Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3818/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 6104/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Rotatorenmanschettenruptur rechts als weitere Arbeitsunfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1952 geborene Kläger ist Montageleiter bei der Firma M. GmbH. Im Rahmen dieser Tätigkeit transportierte er am 15. September 2004 mit einem Kollegen Bitumen-Matten. Als ihm diese Matten aus der Hand rutschten, verspürte er beim plötzlichen Nachfassen mit der rechten Hand einen stechenden Schmerz im rechten Oberarm. Gleichwohl arbeitete er weiter und stellte sich erst am 30. September 2004 dem Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Z. Klinikums B., Dr. B., vor, der im Durchgangsarztbericht vom 30. September 2004 als Erstdiagnose eine Ruptur der langen Bizepssehne rechts angab. Unfall-unabhängig beschrieb er rezidivierende Schmerzen mit Einklemmungserscheinungen beim Heben und Drehen des rechten Armes im rechten Schultergelenk und äußerte den Verdacht auf einen degenerativen Vorschaden der Sehne. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Z. Klinikum erfolgte am 8. Oktober 2004 die Entfernung des Stumpfs der Bizepssehne sowie eine adaptierende Naht eines Rotatorenmanschettendefekts. Dr. B. beschrieb im OP-Bericht vom 9. November 2004 eine Schädigung des Knorpelüberzugs am Humeruskopf im Sinne einer Chondromalazie III. Grades, eine aufgefaserte Lockerung des Labrums, narbige Strukturen an den oberen Gelenkanteilen sowie eine Ausdünnung der Rotatorenmanschette. Im Arztbrief vom 12. Oktober 2004 führte Prof. Dr. B. (Kreiskliniken R., Pathologisches Institut) aus, histologisch habe das bei der Operation entnommene Gewebe der Rotatorenmanschette einen diskret degenerativ veränderten Gelenkknorpel ohne nennenswerte entzündliche Veränderungen aufgewiesen. Das histologische Bild spreche für eine degenerative Vorschädigung mit rezidivierten Traumen. Die Beklagte holte die fachärztliche Stellungnahme des beratenden Arztes der Berufsgenossenschaft Dr. K. vom 17. März 2005 ein. Dieser ging aufgrund des Unfallhergangs hinsichtlich des Risses der langen Bizepssehne von einem Unfallzusammenhang aus. Das Unfallgeschehen sei jedoch nicht geeignet gewesen, die Strukturen an der rechten Schulter unter Stress zu setzen. Die Ruptur der Rotatorenmanschette und die umschriebenen Knorpelschäden seien als unfallunabhängig einzustufen.
Mit Bescheid vom 31. März 2005 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 15. September 2004 als Arbeitsunfall und als Unfallfolgen einen Zustand nach operativ versorgtem Riss der langen Bizepssehne rechts. Arbeitsunfähigkeit habe bis 16. November 2004 bestanden. Ein Anspruch auf eine Rente bestehe nicht. Der ebenfalls festgestellte und operativ versorgte Riss der rechten Rotatorenmanschette sowie die Knorpelschäden an der rechten Gelenkpfanne des Schulterblattes seien nicht durch den Arbeitsunfall entstanden; sie beruhten auf degenerativen Veränderungen.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 27. April 2005. Seine Erwerbsfähigkeit sei um mehr als 20 vom Hundert (v. H.) gemindert. Er habe noch erhebliche Probleme und Schmerzen. Diese hätten vor dem Unfall nicht bestanden. An der linken Schulter habe er schließlich keine Probleme.
Bei der am 9. Mai 2005 durchgeführten Magnetresonanztomografie (MRT) der rechten Schulter und des rechten Oberarms wurde u. a. ein Rotatorenmanschettendefekt nachgewiesen (Arztbrief von Prof. Dr. B. - Z. Klinikum - vom 11. Mai 2005, Zwischenbericht von Dr. B. vom 19. Mai 2005). Deswegen wurde am 2. Juni 2000 im Z. Klinikum eine Arthroskopie der rechten Schulter durchgeführt, bei der die Rotatorenmanschette jedoch nicht rekonstruiert werden konnte (Operationsbericht von Dr. S.).
Im Befundbericht vom 16. Juni 2005 teilte der behandelnde Hausarzt Dr. J. mit, der Kläger sei bei ihm früher nicht wegen der Schulter in Behandlung gestanden. Nachfolgend stellte sich der Kläger wegen einer weiteren Behandlung bei Prof. Dr. W. in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (nachfolgend BG-Klinik) vor (Zwischenberichte von Prof. Dr. W. vom 24. Juni und 11. Juli 2005). Im Arztbrief vom 3. August 2005 führte Prof. Dr. W. aus, das histologische Bild spreche für eine degenerative Veränderung der Rotatorenmanschette mit rezidivierten Traumen.
Am 12. August 2005 fand eine Untersuchung des Klägers durch den Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. B. statt. Im Nachschaubericht vom gleichen Tag gab Dr. B. an, die Rotatorenmanschette sei nunmehr trotz der Schonung seit dem Unfall vom 15. September 2004 komplett durchgerissen. Dies sei absolut ungewöhnlich und spreche für ein Trauma mit sukzessiver Ruptur. Die Sehne sei zum Unfallzeitpunkt geschwächt gewesen. Bereits ein geringes Trauma habe ausgereicht, sie derart zu schädigen, dass sie im weiteren Verlauf gerissen sei. Auf Veranlassung der Beklagten nahm Dr. K. erneut am 6. September 2005 Stellung. Er widersprach der Ansicht von Dr. B. und ging von einer degenerativen Genese aus. Auch die Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis tauge nicht als Argument für einen Unfallzusammenhang.
Im Arztbrief vom 28. September 2005 berichtete Prof. Dr. W. von der am 15. September 2005 in der BG-Klinik erneut durchgeführten Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit Rekonstruktion des Massendefektes der Rotatorenmanschette. Im Hinblick auf das anhängige Verwaltungsverfahren empfahl er eine Unfallzusammenhangsbegutachtung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch die behauptete Beschwerdefreiheit vor dem Unfallereignis sei kein Indiz für den Unfallzusammenhang, entwickelten sich doch Rotatorenmanschettenveränderungen bis hin zu Defektzonen häufig klinisch stumm. Die Knorpelschäden seien ebenfalls als unfallunabhängig einzustufen. Der Riss der langen Bizepssehne habe keine wesentlichen funktionellen Defizite hinterlassen.
Hiergegen richtete sich die am 10. November 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Der Kläger trug vor, nicht jede degenerative Veränderung mache einen Unfall zur Gelegenheitsursache. Es dürfe nicht auf die generelle Eignung eines Unfallhergangs für eine Schädigung abgestellt werden. Die Beklagte erwiderte, der Unfallhergang sei für eine traumatische Zerreißung der Rotatorenmanschette ungeeignet gewesen. Gegen einen solchen Vorgang spreche auch, dass der Kläger weiter gearbeitet habe. Im Rahmen der Operation vom 8. Oktober 2004 habe sich ein fortgeschrittener Verschleißschaden ergeben. Mit Schreiben vom 24. und 27. März 2006 äußerten sich Dr. B. bzw. Dr. J. als sachverständige Zeugen. Dr. J. teilte mit, der Kläger stehe seit 1993 in unregelmäßiger Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, psychischer Beschwerden und Beschwerden in diversen Gelenken. Ein Unfallzusammenhang hinsichtlich des Bizepssehnenrisses sei unzweifelhaft gegeben. Soweit Dr. B. in seiner Zeugenaussage wiederum einen Unfallzusammenhang annahm, hielt dem die Beklagte entgegen, Dr. B. habe den Kläger nur einmal untersucht. Die von ihm wiedergegebene Behauptung des Klägers, er habe vor dem Unfall nie Beschwerden gehabt, sei unzutreffend, da er im Z. Klinikum über vorbestehende Schmerzen berichtet habe. Ergänzend legte die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. K. vom 21. April 2006 vor. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das unfallchirurgische Gutachten von Dr. M. - mitunterschrieben von Dr. T. (beide Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Sch. Klinikum V.) - vom 16. Februar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 8. Mai 2007 eingeholt. Dr. M. gelangte zu dem Ergebnis, nur der Riss der langen Bizepssehne könne mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 15. September 2004 zurückgeführt werden. Der Unfallmechanismus sei jedoch nicht geeignet gewesen, einen Defekt der Rotatorenmanschette oder eine Knorpelschädigung am Oberarmkopf und der Gelenkpfanne herbeizuführen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die als Unfallfolge anzuerkennende Ruptur der langen Bizepssehne sei mit 10 v. H. einzuschätzen. Soweit Dr. T. in einem Gutachten für eine private Versicherung die Gesundheitsstörungen zu 50 % als unfallabhängig und zu 50 % als unfallunabhängig eingeschätzt habe, lägen dem andere Rechtsbegriffe zugrunde.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2007 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich dabei auf das aus seiner Sicht überzeugende Gutachten von Dr. M ... Dr. B. irre, wenn er davon ausgehe, dass beim Kläger im Schulterbereich keine degenerative Veränderung vorbestanden habe. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Die degenerativen Veränderungen seien die wesentliche Teilursache für die Ruptur der Rotatorenmanschette gewesen. Der Hergang des Unfalls am 15. September 2004 habe hierbei keine (allenfalls eine ganz untergeordnete) Rolle gespielt.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Dezember 2007 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, unstreitig hätten degenerative Veränderungen vorgelegen. Dies sei im Alter von 52 Jahren auch gar nicht anders möglich gewesen. Jedoch sei Dr. M. den Nachweis schuldig geblieben, dass die degenerativen Veränderungen so ausgeprägt gewesen seien, dass es zur Auslösung des Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurft hätte. Des Weiteren sei die Frage, ob ein bestimmtes Unfallereignis sozialmedizinisch als generell geeignet angesehen werde, den Gesundheitsschaden zu bewirken, ohne rechtliche Relevanz. Eine derartig abstrahierende und generalisierende Betrachtung sei dem Sozialrecht wesensfremd. Hier komme es im Gegenteil darauf an, ob der streitige Gesundheitsschaden durch den Arbeitsunfall tatsächlich bewirkt worden sei, dieser also eine conditio sine qua non für den Eintritt des Schadens gebildet habe und dafür wesentlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt sachgerecht gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Dezember 2007 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2005 festzustellen, dass eine "Rotatorenmanschettenruptur rechts" zusätzliche Folge des Arbeitsunfalls vom 15. September 2004 ist sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 17. November 2004 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, das Urteil des SG und die gutachtlichen Äußerungen von Dr. M. seien überzeugend.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Absicht, den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Der Kläger erstrebt unter Abänderung der Entscheidung der Beklagten und Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zum einen die Feststellung einer weiteren Folge des Arbeitsunfalls vom 15. September 2004. Für Letzteres eröffnet § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG den Weg der (direkten) Feststellungsklage. Zum anderen begehrt der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente. Zwar hat er im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 30. Januar 2008 nur einen Antrag auf Gewährung der "sich hieraus ergebenden gesetzlichen Leistungen" gestellt. Bei Zugrundelegung dieses Antrags wäre eine Leistungsklage nicht statthaft, da sie stets auf konkrete Ansprüche auf bestimmte Leistungen gerichtet sein muss. Aus dem im erstinstanzlich gestellten Antrag auf Gewährung einer "Unfallrente" und dem Sachzusammenhang geht jedoch hinreichend deutlich hervor, dass es dem Kläger um die Gewährung einer Verletztenrente geht. Richtige Klageart ist nach sachgerechter Auslegung der gestellten Anträge daher die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (s. hierzu BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, zitiert nach Juris; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl., S. 162-165).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Rotatorenmanschettenruptur kann nicht als weitere Unfallfolge festgestellt werden. Dem Kläger steht keine Verletztenrente zu.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Ansprüche dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die beim Kläger eingetretene Rotatorenmanschettenruptur rechts nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 15. September 2004 zurückgeführt werden kann. Auch der Senat hält das Gutachten von Dr. M. für überzeugend. Der Unfallhergang war demnach nicht geeignet, einen Defekt der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Aus ohnehin nicht genauer bekannten Äußerungen von Dr. T. in einem Gutachten für eine private Versicherung können keine für den Kläger günstigen Schlüsse gezogen werden, da dieses Gutachten - worauf Dr. M. in der ergänzenden Stellungnahme vom 08. Mai 2007 hinwies - nach anderen Kriterien erstellt wurde. Auch der Senat kann sich nicht der Beurteilung von Dr. B. (u.a. Auskunft vom 24. März 2006) anschließen. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen, denen er sich voll inhaltlich anschließt. Ergänzungen sind lediglich im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers angezeigt.
Im Hinblick auf die Argumentation des Klägers, Dr. M. habe degenerative Veränderungen, die von der Beklagten und vom SG schließlich als wesentliche Ursache für die Rotatorenmanschettenruptur angesehen wurden, nicht ausreichend nachgewiesen, ist einzuräumen, dass die Beschreibung solcher Veränderungen in seinem Gutachten, insbesondere bei der Beantwortung der Beweisfragen, nur eine untergeordnete Stellung einnimmt. Insbesondere hat Dr. M. bei Beantwortung der Beweisfrage 2 einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Rotatorenmanschettendefekt allein wegen des ungeeigneten Unfallmechanismus abgelehnt. Allerdings beschreibt er das Funktionsdefizit des rechten Schultergelenks in seiner Antwort zur Frage 5 doch auch als degenerativen Schaden. Degenerative Veränderungen sind in den vorhandenen Unterlagen im Übrigen hinreichend belegt. Das Ergebnis der histologischen Untersuchung des am 8. Oktober 2004 an der Rotatorenmanschette entnommenen Gewebes sprach, wie sich aus dem Arztbrief von Dr. B. vom 12. Oktober 2004 ergibt, für eine degenerative Vorschädigung mit rezidivierten Traumen. Diese Ansicht hat auch Prof. Dr. W. in seinem Arztbrief vom 3. August 2005 geäußert. Der von Dr. B. im Arztbrief vom 11. Mai 2005 beschriebene Humeruskopfhochstand und die ebenfalls beschriebene AC-Gelenkarthrose sprechen nach der unfallmedizinischen Literatur ebenfalls für die wesentliche Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur durch die - vom Kläger im Übrigen nicht bestrittenen - degenerativen Veränderungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 509f.). Die wesentliche Bedeutung der bereits bestandenen Veränderungen kann letztlich sogar aus den Ausführungen von Dr. B. im Nachschaubericht vom 12. August 2005 hergeleitet werden. Zwar bestritt Dr. B. in diesem Bericht ausdrücklich, dass der Unfall eine Gelegenheitsursache für die - im Übrigen erst nach dem Unfallereignis eingetretene - Rotatorenmanschettenruptur gewesen sei. Soweit er aber ausführte, die Rotatorenmanschette sei zum Unfallzeitpunkt so geschwächt gewesen, dass bereits ein geringes Trauma ausgereicht habe, die Sehnen derart zu schwächen, dass sie im nachfolgenden Verlauf rissen, beschrieb er aus Sicht des Senats gerade doch einen Zustand, der an eine Gelegenheitsursache denken lässt. Denn auf die Notwendigkeit einer ihrer Art nach für den Schadenseintritt unersetzlichen äußeren Einwirkung, die nicht durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis ausgetauscht werden könnte (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rn. 9.3.1), kann aus der Formulierung, bereits ein geringes Trauma sei ausreichend für eine Schädigung gewesen, nicht geschlossen werden.
Gegen eine frische, erhebliche traumatische Läsion der Rotatorenmanschette spricht zudem der zeitliche Ablauf der Schmerzsymptomatik. Nach der unfallmedizinischen Literatur haben traumatische Läsionen das Schmerzmaximum in den frühen Tagen und Wochen nach dem Ereignis. In der Regel ist eine sofortige Arbeitsniederlegung und ein baldiger Arztbesuch zu erwarten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 509 und 513). Vorliegend hat der Kläger nach dem Ereignis hingegen seine Arbeit fortgesetzt und ist erst nach ca. zwei Wochen zum Arzt gegangen.
Abschließend ist zu erwähnen, dass der Kläger bei dieser Eingangsuntersuchung, wie aus dem Durchgangsarztbericht von Dr. B. vom 30. September 2004 hervorgeht, angab, schon vor dem Unfall unter rezidivierenden Schmerzen mit Einklemmungserscheinungen beim Heben und Drehen des rechten Arms im rechten Schultergelenk gelitten zu haben. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat veranlasst, an der Richtigkeit der kurzen handschriftlichen Äußerung des behandelnden Hausarztes Dr. J. vom 16. Juni 2005, er habe den Kläger nicht wegen der Schulter behandelt, zu zweifeln. Schließlich hat Dr. J. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 27. März 2006 gegenüber dem SG mitgeteilt, den Kläger seit dem Jahr 1993 u.a. wegen Beschwerden "in diversen Gelenken" behandelt zu haben. Da Dr. J. eine Zusammenhangsbeurteilung in der Zeugenaussage allein auf den Riss der Bizepssehne beschränkte, spricht einiges dafür, dass auch das Schultergelenk zu den schon vor dem Unfall "behandelten Gelenken" gehört hat. Doch selbst wenn dem nicht so wäre, würde dies nichts an der hier getroffenen Entscheidung ändern, da auch eine "leere Anamnese" einen Vorschaden, für den hier ausreichend die dargestellten anderweitigen, individuellen Gesichtspunkte sprechen, nicht ausschließt (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 506).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Rotatorenmanschettenruptur rechts als weitere Arbeitsunfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1952 geborene Kläger ist Montageleiter bei der Firma M. GmbH. Im Rahmen dieser Tätigkeit transportierte er am 15. September 2004 mit einem Kollegen Bitumen-Matten. Als ihm diese Matten aus der Hand rutschten, verspürte er beim plötzlichen Nachfassen mit der rechten Hand einen stechenden Schmerz im rechten Oberarm. Gleichwohl arbeitete er weiter und stellte sich erst am 30. September 2004 dem Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Z. Klinikums B., Dr. B., vor, der im Durchgangsarztbericht vom 30. September 2004 als Erstdiagnose eine Ruptur der langen Bizepssehne rechts angab. Unfall-unabhängig beschrieb er rezidivierende Schmerzen mit Einklemmungserscheinungen beim Heben und Drehen des rechten Armes im rechten Schultergelenk und äußerte den Verdacht auf einen degenerativen Vorschaden der Sehne. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Z. Klinikum erfolgte am 8. Oktober 2004 die Entfernung des Stumpfs der Bizepssehne sowie eine adaptierende Naht eines Rotatorenmanschettendefekts. Dr. B. beschrieb im OP-Bericht vom 9. November 2004 eine Schädigung des Knorpelüberzugs am Humeruskopf im Sinne einer Chondromalazie III. Grades, eine aufgefaserte Lockerung des Labrums, narbige Strukturen an den oberen Gelenkanteilen sowie eine Ausdünnung der Rotatorenmanschette. Im Arztbrief vom 12. Oktober 2004 führte Prof. Dr. B. (Kreiskliniken R., Pathologisches Institut) aus, histologisch habe das bei der Operation entnommene Gewebe der Rotatorenmanschette einen diskret degenerativ veränderten Gelenkknorpel ohne nennenswerte entzündliche Veränderungen aufgewiesen. Das histologische Bild spreche für eine degenerative Vorschädigung mit rezidivierten Traumen. Die Beklagte holte die fachärztliche Stellungnahme des beratenden Arztes der Berufsgenossenschaft Dr. K. vom 17. März 2005 ein. Dieser ging aufgrund des Unfallhergangs hinsichtlich des Risses der langen Bizepssehne von einem Unfallzusammenhang aus. Das Unfallgeschehen sei jedoch nicht geeignet gewesen, die Strukturen an der rechten Schulter unter Stress zu setzen. Die Ruptur der Rotatorenmanschette und die umschriebenen Knorpelschäden seien als unfallunabhängig einzustufen.
Mit Bescheid vom 31. März 2005 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 15. September 2004 als Arbeitsunfall und als Unfallfolgen einen Zustand nach operativ versorgtem Riss der langen Bizepssehne rechts. Arbeitsunfähigkeit habe bis 16. November 2004 bestanden. Ein Anspruch auf eine Rente bestehe nicht. Der ebenfalls festgestellte und operativ versorgte Riss der rechten Rotatorenmanschette sowie die Knorpelschäden an der rechten Gelenkpfanne des Schulterblattes seien nicht durch den Arbeitsunfall entstanden; sie beruhten auf degenerativen Veränderungen.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 27. April 2005. Seine Erwerbsfähigkeit sei um mehr als 20 vom Hundert (v. H.) gemindert. Er habe noch erhebliche Probleme und Schmerzen. Diese hätten vor dem Unfall nicht bestanden. An der linken Schulter habe er schließlich keine Probleme.
Bei der am 9. Mai 2005 durchgeführten Magnetresonanztomografie (MRT) der rechten Schulter und des rechten Oberarms wurde u. a. ein Rotatorenmanschettendefekt nachgewiesen (Arztbrief von Prof. Dr. B. - Z. Klinikum - vom 11. Mai 2005, Zwischenbericht von Dr. B. vom 19. Mai 2005). Deswegen wurde am 2. Juni 2000 im Z. Klinikum eine Arthroskopie der rechten Schulter durchgeführt, bei der die Rotatorenmanschette jedoch nicht rekonstruiert werden konnte (Operationsbericht von Dr. S.).
Im Befundbericht vom 16. Juni 2005 teilte der behandelnde Hausarzt Dr. J. mit, der Kläger sei bei ihm früher nicht wegen der Schulter in Behandlung gestanden. Nachfolgend stellte sich der Kläger wegen einer weiteren Behandlung bei Prof. Dr. W. in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (nachfolgend BG-Klinik) vor (Zwischenberichte von Prof. Dr. W. vom 24. Juni und 11. Juli 2005). Im Arztbrief vom 3. August 2005 führte Prof. Dr. W. aus, das histologische Bild spreche für eine degenerative Veränderung der Rotatorenmanschette mit rezidivierten Traumen.
Am 12. August 2005 fand eine Untersuchung des Klägers durch den Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. B. statt. Im Nachschaubericht vom gleichen Tag gab Dr. B. an, die Rotatorenmanschette sei nunmehr trotz der Schonung seit dem Unfall vom 15. September 2004 komplett durchgerissen. Dies sei absolut ungewöhnlich und spreche für ein Trauma mit sukzessiver Ruptur. Die Sehne sei zum Unfallzeitpunkt geschwächt gewesen. Bereits ein geringes Trauma habe ausgereicht, sie derart zu schädigen, dass sie im weiteren Verlauf gerissen sei. Auf Veranlassung der Beklagten nahm Dr. K. erneut am 6. September 2005 Stellung. Er widersprach der Ansicht von Dr. B. und ging von einer degenerativen Genese aus. Auch die Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis tauge nicht als Argument für einen Unfallzusammenhang.
Im Arztbrief vom 28. September 2005 berichtete Prof. Dr. W. von der am 15. September 2005 in der BG-Klinik erneut durchgeführten Arthroskopie des rechten Schultergelenks mit Rekonstruktion des Massendefektes der Rotatorenmanschette. Im Hinblick auf das anhängige Verwaltungsverfahren empfahl er eine Unfallzusammenhangsbegutachtung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch die behauptete Beschwerdefreiheit vor dem Unfallereignis sei kein Indiz für den Unfallzusammenhang, entwickelten sich doch Rotatorenmanschettenveränderungen bis hin zu Defektzonen häufig klinisch stumm. Die Knorpelschäden seien ebenfalls als unfallunabhängig einzustufen. Der Riss der langen Bizepssehne habe keine wesentlichen funktionellen Defizite hinterlassen.
Hiergegen richtete sich die am 10. November 2005 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobene Klage. Der Kläger trug vor, nicht jede degenerative Veränderung mache einen Unfall zur Gelegenheitsursache. Es dürfe nicht auf die generelle Eignung eines Unfallhergangs für eine Schädigung abgestellt werden. Die Beklagte erwiderte, der Unfallhergang sei für eine traumatische Zerreißung der Rotatorenmanschette ungeeignet gewesen. Gegen einen solchen Vorgang spreche auch, dass der Kläger weiter gearbeitet habe. Im Rahmen der Operation vom 8. Oktober 2004 habe sich ein fortgeschrittener Verschleißschaden ergeben. Mit Schreiben vom 24. und 27. März 2006 äußerten sich Dr. B. bzw. Dr. J. als sachverständige Zeugen. Dr. J. teilte mit, der Kläger stehe seit 1993 in unregelmäßiger Behandlung wegen Wirbelsäulenbeschwerden, psychischer Beschwerden und Beschwerden in diversen Gelenken. Ein Unfallzusammenhang hinsichtlich des Bizepssehnenrisses sei unzweifelhaft gegeben. Soweit Dr. B. in seiner Zeugenaussage wiederum einen Unfallzusammenhang annahm, hielt dem die Beklagte entgegen, Dr. B. habe den Kläger nur einmal untersucht. Die von ihm wiedergegebene Behauptung des Klägers, er habe vor dem Unfall nie Beschwerden gehabt, sei unzutreffend, da er im Z. Klinikum über vorbestehende Schmerzen berichtet habe. Ergänzend legte die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr. K. vom 21. April 2006 vor. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG das unfallchirurgische Gutachten von Dr. M. - mitunterschrieben von Dr. T. (beide Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Sch. Klinikum V.) - vom 16. Februar 2007 nebst ergänzender Stellungnahme vom 8. Mai 2007 eingeholt. Dr. M. gelangte zu dem Ergebnis, nur der Riss der langen Bizepssehne könne mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 15. September 2004 zurückgeführt werden. Der Unfallmechanismus sei jedoch nicht geeignet gewesen, einen Defekt der Rotatorenmanschette oder eine Knorpelschädigung am Oberarmkopf und der Gelenkpfanne herbeizuführen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für die als Unfallfolge anzuerkennende Ruptur der langen Bizepssehne sei mit 10 v. H. einzuschätzen. Soweit Dr. T. in einem Gutachten für eine private Versicherung die Gesundheitsstörungen zu 50 % als unfallabhängig und zu 50 % als unfallunabhängig eingeschätzt habe, lägen dem andere Rechtsbegriffe zugrunde.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2007 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich dabei auf das aus seiner Sicht überzeugende Gutachten von Dr. M ... Dr. B. irre, wenn er davon ausgehe, dass beim Kläger im Schulterbereich keine degenerative Veränderung vorbestanden habe. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Die degenerativen Veränderungen seien die wesentliche Teilursache für die Ruptur der Rotatorenmanschette gewesen. Der Hergang des Unfalls am 15. September 2004 habe hierbei keine (allenfalls eine ganz untergeordnete) Rolle gespielt.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 13. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Dezember 2007 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, unstreitig hätten degenerative Veränderungen vorgelegen. Dies sei im Alter von 52 Jahren auch gar nicht anders möglich gewesen. Jedoch sei Dr. M. den Nachweis schuldig geblieben, dass die degenerativen Veränderungen so ausgeprägt gewesen seien, dass es zur Auslösung des Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurft hätte. Des Weiteren sei die Frage, ob ein bestimmtes Unfallereignis sozialmedizinisch als generell geeignet angesehen werde, den Gesundheitsschaden zu bewirken, ohne rechtliche Relevanz. Eine derartig abstrahierende und generalisierende Betrachtung sei dem Sozialrecht wesensfremd. Hier komme es im Gegenteil darauf an, ob der streitige Gesundheitsschaden durch den Arbeitsunfall tatsächlich bewirkt worden sei, dieser also eine conditio sine qua non für den Eintritt des Schadens gebildet habe und dafür wesentlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt sachgerecht gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 6. Dezember 2007 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 31. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2005 festzustellen, dass eine "Rotatorenmanschettenruptur rechts" zusätzliche Folge des Arbeitsunfalls vom 15. September 2004 ist sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 17. November 2004 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, das Urteil des SG und die gutachtlichen Äußerungen von Dr. M. seien überzeugend.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Absicht, den Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zu entscheiden, hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Der Kläger erstrebt unter Abänderung der Entscheidung der Beklagten und Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zum einen die Feststellung einer weiteren Folge des Arbeitsunfalls vom 15. September 2004. Für Letzteres eröffnet § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG den Weg der (direkten) Feststellungsklage. Zum anderen begehrt der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente. Zwar hat er im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 30. Januar 2008 nur einen Antrag auf Gewährung der "sich hieraus ergebenden gesetzlichen Leistungen" gestellt. Bei Zugrundelegung dieses Antrags wäre eine Leistungsklage nicht statthaft, da sie stets auf konkrete Ansprüche auf bestimmte Leistungen gerichtet sein muss. Aus dem im erstinstanzlich gestellten Antrag auf Gewährung einer "Unfallrente" und dem Sachzusammenhang geht jedoch hinreichend deutlich hervor, dass es dem Kläger um die Gewährung einer Verletztenrente geht. Richtige Klageart ist nach sachgerechter Auslegung der gestellten Anträge daher die kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG (s. hierzu BSG, Urteil vom 15. Februar 2005, B 2 U 1/04 R, zitiert nach Juris; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl., S. 162-165).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 31. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Oktober 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Rotatorenmanschettenruptur kann nicht als weitere Unfallfolge festgestellt werden. Dem Kläger steht keine Verletztenrente zu.
Das SG hat in dem angefochtenen Urteil die rechtlichen Grundlagen der geltend gemachten Ansprüche dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die beim Kläger eingetretene Rotatorenmanschettenruptur rechts nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 15. September 2004 zurückgeführt werden kann. Auch der Senat hält das Gutachten von Dr. M. für überzeugend. Der Unfallhergang war demnach nicht geeignet, einen Defekt der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Aus ohnehin nicht genauer bekannten Äußerungen von Dr. T. in einem Gutachten für eine private Versicherung können keine für den Kläger günstigen Schlüsse gezogen werden, da dieses Gutachten - worauf Dr. M. in der ergänzenden Stellungnahme vom 08. Mai 2007 hinwies - nach anderen Kriterien erstellt wurde. Auch der Senat kann sich nicht der Beurteilung von Dr. B. (u.a. Auskunft vom 24. März 2006) anschließen. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen, denen er sich voll inhaltlich anschließt. Ergänzungen sind lediglich im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers angezeigt.
Im Hinblick auf die Argumentation des Klägers, Dr. M. habe degenerative Veränderungen, die von der Beklagten und vom SG schließlich als wesentliche Ursache für die Rotatorenmanschettenruptur angesehen wurden, nicht ausreichend nachgewiesen, ist einzuräumen, dass die Beschreibung solcher Veränderungen in seinem Gutachten, insbesondere bei der Beantwortung der Beweisfragen, nur eine untergeordnete Stellung einnimmt. Insbesondere hat Dr. M. bei Beantwortung der Beweisfrage 2 einen Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Rotatorenmanschettendefekt allein wegen des ungeeigneten Unfallmechanismus abgelehnt. Allerdings beschreibt er das Funktionsdefizit des rechten Schultergelenks in seiner Antwort zur Frage 5 doch auch als degenerativen Schaden. Degenerative Veränderungen sind in den vorhandenen Unterlagen im Übrigen hinreichend belegt. Das Ergebnis der histologischen Untersuchung des am 8. Oktober 2004 an der Rotatorenmanschette entnommenen Gewebes sprach, wie sich aus dem Arztbrief von Dr. B. vom 12. Oktober 2004 ergibt, für eine degenerative Vorschädigung mit rezidivierten Traumen. Diese Ansicht hat auch Prof. Dr. W. in seinem Arztbrief vom 3. August 2005 geäußert. Der von Dr. B. im Arztbrief vom 11. Mai 2005 beschriebene Humeruskopfhochstand und die ebenfalls beschriebene AC-Gelenkarthrose sprechen nach der unfallmedizinischen Literatur ebenfalls für die wesentliche Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur durch die - vom Kläger im Übrigen nicht bestrittenen - degenerativen Veränderungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 509f.). Die wesentliche Bedeutung der bereits bestandenen Veränderungen kann letztlich sogar aus den Ausführungen von Dr. B. im Nachschaubericht vom 12. August 2005 hergeleitet werden. Zwar bestritt Dr. B. in diesem Bericht ausdrücklich, dass der Unfall eine Gelegenheitsursache für die - im Übrigen erst nach dem Unfallereignis eingetretene - Rotatorenmanschettenruptur gewesen sei. Soweit er aber ausführte, die Rotatorenmanschette sei zum Unfallzeitpunkt so geschwächt gewesen, dass bereits ein geringes Trauma ausgereicht habe, die Sehnen derart zu schwächen, dass sie im nachfolgenden Verlauf rissen, beschrieb er aus Sicht des Senats gerade doch einen Zustand, der an eine Gelegenheitsursache denken lässt. Denn auf die Notwendigkeit einer ihrer Art nach für den Schadenseintritt unersetzlichen äußeren Einwirkung, die nicht durch ein alltäglich vorkommendes Ereignis ausgetauscht werden könnte (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rn. 9.3.1), kann aus der Formulierung, bereits ein geringes Trauma sei ausreichend für eine Schädigung gewesen, nicht geschlossen werden.
Gegen eine frische, erhebliche traumatische Läsion der Rotatorenmanschette spricht zudem der zeitliche Ablauf der Schmerzsymptomatik. Nach der unfallmedizinischen Literatur haben traumatische Läsionen das Schmerzmaximum in den frühen Tagen und Wochen nach dem Ereignis. In der Regel ist eine sofortige Arbeitsniederlegung und ein baldiger Arztbesuch zu erwarten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 509 und 513). Vorliegend hat der Kläger nach dem Ereignis hingegen seine Arbeit fortgesetzt und ist erst nach ca. zwei Wochen zum Arzt gegangen.
Abschließend ist zu erwähnen, dass der Kläger bei dieser Eingangsuntersuchung, wie aus dem Durchgangsarztbericht von Dr. B. vom 30. September 2004 hervorgeht, angab, schon vor dem Unfall unter rezidivierenden Schmerzen mit Einklemmungserscheinungen beim Heben und Drehen des rechten Arms im rechten Schultergelenk gelitten zu haben. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Senat veranlasst, an der Richtigkeit der kurzen handschriftlichen Äußerung des behandelnden Hausarztes Dr. J. vom 16. Juni 2005, er habe den Kläger nicht wegen der Schulter behandelt, zu zweifeln. Schließlich hat Dr. J. in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 27. März 2006 gegenüber dem SG mitgeteilt, den Kläger seit dem Jahr 1993 u.a. wegen Beschwerden "in diversen Gelenken" behandelt zu haben. Da Dr. J. eine Zusammenhangsbeurteilung in der Zeugenaussage allein auf den Riss der Bizepssehne beschränkte, spricht einiges dafür, dass auch das Schultergelenk zu den schon vor dem Unfall "behandelten Gelenken" gehört hat. Doch selbst wenn dem nicht so wäre, würde dies nichts an der hier getroffenen Entscheidung ändern, da auch eine "leere Anamnese" einen Vorschaden, für den hier ausreichend die dargestellten anderweitigen, individuellen Gesichtspunkte sprechen, nicht ausschließt (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 506).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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