Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 1582/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 123/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.
§ 37 SGB II sieht weder eine bestimmte Form für den Antrag vor, noch ist die Verwendung eines bestimmten Formulars gesetzlich zwingend vorgegeben. Sucht ein Hilfebedürftiger eine Sachbearbeiterin des Grundsicherungsträgers auf und erklärt dort, er strebe eine Aufstockung seines Arbeitslosengeldes I durch Arbeitslosengeld II an, und wird ihm daraufhin ein Antragsformular ausgehändigt, so stellt dies einen Antrag im Sinne des § 37 SGB II dar. Der Einordnung als Antrag steht nicht entgegen, dass bei der Vorsprache des Hilfebedürftigen keine weiteren Daten – insbesondere auch zu seiner Person - aufgenommen wurden (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 01. Oktober 1964 – 11/1 RA 296/63 - NJW 1965, 463, 464).
2.
Wird erst mehr als sechs Monate nach der hier als Antragstellung auszulegenden ersten Vorsprache bei dem Grundsicherungsträger und der Aushändigung eines Antragsvordrucks der ausgefüllte Antragsvordruck vorgelegt, so sind Leistungsansprüche für den zurückliegenden Zeitraum zwischen der Antragstellung der Vorlage des ausgefüllten Antragsvordrucks durch Verwirkung erloschen. Da das SGB II Hilfebedürftigen in (existenziellen) Notlagen Leistungen gewährt, konnte der Grundsicherungsträger angesichts des Zuwartens des Hilfebedürftigen darauf vertrauen, dass dieser Leistungsansprüche nicht mehr rückwirkend geltend macht.
§ 37 SGB II sieht weder eine bestimmte Form für den Antrag vor, noch ist die Verwendung eines bestimmten Formulars gesetzlich zwingend vorgegeben. Sucht ein Hilfebedürftiger eine Sachbearbeiterin des Grundsicherungsträgers auf und erklärt dort, er strebe eine Aufstockung seines Arbeitslosengeldes I durch Arbeitslosengeld II an, und wird ihm daraufhin ein Antragsformular ausgehändigt, so stellt dies einen Antrag im Sinne des § 37 SGB II dar. Der Einordnung als Antrag steht nicht entgegen, dass bei der Vorsprache des Hilfebedürftigen keine weiteren Daten – insbesondere auch zu seiner Person - aufgenommen wurden (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 01. Oktober 1964 – 11/1 RA 296/63 - NJW 1965, 463, 464).
2.
Wird erst mehr als sechs Monate nach der hier als Antragstellung auszulegenden ersten Vorsprache bei dem Grundsicherungsträger und der Aushändigung eines Antragsvordrucks der ausgefüllte Antragsvordruck vorgelegt, so sind Leistungsansprüche für den zurückliegenden Zeitraum zwischen der Antragstellung der Vorlage des ausgefüllten Antragsvordrucks durch Verwirkung erloschen. Da das SGB II Hilfebedürftigen in (existenziellen) Notlagen Leistungen gewährt, konnte der Grundsicherungsträger angesichts des Zuwartens des Hilfebedürftigen darauf vertrauen, dass dieser Leistungsansprüche nicht mehr rückwirkend geltend macht.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind von der Beklagten für beide Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 09. Juni 2005 bis zum 02. Januar 2006.
Der am 1981 geborene Kläger bewohnte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine Einraumwohnung mit einer Wohnfläche von 26,56 qm und einer monatlichen Nettokaltmiete von 135,40 EUR sowie einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 65,00 EUR. Vom 01. Februar 2005 bis zum 28. Januar 2006 bezog er Arbeitslosengeld I in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von zunächst 113,10 EUR und ab dem 19. Oktober 2005 von 126,30 EUR. Am 09. Juni 2005 sprach der Kläger bei der Beklagten wegen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II vor. Ihm wurde dabei ein Antragsformular ausgehändigt, auf das im Feld "Tag der Antragstellung" der Stempel "9.6.05" aufgebracht wurde. Persönliche Daten des Klägers wurden am 09. Juni 2005 durch die Beklagte nicht erfasst.
Mit Eingang bei der Beklagten am 03. Januar 2006 legte der Kläger das nunmehr ausgefüllte Antragsformular vor und gab dabei an, er habe seit dem 09. Juni 2005 seinen Lebensunterhalt durch Arbeitslosengeld I, Erspartes sowie Elternbeihilfe bestritten. Mit Bescheid vom 03. Januar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 03. Januar 2006 bis 31. Januar 2006 in Höhe von monatlich 436,77 EUR und vom 01. Februar 2006 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 508,22 EUR. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, das Datum der Antragstellung (09. Juni 2005) sei bei der Bewilligungsentscheidung nicht berücksichtigt worden. Im April 2006 habe er das gesamte Guthaben seines Sparkontos auf sein Girokonto überwiesen, um in den Folgemonaten davon zu leben. Seine Eltern hätten ihm zudem für Oktober und November 2006 Geld für die Mietkosten in Höhe von 400,40 EUR geliehen.
Der Widerspruch des Klägers den Bescheid vom 03. Januar 2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in der Zeit vom 09. Juni 2005 bis 02. Januar 2006 habe der Kläger seinen Lebensunterhalt aus Arbeitslosengeld I, Erspartem sowie Unterstützungsleistungen seiner Eltern bestritten. Mangels Hilfebedürftigkeit bestehe daher kein Anspruch nach dem SGB II.
Mit der hiergegen am 18. September 2006 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein auf Gewährung von Leistungen bereits ab dem 09. Juni 2005 gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, entgegen der Auffassung der Beklagten habe er seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln oder Kräften bestreiten können. Sein Sparguthaben sei niedriger als der Vermögensfreibetrag gewesen, das Arbeitslosengeld I habe unter der monatlichen Regelleistung gelegen und Zahlungen seiner Eltern seien lediglich darlehensweise erfolgt. Hierzu hat der Kläger die Bestätigung seiner Eltern über eine mündlich getroffene Darlehensvereinbarung sowie Kontoauszüge seiner Eltern vorgelegt, in denen unter dem 31. Oktober 2005 und 08. November 2005 jeweils eine Überweisung von 200,20 EUR an den Vermieter des Klägers ausgewiesen waren.
Im Erörterungstermin vor dem SG am 04. Juni 2007 hat der Kläger angegeben, er habe die Abgabe des Antrags vor sich her geschoben. Auch die Inanspruchnahme des Darlehens seiner Eltern für die Miete für Oktober und November 2005 sei für ihn der einfachere Weg gewesen, als den Antrag bei der Beklagten abzugeben. Er habe den Antrag schon viel eher stellen können, wenn er gewusst hätte, dass er zuzüglich zu dem von ihm bezogenen Arbeitslosengeld I Leistungen nach dem SGB II hätte beziehen können.
Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2007 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2006 verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 09. Juni 2005 bis einschließlich 02. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. § 37 SGB II schreibe für den notwendigen Antrag zum Bezug von Leistungen nach diesem Gesetzbuch keine bestimmte Form vor. Die Beklagte sei als Leistungsträger nach § 16 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verpflichtet darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt würden. Erst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I komme eine Versagung der Leistung wegen einer Mitwirkungsverweigerung bis zur Nachholung der Mitwirkung in Betracht. Vorliegend habe der Kläger indes alles Erforderliche getan, um die Leistungen mit Wirkung ab Antragstellung zu erhalten. Dass die Beklagte nicht vermerke, an wen sie einen abgestempelten Antrag herausgebe, und damit auch gar nicht in der Folge nachvollziehen könne, ob jemand tatsächlich einen Antrag gestellt habe, falle in die Organisationssphäre der Beklagten und könne dem Leistungsempfänger nicht zum Nachteil gereichen. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen seien daher Leistungen ab Antragstellung zu erbringen. Es sei Sache des Gesetzgebers Abhilfe zu schaffen, sofern die Leistungsträger aus organisatorischen Gründen nicht in der Lage sein sollten, den Verwaltungsablauf im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung ordnungsgemäß und nachvollziehbar auszugestalten. Im Übrigen liege Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II vor. Der monatliche Bedarf betrage 503,22 EUR (311,00 EUR Regelleistung und 192,22 EUR Kosten der Unterkunft). Außer dem monatlichen Bezug von Arbeitslosengeld I in Höhe von 113,10 EUR habe der Kläger über keine Einkünfte verfügt. Von seinen Eltern sei er lediglich in Gestalt der Übernahme der Mietzahlungen für Oktober und November 2005 unterstützt worden, ohne dass Anhaltspunkte für weitere Unterstützungsleistungen der Eltern ersichtlich seien. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger seinen Unterhalt durch die in den von ihm im Erörterungstermin vorgelegten Kontoauszügen ausgewiesenen Abhebungen von 50,00 EUR bestritten habe. Auch habe der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung über kein den Freibetrag von 5.500,00 EUR (200,00 EUR x 24 + 750,00 EUR) übersteigendes Vermögen verfügt.
Gegen den ihr am 27. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 23. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, ein Antrag im Sinne des § 37 SGB II werde nicht allein bereits mit der Vorsprache des Klägers und der Aushändigung des Formularantrages gestellt. Von einer wirksamen Antragstellung könne vielmehr erst dann ausgegangen werden, wenn zu der Anmeldung des Hilfebedarfs die Vorlage der den Antrag glaubhaft machenden Beweisunterlagen erfolge. Einer Fristsetzung zum Nachreichen von Unterlagen bedürfe es nicht, weil Anspruchsvoraussetzung eine konkrete und gegenwärtige Notsituation sei und es nicht Aufgabe der Behörde sei, dem Kläger durch entsprechende Aufforderung zur Mitwirkung seine akute Notsituation klar zu machen und ihn zum Handeln zu bewegen, wenn die Notsituation als solche dieses nicht vermöge. Von einem leistungsbegründenden Antrag ab erster Vorsprache bei der Beklagten könne nur ausgegangen werden, wenn die zur Begründung und Berechnung des geltend gemachten Anspruchs erforderlichen Unterlagen zeitnah beigebracht würden. Selbst eine ordnungsgemäße Antragstellung bewirke bei Bedürftigkeit in der Regel eine Leistungsbewilligung nur für sechs Monate, was vom SG nicht beachtet worden sei. Ein am 09. Juni 2005 gestellter Antrag habe günstigstenfalls eine Leistungsbewilligung bis einschließlich November 2005 auslösen können. Auch sei die Bedürftigkeit des Klägers fehlerhafter Weise bejaht worden, insbesondere weil Prüfungen hinsichtlich des Vermögens nicht vorgenommen worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum in der Lage gewesen sein sollte, von 50,00 EUR monatlich zu leben. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger über weitere Einnahmen in Geld oder Geldeswert verfügt habe, die sein Verhalten bei der Antragstellung erklärten und eine Notsituation ausschlössen. Auch habe das SG nicht geprüft, inwieweit der Kläger seine Hilfsbedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II habe beseitigen können. Dies widerspreche dem Grundsatz der Einheit von Fördern und Fordern im SGB II. Insbesondere sei die Einhaltung von Verpflichtungen des Hilfeempfängers (insbesondere Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, kontinuierliche Bewerbung und Nachweis dieser Bewerbungen, Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit, Anwesenheit und Erreichbarkeit am Wohnort, Abmeldung bei Urlaub) nachträglich nicht mehr einforderbar. Aus der Akte der Bundesagentur für Arbeit ergebe sich, dass dem Kläger am 03. August 2005, 10. August 2005 und 11. Oktober 2005 Meldeversäumnisse zur Last gefallen seien, die ausweislich einer Aktennotiz auf den Aufenthalt bei seiner Alg II beziehenden Partnerin und seinem Kind zurückzuführen seien. Dies stütze die Annahme, dass weitere Einnahmen, gegebenenfalls auch in Form von Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften, bestünden.
Zur Erläuterung ihrer Verwaltungspraxis hat die Beklagte ausgeführt, bei Aushändigung der Antragsformulare werde im Feld "Tag der Antragstellung" das Aushändigungsdatum aufgestempelt. Würden innerhalb eines als "Richtwert" anzusehenden Zeitraums von einem Monat die ausgefüllten Antragsunterlagen abgegeben, so erfolge eine rückwirkende Leistungsbewilligung ab dem Aushändigungsdatum. Bei späterer Einreichung der Antragsunterlagen werde im Einzelfall geprüft, wovon der Antragsteller in der Zwischenzeit gelebt habe. Lägen objektive Gründe für die Verzögerung vor und halte der Antragsteller während dieser Zeit Kontakt, so stehe dies einer rückwirkenden Bewilligung nicht entgegen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen hat der Kläger ausgeführt, er habe erst im Juni 2005 durch Zufall davon erfahren, dass er neben dem Arbeitslosengeld I auch Arbeitslosengeld II beantragen könne. Da er vom 01. Februar 2005 bis 08. Juni 2005 seinen Lebensunterhalt ausschließlich von Arbeitslosengeld I habe bestreiten müssen, sei er in eine finanzielle Schieflage geraten und genötigt gewesen, sein Girokontovermögen, sein Sparkontoguthaben sowie letztendlich seine Wertpapiere zu verbrauchen bzw. zu veräußern. Von der Mutter seines einzigen Kindes habe er sich schon einige Zeit vor der streitbefangenen Periode getrennt.
Der Senat hat sich vom Kläger die Originale der Kontoauszüge des Giro- und Sparkontos sowie die Abrechnungen zum Aktiendepot vorlegen lassen sowie eine Auskunft der Dresdner Bank AG eingeholt. Dem Senat liegen überdies die Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit sowie die Gerichtsakte erster Instanz vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II bereits ab dem 09. Juni 2005 verurteilt.
1. Der Kläger hat allerdings nach Ansicht des Senats bereits anlässlich seiner ersten Vorsprache bei der Beklagten am 09. Juni 2005 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen gestellt, der nach § 37 Abs. 1 SGB II Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung ist.
Der Antrag nach § 37 SGB II (i.V.m. § 16 SGB I) ist eine einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung mit dem Begehren, dass der Leistungsträger in bestimmter Weise für den Antragsteller tätig werden soll (Schoch, in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 37 Rn. 5). Dabei schreibt § 37 SGB II weder eine bestimmte Form für den Antrag vor, noch ist die Verwendung eines bestimmten Formulars gesetzlich zwingend vorgegeben (Schoch, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.). An die Spezifizierung des Antrages sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02. Oktober 1984 – 5b RJ 106/83 – BSGE 57, 157, 159); vielmehr hat der Sozialleistungsträger in Anwendung der Grundsätze der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den wirklichen Willen des Antragstellers zu erforschen und muss dessen Erklärungen entsprechend auslegen (BSG, Urteil vom 25. Juli 2995 – 10 RKg 9/94 – BSGE 76, 203, 205).
Vorliegend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen, er habe am 09. Juni 2005 eine Sachbearbeiterin der Beklagten aufgesucht und dort erklärt, er erhalte Arbeitslosengeld I und strebe eine Aufstockung durch Arbeitslosengeld II an. Die Sachbearbeiterin habe ihm daraufhin das Antragsformular ausgehändigt. Nach Auffassung des Senats ist hierdurch ein Antrag im Sinne des § 37 SGB II gestellt worden, weil eine Auslegung der Erklärung des Klägers ergeben musste, dass er Leistungen nach dem SGB II begehrt. Eines ausdrücklichen Hinweises des Klägers auf seine damit von ihm gewollte Antragstellung bedurfte es nicht. Aus der Sicht des Klägers bestand hierzu auch keinerlei Anlass, nachdem die Beklagte selbst durch Aufbringen des Tagesstempels im Feld "Tag der Antragstellung" ihm gegenüber zu verstehen gegeben hat, die Vorsprache als Antragstellung bewerten zu wollen.
Der Einordnung als Antrag steht nicht entgegen, dass bei der Vorsprache des Klägers am 09. Juni 2005 keine weiteren Daten – insbesondere auch zu seiner Person - aufgenommen wurden. Zwar stellt die bloße Entgegennahme eines Antragsvordrucks noch keine Antragstellung dar, sofern nicht eine Erklärung abgegeben wird, die die Person des Antragstellers erkennen lässt (BSG, Urteil vom 01. Oktober 1964 – 11/1 RA 296/63 - NJW 1965, 463, 464). In diesem Fall fehlt es nämlich an der Erklärung eines individualisierbaren Versicherten gegenüber dem Leistungsträger, dass er Leistungen begehre. Der vom BSG (a.a.O) entschiedene Fall war jedoch dadurch gekennzeichnet, dass dem Personalstellenleiter des Arbeitgebers des Versicherten mit dem Aushändigungsdatum abgestempelte Blanko-Rentenantragsformulare übergeben wurden, ohne dass es zu diesem Zeitpunkt irgendeinen Hinweis auf die Person des Versicherten gab. Vorliegend hat der Kläger aber sehr wohl seinem individuellen Leistungsbegehren durch Erläuterung seines Anliegens gegenüber der Sachbearbeiterin der Beklagten Ausdruck verliehen. Wenn die Beklagte ungeachtet dessen keine von ihr für die weitere Bearbeitung benötigte Daten aufgenommen hat, so fällt das in ihre Sphäre und kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.
2. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II erfüllt, insbesondere ob er bedürftig im Sinne des § 9 SGB II war.
Über die Feststellungen des SG hinaus ist insoweit jedoch darauf hinzuweisen, dass auch die Ermittlungen des Senats bei der Dresdner Bank AG keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Kläger über einsetzbares Vermögen verfügte. Von seinem Geldmarktkonto (Konto-Nr ...) hat er am 21. April 2005 1.633,61 EUR auf sein Girokonto (.) überwiesen. Das Geldmarktkonto wies danach zwischen Juni 2005 und Januar 2006 nur noch ein Guthaben zwischen 16,13 EUR und 3,52 EUR aus. Das Wertpapierdepot hatte am 30. Juni 2005 ein Volumen von 1.094,82 EUR, das sich nachfolgend bis zum 31. Januar 2006 auf 789,51 EUR reduzierte. Neben Kursveränderungen ist dies insbesondere auf einen Wertpapierverkauf am 22. November 2005 und einen auf dem Girokonto hierfür gut gebrachten Erlös von 379,12 EUR zurück zu führen. Das Girokonto selbst wies weder im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch davor auffällige Buchungen aus und hatte ein Guthaben zwischen 1.598,49 EUR (Stand 17. Mai 2005) und 145,94 EUR (Stand 03. Januar 2006). Der vom SG zutreffend ermittelte Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 1 SGB II (in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung) von 5.500,00 EUR war daher zu keinem Zeitpunkt überschritten.
3. Die mit dem Antrag des Klägers vom 09. Juni 2005 geltend gemachten Leistungsansprüche sind jedenfalls durch Verwirkung erloschen.
Nach allgemeiner Auffassung beansprucht das Rechtsinstitut der Verwirkung, das im Zivilrecht als Ausprägung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelt wurde, ungeachtet der Normierung spezieller Mitwirkungsobliegenheiten in den §§ 60 ff. SGB I auch im Sozialrecht Geltung (Seewald, in: Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2007, vor §§ 60-67 SGB I, Rn. 11, 12; Mrozynski, SGB I, 2. Auflage 2005, § 45 Rn. 5; Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand Februar 2008, § 45 Rn. 13; Wagner, in: JurisPK-SGB I, 2005, § 45 Rn. 33). Danach entfällt eine Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteile vom 29. Januar 1997 – 5 RJ 52/94, BSGE 80, 41, 43; vom 6. November 1985 – 8 RK 20/84, BSGE 59, 87, 94; vom 31. März 1981 – 2 RU 101/79, BSGE 51, 260, 262; vom 23. September 1980 – 12 RK 27/97, BSGE 50, 227, 230; vom 30. November 1978 – 12 RK 6/76, BSGE 47, 194, 196 und vom 05. Dezember 1972 – 10 RU 441/71, BSGE 35, 91, 94).
Vorliegend hat der Kläger nach Antragstellung nichts mehr getan, um seine Ansprüche weiter zu verfolgen. Insbesondere hat er das ausgefüllte Antragsformular erst fast sieben Monate nach der Antragstellung vorgelegt (Verwirkungsverhalten; vgl. auch Wagner, in: JurisPK-SGB I, 2005, § 45 Rn. 33, wo ein Anwendungsfall der Verwirkung für Fälle angenommen wird, in denen ein Leistungsantrag vorliegt und über längere Zeit weder bearbeitet noch angemahnt wird). Zwar sind die Leistungsträger nach § 16 Abs. 3 SGB I verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden. Diese behördliche Pflicht setzt jedoch voraus, dass der Antragsteller zuvor ein Mindestmaß an Angaben gemacht hat, das der Behörde eine Vorprüfung auf Vollständigkeit erst erlaubt. Der Kläger konnte hier nicht davon ausgehen, dass eine derartige Vorprüfung ohne Vorlage des – ggf. auch unvollständig – ausgefüllten Antragsvordrucks stattfinden und damit eine Bearbeitung seines mündlich gestellten Antrages durch die Beklagte stattfinden konnte. Da das SGB II Hilfebedürftigen in (existenziellen) Notlagen Leistungen gewährt, konnte die Beklagte angesichts des Zuwartens des Klägers darauf vertrauen und hat auch darauf vertraut, dass dieser Leistungsansprüche nicht mehr rückwirkend geltend macht (Vertrauensgrundlage und Vertrauenstatbestand). Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend zwischen der hier als Antragstellung zu bewertenden Entgegennahme der Antragsvordrucke und der Vorlage der ausgefüllten Antragsvordrucke mehr als sechs Monate verstrichen sind. Der Gesetzgeber hat nämlich in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II den Zeitraum von sechs Monaten als Regelbewilligungszeitraum definiert, wodurch eine regelmäßige Überprüfung der Hilfebedürftigkeit in überschaubaren zeitlichen Abständen sichergestellt werden sollte (BT-Drs. 15/1516, S. 63). Der Zeitraum von sechs Monaten wird auch in einer verwirkungsähnlichen Sondervorschrift als zeitliche Grenze definiert, nach deren Überschreiten durch Untätigkeit ein Rechtsverlust eintritt. So endet nach § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB I die nach Satz 1 der Vorschrift bewirkte Verjährungshemmung durch Antragstellung oder Erhebung eines Widerspruchs sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch. Jedenfalls nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums am 09. Dezember 2005 durfte die Beklagte daher davon ausgehen, dass sich der Kläger auf die im Juni 2005 geltend gemachte Notlage nicht mehr berufen werde. Im Vertrauen hierauf hat sie davon abgesehen, gegenüber dem Kläger das dem SGB II eigene Konzept des Förderns und Forderns (§§ 2 und 14 SGB II) durchzusetzen (Vertrauensverhalten). Insbesondere hat sie vom Kläger nicht diejenigen Pflichten eingefordert, die das Gesetz in Umsetzung dieses Grundkonzeptes komplementär zur Gewährung von finanziellen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes geschaffen hat (also z.B. Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, kontinuierliche Bewerbung und Nachweis dieser Bewerbungen, Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit, Anwesenheit und Erreichbarkeit am Wohnort, Abmeldung bei Urlaub) einzufordern, die durch). Das Konzept des Förderns und Forderns würde durch die rückwirkende Leistungsgewährung einseitig zu Gunsten des allein finanziellen Förderns überdehnt, wohingegen aufgrund Zeitablaufs die Komponenten des beruflichen Förderns und des Forderns nicht mehr realisierbar wären. Aus diesem Grunde würde vorliegend eine rückwirkende Leistungsgewährung für die Beklagte einen unzumutbaren Nachteil darstellen.
Etwaige Leistungsansprüche des Klägers sind also durch Verwirkung erloschen.
4. Die Entscheidung des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind von der Beklagten für beide Instanzen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 09. Juni 2005 bis zum 02. Januar 2006.
Der am 1981 geborene Kläger bewohnte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine Einraumwohnung mit einer Wohnfläche von 26,56 qm und einer monatlichen Nettokaltmiete von 135,40 EUR sowie einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 65,00 EUR. Vom 01. Februar 2005 bis zum 28. Januar 2006 bezog er Arbeitslosengeld I in Höhe eines monatlichen Zahlbetrages von zunächst 113,10 EUR und ab dem 19. Oktober 2005 von 126,30 EUR. Am 09. Juni 2005 sprach der Kläger bei der Beklagten wegen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II vor. Ihm wurde dabei ein Antragsformular ausgehändigt, auf das im Feld "Tag der Antragstellung" der Stempel "9.6.05" aufgebracht wurde. Persönliche Daten des Klägers wurden am 09. Juni 2005 durch die Beklagte nicht erfasst.
Mit Eingang bei der Beklagten am 03. Januar 2006 legte der Kläger das nunmehr ausgefüllte Antragsformular vor und gab dabei an, er habe seit dem 09. Juni 2005 seinen Lebensunterhalt durch Arbeitslosengeld I, Erspartes sowie Elternbeihilfe bestritten. Mit Bescheid vom 03. Januar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 03. Januar 2006 bis 31. Januar 2006 in Höhe von monatlich 436,77 EUR und vom 01. Februar 2006 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 508,22 EUR. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, das Datum der Antragstellung (09. Juni 2005) sei bei der Bewilligungsentscheidung nicht berücksichtigt worden. Im April 2006 habe er das gesamte Guthaben seines Sparkontos auf sein Girokonto überwiesen, um in den Folgemonaten davon zu leben. Seine Eltern hätten ihm zudem für Oktober und November 2006 Geld für die Mietkosten in Höhe von 400,40 EUR geliehen.
Der Widerspruch des Klägers den Bescheid vom 03. Januar 2006 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2006 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in der Zeit vom 09. Juni 2005 bis 02. Januar 2006 habe der Kläger seinen Lebensunterhalt aus Arbeitslosengeld I, Erspartem sowie Unterstützungsleistungen seiner Eltern bestritten. Mangels Hilfebedürftigkeit bestehe daher kein Anspruch nach dem SGB II.
Mit der hiergegen am 18. September 2006 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein auf Gewährung von Leistungen bereits ab dem 09. Juni 2005 gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er darauf hingewiesen, entgegen der Auffassung der Beklagten habe er seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln oder Kräften bestreiten können. Sein Sparguthaben sei niedriger als der Vermögensfreibetrag gewesen, das Arbeitslosengeld I habe unter der monatlichen Regelleistung gelegen und Zahlungen seiner Eltern seien lediglich darlehensweise erfolgt. Hierzu hat der Kläger die Bestätigung seiner Eltern über eine mündlich getroffene Darlehensvereinbarung sowie Kontoauszüge seiner Eltern vorgelegt, in denen unter dem 31. Oktober 2005 und 08. November 2005 jeweils eine Überweisung von 200,20 EUR an den Vermieter des Klägers ausgewiesen waren.
Im Erörterungstermin vor dem SG am 04. Juni 2007 hat der Kläger angegeben, er habe die Abgabe des Antrags vor sich her geschoben. Auch die Inanspruchnahme des Darlehens seiner Eltern für die Miete für Oktober und November 2005 sei für ihn der einfachere Weg gewesen, als den Antrag bei der Beklagten abzugeben. Er habe den Antrag schon viel eher stellen können, wenn er gewusst hätte, dass er zuzüglich zu dem von ihm bezogenen Arbeitslosengeld I Leistungen nach dem SGB II hätte beziehen können.
Das SG hat sodann mit Gerichtsbescheid vom 11. Juli 2007 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03. Januar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2006 verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 09. Juni 2005 bis einschließlich 02. Januar 2006 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren. § 37 SGB II schreibe für den notwendigen Antrag zum Bezug von Leistungen nach diesem Gesetzbuch keine bestimmte Form vor. Die Beklagte sei als Leistungsträger nach § 16 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verpflichtet darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt würden. Erst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I komme eine Versagung der Leistung wegen einer Mitwirkungsverweigerung bis zur Nachholung der Mitwirkung in Betracht. Vorliegend habe der Kläger indes alles Erforderliche getan, um die Leistungen mit Wirkung ab Antragstellung zu erhalten. Dass die Beklagte nicht vermerke, an wen sie einen abgestempelten Antrag herausgebe, und damit auch gar nicht in der Folge nachvollziehen könne, ob jemand tatsächlich einen Antrag gestellt habe, falle in die Organisationssphäre der Beklagten und könne dem Leistungsempfänger nicht zum Nachteil gereichen. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen seien daher Leistungen ab Antragstellung zu erbringen. Es sei Sache des Gesetzgebers Abhilfe zu schaffen, sofern die Leistungsträger aus organisatorischen Gründen nicht in der Lage sein sollten, den Verwaltungsablauf im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung ordnungsgemäß und nachvollziehbar auszugestalten. Im Übrigen liege Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II vor. Der monatliche Bedarf betrage 503,22 EUR (311,00 EUR Regelleistung und 192,22 EUR Kosten der Unterkunft). Außer dem monatlichen Bezug von Arbeitslosengeld I in Höhe von 113,10 EUR habe der Kläger über keine Einkünfte verfügt. Von seinen Eltern sei er lediglich in Gestalt der Übernahme der Mietzahlungen für Oktober und November 2005 unterstützt worden, ohne dass Anhaltspunkte für weitere Unterstützungsleistungen der Eltern ersichtlich seien. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger seinen Unterhalt durch die in den von ihm im Erörterungstermin vorgelegten Kontoauszügen ausgewiesenen Abhebungen von 50,00 EUR bestritten habe. Auch habe der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung über kein den Freibetrag von 5.500,00 EUR (200,00 EUR x 24 + 750,00 EUR) übersteigendes Vermögen verfügt.
Gegen den ihr am 27. Juli 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 23. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie darauf hingewiesen, ein Antrag im Sinne des § 37 SGB II werde nicht allein bereits mit der Vorsprache des Klägers und der Aushändigung des Formularantrages gestellt. Von einer wirksamen Antragstellung könne vielmehr erst dann ausgegangen werden, wenn zu der Anmeldung des Hilfebedarfs die Vorlage der den Antrag glaubhaft machenden Beweisunterlagen erfolge. Einer Fristsetzung zum Nachreichen von Unterlagen bedürfe es nicht, weil Anspruchsvoraussetzung eine konkrete und gegenwärtige Notsituation sei und es nicht Aufgabe der Behörde sei, dem Kläger durch entsprechende Aufforderung zur Mitwirkung seine akute Notsituation klar zu machen und ihn zum Handeln zu bewegen, wenn die Notsituation als solche dieses nicht vermöge. Von einem leistungsbegründenden Antrag ab erster Vorsprache bei der Beklagten könne nur ausgegangen werden, wenn die zur Begründung und Berechnung des geltend gemachten Anspruchs erforderlichen Unterlagen zeitnah beigebracht würden. Selbst eine ordnungsgemäße Antragstellung bewirke bei Bedürftigkeit in der Regel eine Leistungsbewilligung nur für sechs Monate, was vom SG nicht beachtet worden sei. Ein am 09. Juni 2005 gestellter Antrag habe günstigstenfalls eine Leistungsbewilligung bis einschließlich November 2005 auslösen können. Auch sei die Bedürftigkeit des Klägers fehlerhafter Weise bejaht worden, insbesondere weil Prüfungen hinsichtlich des Vermögens nicht vorgenommen worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum in der Lage gewesen sein sollte, von 50,00 EUR monatlich zu leben. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger über weitere Einnahmen in Geld oder Geldeswert verfügt habe, die sein Verhalten bei der Antragstellung erklärten und eine Notsituation ausschlössen. Auch habe das SG nicht geprüft, inwieweit der Kläger seine Hilfsbedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II habe beseitigen können. Dies widerspreche dem Grundsatz der Einheit von Fördern und Fordern im SGB II. Insbesondere sei die Einhaltung von Verpflichtungen des Hilfeempfängers (insbesondere Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, kontinuierliche Bewerbung und Nachweis dieser Bewerbungen, Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit, Anwesenheit und Erreichbarkeit am Wohnort, Abmeldung bei Urlaub) nachträglich nicht mehr einforderbar. Aus der Akte der Bundesagentur für Arbeit ergebe sich, dass dem Kläger am 03. August 2005, 10. August 2005 und 11. Oktober 2005 Meldeversäumnisse zur Last gefallen seien, die ausweislich einer Aktennotiz auf den Aufenthalt bei seiner Alg II beziehenden Partnerin und seinem Kind zurückzuführen seien. Dies stütze die Annahme, dass weitere Einnahmen, gegebenenfalls auch in Form von Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften, bestünden.
Zur Erläuterung ihrer Verwaltungspraxis hat die Beklagte ausgeführt, bei Aushändigung der Antragsformulare werde im Feld "Tag der Antragstellung" das Aushändigungsdatum aufgestempelt. Würden innerhalb eines als "Richtwert" anzusehenden Zeitraums von einem Monat die ausgefüllten Antragsunterlagen abgegeben, so erfolge eine rückwirkende Leistungsbewilligung ab dem Aushändigungsdatum. Bei späterer Einreichung der Antragsunterlagen werde im Einzelfall geprüft, wovon der Antragsteller in der Zwischenzeit gelebt habe. Lägen objektive Gründe für die Verzögerung vor und halte der Antragsteller während dieser Zeit Kontakt, so stehe dies einer rückwirkenden Bewilligung nicht entgegen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen hat der Kläger ausgeführt, er habe erst im Juni 2005 durch Zufall davon erfahren, dass er neben dem Arbeitslosengeld I auch Arbeitslosengeld II beantragen könne. Da er vom 01. Februar 2005 bis 08. Juni 2005 seinen Lebensunterhalt ausschließlich von Arbeitslosengeld I habe bestreiten müssen, sei er in eine finanzielle Schieflage geraten und genötigt gewesen, sein Girokontovermögen, sein Sparkontoguthaben sowie letztendlich seine Wertpapiere zu verbrauchen bzw. zu veräußern. Von der Mutter seines einzigen Kindes habe er sich schon einige Zeit vor der streitbefangenen Periode getrennt.
Der Senat hat sich vom Kläger die Originale der Kontoauszüge des Giro- und Sparkontos sowie die Abrechnungen zum Aktiendepot vorlegen lassen sowie eine Auskunft der Dresdner Bank AG eingeholt. Dem Senat liegen überdies die Verwaltungsakten der Beklagten und der Bundesagentur für Arbeit sowie die Gerichtsakte erster Instanz vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II bereits ab dem 09. Juni 2005 verurteilt.
1. Der Kläger hat allerdings nach Ansicht des Senats bereits anlässlich seiner ersten Vorsprache bei der Beklagten am 09. Juni 2005 einen Antrag auf Gewährung von Leistungen gestellt, der nach § 37 Abs. 1 SGB II Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung ist.
Der Antrag nach § 37 SGB II (i.V.m. § 16 SGB I) ist eine einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung mit dem Begehren, dass der Leistungsträger in bestimmter Weise für den Antragsteller tätig werden soll (Schoch, in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 37 Rn. 5). Dabei schreibt § 37 SGB II weder eine bestimmte Form für den Antrag vor, noch ist die Verwendung eines bestimmten Formulars gesetzlich zwingend vorgegeben (Schoch, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.). An die Spezifizierung des Antrages sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 02. Oktober 1984 – 5b RJ 106/83 – BSGE 57, 157, 159); vielmehr hat der Sozialleistungsträger in Anwendung der Grundsätze der §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den wirklichen Willen des Antragstellers zu erforschen und muss dessen Erklärungen entsprechend auslegen (BSG, Urteil vom 25. Juli 2995 – 10 RKg 9/94 – BSGE 76, 203, 205).
Vorliegend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen vorgetragen, er habe am 09. Juni 2005 eine Sachbearbeiterin der Beklagten aufgesucht und dort erklärt, er erhalte Arbeitslosengeld I und strebe eine Aufstockung durch Arbeitslosengeld II an. Die Sachbearbeiterin habe ihm daraufhin das Antragsformular ausgehändigt. Nach Auffassung des Senats ist hierdurch ein Antrag im Sinne des § 37 SGB II gestellt worden, weil eine Auslegung der Erklärung des Klägers ergeben musste, dass er Leistungen nach dem SGB II begehrt. Eines ausdrücklichen Hinweises des Klägers auf seine damit von ihm gewollte Antragstellung bedurfte es nicht. Aus der Sicht des Klägers bestand hierzu auch keinerlei Anlass, nachdem die Beklagte selbst durch Aufbringen des Tagesstempels im Feld "Tag der Antragstellung" ihm gegenüber zu verstehen gegeben hat, die Vorsprache als Antragstellung bewerten zu wollen.
Der Einordnung als Antrag steht nicht entgegen, dass bei der Vorsprache des Klägers am 09. Juni 2005 keine weiteren Daten – insbesondere auch zu seiner Person - aufgenommen wurden. Zwar stellt die bloße Entgegennahme eines Antragsvordrucks noch keine Antragstellung dar, sofern nicht eine Erklärung abgegeben wird, die die Person des Antragstellers erkennen lässt (BSG, Urteil vom 01. Oktober 1964 – 11/1 RA 296/63 - NJW 1965, 463, 464). In diesem Fall fehlt es nämlich an der Erklärung eines individualisierbaren Versicherten gegenüber dem Leistungsträger, dass er Leistungen begehre. Der vom BSG (a.a.O) entschiedene Fall war jedoch dadurch gekennzeichnet, dass dem Personalstellenleiter des Arbeitgebers des Versicherten mit dem Aushändigungsdatum abgestempelte Blanko-Rentenantragsformulare übergeben wurden, ohne dass es zu diesem Zeitpunkt irgendeinen Hinweis auf die Person des Versicherten gab. Vorliegend hat der Kläger aber sehr wohl seinem individuellen Leistungsbegehren durch Erläuterung seines Anliegens gegenüber der Sachbearbeiterin der Beklagten Ausdruck verliehen. Wenn die Beklagte ungeachtet dessen keine von ihr für die weitere Bearbeitung benötigte Daten aufgenommen hat, so fällt das in ihre Sphäre und kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.
2. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II erfüllt, insbesondere ob er bedürftig im Sinne des § 9 SGB II war.
Über die Feststellungen des SG hinaus ist insoweit jedoch darauf hinzuweisen, dass auch die Ermittlungen des Senats bei der Dresdner Bank AG keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass der Kläger über einsetzbares Vermögen verfügte. Von seinem Geldmarktkonto (Konto-Nr ...) hat er am 21. April 2005 1.633,61 EUR auf sein Girokonto (.) überwiesen. Das Geldmarktkonto wies danach zwischen Juni 2005 und Januar 2006 nur noch ein Guthaben zwischen 16,13 EUR und 3,52 EUR aus. Das Wertpapierdepot hatte am 30. Juni 2005 ein Volumen von 1.094,82 EUR, das sich nachfolgend bis zum 31. Januar 2006 auf 789,51 EUR reduzierte. Neben Kursveränderungen ist dies insbesondere auf einen Wertpapierverkauf am 22. November 2005 und einen auf dem Girokonto hierfür gut gebrachten Erlös von 379,12 EUR zurück zu führen. Das Girokonto selbst wies weder im verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch davor auffällige Buchungen aus und hatte ein Guthaben zwischen 1.598,49 EUR (Stand 17. Mai 2005) und 145,94 EUR (Stand 03. Januar 2006). Der vom SG zutreffend ermittelte Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 1 SGB II (in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung) von 5.500,00 EUR war daher zu keinem Zeitpunkt überschritten.
3. Die mit dem Antrag des Klägers vom 09. Juni 2005 geltend gemachten Leistungsansprüche sind jedenfalls durch Verwirkung erloschen.
Nach allgemeiner Auffassung beansprucht das Rechtsinstitut der Verwirkung, das im Zivilrecht als Ausprägung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelt wurde, ungeachtet der Normierung spezieller Mitwirkungsobliegenheiten in den §§ 60 ff. SGB I auch im Sozialrecht Geltung (Seewald, in: Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2007, vor §§ 60-67 SGB I, Rn. 11, 12; Mrozynski, SGB I, 2. Auflage 2005, § 45 Rn. 5; Rolfs, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand Februar 2008, § 45 Rn. 13; Wagner, in: JurisPK-SGB I, 2005, § 45 Rn. 33). Danach entfällt eine Leistungspflicht, wenn der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden Umstände liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, Urteile vom 29. Januar 1997 – 5 RJ 52/94, BSGE 80, 41, 43; vom 6. November 1985 – 8 RK 20/84, BSGE 59, 87, 94; vom 31. März 1981 – 2 RU 101/79, BSGE 51, 260, 262; vom 23. September 1980 – 12 RK 27/97, BSGE 50, 227, 230; vom 30. November 1978 – 12 RK 6/76, BSGE 47, 194, 196 und vom 05. Dezember 1972 – 10 RU 441/71, BSGE 35, 91, 94).
Vorliegend hat der Kläger nach Antragstellung nichts mehr getan, um seine Ansprüche weiter zu verfolgen. Insbesondere hat er das ausgefüllte Antragsformular erst fast sieben Monate nach der Antragstellung vorgelegt (Verwirkungsverhalten; vgl. auch Wagner, in: JurisPK-SGB I, 2005, § 45 Rn. 33, wo ein Anwendungsfall der Verwirkung für Fälle angenommen wird, in denen ein Leistungsantrag vorliegt und über längere Zeit weder bearbeitet noch angemahnt wird). Zwar sind die Leistungsträger nach § 16 Abs. 3 SGB I verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden. Diese behördliche Pflicht setzt jedoch voraus, dass der Antragsteller zuvor ein Mindestmaß an Angaben gemacht hat, das der Behörde eine Vorprüfung auf Vollständigkeit erst erlaubt. Der Kläger konnte hier nicht davon ausgehen, dass eine derartige Vorprüfung ohne Vorlage des – ggf. auch unvollständig – ausgefüllten Antragsvordrucks stattfinden und damit eine Bearbeitung seines mündlich gestellten Antrages durch die Beklagte stattfinden konnte. Da das SGB II Hilfebedürftigen in (existenziellen) Notlagen Leistungen gewährt, konnte die Beklagte angesichts des Zuwartens des Klägers darauf vertrauen und hat auch darauf vertraut, dass dieser Leistungsansprüche nicht mehr rückwirkend geltend macht (Vertrauensgrundlage und Vertrauenstatbestand). Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend zwischen der hier als Antragstellung zu bewertenden Entgegennahme der Antragsvordrucke und der Vorlage der ausgefüllten Antragsvordrucke mehr als sechs Monate verstrichen sind. Der Gesetzgeber hat nämlich in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II den Zeitraum von sechs Monaten als Regelbewilligungszeitraum definiert, wodurch eine regelmäßige Überprüfung der Hilfebedürftigkeit in überschaubaren zeitlichen Abständen sichergestellt werden sollte (BT-Drs. 15/1516, S. 63). Der Zeitraum von sechs Monaten wird auch in einer verwirkungsähnlichen Sondervorschrift als zeitliche Grenze definiert, nach deren Überschreiten durch Untätigkeit ein Rechtsverlust eintritt. So endet nach § 45 Abs. 3 Satz 2 SGB I die nach Satz 1 der Vorschrift bewirkte Verjährungshemmung durch Antragstellung oder Erhebung eines Widerspruchs sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch. Jedenfalls nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums am 09. Dezember 2005 durfte die Beklagte daher davon ausgehen, dass sich der Kläger auf die im Juni 2005 geltend gemachte Notlage nicht mehr berufen werde. Im Vertrauen hierauf hat sie davon abgesehen, gegenüber dem Kläger das dem SGB II eigene Konzept des Förderns und Forderns (§§ 2 und 14 SGB II) durchzusetzen (Vertrauensverhalten). Insbesondere hat sie vom Kläger nicht diejenigen Pflichten eingefordert, die das Gesetz in Umsetzung dieses Grundkonzeptes komplementär zur Gewährung von finanziellen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes geschaffen hat (also z.B. Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, kontinuierliche Bewerbung und Nachweis dieser Bewerbungen, Aufnahme jeder zumutbaren Arbeit, Anwesenheit und Erreichbarkeit am Wohnort, Abmeldung bei Urlaub) einzufordern, die durch). Das Konzept des Förderns und Forderns würde durch die rückwirkende Leistungsgewährung einseitig zu Gunsten des allein finanziellen Förderns überdehnt, wohingegen aufgrund Zeitablaufs die Komponenten des beruflichen Förderns und des Forderns nicht mehr realisierbar wären. Aus diesem Grunde würde vorliegend eine rückwirkende Leistungsgewährung für die Beklagte einen unzumutbaren Nachteil darstellen.
Etwaige Leistungsansprüche des Klägers sind also durch Verwirkung erloschen.
4. Die Entscheidung des SG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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