S 28 (24) KR 6/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 28 (24) KR 6/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5227,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 zu zahlen, d. h. eine Abrechnung der DRG I 44 B unter Berücksichtigung der bereits abgerechneten DRG I 69 Z vorzunehmen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.227,02 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Übernahme von Krankenhausbehandlungskosten für die Operation einer Kniegelenks-Totalendoprothese (Knie-TEP) nebst Zinsen.

Die klagende Gesellschaft ist Trägerin des in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommenen E. Krankenhauses C. mit einer laut letztem Feststellungsbescheid vom 15.03.2005 ausgewiesenen Abteilung für das Gebiet Chirurgie im Umfang von 73 Planbetten, die auf das ausgewiesene Teilgebiet Chirurgie (Allgemein) entfallen. Weitere chirurgische Teilgebiete sind nicht ausgewiesen, ebenfalls nicht das Gebiet Orthopädie. Knie-TEP werden im e. Krankenhaus C-R seit 2006 durchgeführt. Im Jahr 2006 wurden 12, im Jahr 2007 bis 26.07.2007 32 und im gesamten Jahr 2007 über 50 Operationen erbracht. Im Bereich der Knieversorgung wurden zuletzt 320 wenig komplexe Eingriffe am Kniegelenk (DRG I 18A / I 18B), 139 komplexe Eingriffe am Kniegelenk (DRG I 30Z), 129 Arthroskopien einschließlich Diopsien oder anderen Eingriffen am Knie (DRG I 24Z) ausgeführt. Darüber hinaus werden auch Operationen am Hüftgelenk einschließlich Endoprothetik, Schultergelenk, Fuß und Wirbelsäule durchgeführt. Die Abteilung für Chirurgie steht u. a. unter der Leitung des dort seit dem 01.10.2004 tätigen Dr. W., Facharzt für Chirurgie, Unfall- und Viszeralchirurgie. Die Abteilung wird durch den weiteren Chefarzt Dr. Sch., Facharzt für Chirurgie und Viszceralchirurgie geleitet, zum Team des Dr. W. gehören die weiteren Fachärzte Dr. W., Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie (Professurthema: Knieprothetik), Frau Dr. T., Oberärztin, Fachärztin für Chirurgie, Unfallchirurgie, spezielle Unfallchirurgie und Orthopädie, Herr M., Oberarzt, Facharzt für Chirurgie, Herr K., Oberarzt, Facharzt für Chirurgie, Frau H. Fachärztin für Chirurgie, Herr H., Facharzt für Chirurgie, Herr Dr. R.l, Facharzt für Orthopädie und Herr Dr. T., Facharzt für Orthopädie, spezielle Orthopädie, Chirurgie und Chirotherapie.

Die streitige Kniegelenks-Totalendoprothese wurde bei der bei der Beklagten versicherten C., geb. 28.12.1954, wohnhaft B. im Hause der Klägerin am 29.01.2007 durchgeführt. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 12.02.2007. Die Notwendigkeit der Implantation einer Knie-TEP ist unstreitig. Nach Entlassung der Patientin übersandte die Klägerin mit Datum vom 19.02.2007 die Endabrechnung in Höhe von 7458,69 EUR an die Beklagte für die DRG I 44B (Kniegelenk-Totalendoprothese). Mit Schreiben vom 03.05.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Begleichung der Rechnung nicht möglich sei, da das Krankenhaus die gem. Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses für Knie-TEP festgelegte Mindestmenge nicht erfülle. Am 13.08.2007 überwies sie einen unstrittigen Betrag von 2231,67 EUR für die DRG I 69Z (Knochenkrankheiten und spezifische Arthropatien), die sich ergibt, wenn bei der Kodierung der Operationsschlüssel 5-822.12 (Implantation einer Endoprothese am Kniegelenk) nicht berücksichtigt wird.

Mit der am 21.03.2007 eingegangenen Klage macht die Klägerin weiterhin eine Abrechnung nach der DRG I 44B (Kniegelenk-TEP) geltend. Zur Begründung trägt sie vor, im Rahmen der im Krankenhausplan ausgewiesenen Chirurgie dürfe das Krankenhaus unter Berücksichtigung der landesrechtlichen ärztlichen Weiterbildungsordnung Knie-TEP s operieren. Keineswegs sei für die Erbringung von Knie-TEP s die Ausweisung einer Orthopädie oder Unfallchirurgie erforderlich. Weder der Feststellungsbescheid, noch der Krankenhausplan NRW träfen eine Aussagen darüber, welche Leistungen im Rahmen der zu Gunsten der Klägerin ausgewiesenen Chirurgie erbracht bzw. nicht erbracht werden dürfen. Knie-TEP s dürften entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen einer ausgewiesenen Hauptfachabteilung Chirurgie erbracht werden, da sie zum chirurgischen Versorgungsauftrag des Krankenhaus gehörten. Aufschlussreich sei insoweit die im gültigen Krankenhausplan enthaltene Diagnosestatistik 1997 mit zu den häufigsten Diagnosen in den Fachgebieten Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie. Danach gehörten innere Kniegelenksschädigungen zu den häufigsten Diagnosen im Fachgebiet Chirurgie. Gleiches gelte allerdings auch für die Fachabteilung Unfallchirurgie. Genannt seien dort zudem Osteoarthrosen und ensprechende Affektionen. Osteoarthrose und innere Kniegelenksschädigung zählten allerdings ebenso zu den häufigsten Diagnosen in den ausgewiesenen Hauptfachabteiligungen Orthopädie. Die Diagnosestatistik als Bestandteil des derzeit gültigen Krankenhausplanes belege daher, dass es keine klare Zuordnung operativ zu behandelnder Gelenkserkrankungen gebe. Diese würden zwar hauptsächlich von orthopädischen und unfallchirurgischen Abteilungen erbracht, gehörten allerdings auch zu den häufigsten Diagnosen im Bereich der allgemein Chirurgie. Auch der derzeit gültigen ärztlichen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 09.04.2005 sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei Knie-TEP s um fachgebietsfremde Leistungen im Bereich der Chirurgie handelt. Obwohl man nach der neuen ärztlichen Weiterbildungsordnung Orthopädie und Unfallchirurgie zu einem Fachgebiet zusammen geführt habe, gehörten zum Weiterbildungsinhalt der Allgemeinchirurgie operative Eingriffe am Stütz- und Bewegungssystem. "Dies sei auch Weiterbildungsinhalt" des Fachgebiets Orthopädie und Unfallchirurgie (operative und konservative Behandlung von Funktionsstörungen und Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsorganes). Die Durchführung von Knie-TEP s liege daher im Versorgungsauftrag der Klägerin. Auch aus einem Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW vom 31.03.1999 zum Umfang von Versorgungsaufträgen der Krankenhäuser im Rahmen der Krankenhausplanung ergebe sich, dass Versorgungsaufträge nicht im Detail definiert werden und bei Überschneidungen in den Leistungsbereichen verschiedener Fachgebiete/ Schwerpunkte lediglich das jeweilige Leistungsgeschehen nicht dominieren dürfe. Ferner werde darin ausgeführt, dass die Budgetvereinbarungen auch zu genehmigen seien, wenn sich z. B. Leistungen der Fachgebiete Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie überschneiden. Das Ministerium als zuständige Krankenhausplanungsbehörde in NRW bestätige damit, dass Leistungen auch ohne Ausweisung eines Schwerpunktes erbracht werden dürften, sogar Leistungen eines anderen - nicht explizit ausgewiesenen - Fachgebiets. Allein eine überwiegende Tätigkeit in einem angrenzenden Gebiet würde den Versorgungsauftrag des Krankenhauses überschreiten. Mit der Erbringung von Knie-TEP s werde das übrige Leistungsgeschehen in der Chirurgie des klägerischen Krankenhauses jedoch nicht dominiert, so dass die Klägerin die streitgegenständliche Knie-TEP erbringen und abrechnen dürfe. Berufsrechtliche Einwände gegen die Erbringung von Knie-TEP s in der Chirurgie des klägerischen Krankenhauses bestünden nicht, da die zuständigen Ärzte über die entsprechenden Qualifikationen verfügten. Knie-TEP s stellten für sie keine fachgebietsfremde Leistung dar.

Auch eine Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW vom 09.05.2007 an die AOK Rheinland/Hamburg, wonach eine Knie-TEP nicht zum Versorgungsauftrag einer allgemein-chirurgischen Fachabteilung gehöre, könne keineswegs rechtsverbindlich den Versorgungsauftrag eines Krankenhauses konkretisieren. Es handele sich "nur" um Rechtsauffassungen zum Versorgungsauftrag eines bestimmten Krankenhauses. Dass die Aufassung des Ministeriums zum Umfang eines Versorgungsauftrages keineswegs zwingend sein müsse, belege die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden vom 05.12.2005 (Az.: 3 K 3627/02). Schließlich beruft sich die Klägerin auf eine im Verlauf des Verfahrens am 08.01.2008 ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes NRW (Az.: 13 A 1571/07). Darin führe das OVG aus, unabhängig von der deklaratorischen Ausweisung einer Unfallchirurgie könne ein Krankenhaus unfallchirurgische Leistungen in einer chirurgischen Abteilung erbringen und nach dem gegenwärtigen Entgeltsystem bei den Kassen abrechnen". Wenn die Beklagte darauf abstelle, die Klägerin müsse über eine entsprechende Teilgebietsausweisung im Krankenhausplan verfügen, so sei darauf hinzuweisen, dass die Teilgebietsplanung mit Inkrafttreten des Krankenhaus-gestaltungsgesetzes NRW vom 11.12.2007 entfallen sei. Auf Grundlage des nunmehr geltenden Krankenhausgestaltungsgesetzes und des zukünftigen neuen Krankenhausplanes sei die von der Beklagten geforderte Teilgebietsausweisung nicht mehr möglich.

Soweit die Beklagte ihre Ablehnung der Bezahlung der Rechnung auf die Mindestmen-genvereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses stütze, sei dies unter zwei Gesichtspunkten unbeachtlich. Zum einen sei die Mindestmengenregelung in § 137 Abs. 1 Satz 3 NR. 3, Satz 4 und 5 SGB V, die Grundlage für die Mindestmengenvereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses sei, sowohl wegen des bundesgesetzlichen Eingriffes in die Planungshoheit der Länder verfassungswidrig, zum anderen beschränke sie die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Krankenhäuser gem. Artikel 12 Abs.1 Grundgesetz (so auch Schimmelpfeng-Schütte, Vorsitzende Richterin am LSG Niedersachsen-Bremen, "Rechtliche Bewertung der Festlegung von Mindestmengen" in Arzt und Krankenhaus 2006, S. 230 ff.). Zum anderen ergebe sich aus § 137 Abs. 1 Satz 4 SGB V und der sinngemäß gleichen Regelung in § 5 des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 21.03.2006, dass auch nach 2004 bzw. nach Inkrafttreten der jeweiligen Mindestmenge, Krankenhäuser zu Lasten der Kostenträger Knie-TEP s erbringen dürfen, wenn oder soweit festgestellt werden kann, dass die erforderliche Mindestmenge innerhalb eines Jahres voraussichtlich erreicht wird. Unter Bezugnahme auf einen Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 31.08.2006 (S 11 KR 162/06 ER) komme es nicht darauf an, ob ein Krankenhaus die Übergangsregelung für das Jahr 2006 die lautet: "Krankenhäuser, die im Jahr 2005 zwischen 40 und 49 Knie-TEP erbracht haben und im Bundesverfahren der externen stationären Qualitätssicherung des Jahres 2004 Kriterien guter Qualität erfüllen, erhalten eine Karrenszeit von einem Jahr" erfüllt. Nach Auffassung des Sozialgerichtes könne diese Regeleung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bei Nichterfüllung der Voraussetzungen ab dem 01.01.2006 entsprechende Ansprüche ausgeschlossen sind. Anderenfalls wäre diese Regelung jedenfalls unwirksam, da sie durch die Ermächtigungsnorm des § 137 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht gedeckt werde. Folgen des Nichterreichens von Mindestmengen seien eindeutig geregelt in § 137 Abs. 1 NR. 4 SGB V. Der gemeinsame Bundesausschuss sei nur befugt, Mindestmengen festzusetzen, nicht aber eine eigenständige Regelung zu treffen bezüglich der Rechtsfolgen der Nichterreichung dieser Mengen. Es reiche daher aus, wenn die Klägerin im Verlauf der Jahre 2006/2007 die Mindestmenge von 50 Knie-TEP-Operationen erbringe, wie dies letztlich auch der Fall gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5227,02 EUR mit 2 Prozentpunkten Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 zu zahlen, d. h. eine Abrechnung der in der Endabrechnung vom 19.02.2007 zu Grunde gelegten DRG I 44 B unter Berücksichtigung der bereits abgerechneten DRG I 69 Z vorzu nehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte weist darauf hin, dass sich die Klägerin erstmals mit Schreiben vom 14.08.2006 an die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe wandte und gem. § 137 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V um die Gewährung eines Übergangszeitraumes von 24 Monaten bat, um die Mindestmengen der Knie-Totalendoprothesen erbringen zu können. Mit Schreiben vom 14.09.2006 habe die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe der Klägerin mitgeteilt, dass nach dem Krankenhausplan NRW die Klägerin weder über eine ausgewiesene Unfallchirurgie, noch über eine Orthopädie verfüge, so dass das Implantieren von Knie-TEP s nicht zum Versorgungsauftrag der Klägerin gehöre und nur auf die Versorgung von Notfällen beschränkt sei. Einen Übergangszeitraum für die Ausweitung der Leistungen sei im Hinblick auf den Versorgungsvertrag nicht zugestimmt worden. Ergänzend sei darauf hingewiesen worden, dass die Übergangsfrist für den Ausnahmetatbestand der personellen Neuausrichtung mit dem Tag der Tätigkeitsaufnahme des neu eingestellten Arztes beginnen würde, so dass bei der Klägerin die Übergangsfrist auf Grund der Tätigkeitsaufnahme des Unfallchirurgen Dr. W. zum 01.10.2004 bereits am 01.10.2006 beendet gewesen sei. Auch habe die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen der Klägerin in einem weiteren Schreiben vom 06.11.2006 mitgeteilt, dass die interne Schwerpunktbildung im Bereich der Unfallchirurgie bei der Klägerin nicht zu einer Ausweitung des Versorgungsauftrages der Fachabteilung Allgemeinchirurgie führen könne, da für den Versorgungsauftrag eines Krankenhauses allein die ausgewiesene Fachabteilungsstruktur im Krankenhausplan maßgeblich sei. Ein Zahlungsanspruch auf die geltend gemachte Forderung bestehe nicht, da die Klägerin gem. § 8 Abs. 1 Satz 3 Krankenhausentgeltgesetz die Entgelte für die Knie-TEP s nicht berechnen durfte, weil diese Leistung nicht zum Versorgungsauftrag gehöre und es sich auch um keinen Notfall handele. In diesem Zusammenhang komme es nicht darauf an, welchen internen Schwerpunkt die Klägerin in der Fachabteilung Allge-meinchirurgie durch die personelle Besetzung vorgenommen habe, sondern entscheidend für den Versorgungsauftrag eines Krankenhauses sei vielmehr die im Feststellungsbe-scheid ausgewiesene Fachabteilungsstruktur. Nach dem Feststellungs-bescheid halte des E. C. eine Allgemeinchirurgie, jedoch ohne ausgewiesenes Teilgebiet Unfallchirurgie vor. Eine orthopädische Abteilung werde ebenfalls nicht vorgehalten. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf das Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW vom 09.05.2007 an die AOK Rheinland/Hamburg, in dem das Ministerium äußerte, dass eine Knie-TEP nicht zum Versorgungsauftrag einer allgemeinchirurgischen Fachabteilung gehört. Der Kranken-hausplan orientiere sich an der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Danach seien Implantationen von Kniegelenk-Endoprothesen eindeutig dem Inhalt der Weiterbildung im Schwerpunkt der Orthopädie/Unfallchirurgie zugewiesen. Sofern die Klägerin zukünftig Knie-TEP s durchführen und auch abrechnen möchte, habe diese in einem regionalen Planungsverfahren eine Unfallchirurgie für sich durchzusetzen und einzurichten. Hinsichtlich der von der Klägerseite zitierten Rechtssprechung des Sozialgerichts Münster weist die Beklagte darauf hin, dass es sich um eine Eilentschei-dung handelte, die im Ergebnis nicht dem beantragten Zahlungsanspruch folgte. Hinsichtlich der Frage der Verfassungswidrigkeit der Einführung der Knie-TEP-Mindestmengenvereinbarung sei zu beachten, dass nach Satz 5 des § 137 Abs. 1 SGB V die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde Leistungen bestimmen könne, bei denen eine flächen-deckende Versorgung gefährdet ist und deswegen auf Antrag eines Krankenhauses Ausnahmen gemacht werden könnten, so dass die Planungshoheit des Landes gewahrt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Es handelt sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt.

In der Sache ist die Klage begründet. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches ist § 109 Abs. 4 Satz 3 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. d. Sicherstellungsvertrag gem. § 112 Abs. 2 SGB V zwischen der Nordrhein-Westfälischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen. Gem. § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet, korrespondierend mit dem Anspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse auf Krankenhausbehandlung gem. § 39 Abs. 2 Satz 1 SGB V, die diese gem. § 108 SGB V nur in einem zugelassenen Krankenhaus erbringen darf. Dabei entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (ständige Rechtssprechung des Bundessozialgerichts, u. a. B 3 KR 33/04 R, B 3 KR 11/04 R, B 3 KR 40/04 R).

Zu den zugelassenen Krankenhäusern gehören neben Hochschulkliniken und den Krankenhäusern, die einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben, vor allem die Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind, die sogenannten Plankrankenhäuser. Das E. in C.l ist in den Krankenhausplan des Landes NRW aufgenommen mit der unmittelbaren Rechtsfolge der Zulassung des Krankenhauses zur gesetzlichen Krankenversicherung. Der Anspruch der Versicherten C. auf stationäre Krankenhausbehandlung und die medizinische Notwendigkeit der Durchführung einer Knie-TEP waren unstreitig gegeben.

Ein Vergütungsanspruch besteht jedoch nur für Behandlungen, die dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses entsprechen. Über dessen Rahmen hinaus ist das Krankenhaus nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V nicht zu einer Krankenhausbehandlung verpflichtet und können Versicherte nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V Leistungen in einem Krankenhaus nicht beanspruchen. Beide Vorschriften knüpfen daran an, dass die mit der Zulassung eines Krankenhauses nach § 108 SGB V erlangte Befugnis zur Teilnahme an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter erst durch den Versorgungsauftrag im Einzelnen konkretisiert und zugleich begrenzt wird. Diese Wirkungen kommen auch in § 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zum Ausdruck, wonach jedes Krankenhaus ausreichende, über einen Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten zur Verfügung haben muss. Ebenso wird bei der Krankenhausfinanzierung auf die durch den Versorgungsauftrag im Einzelnen festgelegten Versorgungsaufgaben des Krankenhauses abgestellt. Außerhalb des Versorgungsauftrages kann ein Krankenhaus danach selbst dann keine Vergütung für erbrachte Leistung beanspruchen, wenn die Leistung ansonsten ordnungsgemäß gewesen ist.

Versorgungsverträge bestehen Einzelfallbezogen für jedes Krankenhaus und sind nicht generell festgelegt. Weder dem SGB V noch den Vorschriften über die Krankenhausfinanzierung ist ein allgemeiner und abschließender Katalog möglicher Versorgungsaufträge für die an der Versorgung der Versicherten beteiligten Krankenhäuser zu entnehmen. Dies wäre auch unvereinbar mit dem Regelungszweck der Vorschriften über die Zulassung zur Krankenversorgung. Diese sind von dem Ziel geleitet, die begrenzten finanziellen Mittel zur Krankenhausfinanzierung und zur Gewährung der laufenden Versorgung sparsam einzusetzen, was bei Überkapazitäten gefährdet wäre. Deshalb ist der Anspruch auf Beteiligung an der Versorgung bedarfsgebunden. Die Zulassung ist daher abhängig von dem konkreten Versorgungsbedarf im Einzugsbereich des an der Teilnahme interessierten Krankenhauses, nach dem bezogen im Zulassungsfall ein konkreter Versorgungsauftrag festzulegen ist. Gleichzeitig ist der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser Rechnung zu tragen, die durch das Krankenhausgesetz (KHG) geregelt ist. Zweck des KHG ist die Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu sozialtragbaren Pflegesätzen. Nach § 6 Abs. 1 KHG haben die Länder zur Verwirklichung dieser Ziele Krankenhauspläne und Investitionsprogramme aufzustellen. Es ist ausdrücklich Sache der Länder, den Bedarf an Krankenhäusern durch die Aufstellung von Krankenhausplänen zu sichern. Mit den Krankenhausplänen stellen die Länder die Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsfähigkeit und Kostengünstigkeit eines Krankenhauses fest (§ 6 Abs. 1 i. V. m. § 1 KHG).

Angesichts der Planungshoheit der Länder ist hervorzuheben, dass sich der Versor-gungsauftrag eines Krankenhauses ausschließlich aus planungsrechtlichen Kriterien ergeben kann, d. h. für Plankrankenhäuser sind primär der Krankenhausplan i. V. m. den Bescheiden zu seiner Durchführung sowie sekundär ggf. ergänzende Vereinbarungen nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V beachtlich, in diesem Lichte sind auch ggf. erforderliche Auslegungen vorzunehmen.

Das E. C. ist im Krankenhausplan NRW mit einer Abteilung für Chirurgie mit dem Teilgebiet Chirurgie (Allgemein) im Umfang von 73 Planbetten ausgewiesen. Der Feststellungsbescheid selbst trifft keine Aussage darüber, welche Leistungen im Rahmen der zu Gunsten der Klägerin ausgewiesenen Chirurgie erbracht, bzw. nicht erbracht werden dürfen. Auch der Krankenhausplan NRW enthält dazu keine Aussage. Aufschlussreich ist insoweit die darin enthaltene, von der Klägerin aufgezeigte, Diagnosestatistik, die jedoch keine klare Zuordnung operativ zu behandelnder Gelenkserkrankungen ermöglicht.

Zur Definition des ausgewiesenen Fachgebietes Chirurgie kann daher nur auf die Definitionen der ärztlichen Weiterbildungsordnung zurückgegriffen werden.

Derzeit gültig ist die ärztliche Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 09.04.2005. Durch diese wurde erstmals eine Zusammenführung der Bereiche Orthopädie und Unfallchirurgie zu einem Fachgebiet vorgenommen. Nach der dazugehörigen Richtlinie sind nunmehr im neuen Bereich Unfallchirurgie/Orthopädie ausdrücklich als Untersuchungs- und Behandlungsmethoden u. a. operative Eingriffe am Kniegelenk u. a. Osteotomien, Endoprothesen nebst einer Richtzahl 10 vorgesehen, ebenso Endoprothesen mit einer Richtzahl 10 im Bereich der Hüftgelenke, sowohl bei Frakturen als auch bei Coxarthrose. Demgegenüber sind im Bereich Allgemeine Chirurgie operative Eingriffe am Stütz- und Bewegungssystem, z. B. Osteosynthesen, Implantatentfernung, Exostosenabtragung, Amputationen umschrieben mit der Richtzahl 100.

Zum einen ist damit die Zurordnung weiterhin nicht eindeutig, denn Knie-TEP könnten durchaus auch unter die allgemeinere Definition der Weiterbildungsinhalte im Bereich der Allgemeinen Chirurgie fallen. Zum anderen kann zur Ermittlung des planerischen Willens nur die zum Zeitpunkt des Erlasses des Planungsaktes, d. h. zum Zeitpunkt der Aufnahme des Krankenhauses in den Krankenhausplan und zum Zeitpunkt fortgeltender Feststellungsbescheide gültige Weiterbildungsordnung maßgeblich sein, in der die nun geltende Zuordnung der Unfallchirurgie zur Orthopädie nicht vorgesehen war. Vielmehr war nach der Weiterbildungsordnung vom 30.01.1993, Stand 11.04.2003 die Unfallchirurgie als ein möglicher Schwerpunkt der Chirurgie zugeordnet. Diesbezüglich waren im Rahmen der Weiterbildung 80 Eingriffe bei Verletzung von Gelenken einschließlich des Gelenkersatzes vorgesehen, ebenso im Bereich der Orthopädie 95 Eingriffe an Gelenken einschließlich Endoprothesen. Nur diese zum Zeitpunkt des letzten Feststellungsbescheides geltende Weiterbildungsordnung kann als Auslegungskriterium für den Inhalt des Feststellungsbescheides herangezogen werden. Alles andere würde jedenfalls der Planungshoheit der Länder den Boden entziehen und ad absurdum führen. Es liegt allein in der Zuständigkeit des Landes auch planerisch eine Umsetzung von Veränderungen z. B. der Weiterbildungsordnung umzusetzen und eindeutige Vorgaben für die Zuordnung zu treffen, so wie dies z. B. für die Epilepsiechirurgie im nordrhein-westfälischen Krankenhausplan erfolgte. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Krankenkassen über Budgetverhandlungen bzw. die Nichtvereinbarung bestimmter DRG und damit die Verweigerung der Vergütung eine Umdeutung von Versrogungsaufträgen unter Umgehung der Planungshoheit des Landes durchzusetzen. Jedenfalls war die Unfallchirurgie mit der ausdrücklichen Aufführung des Gelenkersatzes bis 2005 Schwerpunkt im Bereich der Chirurgie.

Eine eindeutige Zuordnung der Kniegelenkstotalendoprothesen ist folglich auch unter Zugrundelegung der Weiterbildungsordnung nicht möglich, so dass nur auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt werden kann unter Berücksichtigung der eingesetzten personellen Fachkompetenz und Art und Anteil der durchgeführten Behandlungen.

Nach den von der Klägerin hierzu gemachten Angaben hinsichtlich der Häufigkeit der durchgeführten Operationen insbesondere im Bereich des Kniegelenkes verschiedener Art, ebenso der Hüftgelenke einschließlich der Endoprothetik, sowie in Ansehung der fachärztlichen Qualifikation der in der chirurgischen Abteilung tätigen Ärzte, ist davon auszugehen, dass in dieser Abteilung seit Jahren zu einem großen Anteil tatsächlich unfallchirurgisch gearbeitet wurde. Die von der Beklagten geforderte Planausweisung einer Unfallchirurgie für das klägerische Krankenhaus würde jedoch nach der Entscheidung des OVG für das Land NRW vom 08.01.2008, Az.: 13 A 1571/07 nur eine deklaratorische Verifizierung der tatsächlichen Gegebenheiten im Krankenhausplan ohne Drittwirkung bedeuten. So führt das OVG ausdrücklich aus, dass unabhängig von der deklaratorischen Ausweisung einer Unfallchirurgie ein Krankenhaus unfallchirurgische Leistungen in einer chirurgischen Abteilung erbringen und nach dem gegenwärtigen Entgeltsystem bei den Kassen abrechnen kann.

Diesem Ergebnis entspricht, dass laut Runderlass des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes NRW vom 31.03.1999 zum Umfang von Versorgungsaufträgen der Krankenhäuser im Rahmen der Krankenhausplanung, dass Versorgungsaufträge nicht im Detail definiert werden und bei Überschneidungen in den Leistungsbereichen verschiedener Fachgebiete/Schwerpunkte nicht in der jeweiligen nach dem Feststellungsbescheid ausgewiesenen Abteilung dominieren dürfen. Dies ist nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin nicht der Fall. Vielmehr soll in Zukunft nach einem von der Klägerin übergebenen Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21.01.2008 an die Mitglieder des Landesausschusses für Krankenhausplanung eine Detailplanung überhaupt aufgegeben werden und eine Ausweisung von Teilgebieten entfallen.

Nach allem ist für die Kammer im Krankenhausplan im Zusammenhang mit den zu seiner Durchführung erlassenen Feststellungsbescheiden erteilte Versorgungsauftrag durch die 2005 in Kraft getretene ärztliche Weiterbildungsordnung nicht eingeschränkt worden oder neu definiert. Folglich liegen Knie-TEP-Operationen im Rahmen des Versorgungsauftrages der chirurgischen Abteilung des E. C.

Dem Anspruch auf Vergütung der DRG I 44b steht auch nicht die Mindestmengenregelung des § 137 Abs. 1 SGB V entgegen. Nach der Anlage 2 betreffend allgemeiner Ausnahmetatbestände gem. § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB V zu der Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses gem. § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB V für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Mindestmengenvereinbarung) vom 20.12.2005 ist in der Nr. 3 beim Aufbau neuer Leistungsbereiche ein Übergangszeitraum von 36 Monaten vorgesehen zur Erfüllung der Mindestmengen. Da das klägerische Krankenhaus in 2006 erste Knie-TEP durchführte und in 2007 bereits die für Knie-TEP durch den gemeinsamen Bundesausschuss bestimmte Mindestmenge von 50 überschritt, hat sie den einzuräumenden Übergangszeitraum bei weitem nicht ausgeschöpft. Mit der Durchführung von Knie-TEP handelt es sich um einen "neuen Leistungsbereich" innerhalb des Versorgungsauftrages des klägerischen Krankenhauses, der allein schon durch die Aufnahme in die Mindestmengenvereinbarung neu definiert und von dem übrigen Leistungsgeschehen der Abteilung abgegrenzt ist. Der Aufbau neuer, unter die Mindestmengenregelung und die dazu getroffenen Vereinbarungen fallender Leistungsbereiche muss weiterhin möglich sein, die getroffenen Regelungen und Ausnahmetatbestände sind in diesem Sinne auszulegen und anzuwenden. Unter diesen Vorgaben können die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 137 SGB V und der Rechtmäßigkeit der Mindestmengenvereinbarung des gemeinsamen Bundesausschusses vorliegend dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG und die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 1, § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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