grundbedürfnis Jugendlicher ist das Therapie-Tandem nicht geeignet. Denn die Anwesenheit einer Begleitperson, dh eines Erwachsenen, wird von Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollen, üblicherweise nicht akzeptiert. Im Übrigen sind für die Begleitung durch Elternteile sowie die ältere Schwester vom Kläger nur Einkaufsfahrten und Ausflüge vorgetragen worden.
An anderer Stelle hat das BSG darauf abgestellt, dass zu den maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens nur die Fähigkeit gehört, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis könne nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden, auch wenn im Einzelfall die benötigten Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung vorgenommen werden könnten und der Rollstuhlfahrer dafür längere Strecke zurückzulegen hat, die seine Kräfte möglicherweise übersteigen (BSG Beschluss vom 11.1.2006 - B 3 KR 44/05 B-). In der Folge hat die Rechtsprechung diese Grundsätze bei Rollstuhlfahrern strikt umgesetzt, auch wenn diesen dadurch eine soziale Integration unmöglich gemacht wurde (vgl. etwa Urteil vom 19.4.2007 - B 3 KR 9/06 R -).
Das oben zitierte Urteil des BSG behandelt alle Probleme, die sich auch im vorliegenden Fall stellen. Als mögliches weiteres qualitatives Moment scheidet hier auch der vom BSG in der Entscheidung vom 13.5.1998 - B 8 KN 13/97 R = SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 28 und vom 29.9.1997 - B 8 Kn 27/96 = SozR 3 -2500 § 33 Nr. 25 hervorgehobene Aspekt der sozialen Integration innerhalb der Familie aus. Der 8. Senat des BSG hat Familienausflüge mit einem Therapie-Tandem dann als wesentlich angesehen, wenn eine ganz außergewöhnliche Bewegungseinschränkung vorgelegen und "in der konkreten Familiensituation des Klägers den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung" zukam. Dem Kläger jenes Falles stand seine Behinderung der bei gesunden Kindern selbstverständlichen sozialen Einbindung in eine Gruppe gleichaltriger Kinder entgegen, sodass für ihn als Teilnahme am gesellschaftlichen Leben die möglichst vollständige Einbindung in das familiäre Leben in Vordergrund stand.
Die Verhältnisse beim Sohn des Klägers hier sind damit nicht vergleichbar. Anders als in den vom 8. Senat des BSG und vom Senat im Urteil vom 7.5.2008 - L 5 KR 2013/07 R entschiedenen Fällen konzentriert sich sein Leben nicht nur auf die Familie. Wie aus der Auskunft der Bevollmächtigten vom 15.2.2007 (SG Akte Bl. 25-27) hervorgeht, ist T. nicht nur aktiv in das Geschen seiner Schule einbezogen, er unternimmt auch in der Freizeit vielfältige Aktivitäten mit Freunden aus der Nachbarschaft, seinen früheren Mitspielern aus der Fußballmannschaft und Bekannten aus dem Konfirmandenunterricht. Bei diesen Aktivitäten im Bereich der Schule, des Hauses und im Nahbereich seiner Wohnung kann er sich mit Hilfe des vorhandenen Elektro-Rollstuhls fortbewegen. Soweit er bei größeren Entfernungen darüber hinaus auf fremde Hilfe angewiesen ist, bringt ihm auch das Speedy-Tandem keinen Vorteil, weil er dabei auch auf fremde Hilfe angewiesen ist, im Gegenteil, wird er während einer Pause vom Fahrrad abgekoppelt, ist er nicht in der Lage, sich selbständig im Nahbereich zu bewegen. Ein Nutzen des Speedy-Tandems kann zudem nur für die warme Jahreszeit und dann auch nur für die Wochenenden angenommen werden, an denen günstiges Wetter herrscht. Bei schlechtem Wetter oder im Winter bleibt der Kläger vielmehr auf einen Elektro-Rollstuhl angewiesen. Damit ist er aber bereits ausgestattet.
Basierend auf der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vermag der Senat somit die Anschaffung eines Speedy-Tandems nicht als erforderlich im Sinne des Leistungskatalogs der GKV anzusehen. Der Einsatz des Speedy-Tandems überschreitet die Grenzen der medizinischen Rehabilitation und ist dem Bereich der sozialen Rehabilitation zuzuordnen.
Nach alledem erweisen sich der Ablehnungsbescheid vom 6.4.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 19.9.2006 als rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das inzwischen für seinen Sohn T. selbst angeschaffte Speedy-Tandem.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger für seinen Sohn T. Anspruch auf Versorgung mit einem Speedy-Tandem hat bzw. ob er für die zwischenzeitlich auf eigene Kosten erfolgte Anschaffung Anspruch auf Erstattung von 3.957,22 EUR hat.
Das am 29.06.1992 geborene Kind T. leidet unter einer Progressiven Muskeldystrophie vom Typ Duchenne sowie unter Minderwuchs (120 cm Größe im April 2007) sowie einer rechtsventrikulären Leistungsverzögerung. Er kann allein sitzen und verfügt noch über ausreichend Kraft und Beweglichkeit im Bereich von Ellenbogen und Händen, um einen Aktivrollstuhl zu bewegen. Nach einer Schienbeinfraktur im Januar 2006 ist es zu einem völligen Gehverlust gekommen. Die Pflegeversicherung hat den Kläger in Pflegestufe II eingestuft.
T., der in Heidelberg wohnt, besucht die Stephen-Hawkins-Schule im 15 km entfernten Neckargemünd. Er erreicht sie mit dem Schulbus; er nimmt an allen Ausflügen und Klassenfahrten teil. In seiner Freizeit geht er regelmäßig bis zu dreimal pro Woche zu Fußballspielen der ersten Herrenmannschaft bzw. der C- und D-Jugend (bei der seine Schwester mitspielt) des TSV W ... Darüber hinaus fährt er mit seinen Eltern auch zu Auswärtsspielen in die benachbarten Ortschaften. Ansonsten hat der Kontakt mit vier bis fünf Freunden aus der Nachbarschaft, seinen früheren Mitspielern aus der ehemaligen C-Jugendmannschaft und Kindern aus seiner Konfirmationsgruppe. In seiner Freizeit besucht er auch die Gymnastikgruppe des TSV W. einmal in der Woche und geht zur Krankengymnastik, wobei er zusätzlich zweimal pro Woche Krankengymnastik in der Schule erhält. Er ist außer Haus allerdings stets auf fremde Hilfe angewiesen, hat inzwischen jedoch einen Zivildienstleistenden, der ihn betreut. Anfang 2006 war er mit einem Adaptivrollstuhl und einem E-Motion versorgt.
T. besaß nach eigenen Angaben in der Vergangenheit auch ein so genanntes Reha-Tandem, auf dem er sich noch selbst mit fortbewegen konnte. Wegen des Fortschreitens der Behinderung war er jedoch nicht mehr in der Lage, sich selbständig auf dem Fahrrad festzuhalten oder mitzutreten, weswegen die Familie (später) das Reha-Fahrrad zurückgegeben und gegen ein Speedy-Tandem ausgetauscht hat. Bei einem Speedy-Tandem handelt es sich um einen Rollstuhl, der an ein handelsübliches Fahrrad über einen Kupplungsmechanismus angeschlossen wird, das von einem Partner gefahren wird. Das Fahrrad ist mit einem an der Sattelstange gelenkig angebrachten Ausleger ausgerüstet und zieht den Rollstuhl hinter sich her (vgl. auch Bl. 35 LSG-Akte - Prospekt S. 22)
Am 07.03.2006 beantragte der Kläger die Versorgung seines Sohnes T. mit einem Speedy-Rollstuhltandem und legte hierzu die Hilfsmittelverordnung der Kinderklinik Heidelberg vom 13.02.2006 sowie einen Kostenvoranschlag der Fa. A.-Reha-Technik vom 06.03.2006 für ein Speedy-Tandem in der Grundausstattung über 4.207,22 EUR vor. Dr. Kaiser vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vertrat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 31.03.2006 hierzu die Auffassung, die Fahrrad-Rollstuhl-Kombination sei nicht geeignet, eine Integration des behinderten Jugendlichen in die Gruppe Gleichaltriger wirksam zu gewährleisten, da eine eigenständige Bewegung des Versicherten dadurch nicht ermöglicht werde und er ständig auf eine die Kombination führende Hilfsperson angewiesen sei. Er werde nur befördert und könne sich nicht wirklich selbständig einen Freiraum erschließen. Mit Bescheid vom 06.04.2006 lehnte daraufhin die Beklagte die Kostenübernahme für das Speedy-Tandem ab. Sie berief sich auf die aktuelle Rechtsprechung des BSG, wonach die Ermöglichung der Überwindung größerer Strecken keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung darstelle. Die entsprechende Produktgruppe für das Speedy-Tandem sei im März letzten Jahres auch im Hilfsmittelverzeichnis gestrichen worden, weswegen eine Kostenübernahme nicht möglich sei.
Hiergegen erhob der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 27.01.2005 - L 16 KR 137/03 - Widerspruch. In jener Entscheidung habe das LSG NRW entschieden, dass ein Speedy-Tandem für ein 13-jähriges schwerstbehindertes Mädchen ausnahmsweise erstattungsfähig sei, weil es in jenem Fall der Integration in das Lebensumfeld nichtbehinderter Gleichaltriger diene. Dr. K. vom MDK vertrat in der sozialmedizinischen Beratung vom 19.04.2006 hierzu die Auffassung, die beiden Fallkonstellationen seien nicht miteinander vergleichbar. Bei T. bestehe eine körperliche, aber keine geistige Behinderung. Eine aktive Bewältigung beim Mobilitätsausgleich sei möglich, er sei rollstuhlversorgt. Er sei auch in der Lage, seinen Aktivrollstuhl für kurze Strecken selbst zu führen, dieser verfüge zudem über einen Elektroantrieb, sodass hiermit im Rahmen der Grundbedürfnisse zu überwindende Distanzen überbrückt werden könnten (vgl. ergänzende Stellungnahme vom 17.07.2006). Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2006 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehe kein Anspruch auf Versorgung mit einem Therapie-Tandem. Der Nutzen des Therapie-Tandems beginne erst außerhalb des durch die gesetzliche Krankenversicherung sicher zu stellenden Grundbedürfnisses. Es sei weder erforderlich um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, noch diene sein Einsatz der Integration in eine Gruppe gleichaltriger Jugendlicher. Ein Therapie-Tandem erfordere die Anwesenheit einer Begleitperson, d. h. eines Erwachsenen, was von den Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollten, üblicherweise nicht akzeptiert werde. In dem von dem LSG NRW entschiedenen Fall habe es sich um eine geistige Retardierung gehandelt, was dazu führe, dass die Ausgangslage beider Fälle unterschiedlich und nicht vergleichbar sei. T. stehe mit den vorhandenen Hilfsmitteln (u. a. Rollstuhl mit Elektroantrieb) eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung zur Verfügung.
Hiergegen erhob der Kläger am 12.10.2006 bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Er wies darauf hin, dass die Familie gerne mit dem Fahrrad unterwegs sei, da hiermit der Familienzusammenhalt gefördert werde und sämtliche Familienmitglieder an gemeinsamen Ausflügen teilnehmen könnten. Da T. dazu nicht mehr in der Lage sei, sei das Speedy-Tandem notwendig. Dies sei auch sonst erforderlich, damit ihn die Mutter in kürzerer Zeit zur Krankengymnastik transportieren könne, er brauche das Therapie-Tandem aber auch, um Freizeitaktivitäten in Heidelberg sowie Arzttermine wahrnehmen zu können. Schließlich sei auch zu erwarten, dass ältere Jugendliche und seine 1994 geborene Schwester Elena das Fahrrad führen könnten und er damit eine gewisse Selbständigkeit und Unabhängigkeit von den Erwachsenen erhalte.
Der Kläger und seine Ehefrau hätten inzwischen das Tandem gekauft (Rechnung vom 21.06.2006 über 4.207,22 EUR Bl. 18 SG-Akte). Hierauf seien die Kosten eines normalen Fahrrads in Höhe von 250 EUR anrechenbar, weswegen ihm die Beklagte 3.957,22 EUR zu ersetzen habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf hingewiesen, dass T. bereits ein Elektrorollstuhl zum Ausgleich seiner rein körperlichen Behinderung zur Verfügung stehe, wodurch es ihm ermöglicht werde, selbständig zur Krankengymnastik und zu Freizeitgestaltungen zu gelangen. Ein Basisausgleich der behinderungsbedingt eingeschränkten Fortbewegungsmöglichkeiten sei damit sichergestellt. Auch sei kein Grund erkennbar, weshalb eine Integration und Kommunikation mit Gleichaltrigen nicht mit der vorhandenen Rollstuhl- bzw. Elektrorollstuhlversorgung erfolgen könne.
Das SG hat bei Prof. Dr. Rating eine Auskunft über den Gesundheitszustand von T. eingeholt (Blatt 32/56 SG-Akte). Auf die schriftliche Zeugenaussage dieses Arztes vom 27.02.2007 sowie die beigefügten Behandlungsberichte wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 19.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, das Speedy-Tandem sei nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil T. bereits regelmäßig und ausreichend Krankengymnastik erhalte. Sein Grundbedürfnis des Sichfortbewegens im Nahbereich könne er auch ohne Tandem befriedigen, weil er sich mit dem vorhandenen E-Motion-Rollstuhl selbständig fortbewegen könne. Schließlich liege auch kein Fall vor, bei dem ein Therapie-Tandem erforderlich sei, um ihm wenigstens ein Minimum an Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. In den von der Rechtsprechung bei vergleichbarer Fragestellung positiv entschiedenen Fällen hätte es sich stets um Personen gehandelt, die geistig und körperlich schwer behindert und daher zur Integration und zur Förderung von Kommunikation und zum Zusammensein von Gleichaltrigen auf die bewilligten Fahrgeräte angewiesen gewesen seien. Demgegenüber habe die ständige Rechtsprechung der Obergerichte in allen anderen Fällen ohne diese Besonderheiten Fahrradausflüge nicht als relevanten Faktor für die soziale Integration und Kommunikation eines Behinderten angesehen. Durch seine Schwester, die Besuche seiner Freunde, das Teilnehmen an Ausflügen und Klassenfahrten sowie den täglichen Besuch der Schule sei T. sozial gut integriert und habe gute Möglichkeiten der Kommunikation. Da er geistig nicht behindert sei, könne er rege soziale Kontakte auch außerhalb des Fahrradfahrens unterhalten.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 27.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.5.2007 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. T. müsse mindestens einmal, häufig auch mehrmals pro Woche zur Krankengymnastik fahren und häufig auch andere Ärzte aufsuchen. Mit dem familieneigenen Fiat Kombi sei ein Transport nicht möglich (kein behindertengerechter Umbau zum Transport eines Rollstuhls, Kläger/Vater benötige Fahrzeug beruflich), eine Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel scheitere in der Regel daran, dass die Straßenbahnen äußerst mangelhaft rollstuhlgeeignet ausgestattet seien und nur teilweise einen ebenerdigen Zutritt ermöglichten. Die Lösung des Transportproblems sei nur über das für T. angeschaffte Speedy-Tandem möglich, da ihn dann seine Mutter zu den entsprechenden Terminen bringen könne. Die Bewegungsfreiheit in der Öffentlichkeit und im Freien sowie die Möglichkeit der Verbringung von Urlaub zähle nach seiner Auffassung auch zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens. Nur durch tagesnahe Fahrradausfahrten könne er dann in das Familienleben integriert werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. April 2007 sowie den Bescheid vom 06. April 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 3.957,22 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und wiederholt unter Berufung auf die Rechtsprechung des BSG ihre Rechtsauffassung.
Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig, insbesondere statthaft. Berufungsausschlussgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor, da der Rechtsstreit um die Erstattung von 3.957,22 EUR geht.
Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid vom 6.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.9.2006 die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Speedy-Tandems abgelehnt. Der Kläger kann diese Leistung für seinen Sohn T. nicht beanspruchen.
Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht Anspruch auf Erstattung der Kosten für vom Versicherten selbst beschaffte Leistungen, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der nach dieser Vorschrift in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtssprechung, vgl. z.B. BSG 79,125,126 oder BSG vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R -). Die Anschaffung eines Speedy-Tandems muss die Krankenkasse im Falle des Sohnes des Klägers nicht erbringen. Die Leistungsvoraussetzung einer vorherigen "Ablehnung des Antrags zu Unrecht" liegt hier nicht vor. Dem Kläger steht deshalb auch kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V für das erst nach negativer Entscheidung der Beklagten privat beschaffte Speedy-Tandems zu.
Offen bleiben kann hier, ob T. von der Beklagten schon früher ein Therapie-Tandem bewilligt worden war und ob das hier im Streit stehende Speedy-Tandem wegen des Fortschreitens der Erkrankung als Nachfolge- oder Ersatzgerät anzusehen ist. Eine Selbstbindung, bei fortschreitendem Krankheitsverlauf weitere (vergleichbare) Hilfsmittel zu gewähren, tritt nicht ein. Bei jedem - neuen - Antrag auf Hilfsmittelversorgung sind die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V vielmehr erneut und vollständig zu prüfen (BSG SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 21 und BSG-Urteil vom 24.5.2006 - B 3 KR 12/05 R = SozR 4 - 2500 § 33 Nr. 11 sowie zuletzt BSG Urt. v. 19.4.2007 - B 3 KR 9/06). Irgendeine schriftliche Zusage zur späteren Förderung eines Speedy-Tandems hat die Beklagte nicht abgegeben; dies wird von dem Kläger auch nicht behauptet.
Versicherte haben nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Geh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der GKV auch, müssen die Leistungen nach § 33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Das inzwischen selbst angeschaffte Speedy-Tandem ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, sondern eine Sonderanfertigung, die nur für Kranke und Behinderte in Betracht kommen kann. Der Anspruch scheitert aber an der fehlenden Erforderlichkeit im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V.
Das BSG hat für ein Therapie-Tandem entschieden, dass dieses nicht erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, weil eine regelmäßige Krankengymnastik nicht nur ausreicht, sondern sogar gezielter und vielseitiger die angestrebten Verbesserungen der körperlichen und seelischen Verfassung eines Behinderten erreichen kann, einschließlich der Stärkung von Muskulatur, Lungenfunktion, Körperkoordination und Balancegefühl (BSG Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R - sowie Beschluss vom 27.7.2006 - B 3 KR 11/06 B - ). Nichts anderes gilt hier für eventuelle therapeutische Effekte des Speedy-Tandems im Falle des Kindes T ... Um an der frischen Luft atmen zu können, bedarf es nicht der Ausfahrt mit einem Speedy-Tandem, T. kann sich auch mit Hilfe seines Elektro-Rollstuhls im Freien aufhalten. Zu Recht hat das SG in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Kläger eine Gymnastikgruppe besucht, er zur Krankengymnastik in seiner Freizeit geht und er schließlich auch noch in der Schule Krankengymnastik erhält. Ein von dieser Krankengymnastik nicht abgedeckter therapeutischer Effekt des Speedy-Tandems ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.
Hinsichtlich des Behinderungsausgleichs gilt nach Auffassung des Senates für das Speedy-Tandem nichts anderes als für ein Therapie-Tandem. Zu diesem Hilfsmittel hat das BSG (Urteil vom 21.11.2002 - B 3 KR 8/02 R) folgendes entschieden:
Tenor:
"Um eine Behinderung auszugleichen" ist das Therapie-Tandem ebenfalls nicht erforderlich (vgl zum Folgenden BSG aaO; Urteil des Senats vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 - Rollstuhl-Bike - sowie zuletzt Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Dieser in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V genannte Zweck (vgl jetzt auch § 31 Abs 1 Nr 3 SGB IX) eines von der gesetzlichen Krankenkasse zu leistenden Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung als solche, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen der Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinaus gehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft. Nach stRspr (vgl die oben genannten Urteile des Senats) gehören zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungaufnehmen, Ausscheiden, die elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Auch das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" hat die Rechtsprechung nur iS eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht iS des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 (3/1 RK 13/93 = SozR 3-2500 § 33 Nr 7 - Rollstuhlboy -) zwar die Bewegungsfreiheit als Grundbedürfnis bejaht, aber dabei nur auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder zu Fuß zurücklegt. Später (Urteil vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31) hat der Senat das auf die Fähigkeit präzisiert, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um die - üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden - Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind bisher immer zusätzliche qualitative Momente verlangt worden: So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. April 1998 (B 3 KR 9/97 R - Rollstuhl-Bike für Jugendliche - SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zwar diejenigen Entfernungen als Maßstab genommen, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt; das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser - rein quantitativen Erweiterung - sondern wegen der dadurch geförderten Integration des behinderten Klägers in seiner jugendlichen Entwicklungsphase zugesprochen worden (vgl dazu neuerdings auch Urteil des Senats vom 23. Juli 2002, B 3 KR 3/02 R - Dreirad - zur Veröffentlichung vorgesehen -). Ganz ähnlich war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 (11 RK 7/78 = SozR 2200 § 182b Nr 13 - Faltrollstuhl -) nicht die angesprochene "Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes", sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass er zu Fuß nur Strecken von höchstens 100 Metern und auch nur unter Aufsicht zurücklegen sowie einen Rollstuhl selbstständig überhaupt nicht benutzen kann; dieser schwerwiegenden Einschränkung seiner Fähigkeit zum selbstständigen Fortbewegen kann aber auch ein Therapie-Tandem nicht abhelfen. Unselbstständig, dh mit Hilfe Dritter, wie mit dem Therapie-Tandem, kann der Kläger aber bereits mit dem von der Beklagten gewährten Schieberollstuhl die für die medizinische Rehabilitation iS von § 33 SGB V maßgeblichen Entfernungen, "die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt" (vgl oben), bewältigen. Das gilt auch für diejenigen Stellen, an denen Alltagsgeschäfte erledigt werden, dh üblicherweise im Nahbereich; dazu gehört das Einkaufen von Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs (BSG SozR 3-1200 § 33 Nr 1 - Shoprider -); auf Besonderheiten des Wohnortes und -gebietes kommt es dabei nicht an (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 31). Zwar könnte das Tandem den Radius unselbstständiger Fortbewegung deutlich erweitern. Sein Einsatzbereich beginnt auch nicht, wie das LSG formuliert hat, "im Grunde erst dort", wo das Grundbedürfnis auf Fortbewegung bereits endet; denn das Tandem ist auch im Nahbereich einsetzbar, zB beim Einkaufen. Überlegen wird es gegenüber einem Schieberollstuhl aber erst jenseits dieser Grenze, und damit außerhalb des räumlichen Anspruchsbereichs iS von § 33 SGB V. Bereits in seinem Urteil vom 16. September 1999 (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 32) hat der erkennende Senat in Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des 8. Senats des Bundessozialgerichts zu Therapie-Tandems (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 25 und Nr 28) ausgeführt, dass dem Grundbedürfnis auf Fortbewegung Genüge getan ist, wenn ein Selbstfahrerrollstuhl im Nahbereich bewegt werden kann, selbst wenn das im Straßenverkehr nur unter Aufsicht möglich ist, und dass eine weitere "Kompensation" durch Ausflüge mit einem Therapie-Tandem nicht erforderlich ist. Das Radfahren, mag es in der Bevölkerung auch weit verbreitet sein, gehört nicht zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens und führt daher ebenfalls nicht zu einem Anspruch eines Behinderten auf ein Hilfsmittel, mit dem es "in etwa" kompensiert werden kann, wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat. Dasselbe gilt für Freizeitbeschäftigungen, wie Wandern, Dauerlauf, Ausflüge uä, die das "Stimulieren aller Sinne", die "Erfahrung von Geschwindigkeit und Raum", das "Erleben physischen und psychischen Durchhaltens" sowie das "Gewinnen von Sicherheit und Selbstbewusstsein" - nicht "Selbstständigkeit", wie vorgetragen worden ist, denn diese gewinnt der Kläger mit dem Therapie-Tandem gerade nicht - mit sich bringen (vgl zum Ganzen Urteile vom 16. September 1999, B 3 KR 8/98 R und B 3 KR 9/98 R = SozR 3-2500 § 33 Nr 31 und Nr 32). Zur Teilnahme an Aktivitäten anderer Jugendlicher und damit zur Integration in Gruppen Gleichaltriger als einem anzuerkennenden Grundbedürfnis Jugendlicher ist das Therapie-Tandem nicht geeignet. Denn die Anwesenheit einer Begleitperson, dh eines Erwachsenen, wird von Jugendlichen bei ihren Aktivitäten, mit denen sie gerade Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von Erwachsenen beweisen wollen, üblicherweise nicht akzeptiert. Im Übrigen sind für die Begleitung durch Elternteile sowie die ältere Schwester vom Kläger nur Einkaufsfahrten und Ausflüge vorgetragen worden.
An anderer Stelle hat das BSG darauf abgestellt, dass zu den maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens nur die Fähigkeit gehört, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung zu verlassen, um bei einem kurzen Spaziergang "an die frische Luft zu kommen" oder um üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegende Stellen zu erreichen, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis könne nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden, auch wenn im Einzelfall die benötigten Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung vorgenommen werden könnten und der Rollstuhlfahrer dafür längere Strecke zurückzulegen hat, die seine Kräfte möglicherweise übersteigen (BSG Beschluss vom 11.1.2006 - B 3 KR 44/05 B-). In der Folge hat die Rechtsprechung diese Grundsätze bei Rollstuhlfahrern strikt umgesetzt, auch wenn diesen dadurch eine soziale Integration unmöglich gemacht wurde (vgl. etwa Urteil vom 19.4.2007 - B 3 KR 9/06 R -).
Das oben zitierte Urteil des BSG behandelt alle Probleme, die sich auch im vorliegenden Fall stellen. Als mögliches weiteres qualitatives Moment scheidet hier auch der vom BSG in der Entscheidung vom 13.5.1998 - B 8 KN 13/97 R = SozR 3 - 2500 § 33 Nr. 28 und vom 29.9.1997 - B 8 Kn 27/96 = SozR 3 -2500 § 33 Nr. 25 hervorgehobene Aspekt der sozialen Integration innerhalb der Familie aus. Der 8. Senat des BSG hat Familienausflüge mit einem Therapie-Tandem dann als wesentlich angesehen, wenn eine ganz außergewöhnliche Bewegungseinschränkung vorgelegen und "in der konkreten Familiensituation des Klägers den gemeinsamen Fahrradausflügen eine große Bedeutung" zukam. Dem Kläger jenes Falles stand seine Behinderung der bei gesunden Kindern selbstverständlichen sozialen Einbindung in eine Gruppe gleichaltriger Kinder entgegen, sodass für ihn als Teilnahme am gesellschaftlichen Leben die möglichst vollständige Einbindung in das familiäre Leben in Vordergrund stand.
Die Verhältnisse beim Sohn des Klägers hier sind damit nicht vergleichbar. Anders als in den vom 8. Senat des BSG und vom Senat im Urteil vom 7.5.2008 - L 5 KR 2013/07 R entschiedenen Fällen konzentriert sich sein Leben nicht nur auf die Familie. Wie aus der Auskunft der Bevollmächtigten vom 15.2.2007 (SG Akte Bl. 25-27) hervorgeht, ist T. nicht nur aktiv in das Geschen seiner Schule einbezogen, er unternimmt auch in der Freizeit vielfältige Aktivitäten mit Freunden aus der Nachbarschaft, seinen früheren Mitspielern aus der Fußballmannschaft und Bekannten aus dem Konfirmandenunterricht. Bei diesen Aktivitäten im Bereich der Schule, des Hauses und im Nahbereich seiner Wohnung kann er sich mit Hilfe des vorhandenen Elektro-Rollstuhls fortbewegen. Soweit er bei größeren Entfernungen darüber hinaus auf fremde Hilfe angewiesen ist, bringt ihm auch das Speedy-Tandem keinen Vorteil, weil er dabei auch auf fremde Hilfe angewiesen ist, im Gegenteil, wird er während einer Pause vom Fahrrad abgekoppelt, ist er nicht in der Lage, sich selbständig im Nahbereich zu bewegen. Ein Nutzen des Speedy-Tandems kann zudem nur für die warme Jahreszeit und dann auch nur für die Wochenenden angenommen werden, an denen günstiges Wetter herrscht. Bei schlechtem Wetter oder im Winter bleibt der Kläger vielmehr auf einen Elektro-Rollstuhl angewiesen. Damit ist er aber bereits ausgestattet.
Basierend auf der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vermag der Senat somit die Anschaffung eines Speedy-Tandems nicht als erforderlich im Sinne des Leistungskatalogs der GKV anzusehen. Der Einsatz des Speedy-Tandems überschreitet die Grenzen der medizinischen Rehabilitation und ist dem Bereich der sozialen Rehabilitation zuzuordnen.
Nach alledem erweisen sich der Ablehnungsbescheid vom 6.4.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 19.9.2006 als rechtmäßig. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das inzwischen für seinen Sohn T. selbst angeschaffte Speedy-Tandem.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht.
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