Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1902/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2386/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Verrechnung von monatlich 250 EUR aus einer Beitragsforderung der beigeladenen Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd mit seiner von der Beklagten gewährten Altersrente.
Die Beigeladene hatte mit Schreiben vom 1. Oktober 1998 im Hinblick auf in der Zukunft dem Kläger zu bewilligende Altersrente der Beklagten gegenüber Forderungen auf Grund bestandskräftiger Beitragsbescheide vom 22. April 1996 (für das Jahr 1995) bzw. 21. April 1997 (für das Jahr 1996) bzw. der Bescheide über Säumniszuschläge vom 27. Juni 1996 und 19. Dezember 1996 (Bl. 27/30 SG-Akte) in Höhe von insgesamt 9.015,29 DM (4.602,44 EUR) angemeldet und die Beklagte zur Verrechnung ermächtigt.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 (Bl. 73 Verwaltungsakte -VA-) bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. August 1999 Altersrente in Höhe von monatlich 2.556,65 DM (ab 1. Januar 2000). In der Folgezeit nahm die Beklagte bzgl. weiterer bereits angemeldeter Forderungen unter anderem auch der Krankenkassen Verrechnungen vor.
Nach vorheriger Anhörung vom 28. Juli 2005 (Bl. 353 VA) nahm die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2005 (Bl. 401 VA) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2006 (Bl. 419 VA) eine Verrechnung in Höhe von monatlich 250 EUR zu Gunsten der Beitragsforderung der Beigeladenen mit der Altersrente des Klägers vor. Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach einer vom Landratsamt Tuttlingen - Sozialamt - erstellten Berechnung vom 23. November 2005 (Bl. 397 VA) habe ein Gesamtbedarf des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von 1.326,56 EUR (einschließlich 680 EUR Kosten der Unterkunft und 25,56 EUR Mehrbedarf für Diabeteskost) bestanden, während sich das Einkommen aus der Altersrente beider Eheleute auf monatlich 1.679,82 EUR belaufe, wovon für Unfall- und Hausratversicherung 5,97 EUR abgezogen wurden, sodass sich ein Gesamteinkommen von 1.673,85 EUR ergebe. Da das Einkommen des Klägers und das seiner Ehefrau den sozialhilferechtlichen Bedarf in Höhe von 1.326,56 EUR um 347,29 EUR übersteige, führe auch eine Verrechnung von monatlich 250 EUR nicht zur Hilfebedürftigkeit, sodass die Verrechnung nicht zu beanstanden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 24. Mai 2006 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigte geltend gemacht, der Kläger sei schwer zuckerkrank und benötige entsprechende Aufwendungen für Medikamente, die nicht von der Krankenkasse übernommen würden. Seine Ehefrau beziehe eine kleine Rente mit lediglich 330 EUR und unter Berücksichtigung der Fixkosten des Klägers, die er nicht zu reduzieren in der Lage sei, verblieben dem Kläger und seiner Ehefrau noch monatlich 646,82 EUR, dem Kläger also gerade 323,41 EUR. Nach Auffassung des Klägers gehe es nicht an, lediglich die Berechnung des Sozialamtes zugrunde zu legen, ohne hier den konkreten Mehrbedarf des Klägers und die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zu berücksichtigen. Er sei damit im Verhältnis zum Sozialhilfeempfänger noch schlechter gestellt.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) im Hinblick auf die dem Kläger zustehende Rente - mit Ermächtigung der Beigeladenen - die Ansprüche der Beigeladenen (aus geschuldeten Beiträgen) gegen den Berechtigten, mit der ihr obliegenden Geldleistung - der Rente - verrechnet habe, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig sei. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I sei die Aufrechnung gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen im Zusammenhang mit der Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und Beitragsansprüchen bis zu deren Hälfte erlaubt, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig werde. Die Aufrechnung/Verrechnung könne daher im Rahmen des von der Beklagten auszuübenden Ermessens - ohne Beachtung der Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 4 SGB I - bis zur Hälfte der laufenden Geldleistungen erfolgen, soweit der Kläger dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der §§ 9 ff. SGB II oder §§ 19, 27 ff. SGB XII werde, was von ihm nachzuweisen sei. Diesen Nachweis habe der Kläger mit der Vorlage des vom Kreissozialamt Tuttlingen ausgegebenen "Berechungsgang" vom 23. November 2005 nicht erbracht. Insbesondere habe das Sozialamt den Kläger in seinem Schreiben vom 23. November 2005 auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die von ihm über den gesetzlichen Regelbedarf, den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie einem Mehrbedarf wegen der Diabetes-Erkrankung, hinaus geltend gemachten Aufwendungen sozialhilferechtlich nicht berücksichtigt werden könnten. So seien beispielsweise die Ausgaben für die Fahrzeughaltung, wie auch für den Strombezug bereits im Regelsatz enthalten.
Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 10. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid am 10. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte insbesondere geltend, es bestünden schon Zweifel, ob im Rahmen des zwischenzeitlich anhängigen Insolvenzverfahrens eine Verrechnung nach § 52 SGB I zulässig sei. Es werde insbesondere auf § 96 Insolvenzordnung (InsO) verwiesen, wonach eine Aufrechnung bzw. Verrechnung dann unzulässig sei, wenn die Forderung eines Gläubigers gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners gerichtet sei.
Daneben sei sehr wohl nachgewiesen worden, dass der Kläger hilfebedürftig sei. Insbesondere seien die persönlichen Aufwendungen aufgrund seiner schweren Diabetes zu Unrecht nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden. Ebenfalls sei nicht berücksichtigt worden, dass Kosten für Unterkunft und Heizung im Falle des Klägers wesentlich höher seien als ein vergleichbarer Satz, der von den Sozialbehörden zugrunde gelegt worden sei. Ihm bliebe derzeit aufgrund der Verrechnung weniger übrig als einem vergleichbaren Sozialhilfeempfänger, der Anspruch auf vollen Ausgleich der Mietkosten habe.
Wenn auch zwischenzeitlich die Verrechnung hinsichtlich der Beitragsforderung der Beigeladenen zum 30. September 2007 beendet worden sei, bleibe ein Interesse des Klägers auf Feststellung, dass eine solche Verrechnung weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft in dieser Höhe zulässig sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2006 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung rechtswidrig war.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, im Hinblick darauf, dass die Forderungen der Beigeladenen zwischenzeitlich ausgeglichen seien, sei die vorgenommene Einbehaltung des Betrages in Höhe von 250 EUR monatlich zum 30. September 2007 eingestellt worden. Eine Überprüfung habe zwischenzeitlich ergeben, dass über die Restforderung der Beigeladenen hinaus 640,56 EUR zu viel einbehalten worden seien, dieser Betrag werde an den Kläger überwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (alte Fassung) liegt nicht vor. Der Kläger wendet sich gegen die Verrechnung von Forderungen in einer Höhe von mehr als 500 EUR.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung in Höhe von monatlich 250 EUR auf die Altersrente des Klägers ist nicht zu beanstanden.
1. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist. Der Senat kann mit dem 5. Senat des BSG (Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 18/03 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92,1) dahingestellt sein lassen, ob diese sozialrechtliche Verrechnung lediglich als rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts zu qualifizieren ist (so jetzt 4. Senat des BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr.1 sowie BVerwG Urteil vom 27. Oktober 1982 - 3 C 6/82 - BVerwGE 66, 218 und BFH Urteil vom 2. April 1987 - VII R 148/83 - BFHE 149, 482; Weber, SGb 1999, 225 und SGb 2000, 165) oder sich in der Form eines Verwaltungsakts zu vollziehen hat (BSG Urteil vom 21. Juli 1988 - 7 RAr 51/86 - BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr. 13 S 38 mwN; ebenso die überwiegende Meinung in der sozialrechtlichen Literatur, vgl. von Maydell in Kretschmer/von Maydell/Schellhorn, Gemeinschaftskommentar zum SGB, SGB I, 3. Aufl. 1996, § 52 RdNr. 15; Seewald in KasselerKomm, § 52 RdNr. 14, Stand März 1995; VerbKomm, § 52 SGB I, RdNr. 4, Stand April 2003; eingehend Günther, Probleme bei der Anwendung sozialrechtlicher Verrechnung und Ermächtigung, Diss., Münster, 1998, S 44 ff; offen gelassen in BSG Urteil vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 146 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 S 4 f). Ebenso konnte hier die Frage offen bleiben, ob insoweit die Leistungsklage neben oder an Stelle einer Anfechtungsklage zulässig ist (vgl. BSG Urteile vom 21. Juli 1988 - 7 R Ar 51/86 - BSGE 64, 17, 19 = SozR 1200 § 54 Nr. 13 S 35 und vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R -in SozR 4-1200 § 52 Nr. 1); denn auch diese ist jedenfalls unbegründet, weil sich der Kläger die von der Beklagten erklärte Verrechnung entgegenhalten lassen muss.
Da das Begehren des Klägers nach wie vor auf die Rückabwicklung der Verrechnung und Rückzahlung der einbehaltenen Beträge an ihn gerichtet ist, wäre im übrigen - auch wenn zwischenzeitlich die Verrechnung bezüglich der hier streitigen Beitragsforderung der Beigeladenen abgewickelt ist - nach wie vor richtige Klageart die (isolierte) Anfechtungsklage bzw. Leistungsklage (siehe oben), gerichtet gegen den Bescheid der Beklagten, mit dem diese die Verrechnung erklärte, und die vorgenommene Verrechnung in Höhe von 250 EUR monatlich.
2. Gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.
Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann gem. § 51 Abs. 2 SGB I der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auflaufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird.
Wie das SG im Gerichtsbescheid bereits ausgeführt hat, hat die Beklagte zu Recht hier in Höhe von 250 EUR mit der Altersrente des Klägers hinsichtlich der zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Beitragsforderung der Beigeladenen verrechnet. Denn auch nach Verrechnung in Höhe der hier streitigen 250 EUR sind dem Kläger und seiner Ehefrau noch Einnahmen verblieben, die über der vom Sozialamt festgestellten maßgeblichen Grenze für die Sozialhilfebedürftigkeit gelegen haben. Die Beklagte hat auch ihr Ermessen, gerade auch im Hinblick darauf, dass sie hier dem Kläger noch darüber hinausgehende Finanzmittel belassen hat, in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Ob und inwieweit dem Kläger tatsächlich in einzelnen Bereichen höhere Kosten entstehen, (hier wohl geltend gemacht hinsichtlich der Kosten der Unterkunft, wobei nach seiner eigenen Aufstellung - Bl. 27 Senatsakte - Miete, Heizkosten und Nebenkosten 682,13 EUR betragen, 680 EUR sind vom Sozialamt angesetzt) ist hier unbeachtlich. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ist die allein maßgebliche Grenze die Grenze der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII bzw. SGB II. Diese aber ist von der Beklagten beachtet worden.
Insbesondere führt auch der Hinweis des Klägerbevollmächtigten auf das zwischenzeitlich anhängige Insolvenzverfahren zu keinem anderen Ergebnis.
Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt (§ 94 InsO). Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 InsO).
So ergibt sich also aus § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass grundsätzlich auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen Forderungen aufgerechnet werden kann, sobald die Voraussetzungen eingetreten sind. Ausgangspunkt ist hierbei § 94 InsO, der klarstellt, dass eine im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslage durch die Verfahrenseröffnung nicht berührt wird und die Aufrechnung zulässig bleibt. § 95 InsO will auch denjenigen schützen, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens darauf vertrauen durfte, dass er sich durch eine später entstehende Aufrechnungslage Befriedigung für seine Forderung verschaffen kann. Wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Forderung bereits besteht, soll der Insolvenzgläubiger darauf vertrauen dürfen, dass er nach Fälligkeit bzw. nach Eintritt der Bedingung sich durch Aufrechnung befriedigen kann (siehe Kroth in Braun InsO, Kommentar, 3. Aufl. § 95 Rdnr. 1). Die hier von der Beklagten verrechnete Forderung der Beigeladenen besteht auf Grund der bestandskräftigen Beitragsbescheide vom 22. April 1996 (für 1995) bzw. 21. April 1997 (für 1996) bzw. der Bescheide über Säumniszuschläge vom 27. Juni 1996 und 19. Dezember 1996. Die Forderung war auch bereits mit Schreiben der Beigeladenen vom 1. Oktober 1998 im Hinblick auf in der Zukunft zu bewilligende Altersrente von der Beigeladenen der Beklagten gegenüber benannt und eine Ermächtigung zur Verrechnung bereits erteilt worden. Die Verrechnung in Höhe von 250 EUR mit der jeweils monatlich fälligen Altersrente des Klägers war daher trotz des Insolvenzverfahrens zulässig (siehe hierzu etwa auch Urteil des BSG - B 5 RJ 18/03 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92, 1). Aus § 96 InsO ergibt sich nichts anderes. Danach ist die Aufrechnung unzulässig, wenn (Nr. 1) ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, wenn (Nr. 2) ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, wenn (Nr. 3) ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat oder wenn (Nr. 4) ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet. Keiner dieser Ausschlussgründe ist gegeben. Sofern der Klägerbevollmächtigte hier insbesondere an den Ausschlussgrund nach § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO gedacht haben sollte, greift dieser hier jedoch nicht. Diese Regelung dient der Klarstellung. Sie betrifft z. B. rechtsgeschäftliche Verpflichtungen, die der Schuldner (hier also der Kläger) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen ist. Da der Schuldner einerseits die Masse nicht verpflichten kann, andererseits der Neuerwerb in die Masse fällt (§ 35), kann der mit dem Schuldner kontrahierende Gläubiger in solchen Fällen lediglich auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugreifen. Da dieses aber regelmäßig nicht pfändbar sein dürfte, ist der Gläubiger bei wirtschaftlicher Betrachtung letztlich nahezu rechtlos gestellt (siehe Kroth a. a. O. § 96 Rdnr. 14). Hier aber hat der Kläger nicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens irgendwelche Verpflichtungen mit der Beklagten bzw. mit der eigentlichen Forderungsinhaberin, der Beigeladenen getroffen. Die Forderungen der Beigeladenen stammen vielmehr aus den Jahren 1995/96.
Auch die vom Klägerbevollmächtigten noch zitierte Entscheidung des LSG Niedersachsen vom 23. Juni 1993 (L 7 Ar 23/91 in Nds.Rpfl. 1993, 22) führt zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. Diese Entscheidung bezieht sich nämlich noch auf die Regelung in § 14 Abs. 1 Konkursordnung (KO), die zum 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten ist. Zu beachten ist hier vielmehr § 114 InsO. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 10. Dezember 2003 (B 5 RJ 18/03 R in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92, 1) ausgeführt:
Die Rechtslage hat sich insoweit gegenüber dem früheren Recht der KO, das nach der Rechtsprechung des BSG die Verrechnung nach § 52 SGB I wie eine Aufrechnung zuließ, wenn die Verrechnungslage vor Konkurseröffnung gegeben war (Urteile vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 153 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1, vom 15. Dezember 1994 - 12 RK 85/92 - SozR 3-2400 § 28 Nr. 1 zum Verhältnis von § 52 SGB I bzw. § 28 SGB IV zu §§ 53 ff KO), nicht verändert. a) Nach § 114 Abs 1 InsO idF des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl I S 2866) ist die Verfügung eines Schuldners, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Forderung für die spätere Zeit auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge abgetreten oder verpfändet hat, wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von drei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats bezieht. Nach § 114 Abs 2 InsO kann der Verpflichtete gegen die Forderung auf die in Absatz 1 genannten Bezüge für den dort bezeichneten Zeitraum während des Insolvenzverfahrens eine Forderung, die ihm gegen den Schuldner zusteht, aufrechnen, wobei die §§ 95 und 96 Abs 1 Nr. 2 bis 4 InsO hiervon unberührt bleiben. Durch das Gesetz zur Änderung der InsO und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl I S 2710) ist § 114 Abs 1 InsO mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 zwar insoweit geändert worden, als die dort genannte Frist von drei auf zwei Jahre verkürzt wurde. Nach der Überleitungsvorschrift des Art 103a des Einführungsgesetzes zur InsO bleibt jedoch für Insolvenzverfahren, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. Dezember 2001 bereits eröffnet worden waren, weiterhin die bisherige Drei-Jahresfrist maßgeblich. Wie die Bezugnahme in § 114 Abs 2 InsO auf Absatz 1 der Vorschrift zeigt, gehören zu den Entgeltersatzleistungen, die an die Stelle der aus einem aktiven Dienstverhältnis des Schuldners fließenden Bezüge treten, auch Sozialversicherungsleistungen wie die Altersrente des Versicherten, soweit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Anspruch dem Grunde nach besteht (vgl Berscheid in Uhlenbruck, InsO-Komm, 12. Aufl 2003, § 114 RdNr. 10, 16; Löwisch/Caspers in Münchener Kommentar zur InsO, Stand 2002, § 114 RdNr. 12). Letzteres ist bei der hier in Rede stehenden Altersrente der Fall, weil die monatlich fällig werdenden (Einzel-)auszahlungsansprüche des Versicherten bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Renten(stamm-)recht zuerkannt und damit in ihrem Kern schon begründet waren (vgl. BSG Urteil vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 150 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 S 9 mwN im Anschluss an BGH Urteil vom 25. Oktober 1984 - IX ZR 110/83 - BGHZ 92, 339, 341). b) Bei der Verrechnung nach § 52 SGB I handelt es sich um eine Aufrechnung unter Verzicht auf die Gegenseitigkeit der Ansprüche von Schuldner und Gläubiger; der ermächtigte Leistungsträger ist von Gesetzes wegen befugt, die Forderung des ermächtigenden Leistungsträgers gegen die Ansprüche des Schuldners zu verrechnen, wobei die Ermächtigung selbst keinen Einfluss auf die Verrechnungslage hat (vgl BSG Urteile vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 155 f = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 mwN und vom 18. Februar 1992 - 13/5 RJ 61/90 - SozR 3-1200 § 52 Nr. 3 S 33, 35; Hauck SGB I-Komm, § 52 RdNr. 3, 5, Stand Mai 1999; Klose in Jahn, SGB I-Komm, § 52, Stand Juli 1999, RdNr. 1, 4, 18; Lilge in Gesamtkomm SozVers § 52 Anm. 2, Stand Juni 2001). Dies gilt auch bei Anwendung des § 114 Abs 2 InsO.
Damit war aber auch unter Beachtung der Regelung in § 114 InsO die hier streitige Verrechnung mit dem auf Grund bis zum 1. August 1999 zuerkannten Renten(stamm-)rechts monatlich fällig werdenden (Einzel-)auszahlungsansprüche rechtens, da jedenfalls bis zum Ende der Verrechnung im September 2007 die Zweijahresfrist noch nicht abgelaufen war. Ausweislich der vom Kläger im PKH-Verfahren vor dem SG mit Datum vom 30. Mai 2006 vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (siehe Akte S 8 R 1903/06 PKH-A) war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ein Insolvenzantrag noch nicht gestellt ("wird demnächst gestellt").
Daneben ist die allein maßgebliche Grenze bei der Verrechnung von Beitragsforderungen hier nach §§ 51 Abs.2, 52 SGB I nicht die Pfändungsfreigrenze, sondern die niedriger liegende Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit, sodass also durchaus auch eine Verrechnung in unpfändbares Einkommen zulässig ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Verrechnung von monatlich 250 EUR aus einer Beitragsforderung der beigeladenen Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd mit seiner von der Beklagten gewährten Altersrente.
Die Beigeladene hatte mit Schreiben vom 1. Oktober 1998 im Hinblick auf in der Zukunft dem Kläger zu bewilligende Altersrente der Beklagten gegenüber Forderungen auf Grund bestandskräftiger Beitragsbescheide vom 22. April 1996 (für das Jahr 1995) bzw. 21. April 1997 (für das Jahr 1996) bzw. der Bescheide über Säumniszuschläge vom 27. Juni 1996 und 19. Dezember 1996 (Bl. 27/30 SG-Akte) in Höhe von insgesamt 9.015,29 DM (4.602,44 EUR) angemeldet und die Beklagte zur Verrechnung ermächtigt.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1999 (Bl. 73 Verwaltungsakte -VA-) bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. August 1999 Altersrente in Höhe von monatlich 2.556,65 DM (ab 1. Januar 2000). In der Folgezeit nahm die Beklagte bzgl. weiterer bereits angemeldeter Forderungen unter anderem auch der Krankenkassen Verrechnungen vor.
Nach vorheriger Anhörung vom 28. Juli 2005 (Bl. 353 VA) nahm die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2005 (Bl. 401 VA) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2006 (Bl. 419 VA) eine Verrechnung in Höhe von monatlich 250 EUR zu Gunsten der Beitragsforderung der Beigeladenen mit der Altersrente des Klägers vor. Zur Begründung wurde ausgeführt: Nach einer vom Landratsamt Tuttlingen - Sozialamt - erstellten Berechnung vom 23. November 2005 (Bl. 397 VA) habe ein Gesamtbedarf des Klägers und seiner Ehefrau in Höhe von 1.326,56 EUR (einschließlich 680 EUR Kosten der Unterkunft und 25,56 EUR Mehrbedarf für Diabeteskost) bestanden, während sich das Einkommen aus der Altersrente beider Eheleute auf monatlich 1.679,82 EUR belaufe, wovon für Unfall- und Hausratversicherung 5,97 EUR abgezogen wurden, sodass sich ein Gesamteinkommen von 1.673,85 EUR ergebe. Da das Einkommen des Klägers und das seiner Ehefrau den sozialhilferechtlichen Bedarf in Höhe von 1.326,56 EUR um 347,29 EUR übersteige, führe auch eine Verrechnung von monatlich 250 EUR nicht zur Hilfebedürftigkeit, sodass die Verrechnung nicht zu beanstanden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 24. Mai 2006 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigte geltend gemacht, der Kläger sei schwer zuckerkrank und benötige entsprechende Aufwendungen für Medikamente, die nicht von der Krankenkasse übernommen würden. Seine Ehefrau beziehe eine kleine Rente mit lediglich 330 EUR und unter Berücksichtigung der Fixkosten des Klägers, die er nicht zu reduzieren in der Lage sei, verblieben dem Kläger und seiner Ehefrau noch monatlich 646,82 EUR, dem Kläger also gerade 323,41 EUR. Nach Auffassung des Klägers gehe es nicht an, lediglich die Berechnung des Sozialamtes zugrunde zu legen, ohne hier den konkreten Mehrbedarf des Klägers und die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau zu berücksichtigen. Er sei damit im Verhältnis zum Sozialhilfeempfänger noch schlechter gestellt.
Mit Gerichtsbescheid vom 27. März 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) im Hinblick auf die dem Kläger zustehende Rente - mit Ermächtigung der Beigeladenen - die Ansprüche der Beigeladenen (aus geschuldeten Beiträgen) gegen den Berechtigten, mit der ihr obliegenden Geldleistung - der Rente - verrechnet habe, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig sei. Gemäß § 51 Abs. 2 SGB I sei die Aufrechnung gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen im Zusammenhang mit der Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und Beitragsansprüchen bis zu deren Hälfte erlaubt, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweise, dass er dadurch hilfebedürftig werde. Die Aufrechnung/Verrechnung könne daher im Rahmen des von der Beklagten auszuübenden Ermessens - ohne Beachtung der Pfändungsgrenzen des § 54 Abs. 4 SGB I - bis zur Hälfte der laufenden Geldleistungen erfolgen, soweit der Kläger dadurch nicht hilfebedürftig im Sinne der §§ 9 ff. SGB II oder §§ 19, 27 ff. SGB XII werde, was von ihm nachzuweisen sei. Diesen Nachweis habe der Kläger mit der Vorlage des vom Kreissozialamt Tuttlingen ausgegebenen "Berechungsgang" vom 23. November 2005 nicht erbracht. Insbesondere habe das Sozialamt den Kläger in seinem Schreiben vom 23. November 2005 auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die von ihm über den gesetzlichen Regelbedarf, den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie einem Mehrbedarf wegen der Diabetes-Erkrankung, hinaus geltend gemachten Aufwendungen sozialhilferechtlich nicht berücksichtigt werden könnten. So seien beispielsweise die Ausgaben für die Fahrzeughaltung, wie auch für den Strombezug bereits im Regelsatz enthalten.
Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 10. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid am 10. Mai 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Bevollmächtigte insbesondere geltend, es bestünden schon Zweifel, ob im Rahmen des zwischenzeitlich anhängigen Insolvenzverfahrens eine Verrechnung nach § 52 SGB I zulässig sei. Es werde insbesondere auf § 96 Insolvenzordnung (InsO) verwiesen, wonach eine Aufrechnung bzw. Verrechnung dann unzulässig sei, wenn die Forderung eines Gläubigers gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners gerichtet sei.
Daneben sei sehr wohl nachgewiesen worden, dass der Kläger hilfebedürftig sei. Insbesondere seien die persönlichen Aufwendungen aufgrund seiner schweren Diabetes zu Unrecht nicht in vollem Umfang berücksichtigt worden. Ebenfalls sei nicht berücksichtigt worden, dass Kosten für Unterkunft und Heizung im Falle des Klägers wesentlich höher seien als ein vergleichbarer Satz, der von den Sozialbehörden zugrunde gelegt worden sei. Ihm bliebe derzeit aufgrund der Verrechnung weniger übrig als einem vergleichbaren Sozialhilfeempfänger, der Anspruch auf vollen Ausgleich der Mietkosten habe.
Wenn auch zwischenzeitlich die Verrechnung hinsichtlich der Beitragsforderung der Beigeladenen zum 30. September 2007 beendet worden sei, bleibe ein Interesse des Klägers auf Feststellung, dass eine solche Verrechnung weder in der Vergangenheit noch für die Zukunft in dieser Höhe zulässig sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. März 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2006 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung rechtswidrig war.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, im Hinblick darauf, dass die Forderungen der Beigeladenen zwischenzeitlich ausgeglichen seien, sei die vorgenommene Einbehaltung des Betrages in Höhe von 250 EUR monatlich zum 30. September 2007 eingestellt worden. Eine Überprüfung habe zwischenzeitlich ergeben, dass über die Restforderung der Beigeladenen hinaus 640,56 EUR zu viel einbehalten worden seien, dieser Betrag werde an den Kläger überwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (alte Fassung) liegt nicht vor. Der Kläger wendet sich gegen die Verrechnung von Forderungen in einer Höhe von mehr als 500 EUR.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung in Höhe von monatlich 250 EUR auf die Altersrente des Klägers ist nicht zu beanstanden.
1. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist. Der Senat kann mit dem 5. Senat des BSG (Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 18/03 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92,1) dahingestellt sein lassen, ob diese sozialrechtliche Verrechnung lediglich als rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts zu qualifizieren ist (so jetzt 4. Senat des BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr.1 sowie BVerwG Urteil vom 27. Oktober 1982 - 3 C 6/82 - BVerwGE 66, 218 und BFH Urteil vom 2. April 1987 - VII R 148/83 - BFHE 149, 482; Weber, SGb 1999, 225 und SGb 2000, 165) oder sich in der Form eines Verwaltungsakts zu vollziehen hat (BSG Urteil vom 21. Juli 1988 - 7 RAr 51/86 - BSGE 64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr. 13 S 38 mwN; ebenso die überwiegende Meinung in der sozialrechtlichen Literatur, vgl. von Maydell in Kretschmer/von Maydell/Schellhorn, Gemeinschaftskommentar zum SGB, SGB I, 3. Aufl. 1996, § 52 RdNr. 15; Seewald in KasselerKomm, § 52 RdNr. 14, Stand März 1995; VerbKomm, § 52 SGB I, RdNr. 4, Stand April 2003; eingehend Günther, Probleme bei der Anwendung sozialrechtlicher Verrechnung und Ermächtigung, Diss., Münster, 1998, S 44 ff; offen gelassen in BSG Urteil vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 146 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 S 4 f). Ebenso konnte hier die Frage offen bleiben, ob insoweit die Leistungsklage neben oder an Stelle einer Anfechtungsklage zulässig ist (vgl. BSG Urteile vom 21. Juli 1988 - 7 R Ar 51/86 - BSGE 64, 17, 19 = SozR 1200 § 54 Nr. 13 S 35 und vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R -in SozR 4-1200 § 52 Nr. 1); denn auch diese ist jedenfalls unbegründet, weil sich der Kläger die von der Beklagten erklärte Verrechnung entgegenhalten lassen muss.
Da das Begehren des Klägers nach wie vor auf die Rückabwicklung der Verrechnung und Rückzahlung der einbehaltenen Beträge an ihn gerichtet ist, wäre im übrigen - auch wenn zwischenzeitlich die Verrechnung bezüglich der hier streitigen Beitragsforderung der Beigeladenen abgewickelt ist - nach wie vor richtige Klageart die (isolierte) Anfechtungsklage bzw. Leistungsklage (siehe oben), gerichtet gegen den Bescheid der Beklagten, mit dem diese die Verrechnung erklärte, und die vorgenommene Verrechnung in Höhe von 250 EUR monatlich.
2. Gemäß § 52 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 die Aufrechnung zulässig ist.
Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch kann gem. § 51 Abs. 2 SGB I der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auflaufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches über die Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch wird.
Wie das SG im Gerichtsbescheid bereits ausgeführt hat, hat die Beklagte zu Recht hier in Höhe von 250 EUR mit der Altersrente des Klägers hinsichtlich der zum damaligen Zeitpunkt noch offenen Beitragsforderung der Beigeladenen verrechnet. Denn auch nach Verrechnung in Höhe der hier streitigen 250 EUR sind dem Kläger und seiner Ehefrau noch Einnahmen verblieben, die über der vom Sozialamt festgestellten maßgeblichen Grenze für die Sozialhilfebedürftigkeit gelegen haben. Die Beklagte hat auch ihr Ermessen, gerade auch im Hinblick darauf, dass sie hier dem Kläger noch darüber hinausgehende Finanzmittel belassen hat, in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Ob und inwieweit dem Kläger tatsächlich in einzelnen Bereichen höhere Kosten entstehen, (hier wohl geltend gemacht hinsichtlich der Kosten der Unterkunft, wobei nach seiner eigenen Aufstellung - Bl. 27 Senatsakte - Miete, Heizkosten und Nebenkosten 682,13 EUR betragen, 680 EUR sind vom Sozialamt angesetzt) ist hier unbeachtlich. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ist die allein maßgebliche Grenze die Grenze der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII bzw. SGB II. Diese aber ist von der Beklagten beachtet worden.
Insbesondere führt auch der Hinweis des Klägerbevollmächtigten auf das zwischenzeitlich anhängige Insolvenzverfahren zu keinem anderen Ergebnis.
Ist ein Insolvenzgläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes oder auf Grund einer Vereinbarung zur Aufrechnung berechtigt, so wird dieses Recht durch das Verfahren nicht berührt (§ 94 InsO). Sind zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen noch aufschiebend bedingt oder nicht fällig oder die Forderungen noch nicht auf gleichartige Leistungen gerichtet, so kann die Aufrechnung erst erfolgen, wenn ihre Voraussetzungen eingetreten sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 InsO).
So ergibt sich also aus § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass grundsätzlich auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen Forderungen aufgerechnet werden kann, sobald die Voraussetzungen eingetreten sind. Ausgangspunkt ist hierbei § 94 InsO, der klarstellt, dass eine im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslage durch die Verfahrenseröffnung nicht berührt wird und die Aufrechnung zulässig bleibt. § 95 InsO will auch denjenigen schützen, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens darauf vertrauen durfte, dass er sich durch eine später entstehende Aufrechnungslage Befriedigung für seine Forderung verschaffen kann. Wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Forderung bereits besteht, soll der Insolvenzgläubiger darauf vertrauen dürfen, dass er nach Fälligkeit bzw. nach Eintritt der Bedingung sich durch Aufrechnung befriedigen kann (siehe Kroth in Braun InsO, Kommentar, 3. Aufl. § 95 Rdnr. 1). Die hier von der Beklagten verrechnete Forderung der Beigeladenen besteht auf Grund der bestandskräftigen Beitragsbescheide vom 22. April 1996 (für 1995) bzw. 21. April 1997 (für 1996) bzw. der Bescheide über Säumniszuschläge vom 27. Juni 1996 und 19. Dezember 1996. Die Forderung war auch bereits mit Schreiben der Beigeladenen vom 1. Oktober 1998 im Hinblick auf in der Zukunft zu bewilligende Altersrente von der Beigeladenen der Beklagten gegenüber benannt und eine Ermächtigung zur Verrechnung bereits erteilt worden. Die Verrechnung in Höhe von 250 EUR mit der jeweils monatlich fälligen Altersrente des Klägers war daher trotz des Insolvenzverfahrens zulässig (siehe hierzu etwa auch Urteil des BSG - B 5 RJ 18/03 R - in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92, 1). Aus § 96 InsO ergibt sich nichts anderes. Danach ist die Aufrechnung unzulässig, wenn (Nr. 1) ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, wenn (Nr. 2) ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, wenn (Nr. 3) ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat oder wenn (Nr. 4) ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet. Keiner dieser Ausschlussgründe ist gegeben. Sofern der Klägerbevollmächtigte hier insbesondere an den Ausschlussgrund nach § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO gedacht haben sollte, greift dieser hier jedoch nicht. Diese Regelung dient der Klarstellung. Sie betrifft z. B. rechtsgeschäftliche Verpflichtungen, die der Schuldner (hier also der Kläger) nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangen ist. Da der Schuldner einerseits die Masse nicht verpflichten kann, andererseits der Neuerwerb in die Masse fällt (§ 35), kann der mit dem Schuldner kontrahierende Gläubiger in solchen Fällen lediglich auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zugreifen. Da dieses aber regelmäßig nicht pfändbar sein dürfte, ist der Gläubiger bei wirtschaftlicher Betrachtung letztlich nahezu rechtlos gestellt (siehe Kroth a. a. O. § 96 Rdnr. 14). Hier aber hat der Kläger nicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens irgendwelche Verpflichtungen mit der Beklagten bzw. mit der eigentlichen Forderungsinhaberin, der Beigeladenen getroffen. Die Forderungen der Beigeladenen stammen vielmehr aus den Jahren 1995/96.
Auch die vom Klägerbevollmächtigten noch zitierte Entscheidung des LSG Niedersachsen vom 23. Juni 1993 (L 7 Ar 23/91 in Nds.Rpfl. 1993, 22) führt zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. Diese Entscheidung bezieht sich nämlich noch auf die Regelung in § 14 Abs. 1 Konkursordnung (KO), die zum 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten ist. Zu beachten ist hier vielmehr § 114 InsO. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 10. Dezember 2003 (B 5 RJ 18/03 R in SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92, 1) ausgeführt:
Die Rechtslage hat sich insoweit gegenüber dem früheren Recht der KO, das nach der Rechtsprechung des BSG die Verrechnung nach § 52 SGB I wie eine Aufrechnung zuließ, wenn die Verrechnungslage vor Konkurseröffnung gegeben war (Urteile vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 153 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1, vom 15. Dezember 1994 - 12 RK 85/92 - SozR 3-2400 § 28 Nr. 1 zum Verhältnis von § 52 SGB I bzw. § 28 SGB IV zu §§ 53 ff KO), nicht verändert. a) Nach § 114 Abs 1 InsO idF des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl I S 2866) ist die Verfügung eines Schuldners, der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Forderung für die spätere Zeit auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge abgetreten oder verpfändet hat, wirksam, soweit sie sich auf die Bezüge für die Zeit vor Ablauf von drei Jahren nach dem Ende des zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonats bezieht. Nach § 114 Abs 2 InsO kann der Verpflichtete gegen die Forderung auf die in Absatz 1 genannten Bezüge für den dort bezeichneten Zeitraum während des Insolvenzverfahrens eine Forderung, die ihm gegen den Schuldner zusteht, aufrechnen, wobei die §§ 95 und 96 Abs 1 Nr. 2 bis 4 InsO hiervon unberührt bleiben. Durch das Gesetz zur Änderung der InsO und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl I S 2710) ist § 114 Abs 1 InsO mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 zwar insoweit geändert worden, als die dort genannte Frist von drei auf zwei Jahre verkürzt wurde. Nach der Überleitungsvorschrift des Art 103a des Einführungsgesetzes zur InsO bleibt jedoch für Insolvenzverfahren, die - wie im vorliegenden Fall - vor dem 1. Dezember 2001 bereits eröffnet worden waren, weiterhin die bisherige Drei-Jahresfrist maßgeblich. Wie die Bezugnahme in § 114 Abs 2 InsO auf Absatz 1 der Vorschrift zeigt, gehören zu den Entgeltersatzleistungen, die an die Stelle der aus einem aktiven Dienstverhältnis des Schuldners fließenden Bezüge treten, auch Sozialversicherungsleistungen wie die Altersrente des Versicherten, soweit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Anspruch dem Grunde nach besteht (vgl Berscheid in Uhlenbruck, InsO-Komm, 12. Aufl 2003, § 114 RdNr. 10, 16; Löwisch/Caspers in Münchener Kommentar zur InsO, Stand 2002, § 114 RdNr. 12). Letzteres ist bei der hier in Rede stehenden Altersrente der Fall, weil die monatlich fällig werdenden (Einzel-)auszahlungsansprüche des Versicherten bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Renten(stamm-)recht zuerkannt und damit in ihrem Kern schon begründet waren (vgl. BSG Urteil vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 150 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 S 9 mwN im Anschluss an BGH Urteil vom 25. Oktober 1984 - IX ZR 110/83 - BGHZ 92, 339, 341). b) Bei der Verrechnung nach § 52 SGB I handelt es sich um eine Aufrechnung unter Verzicht auf die Gegenseitigkeit der Ansprüche von Schuldner und Gläubiger; der ermächtigte Leistungsträger ist von Gesetzes wegen befugt, die Forderung des ermächtigenden Leistungsträgers gegen die Ansprüche des Schuldners zu verrechnen, wobei die Ermächtigung selbst keinen Einfluss auf die Verrechnungslage hat (vgl BSG Urteile vom 12. Juli 1990 - 4 RA 47/88 - BSGE 67, 143, 155 f = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 mwN und vom 18. Februar 1992 - 13/5 RJ 61/90 - SozR 3-1200 § 52 Nr. 3 S 33, 35; Hauck SGB I-Komm, § 52 RdNr. 3, 5, Stand Mai 1999; Klose in Jahn, SGB I-Komm, § 52, Stand Juli 1999, RdNr. 1, 4, 18; Lilge in Gesamtkomm SozVers § 52 Anm. 2, Stand Juni 2001). Dies gilt auch bei Anwendung des § 114 Abs 2 InsO.
Damit war aber auch unter Beachtung der Regelung in § 114 InsO die hier streitige Verrechnung mit dem auf Grund bis zum 1. August 1999 zuerkannten Renten(stamm-)rechts monatlich fällig werdenden (Einzel-)auszahlungsansprüche rechtens, da jedenfalls bis zum Ende der Verrechnung im September 2007 die Zweijahresfrist noch nicht abgelaufen war. Ausweislich der vom Kläger im PKH-Verfahren vor dem SG mit Datum vom 30. Mai 2006 vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (siehe Akte S 8 R 1903/06 PKH-A) war jedenfalls zu diesem Zeitpunkt ein Insolvenzantrag noch nicht gestellt ("wird demnächst gestellt").
Daneben ist die allein maßgebliche Grenze bei der Verrechnung von Beitragsforderungen hier nach §§ 51 Abs.2, 52 SGB I nicht die Pfändungsfreigrenze, sondern die niedriger liegende Grenze der Sozialhilfebedürftigkeit, sodass also durchaus auch eine Verrechnung in unpfändbares Einkommen zulässig ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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