Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 V 4199/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 4023/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger weitere Schädigungsfolgen festzustellen sind und ihm deshalb Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS - vgl. § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes [BVG] i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, S. 2904, 2909; bis 20. Dezember 2007 Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE]) um mehr als 50 zu gewähren ist.
Der 1927 geborene Kläger bezieht seit September 1952 Beschädigtenrente. Als Schädigungsfolge ist im Sinne der Hervorrufung durch schädigende Einwirkungen gemäß § 1 BVG eine "Herzmuskelerkrankung" anerkannt (Ausführungsbescheid des früheren Versorgungsamts Stuttgart [VA] vom 18. Oktober 1957). Die seinerzeit zunächst nach einer MdE um 30 vom Hundert (v.H.) gewährte Beschädigtenrente wurde ab 1. November 1967 unter Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG nach einer MdE um 50 v.H. gewährt (Zugunstenbescheid vom 10. Juli 1970, Abhilfebescheid vom 15. April 1971).
Nachdem Anträge des Klägers auf Erhöhung der MdE (wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge; zum Teil wegen zusätzlicher Anerkennung eines Herzklappenfehlers bzw. eines Herzleidens) aus den Jahren 1967, 1974, 1987, 1997 und 2001 erfolglos geblieben waren, beantragte der Kläger am 29. März 2004 erneut höhere Versorgungsleistungen. Er machte zum einen wiederum eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolge anerkannten Herzmuskelerkrankung geltend und beantragte (sinngemäß) zum anderen, eine koronare Herzkrankheit, arterielle Verschlusskrankheit sowie Kreislaufstörung als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen. Hierzu legte er verschiedene medizinische Unterlagen vor. Das VA zog zahlreiche weitere Arztbriefe bzw. Befundunterlagen bei und erhob den Befundschein des Internisten und Kardiologen Dr. M. vom 29. September 2004. Sodann veranlasste es die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. K. vom 29. November 2004, die auf frühere vä Stellungnahmen zu entsprechenden Neufeststellungsanträgen aus den Jahren 1988, 1997 und 2001 hinwies, in denen bereits dargelegt worden war, dass die beim Kläger vorliegende Gefäßerkrankung sowie die Kreislaufstörungen nicht im Zusammenhang mit der anerkannten "Herzmuskelerkrankung" stünden. Auch das jetzt geltend gemachte Gefäßleiden sowie die Kreislaufstörungen stünden in keinem Zusammenhang mit der Schädigungsfolge. Mit Bescheid vom 24. Januar 2005 lehnte das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt B. (LRA) den Antrag auf Neufeststellung im Wesentlichen mit der Begründung ab, sowohl bei der arteriellen Verschlusskrankheit als auch bei den Kreislaufstörungen handele es sich um schädigungsunabhängige Herzleiden (koronare Herzkrankheit), die nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der anerkannten Herzmuskelerkrankung stünden. Im Widerspruchsverfahren holte das LRA den Befundbericht des Dr. M. vom 9. September 2005 ein und veranlasste die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 14. Oktober 2005. Dieser verwies darauf, dass im Rahmen von Neufeststellungsanträgen in der Vergangenheit mehrere versorgungsärztliche und kardiologische Gutachten erhoben worden seien, bei deren Durchsicht auffalle, dass der der anerkannten Schädigungsfolge zugrunde liegende Herzbefund eher geringfügig gewesen sei. Die Anerkennung habe im Wesentlichen auf einem leicht veränderten EKG-Befund beruht, der nach heutigem medizinischem Wissensstand für eine derartige Entscheidung nicht mehr ausreichend sei. Ungeachtet dessen sei eine Herzmuskelerkrankung ätiologisch streng von der koronaren Herzkrankheit zu trennen, die keine Erkrankung des Herzmuskels, sondern eine Erkrankung der Herzkranzgefäße sei, die weit überwiegend auf eine allgemeine Gefäßsklerose zurückzuführen sei. Die vom Kläger geltend gemachte periphere arterielle Verschlusskrankheit sei ein zusätzlicher klarer Hinweis auf das Vorliegen einer allgemeinen Gefäßsklerose. Für diese dürfte wiederum mit hoher Wahrscheinlichkeit der langjährig bekannte Bluthochdruck ursächlich sein. Auf diese Zusammenhänge sei bereits in mehreren Vorgutachten hingewiesen worden. Die zuletzt geltend gemachte Verschlimmerung der Herz- und Kreislaufbeschwerden sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die koronare Herzerkrankung zurückzuführen, wobei diese wiederum - wie auch die periphere arterielle Verschlusskrankheit - Folge einer schädigungsunabhängigen allgemeinen Gefäßsklerose sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2006 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 22. Mai 2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren Klage, ihm wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge sowie unter Anerkennung von Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterieller Verschlusskrankheit als weiterer Schädigungsfolgen höhere Beschädigtenversorgung zu gewähren. Es sei von Amts wegen ein kardiologisches Gutachten einzuholen, zumal zwischenzeitlich Herzrhythmusstörungen im Vordergrund der Beschwerden stünden, die nicht auf eine koronare Herzerkrankung bei metabolischem Syndrom zurückzuführen seien. Zur Stützung seines Begehrens legte er den Arztbrief des Dr. M. vom 9. Mai 2007 vor. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Mit Urteil vom 27. Juni 2007 wies das SG die Klage gestützt auf die vä Stellungnahme des Dr. H. vom 14. Oktober 2005 und unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren ab.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 26. Juli 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. August 2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, sein Begehren auf Gewährung einer höheren Beschädigtenrente wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge und Anerkennung von Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterieller Verschlusskrankheit als weitere Schädigungsfolgen weiterverfolgt und zunächst die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei Dr. H. beantragt. Auf die Aufforderung, einen entsprechenden Kostenvorschuss zu leisten, hat er mitgeteilt, hierzu nicht in der Lage zu sein. Zur Stützung seines Begehrens hat er auf eine Abhandlung des Prof. Dr. G. S. verwiesen, die in der Apotheken-Umschau vom 15. Juni 2005 veröffentlicht sei. Darin werde ausgeführt, dass bei einer Herzerkrankung das Leben beeinträchtigt werde und die Sauerstoffversorgung ausbleibe; das Gehirn und andere Organe versagten rasch. Insoweit sei interessant zu wissen, ob das Gericht einen Arzt finde, der diese Erläuterung widerlegen könne. Er bleibe dabei, dass durch sein Kriegsleiden sein Herz schlechter geworden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 aufzuheben, als weitere Schädigungsfolgen Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterielle Verschlusskrankheit festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge Beschädigtenrente nach einer MdE um mehr als 50 v.H. bzw. GdS von mehr als 50 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 darauf hingewiesen worden, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise haben sich die Beteiligten nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht Beschädigtenversorgung nach einer MdE um mehr als 50 v.H. bzw. einem GdS von mehr als 50 nicht zu. Denn beim Kläger ist in den anerkannten Schädigungsfolgen weder eine Verschlimmerung eingetreten, noch sind weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen, die zu einer höheren Beschädigtenversorgung führen könnten.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung, einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Dabei müssen das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19. März 1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Rechtsgrundlage für die vom Klägerin geltend gemachte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Verhältnisse mit denjenigen zu ermitteln, die bei der Prüfung der Neufeststellung vorliegen (BSG, Urteil vom 8. Mai 1981 - 9 RVs 4/80 - SozR 3100 Nr. 21 zu § 62 BVG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vorliegend zu prüfen, ob beim Kläger in dem Zustand der Schädigungsfolgen, wie sie bei Erlass des Ausführungsbescheids vom 18. Oktober 1957 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sei es, dass sich anerkannte Schädigungsfolgen verschlimmert haben, sei es, dass neue Schädigungsfolgen hinzugetreten sind. Bei dieser Prüfung ist der Senat ebenso wie der Beklagte und mit ihm das SG zu dem Ergebnis gelangt, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist und der Kläger daher keine höhere Beschädigtenrente beanspruchen kann.
Auch nach Überzeugung des Senats hat sich beim Kläger weder die anerkannte Schädigungsfolge "Herzmuskelerkrankung" verschlimmert, noch sind die bei dem inzwischen 80-jährigen Kläger zu diagnostizierenden Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen sowie die arterielle Verschlusskrankheit ursächlich auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen. Hierin sind sich sämtliche Ärzte, die mit dem Herzleiden des Klägers seit seinem ersten Neufeststellungsantrag im Jahr 1967 befasst waren, einig. Bereits seinerzeit (vgl. Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. N. vom 23. Dezember 1975 und 18. Juli 1988) wurde nicht nur die Richtigkeit der früheren Anerkennung einer Herzmuskelerkrankung als Schädigungsfolge wegen des verhältnismäßig geringfügigen Herzbefundes für zweifelhaft erachtet, sondern auch schon die damals vom Kläger geklagten Herzbeschwerden auf altersbedingte degenerative Veränderungen der Herzkranzgefäße zurückgeführt, durch die es zu einer Mangeldurchblutung dieser Gefäße komme. Auch wurde bereits seinerzeit darauf hingewiesen, dass sich der konstitutionell bedingte Bluthochdruck und die ebenso konstitutionell bedingte Fettstoffwechselstörung beim Kläger zusätzlich ungünstig auf die Herzsituation und die entsprechende Belastbarkeit auswirkt. Daran, dass die als Schädigungsfolge anerkannte, verhältnismäßig geringfügige Herzmuskelerkrankung weder in einem Zusammenhang mit der aufgetretenen koronaren Herzkrankheit steht, die Folge einer schädigungsunabhängig entstandenen Herzkranzgefäßverkalkung ist, noch dem Bluthochdruck, der wiederum ursächlich im Zusammenhang mit der Fettleibigkeit des Klägers und einer Fettstoffwechselstörung steht, hat sich auch nichts dadurch geändert, dass diese schädigungsunabhängigen Leiden zwischenzeitlich eine Verschlimmerung erfahren haben und nunmehr zu einer weiteren Verstärkung der Herz- und Kreislaufbeschwerden geführt hat.
Für den Senat sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Richtigkeit dieser kardiologischen Einschätzung begründen könnten. Anhaltspunkte hierfür sind insbesondere auch nicht dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Arztbrief des Dr. M. vom 9. Mai 2007 zu entnehmen. Denn Dr. M. äußert sich darin gerade nicht zu dem vom Kläger hergestellten ursächlichen Zusammenhang. Die diesbezügliche Auffassung des Klägers rührt offenbar aus seiner laienhaften Sicht, wonach jegliche im Bereich des Herzens lokalisierte und zu einer Herzminderleistung führende Erkrankung ursächlich auf eine Erkrankung des Herzmuskels zurückzuführen ist. Nur so wird auch das vom Kläger dargelegte Zitat des Prof. Dr. Steinbeck aus der Apotheken-Umschau vom 15. Juni 2005 und sein Hinweis verständlich, die dortige Aussage ("bei einer Herzerkrankung wird das Leben beeinträchtigt und die Sauerstoffversorgung bleibt aus. Das Gehirn und andere Organe versagen rasch") könne von keinem Arzt widerlegt werden. Für den Senat besteht keine Veranlassung, durch Einholung eines Gutachtens die dargelegte und als solches ohne weiteres zutreffende Aussage zu widerlegen. Allerdings lässt sich hieraus nichts für die Richtigkeit der vom Kläger vertretenen Ansicht hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen den aufgetretenen Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen sowie der arteriellen Verschlusskrankheit mit der anerkannten Schädigungsfolge herleiten.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger weitere Schädigungsfolgen festzustellen sind und ihm deshalb Rente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS - vgl. § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes [BVG] i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, S. 2904, 2909; bis 20. Dezember 2007 Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE]) um mehr als 50 zu gewähren ist.
Der 1927 geborene Kläger bezieht seit September 1952 Beschädigtenrente. Als Schädigungsfolge ist im Sinne der Hervorrufung durch schädigende Einwirkungen gemäß § 1 BVG eine "Herzmuskelerkrankung" anerkannt (Ausführungsbescheid des früheren Versorgungsamts Stuttgart [VA] vom 18. Oktober 1957). Die seinerzeit zunächst nach einer MdE um 30 vom Hundert (v.H.) gewährte Beschädigtenrente wurde ab 1. November 1967 unter Anerkennung einer besonderen beruflichen Betroffenheit gemäß § 30 Abs. 2 BVG nach einer MdE um 50 v.H. gewährt (Zugunstenbescheid vom 10. Juli 1970, Abhilfebescheid vom 15. April 1971).
Nachdem Anträge des Klägers auf Erhöhung der MdE (wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge; zum Teil wegen zusätzlicher Anerkennung eines Herzklappenfehlers bzw. eines Herzleidens) aus den Jahren 1967, 1974, 1987, 1997 und 2001 erfolglos geblieben waren, beantragte der Kläger am 29. März 2004 erneut höhere Versorgungsleistungen. Er machte zum einen wiederum eine Verschlimmerung der als Schädigungsfolge anerkannten Herzmuskelerkrankung geltend und beantragte (sinngemäß) zum anderen, eine koronare Herzkrankheit, arterielle Verschlusskrankheit sowie Kreislaufstörung als weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen. Hierzu legte er verschiedene medizinische Unterlagen vor. Das VA zog zahlreiche weitere Arztbriefe bzw. Befundunterlagen bei und erhob den Befundschein des Internisten und Kardiologen Dr. M. vom 29. September 2004. Sodann veranlasste es die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. K. vom 29. November 2004, die auf frühere vä Stellungnahmen zu entsprechenden Neufeststellungsanträgen aus den Jahren 1988, 1997 und 2001 hinwies, in denen bereits dargelegt worden war, dass die beim Kläger vorliegende Gefäßerkrankung sowie die Kreislaufstörungen nicht im Zusammenhang mit der anerkannten "Herzmuskelerkrankung" stünden. Auch das jetzt geltend gemachte Gefäßleiden sowie die Kreislaufstörungen stünden in keinem Zusammenhang mit der Schädigungsfolge. Mit Bescheid vom 24. Januar 2005 lehnte das zwischenzeitlich zuständige Landratsamt B. (LRA) den Antrag auf Neufeststellung im Wesentlichen mit der Begründung ab, sowohl bei der arteriellen Verschlusskrankheit als auch bei den Kreislaufstörungen handele es sich um schädigungsunabhängige Herzleiden (koronare Herzkrankheit), die nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der anerkannten Herzmuskelerkrankung stünden. Im Widerspruchsverfahren holte das LRA den Befundbericht des Dr. M. vom 9. September 2005 ein und veranlasste die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vom 14. Oktober 2005. Dieser verwies darauf, dass im Rahmen von Neufeststellungsanträgen in der Vergangenheit mehrere versorgungsärztliche und kardiologische Gutachten erhoben worden seien, bei deren Durchsicht auffalle, dass der der anerkannten Schädigungsfolge zugrunde liegende Herzbefund eher geringfügig gewesen sei. Die Anerkennung habe im Wesentlichen auf einem leicht veränderten EKG-Befund beruht, der nach heutigem medizinischem Wissensstand für eine derartige Entscheidung nicht mehr ausreichend sei. Ungeachtet dessen sei eine Herzmuskelerkrankung ätiologisch streng von der koronaren Herzkrankheit zu trennen, die keine Erkrankung des Herzmuskels, sondern eine Erkrankung der Herzkranzgefäße sei, die weit überwiegend auf eine allgemeine Gefäßsklerose zurückzuführen sei. Die vom Kläger geltend gemachte periphere arterielle Verschlusskrankheit sei ein zusätzlicher klarer Hinweis auf das Vorliegen einer allgemeinen Gefäßsklerose. Für diese dürfte wiederum mit hoher Wahrscheinlichkeit der langjährig bekannte Bluthochdruck ursächlich sein. Auf diese Zusammenhänge sei bereits in mehreren Vorgutachten hingewiesen worden. Die zuletzt geltend gemachte Verschlimmerung der Herz- und Kreislaufbeschwerden sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die koronare Herzerkrankung zurückzuführen, wobei diese wiederum - wie auch die periphere arterielle Verschlusskrankheit - Folge einer schädigungsunabhängigen allgemeinen Gefäßsklerose sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2006 zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 22. Mai 2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren Klage, ihm wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge sowie unter Anerkennung von Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterieller Verschlusskrankheit als weiterer Schädigungsfolgen höhere Beschädigtenversorgung zu gewähren. Es sei von Amts wegen ein kardiologisches Gutachten einzuholen, zumal zwischenzeitlich Herzrhythmusstörungen im Vordergrund der Beschwerden stünden, die nicht auf eine koronare Herzerkrankung bei metabolischem Syndrom zurückzuführen seien. Zur Stützung seines Begehrens legte er den Arztbrief des Dr. M. vom 9. Mai 2007 vor. Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage seiner Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung seines bisherigen Standpunktes entgegen. Mit Urteil vom 27. Juni 2007 wies das SG die Klage gestützt auf die vä Stellungnahme des Dr. H. vom 14. Oktober 2005 und unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Beklagten im Verwaltungsverfahren ab.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 26. Juli 2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. August 2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt, sein Begehren auf Gewährung einer höheren Beschädigtenrente wegen Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge und Anerkennung von Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterieller Verschlusskrankheit als weitere Schädigungsfolgen weiterverfolgt und zunächst die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei Dr. H. beantragt. Auf die Aufforderung, einen entsprechenden Kostenvorschuss zu leisten, hat er mitgeteilt, hierzu nicht in der Lage zu sein. Zur Stützung seines Begehrens hat er auf eine Abhandlung des Prof. Dr. G. S. verwiesen, die in der Apotheken-Umschau vom 15. Juni 2005 veröffentlicht sei. Darin werde ausgeführt, dass bei einer Herzerkrankung das Leben beeinträchtigt werde und die Sauerstoffversorgung ausbleibe; das Gehirn und andere Organe versagten rasch. Insoweit sei interessant zu wissen, ob das Gericht einen Arzt finde, der diese Erläuterung widerlegen könne. Er bleibe dabei, dass durch sein Kriegsleiden sein Herz schlechter geworden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 aufzuheben, als weitere Schädigungsfolgen Kreislaufstörungen, Herzrhythmusstörungen und arterielle Verschlusskrankheit festzustellen und den Beklagten zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolge Beschädigtenrente nach einer MdE um mehr als 50 v.H. bzw. GdS von mehr als 50 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 darauf hingewiesen worden, dass der Senat erwäge, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise haben sich die Beteiligten nicht geäußert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 24. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht Beschädigtenversorgung nach einer MdE um mehr als 50 v.H. bzw. einem GdS von mehr als 50 nicht zu. Denn beim Kläger ist in den anerkannten Schädigungsfolgen weder eine Verschlimmerung eingetreten, noch sind weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen, die zu einer höheren Beschädigtenversorgung führen könnten.
Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung, einen Unfall während der Ausübung dieses Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält nach § 1 Abs. 1 BVG wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen dieser Schädigung auf Antrag Versorgung. Dabei müssen das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19. März 1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).
Rechtsgrundlage für die vom Klägerin geltend gemachte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Ob eine wesentliche Änderung vorliegt, ist durch einen Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Verhältnisse mit denjenigen zu ermitteln, die bei der Prüfung der Neufeststellung vorliegen (BSG, Urteil vom 8. Mai 1981 - 9 RVs 4/80 - SozR 3100 Nr. 21 zu § 62 BVG).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war vorliegend zu prüfen, ob beim Kläger in dem Zustand der Schädigungsfolgen, wie sie bei Erlass des Ausführungsbescheids vom 18. Oktober 1957 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sei es, dass sich anerkannte Schädigungsfolgen verschlimmert haben, sei es, dass neue Schädigungsfolgen hinzugetreten sind. Bei dieser Prüfung ist der Senat ebenso wie der Beklagte und mit ihm das SG zu dem Ergebnis gelangt, dass eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist und der Kläger daher keine höhere Beschädigtenrente beanspruchen kann.
Auch nach Überzeugung des Senats hat sich beim Kläger weder die anerkannte Schädigungsfolge "Herzmuskelerkrankung" verschlimmert, noch sind die bei dem inzwischen 80-jährigen Kläger zu diagnostizierenden Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen sowie die arterielle Verschlusskrankheit ursächlich auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen. Hierin sind sich sämtliche Ärzte, die mit dem Herzleiden des Klägers seit seinem ersten Neufeststellungsantrag im Jahr 1967 befasst waren, einig. Bereits seinerzeit (vgl. Gutachten des Arztes für Innere Medizin Dr. N. vom 23. Dezember 1975 und 18. Juli 1988) wurde nicht nur die Richtigkeit der früheren Anerkennung einer Herzmuskelerkrankung als Schädigungsfolge wegen des verhältnismäßig geringfügigen Herzbefundes für zweifelhaft erachtet, sondern auch schon die damals vom Kläger geklagten Herzbeschwerden auf altersbedingte degenerative Veränderungen der Herzkranzgefäße zurückgeführt, durch die es zu einer Mangeldurchblutung dieser Gefäße komme. Auch wurde bereits seinerzeit darauf hingewiesen, dass sich der konstitutionell bedingte Bluthochdruck und die ebenso konstitutionell bedingte Fettstoffwechselstörung beim Kläger zusätzlich ungünstig auf die Herzsituation und die entsprechende Belastbarkeit auswirkt. Daran, dass die als Schädigungsfolge anerkannte, verhältnismäßig geringfügige Herzmuskelerkrankung weder in einem Zusammenhang mit der aufgetretenen koronaren Herzkrankheit steht, die Folge einer schädigungsunabhängig entstandenen Herzkranzgefäßverkalkung ist, noch dem Bluthochdruck, der wiederum ursächlich im Zusammenhang mit der Fettleibigkeit des Klägers und einer Fettstoffwechselstörung steht, hat sich auch nichts dadurch geändert, dass diese schädigungsunabhängigen Leiden zwischenzeitlich eine Verschlimmerung erfahren haben und nunmehr zu einer weiteren Verstärkung der Herz- und Kreislaufbeschwerden geführt hat.
Für den Senat sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, die Zweifel an der Richtigkeit dieser kardiologischen Einschätzung begründen könnten. Anhaltspunkte hierfür sind insbesondere auch nicht dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Arztbrief des Dr. M. vom 9. Mai 2007 zu entnehmen. Denn Dr. M. äußert sich darin gerade nicht zu dem vom Kläger hergestellten ursächlichen Zusammenhang. Die diesbezügliche Auffassung des Klägers rührt offenbar aus seiner laienhaften Sicht, wonach jegliche im Bereich des Herzens lokalisierte und zu einer Herzminderleistung führende Erkrankung ursächlich auf eine Erkrankung des Herzmuskels zurückzuführen ist. Nur so wird auch das vom Kläger dargelegte Zitat des Prof. Dr. Steinbeck aus der Apotheken-Umschau vom 15. Juni 2005 und sein Hinweis verständlich, die dortige Aussage ("bei einer Herzerkrankung wird das Leben beeinträchtigt und die Sauerstoffversorgung bleibt aus. Das Gehirn und andere Organe versagen rasch") könne von keinem Arzt widerlegt werden. Für den Senat besteht keine Veranlassung, durch Einholung eines Gutachtens die dargelegte und als solches ohne weiteres zutreffende Aussage zu widerlegen. Allerdings lässt sich hieraus nichts für die Richtigkeit der vom Kläger vertretenen Ansicht hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen den aufgetretenen Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen sowie der arteriellen Verschlusskrankheit mit der anerkannten Schädigungsfolge herleiten.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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