Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
29
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 29 (12) R 224/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 R 64/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Der am 27.07.1964 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 06.04.2006 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts holte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. J. ein. Dr. J. diagnostizierte bei dem Kläger eine Dickdarmdivertikulose, Z.n. Sigmaresektion, Bluthochdruck sowie starkes Übergewicht. Er vertrat die Auffassung, der Kläger könne noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten zeitweise im Sitzen, im Stehen und Gehen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sechs Stunden und mehr verrichten.
Die Beklagte lehnte die begehrte Rente mit Bescheid vom 03.07.2006 ab. Sie vertrat die Ansicht, dass der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11.07.2006 Widerspruch ein. Die Beklagte zog einen Befundbericht von Herrn G. (Facharzt für Innere Medizin) bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2006 wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgmeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich sechs Stunden und mehr erwerbstätig sein.
Hiergegen hat der Kläger am 24.10.2006 Klage erhoben. Er trägt vor, dass ihm die Rente zustehe, da er nur Gegenstände bis 5 kg heben dürfe. Außerdem müsse er ein Korsett tragen, da ansonsten seine Bauchdecke platzen könne. Er sei in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Ferner habe er Rückenschmerzen und könne sich nur bedingt bücken. Er sei aufgrund der vorhandenen Leistungseinschränkungen nicht in der Lage, die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu erfüllen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 03.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab dem 06.04.2006 volle Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H. (Chirurg) und Herrn G.l (Facharzt für Innere Medizin) eingeholt. Sodann hat das Gericht Beweis erhoben über den Gesundheitszustand des Klägers und sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben durch Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. N. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 21.04.2007 folgende Diagnosen gestellt:
1. Rezidivierende abdominelle Verwachsungsbeschwerden bei Zustand nach Sigmaresektion mit komplikativem Verlauf und zahlreichen Nachoperationen.
2. Bislang noch nicht befriedigend eingestellte arterielle Hypertonie ohne Hinweise für hochdruckbedingte Organschädigungen.
3. Geringgradige reversible obstruktive Ventilationsstörung.
4. Fettleber leichteren Grades.
5. Übergewichtigkeit.
Dr. N. hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter Witterungsschutz im Freien sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Behinderungen bestünden beim dauernden Sitzen und Stehen, sowie beim häufigen Steigen, Klettern, Kriechen und Bücken und beim Heben, Tragen und Bewegen von schweren/mittelschweren Lasten. Ausgeschlossen seien Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung. Tätigkeiten mit altersentsprechenden Anforderungen an Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Übersicht und dergleichen könnten verrichtet werden. Es sei dem Kläger möglich, vier Mal täglich eine Strecke von mehr als 500 Metern jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel sowie ein Kraftfahrzeug könnten benutzt werden.
Auf entsprechenden Antrag des Klägers hat das Gericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Klägers durch Einholung eines internistischen Gutachtens von Dr. L. Dieser hat bei dem Kläger in seinem Gutachten vom 04.10.2007 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Wiederholte Verwachsungsbeschwerden bei Zustand nach Darmteilresektion und multiplen Nachoperationen und instabiler Bauchdecke.
2. Noch nicht befriedigend eingestellter Bluthochdruck ohne Hinweise auf eine hypertone Organschädigung.
3. Lendenwirbelsäulensyndrom.
Dr. L. hat die Ansicht vertreten, der Kläger könne noch körperlich leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen und unter Witterungsschutz im Freien regelmäßig an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden und mehr mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, Arbeiten unter besonderen Stresssituationen/Zeitdruck, Arbeiten in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung sowie mit Hocken, Bücken, Kriechen, Klettern, Steigen, ständigem Sitzen oder Stehen. Arbeiten auf Gerüsten sowie mit Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen und Nässe seien nicht zumutbar. Überkopf- und Überschulterarbeiten seien hingegen zeitweise möglich. Da der Kläger zeitweise Schmerzmittel einnehmen müsse, seien Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Konzentration, Übersicht, Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit nicht mehr möglich. Tätigkeiten mit einfachen und durchschnittlichen Anforderungen an diese Qualitäten seien jedoch möglich. Es sei dem Kläger ferner möglich, vier Mal täglich eine Gehstrecke von mehr als 500 Metern in jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie eines KFZ sei möglich.
Der Kläger hat sich im Zeitraum vom 30.11.2007 bis zum 22.12.2007 wegen eines Bauchdeckenabzesses in stationärer Behandlung im Marien-Hospital Marl befunden. Auf den Inhalt des vom Kläger übersandten Behandlungsberichts des Marien-Hospitals Marl vom 21.12.2007 wird Bezug genommen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass sich aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes auch die Leistungsfähigkeit weiter verschlechtert habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch den Bescheid vom 03.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Die Beklagte hat es zurecht abgelehnt, bei dem Kläger eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erhält Rente wegen Erwerbsminderung, wer teilweise oder voll erwerbsgemindert ist und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und die allgemeine Wartezeit nach § 50 SGB VI (nämlich eine Versicherungszeit von 5 Jahren) erfüllt hat.
Voll erwerbsgemindert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 des sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne dieser Bestimmungen. Die Kammer war aufgrund der eingeholten Gutachten der Überzeugung, dass der Kläger noch mehr als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann. Denn nach dem Ergebnis der vom Gericht durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme leidet der Kläger an den im Tatbestand genannten Gesundheitsstörungen. Diese Gesundheitsstörungen wirken sich dahingehend aus, dass dem Kläger schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr zumutbar sind. Außerdem scheiden solche Arbeiten aus, die in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung verrichtet werden oder eine dauernd sitzende oder stehende Tätigkeit beinhalten. Weiterhin sind dem Kläger Arbeiten mit besonderen Stresssituationen/Zeitdruck, mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, mit Hocken, Bücken, Kriechen, Steigen, Klettern sowie mit Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen und Nässe nicht mehr zumutbar. An die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, Übersicht und Aufmerksamkeit können zwar keine besonderen, jedoch durchschnittliche Anforderungen gestellt werden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen ist der Kläger nicht daran gehindert, körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter Witterungsschutz im Freien sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Dieses Leistungsvermögen schließt den Versicherungsfall der Erwerbsminderung aus.
Mit den Feststellungen zum Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben folgt die Kammer den ausführlichen und schlüssig begründeten Darlegungen in den Gutachten der Sachverständigen Dr. N. und Dr. L. Die Sachverständigen sind als erfahrene und anerkannte Fachärzte nach eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der im Untersuchungszeitpunkt aktenkundigen ärztlichen Unterlagen zu der Feststellung der im Tatbestand genannten Gesundheitsstörungen und Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers gelangt. Anhaltspunkte für eine unvollständige Befunderhebung oder unzutreffende Leistungsbeurteilung sind nicht ersichtlich. Die Ausführungen der Sachverständigen sind schlüssig, in sich widerspruchsfrei und überzeugend begründet.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren auch in Bezug auf den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30.11.2007 bis zum 22.12.2007 im Marien-Hospital Marl nicht geboten. In dem vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht wird die Diagnose eines Bauchdeckenabszesses bei Zustand nach AP-Rückverlagerung gestellt. Hinsichtlich des Verlaufs wird ausgeführt, dass der Kläger am 22.12.2007 mit reizarmen Wundverhältnissen und unauffälligem Laborbefund in die weitere poststationäre Behandlung entlassen wurde. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war damit nicht absehbar, ob überhaupt eine dauerhafte rentenrelevante Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und damit eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers eingetreten war. Denn die Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens muss "auf nicht absehbare Zeit", d.h. zumindest für länger als 6 Monate vorliegen (vgl. Niesel in: Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI, Rn. 25). Dieser Zeitraum ergibt sich aus § 101 Abs. 1 SGB VI, wonach während der ersten 6 Monate einer Erwerbsminderung keine Rente geleistet wird. Hinsichtlich der von dem Kläger geltend gemachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes und seiner Leistungsfähigkeit, welche bei der Untersuchung durch Dr. Lux im Oktober 2007 noch nicht vorgelegen hat, ist deshalb zunächst der Erfolg der durchzuführenden poststationären Behandlung abzuwarten.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass trotz der festgestellten mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten eine Erwerbsminderungsrente zu zahlen sei, da er aufgrund der qualitativen Leistungseinschränkungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass auch in der Gesamtschau der oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen keine Summierung ungewöhnlicher oder schwere spezifischer Leistungseinschränkungen vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist dies der Fall, wenn die Fähigkeiten der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt sind (vgl. nur BSG, Urteil vom 19.08.1997, Az.: 13 RJ 91/96). Bei den von den Sachverständigen genannten Anforderungen an die Arbeitsbedingungen handelt es sich nicht um Einschränkungen, mit denen die Fähigkeit des Klägers zur Verrichtung von Arbeiten in vielfältiger Beziehung oder ungewöhnlich stark beeinträchtigt ist. Weder in ihrer Summierung noch als Einzelbehinderung führen die oben genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit hier dazu, dass eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes konkret benannt werden müsste. Denn sie sind nicht so erheblich, dass von vornherein ernste Zweifel daran aufkommen müssten, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen auch in einem Betrieb einsetzbar wäre.
Ob der Kläger angesichts der nach wie vor angespannten Arbeitsmarktlage einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz finden kann, ist für die Frage der Rentengewährung unerheblich. Das Vermittlungsrisiko fällt nicht in die Leistungszuständigkeit der Beklagten, sondern ist innerhalb des nach Risiken gegliederten Systems der Deutschen Sozialversicherung von der Arbeitslosenversicherung zu tragen, so lange der Versicherte Arbeiten zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, wie es hier bei dem Kläger der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht.
Der am 27.07.1964 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 06.04.2006 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts holte die Beklagte ein Gutachten von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. J. ein. Dr. J. diagnostizierte bei dem Kläger eine Dickdarmdivertikulose, Z.n. Sigmaresektion, Bluthochdruck sowie starkes Übergewicht. Er vertrat die Auffassung, der Kläger könne noch körperlich leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten zeitweise im Sitzen, im Stehen und Gehen, ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg sechs Stunden und mehr verrichten.
Die Beklagte lehnte die begehrte Rente mit Bescheid vom 03.07.2006 ab. Sie vertrat die Ansicht, dass der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11.07.2006 Widerspruch ein. Die Beklagte zog einen Befundbericht von Herrn G. (Facharzt für Innere Medizin) bei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2006 wies sie den Widerspruch des Klägers zurück. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgmeinen Arbeitsmarktes arbeitstäglich sechs Stunden und mehr erwerbstätig sein.
Hiergegen hat der Kläger am 24.10.2006 Klage erhoben. Er trägt vor, dass ihm die Rente zustehe, da er nur Gegenstände bis 5 kg heben dürfe. Außerdem müsse er ein Korsett tragen, da ansonsten seine Bauchdecke platzen könne. Er sei in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt. Ferner habe er Rückenschmerzen und könne sich nur bedingt bücken. Er sei aufgrund der vorhandenen Leistungseinschränkungen nicht in der Lage, die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu erfüllen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 03.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab dem 06.04.2006 volle Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. H. (Chirurg) und Herrn G.l (Facharzt für Innere Medizin) eingeholt. Sodann hat das Gericht Beweis erhoben über den Gesundheitszustand des Klägers und sein Leistungsvermögen im Erwerbsleben durch Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. N. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 21.04.2007 folgende Diagnosen gestellt:
1. Rezidivierende abdominelle Verwachsungsbeschwerden bei Zustand nach Sigmaresektion mit komplikativem Verlauf und zahlreichen Nachoperationen.
2. Bislang noch nicht befriedigend eingestellte arterielle Hypertonie ohne Hinweise für hochdruckbedingte Organschädigungen.
3. Geringgradige reversible obstruktive Ventilationsstörung.
4. Fettleber leichteren Grades.
5. Übergewichtigkeit.
Dr. N. hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter Witterungsschutz im Freien sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Behinderungen bestünden beim dauernden Sitzen und Stehen, sowie beim häufigen Steigen, Klettern, Kriechen und Bücken und beim Heben, Tragen und Bewegen von schweren/mittelschweren Lasten. Ausgeschlossen seien Arbeiten unter Zeitdruck sowie in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung. Tätigkeiten mit altersentsprechenden Anforderungen an Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Übersicht und dergleichen könnten verrichtet werden. Es sei dem Kläger möglich, vier Mal täglich eine Strecke von mehr als 500 Metern jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel sowie ein Kraftfahrzeug könnten benutzt werden.
Auf entsprechenden Antrag des Klägers hat das Gericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Klägers durch Einholung eines internistischen Gutachtens von Dr. L. Dieser hat bei dem Kläger in seinem Gutachten vom 04.10.2007 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Wiederholte Verwachsungsbeschwerden bei Zustand nach Darmteilresektion und multiplen Nachoperationen und instabiler Bauchdecke.
2. Noch nicht befriedigend eingestellter Bluthochdruck ohne Hinweise auf eine hypertone Organschädigung.
3. Lendenwirbelsäulensyndrom.
Dr. L. hat die Ansicht vertreten, der Kläger könne noch körperlich leichte Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen und unter Witterungsschutz im Freien regelmäßig an fünf Tagen in der Woche sechs Stunden und mehr mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 5 kg, Arbeiten unter besonderen Stresssituationen/Zeitdruck, Arbeiten in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung sowie mit Hocken, Bücken, Kriechen, Klettern, Steigen, ständigem Sitzen oder Stehen. Arbeiten auf Gerüsten sowie mit Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen und Nässe seien nicht zumutbar. Überkopf- und Überschulterarbeiten seien hingegen zeitweise möglich. Da der Kläger zeitweise Schmerzmittel einnehmen müsse, seien Arbeiten mit besonderen Anforderungen an Konzentration, Übersicht, Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit nicht mehr möglich. Tätigkeiten mit einfachen und durchschnittlichen Anforderungen an diese Qualitäten seien jedoch möglich. Es sei dem Kläger ferner möglich, vier Mal täglich eine Gehstrecke von mehr als 500 Metern in jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie eines KFZ sei möglich.
Der Kläger hat sich im Zeitraum vom 30.11.2007 bis zum 22.12.2007 wegen eines Bauchdeckenabzesses in stationärer Behandlung im Marien-Hospital Marl befunden. Auf den Inhalt des vom Kläger übersandten Behandlungsberichts des Marien-Hospitals Marl vom 21.12.2007 wird Bezug genommen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass sich aufgrund der Verschlechterung des Gesundheitszustandes auch die Leistungsfähigkeit weiter verschlechtert habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch den Bescheid vom 03.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2006 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Die Beklagte hat es zurecht abgelehnt, bei dem Kläger eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erhält Rente wegen Erwerbsminderung, wer teilweise oder voll erwerbsgemindert ist und in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und die allgemeine Wartezeit nach § 50 SGB VI (nämlich eine Versicherungszeit von 5 Jahren) erfüllt hat.
Voll erwerbsgemindert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 des sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne dieser Bestimmungen. Die Kammer war aufgrund der eingeholten Gutachten der Überzeugung, dass der Kläger noch mehr als 6 Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann. Denn nach dem Ergebnis der vom Gericht durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme leidet der Kläger an den im Tatbestand genannten Gesundheitsstörungen. Diese Gesundheitsstörungen wirken sich dahingehend aus, dass dem Kläger schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr zumutbar sind. Außerdem scheiden solche Arbeiten aus, die in Zwangs- oder überwiegend einseitiger Körperhaltung verrichtet werden oder eine dauernd sitzende oder stehende Tätigkeit beinhalten. Weiterhin sind dem Kläger Arbeiten mit besonderen Stresssituationen/Zeitdruck, mit Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, mit Hocken, Bücken, Kriechen, Steigen, Klettern sowie mit Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen und Nässe nicht mehr zumutbar. An die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, Übersicht und Aufmerksamkeit können zwar keine besonderen, jedoch durchschnittliche Anforderungen gestellt werden. Unter Beachtung dieser Einschränkungen ist der Kläger nicht daran gehindert, körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter Witterungsschutz im Freien sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche regelmäßig mit betriebsüblichen Pausen verrichten. Dieses Leistungsvermögen schließt den Versicherungsfall der Erwerbsminderung aus.
Mit den Feststellungen zum Gesundheitszustand und Leistungsvermögen des Klägers im Erwerbsleben folgt die Kammer den ausführlichen und schlüssig begründeten Darlegungen in den Gutachten der Sachverständigen Dr. N. und Dr. L. Die Sachverständigen sind als erfahrene und anerkannte Fachärzte nach eingehender Untersuchung des Klägers und sorgfältiger Befunderhebung unter Berücksichtigung der im Untersuchungszeitpunkt aktenkundigen ärztlichen Unterlagen zu der Feststellung der im Tatbestand genannten Gesundheitsstörungen und Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers gelangt. Anhaltspunkte für eine unvollständige Befunderhebung oder unzutreffende Leistungsbeurteilung sind nicht ersichtlich. Die Ausführungen der Sachverständigen sind schlüssig, in sich widerspruchsfrei und überzeugend begründet.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren auch in Bezug auf den stationären Aufenthalt des Klägers vom 30.11.2007 bis zum 22.12.2007 im Marien-Hospital Marl nicht geboten. In dem vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht wird die Diagnose eines Bauchdeckenabszesses bei Zustand nach AP-Rückverlagerung gestellt. Hinsichtlich des Verlaufs wird ausgeführt, dass der Kläger am 22.12.2007 mit reizarmen Wundverhältnissen und unauffälligem Laborbefund in die weitere poststationäre Behandlung entlassen wurde. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung war damit nicht absehbar, ob überhaupt eine dauerhafte rentenrelevante Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und damit eine rentenrelevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers eingetreten war. Denn die Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens muss "auf nicht absehbare Zeit", d.h. zumindest für länger als 6 Monate vorliegen (vgl. Niesel in: Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI, Rn. 25). Dieser Zeitraum ergibt sich aus § 101 Abs. 1 SGB VI, wonach während der ersten 6 Monate einer Erwerbsminderung keine Rente geleistet wird. Hinsichtlich der von dem Kläger geltend gemachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes und seiner Leistungsfähigkeit, welche bei der Untersuchung durch Dr. Lux im Oktober 2007 noch nicht vorgelegen hat, ist deshalb zunächst der Erfolg der durchzuführenden poststationären Behandlung abzuwarten.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass trotz der festgestellten mindestens sechsstündigen Leistungsfähigkeit für körperlich leichte Arbeiten eine Erwerbsminderungsrente zu zahlen sei, da er aufgrund der qualitativen Leistungseinschränkungen nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden könne, ist dem entgegenzuhalten, dass auch in der Gesamtschau der oben genannten qualitativen Leistungseinschränkungen keine Summierung ungewöhnlicher oder schwere spezifischer Leistungseinschränkungen vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist dies der Fall, wenn die Fähigkeiten der Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt sind (vgl. nur BSG, Urteil vom 19.08.1997, Az.: 13 RJ 91/96). Bei den von den Sachverständigen genannten Anforderungen an die Arbeitsbedingungen handelt es sich nicht um Einschränkungen, mit denen die Fähigkeit des Klägers zur Verrichtung von Arbeiten in vielfältiger Beziehung oder ungewöhnlich stark beeinträchtigt ist. Weder in ihrer Summierung noch als Einzelbehinderung führen die oben genannten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit hier dazu, dass eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes konkret benannt werden müsste. Denn sie sind nicht so erheblich, dass von vornherein ernste Zweifel daran aufkommen müssten, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen auch in einem Betrieb einsetzbar wäre.
Ob der Kläger angesichts der nach wie vor angespannten Arbeitsmarktlage einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz finden kann, ist für die Frage der Rentengewährung unerheblich. Das Vermittlungsrisiko fällt nicht in die Leistungszuständigkeit der Beklagten, sondern ist innerhalb des nach Risiken gegliederten Systems der Deutschen Sozialversicherung von der Arbeitslosenversicherung zu tragen, so lange der Versicherte Arbeiten zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, wie es hier bei dem Kläger der Fall ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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