L 10 LW 1869/08 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 LW 1207/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 1869/08 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.4.2008 werden verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer werden - jeweils - Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer begehren zum wiederholten Male im Wege der einstweiligen Anordnung die Erstattung ihrer an die Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) entrichteten Beiträge.

Der nach wie vor ein die festgesetzte Mindestgröße überschreitendes landwirtschaftliches Unternehmen betreibende, am 07.09.1938 geborene Beschwerdeführer, den die Beschwerdegegnerin ab 01.08.1964 als Mitglied aufnahm (Bescheid vom 17.09.1964), wurde zu Pflichtbeiträgen nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) bzw. seit 01.01.1995 nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) herangezogen. Er ist wegen Vollendung des 65. Lebensjahres seit 01.10.2003 versicherungsfrei (Bescheid vom 15.09.2003).

Mit Bescheid vom 12.01.1995 stellte die Beschwerdegegnerin die Versicherungspflicht der am 13.10.1947 geborenen und mit dem Beschwerdeführer verheirateten Beschwerdeführerin als Ehegatte eines Landwirts nach dem ALG ab 01.01.1995 fest und zog auch diese zu Beiträgen heran. Anträge auf Befreiung von der Versicherungspflicht blieben erfolglos.

Nachdem frühere Anträge der Beschwerdeführer auf Erstattung entrichteter Beiträge erfolglos geblieben waren, lehnte die Beschwerdegegnerin weitere Anträge auf Beitragserstattung ab (Bescheid vom 23.10.2003 gegenüber der Beschwerdeführerin und Bescheid vom 16.07.2003 gegenüber dem Beschwerdeführer). Rechtsmittel blieben erfolglos (nach erfolgloser Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftige Urteile des Senats vom 15.06.2004, L 10 LW 1203/04 und L 10 LW 4919/03). Auch die im August 2005 erneut beantragte Beitragserstattung lehnte die Beschwerdegegnerin ab (Bescheide vom 01.09.2005). Das Rechtsmittelverfahren blieb wiederum erfolglos (rechtskräftiges Urteil des Senats vom 18.05.2006, L 10 LW 5599/05). Unter dem Aktenzeichen L 10 LW 1868/08 ist ein erneutes derartiges Verfahren beim Senat anhängig.

Seit Jahren führen die Beschwerdeführer darüber hinaus Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Begehren, die Beschwerdegegnerin zur Erstattung der eingezahlten Beiträge zu verpflichten, die allesamt erfolglos geblieben sind (s. zuletzt Beschluss des Senats vom 12.09.2007, L 10 LW 3996/07 ER-B). Aktuell sind drei Beschwerdeverfahren mit diesem Begehren beim Senat anhängig (außer dem vorliegenden L 10 LW 2634/08 ER-B und L 10 LW 2051/08 ER-B).

Am 01.04.2008 stellten die Beschwerdeführer beim Senat einen "Eilantrag" mit dem Ziel, von der Beschwerdegegnerin "sofort ...unser Geld" zu bekommen. Auf Hinweise des Senats zur Zuständigkeit haben Sie um Weiterleitung an das Sozialgericht Reutlingen gebeten, das den Antrag mit Beschluss vom 29.05.2008 (S 11 LW 1814/08 ER) und der Begründung abgelehnt hat, die Beschwerdeführer hätten weder einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht noch läge ein Anordnungsanspruch vor. Die hiergegen von beiden Beschwerdeführern am 04.06.2008 mit dem Vorbringen "sofort und endgültig wollen wir unser Geld! Es ist alles dargetan und bleibt alles aufrecht!" eingelegte Beschwerde L 10 LW 2634/08 ER-B weist der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag zurück.

Bereits am 11.03.2008 hatten sich die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit aktuellen Beitragsforderungen der Landwirtschaftlichen Alterskasse und Krankenkasse mit der Bitte um eine Eilentscheidung an das Sozialgericht gewandt, das mit Beschluss vom 10.04.2008 die sachdienlich ausgelegten Anträge auf Erlass bzw. Stundung von Forderungen abgelehnt hat. Mit ihrer hiergegen gerichteten und am 21.04.2008 eingegangenen Beschwerde begehren die Beschwerdeführer wiederum allein "die Alterskasse zu verpflichten, uns unser Geld sofort auszuzahlen".

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten der früheren Verfahren und die von der Beschwerdegegnerin zum derzeit anhängigen Berufungsverfahren L 10 LW 1868/08 vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Der 10. Senat entscheidet in seiner üblichen Besetzung, obwohl die Beschwerdeführer die Richter des 10. Senats abgelehnt haben. Denn dieses Ablehnungsgesuch ist unzulässig, sodass die abgelehnten Richter an einer Entscheidung nicht gehindert sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 60 Rdnr. 10c; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 24.02.2006, 2 BvR 836/04 in NJW 2006, 3129).

Nach § 60 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn der Richter tatsächlich befangen ist, sondern schon dann, wenn ein Beteiligter bei Würdigung aller Umstände und bei vernünftigen Erwägungen Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und der objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann keinen Ablehnungsgrund begründen.

Die Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuches ist anzunehmen, wenn es missbräuchlich gestellt wird (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 60 Rdnr. 10b). Dies ist der Fall, wenn mit dem Ablehnungsgesuch verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden, insbesondere wenn es dazu dient, Richter auszuschalten, die eine dem Antragsteller missliebige Rechtsansicht vertreten (Keller, a.a.O., Rdnr. 10c) oder wenn sich die Rüge auf Handlungen bezieht, die nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind (BVerfG, a.a.O.).

Die Beschwerdeführer lehnen die Richter des 10. Senats wegen der schriftlich erfolgten Androhung von Verschuldenskosten ab. Eine derartige Androhung schreibt § 192 Abs. 1 SGG aber ausdrücklich vor. Eine von den Beschwerdeführern behauptete Beleidigung ist nicht erkennbar und von den Beschwerdeführern auch nicht näher erläutert. Soweit sich das Ablehnungsgesuch - was allerdings aus den Ausführungen nicht erkennbar ist - darauf beziehen sollte, dass die Richter des 10. Senats eine rechtsmissbräuchliche Prozessführung bejahen, handelt es sich um eine Rechtsauffassung, die den Beschwerdeführern zwar missfällt, aber von vornherein keine Ablehnung rechtfertigen kann, weil ein zur Entscheidung berufener Richter der Natur der Sache nach sich nicht allein nach der Auffassung eines der Beteiligten richten darf.

Die Beschwerden sind bereits unzulässig.

Abgesehen davon, dass eine Änderung des Begehrens der Kläger schon Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des entsprechend anzuwendenden § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begegnet, ist das geänderte Begehren jedenfalls deshalb unzulässig, weil seit dem 01.04.2008 bereits ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit identischem Begehren anhängig ist. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes kann aber während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

Die nun gestellten Anträge (Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Beitragserstattung im Wege der einstweiligen Anordnung) hätten auch keine Aussicht auf Erfolg. Zur näheren Darlegung verweist der Senat auf den Beschluss vom heutigen Tage im Verfahren L 10 LW 2634/08 ER-B.

Die Entscheidung über die Frage einer Erstattung außergerichtlicher Kosten beruht auf § 193 SGG. Anders als im Bereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (s. hierzu Beschluss des Senats vom 15.03.2007, L 10 U 900/07 ER) werden die Beschwerdeführer im Bereich des ALG nicht als Unternehmer, sondern als versicherte Landwirte zu Beiträgen herangezogen (vgl. § 70 Abs. 1 ALG), sodass sich ihre Stellung nicht von beitragspflichtigen abhängig beschäftigten Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. § 168 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch) unterscheidet.

Rechtsgrundlage für die erfolgte Auferlegung von Verschuldenskosten ist § 192 SGG in der seit 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 444). Danach kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass (Nr. 2) der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Fortführung des Beschwerdeverfahrens ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt unter anderem dann vor, wenn die Klage oder das Rechtsmittel offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und die Erhebung der Klage oder die Einlegung des Rechtsmittels von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 19.12.2002, 2 BvR 1255/02 zu der vergleichbaren Regelung des § 34 BVerfGG). Maßstab ist damit nicht die konkrete subjektive Sicht der Beschwerdeführer, sondern ein verständiger Beteiligter.

Unabhängig von dessen Unzulässigkeit ist das Begehren der Beschwerdeführer auf Verpflichtung der Beschwerdegegnerin zur Erstattung der eingezahlten Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse auch in der Sache offensichtlich aussichtslos. Der Senat hat bereits derartige Ansinnen mangels Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch abgelehnt (zuletzt mit Beschluss vom 07.03.2008, L 10 LW 755/08 ER-B). Es ist auch nicht annähernd erkennbar, dass sich insoweit an den Grundlagen für diese Beurteilung etwas geändert hätte. Die Beschwerdeführer haben nichts vorgetragen, was diese Entscheidungen in Zweifel ziehen oder eine Änderung der Sachlage nahelegen könnte. Sie beharren vielmehr allein auf dem von ihnen begehrten Ergebnis: "Wir wollen unser Geld" und ihr Vorbringen beschränkt sich auf die Behauptung, es sei alles dargetan und bleibe alles aufrecht erhalten. Dies belegt, dass sie sich mit den ihnen mehrmals mitgeteilten rechtlichen Gegebenheiten nicht auseinandersetzen wollen, sondern nur starr an ihrem nicht erreichbaren Ziel fest halten und damit ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zeigen. Damit ist die Inanspruchnahme des Gerichts missbräuchlich.

Auf diesen Umstand und die Absicht des Senats, Verschuldenskosten aufzuerlegen, sind die Beschwerdeführer vom Senatsvorsitzenden mehrmals hingewiesen worden (Schreiben vom 06.06.2008 und 18.06.2008). Sie beharren jedoch auf der Fortführung des Verfahrens.

Der Senat hält es deshalb für angezeigt, Verschuldenskosten aufzuerlegen. Nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG gilt als verursachter Kostenbetrag mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, für Verfahren vor dem Landessozialgerichts sind dies 225 EUR. Dabei hat jeder der Beschwerdeführer für sein Beschwerdeverfahren in seiner Person die Voraussetzungen des § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG erfüllt, sodass auch jedem dieser Mindestbetrag von 225 EUR aufzuerlegen ist.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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