Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 SF 709/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 134/07 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Was ein Befundschein ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben an den behandelnden Arzt (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2000v – Az.: B 9 SB 8/98 R).
2. Ob eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG vorliegt, hängt nicht von dem Umfang der schriftlichen Ausführungen ab (so SG Augsburg, Urteil vom 21. Januar 1993 – Az.: S 10 Vs 469/92, S 10 Vs 507/92), sondern von dem Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen Arbeit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 – Az.: L 10 SB 50/00), sofern sie durch die gerichtliche Aufforderung gedeckt ist.
2. Ob eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG vorliegt, hängt nicht von dem Umfang der schriftlichen Ausführungen ab (so SG Augsburg, Urteil vom 21. Januar 1993 – Az.: S 10 Vs 469/92, S 10 Vs 507/92), sondern von dem Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen Arbeit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 – Az.: L 10 SB 50/00), sofern sie durch die gerichtliche Aufforderung gedeckt ist.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. März 2007 wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
In dem Klageverfahren D. M .../. Landesversicherungsanstalt Thüringen (Az.: S 17 RJ 3169/04) forderte der Vorsitzende der 17. Kammer des Sozialgerichts Altenburg den Beschwerdegegner auf, einen Befundschein ("Befundbericht") über den Kläger unter Benutzung des beigefügten Formulars zu erstellen. Dieses enthält insgesamt 8 Fragen (erste und letzte Untersuchung, erhobene Befunde, Diagnosen, klinische Behandlungen oder Untersuchungen, Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, Verschlechterung/Verbesserung der erhobenen Befunde, Hinzukommen/Wegfall von Leiden, Zeitpunkt der Veränderung im Gesundheitszustand, Ort der Anforderung weiterer Unterlagen). Das ausgefüllte Formular und eine Rechnung über 75,00 Euro gingen am 28. Februar 2005 beim Sozialgericht ein.
Mit Verfügung vom 9. März 2005 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Entschädigung auf 24,94 Euro und führte aus, ein höherer Betrag als 21,00 Euro (nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG) für den Bericht könnte weder mit einer besonderen Schwierigkeiten bei der Ausstellung noch mit der Ausführlichkeit gerechtfertigt werden.
Unter dem 15. März 2005 hat der Beschwerdegegner die richterliche Festsetzung beantragt und vorgetragen, er habe für die Fertigung des Berichts seine Alt- und aktuelle Kartei, verschiedene Arztbriefe und EDV-Aufzeichnungen sichten müssen und hierfür einen Zeitaufwand von mehr als 45 Minuten benötigt. Für einen hochqualifizierten Akademiker sei ein Stundenlohn von ca. 21,00 Euro unangemessen. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die Entschädigung auf 24,94 Euro festzusetzen und sich zur Begründung auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezogen.
Mit Beschluss vom 5. Juli 2007 hat das Sozialgericht die Entschädigung für den Befundbericht auf 36,94 Euro festgesetzt und ausgeführt, der Beschwerdegegner sei sachverständiger Zeuge, für den § 10 JVEG gelte. Es handle es sich um eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Dies richte sich nicht in erster Linie nach der Seitenzahl, sondern nach dem Ausmaß der aus dem Berichtsinhalt zu schließenden Arbeit. Hier sei zu erkennen, dass der Beschwerdegegner die wesentlichen Gesichtspunkte aus einem fast 20-jährigen Behandlungszeitraum zusammengefasst habe. Die Entschädigung sei auf 33,00 Euro festzusetzen; eine noch höhere Entschädigung setze eine im Vergleich der Befundscheine der Nr. 201 überdurchschnittliche Leistung voraus, die hier nicht vorliege. Eine gutachterliche Äußerung nach den Nrn. 202/203, also eine Schlussfolgerung oder Wertung, die unter Berücksichtigung des vorhandenen Materials zu neuen Erkenntnissen führe (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1999 – Az.: L 6 SF 266/99), beinhalte der Befundbericht nicht.
Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer unter dem 15. Mai 2007 die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf seinen Antrag vor dem Sozialgericht und die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezogen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. März 2007 aufzuheben und die Entschädigung für den Befundschein vom 24. Februar 2005 auf 24,94 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 24. Mai 2007) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Der Senatsvorsitzende hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. Februar 2008 dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.
II.
Die nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz – JVEG -) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Für den sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt: Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung 21,00 Euro Nr. 201 Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich bis zu 44,00 Euro Nr. 202 Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund be- schränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 Euro Nr. 203 Leistung der in Nr. 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich bis zu 75,00 Euro.
Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz zu Recht für den erstellten Befundschein nach Nr. 201 33,00 Euro angesetzt.
Der Beschwerdegegner ist sachverständiger Zeuge (§ 414 der Zivilprozessordnung (ZPO)), denn er berichtete als behandelnder Facharzt für Allgemeinmedizin über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 – Az.: 9a RV 25/90, nach juris; Senatsbeschluss vom 30. November 2005 – Az.: L 6 SF 738/05; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 118 Rdnr. 10c).
Was ein Befundschein (oder Befundbericht) ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben an den behandelnden Arzt (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2000 – Az.: B 9 SB 8/98 R, nach juris; Keller in jurisPR-SozR 30/2005 Anm. 6), das ggf. aus seiner Sicht nach § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen ist. Üblicherweise sollen – wie auch hier - in einem Formblatt standardisierte Fragen zur erhobenen Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen beantwortet werden.
Nach der Gesetzesbegründung stimmt die Anlage 2 inhaltlich im Wesentlichen mit der Anlage zu § 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) überein (BT-Drucksache 15/1971 S. 186). Insofern kann die Rechtsprechung zu dieser Vorschrift zur Auslegung herangezogen werden.
Im vorliegenden Fall hatte das Sozialgericht von dem Beschwerdegegner keine gutachterliche Stellungnahme angefordert und er hat sie auch nicht gefertigt. Damit schied eine Entschädigung nach den Nrn. 202, 203 in der begehrten Höhe (75,00 Euro) aus. Er hat sich auf die Wiedergabe festgestellter Befunde, Bericht über die stattgefundenen Behandlungen, Mitteilung der Zeiten der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit und Bericht über eine Verschlechterung des Leistungsvermögens beschränkt. Eine gutachterliche Äußerung im Sinne der Nrn. 202, 203 hätte eine Schlussfolgerung oder Wertung über die Ursachen und/oder Auswirkungen der festgestellten Befunde oder den Umfang des Leistungsvermögens vorausgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1999, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Juni 1997 – Az.: L-2/S-10/96). Rechtlich bedeutungslos sind angesichts des Wortlauts der Anlage 2 die Ausführungen des Beschwerdeführers über seine Qualifikation und den vermeintlich "unangemessenen Stundenlohn".
Der Senat stimmt der Vorinstanz zu, dass der Befundschein nach Nr. 201 zu honorieren ist. Eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung kann naturgemäß nur selten vorliegen. Ob sie vorliegt, hängt nicht in erster Linie von dem Umfang der schriftlichen Ausführungen, also von der Zeilenzahl ab (so wohl SG Augsburg, Urteil vom 21. Januar 1993 – Az.: S 10 Vs 469/92, S 10 Vs 507/92 in Breithaupt 1993, 435, 437 f.). Relevant ist vielmehr das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen Arbeit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 – Az.: L 10 SB 50/00, nach juris), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Allein die Anzahl der Zeilen ist grundsätzlich wenig aussagekräftig und kann allenfalls als Indiz berücksichtigt werden. Weder eine hohe Zeilenzahl ist aussagekräftig (z.B. bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) noch eine geringe (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001, a.a.O.: sie kann auch auf einer straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdegegner seine Karteien über die Behandlung seit 1985 gesichtet und die relevanten Informationen herausgesucht. Unerheblich ist, dass der Aufwand bei einer 2004 beantragten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erforderlich war. Auf Einschränkungen hat das Sozialgericht den Beschwerdegegner nicht hingewiesen; insofern konnte er die Anforderung des Sozialgerichts durchaus wie vorliegend verstehen.
Soweit die Vorinstanz die Entschädigung auf 33,00 Euro festgestellt hat, sieht der Senat hiergegen keine Bedenken. Sie hat hierzu ausgeführt, eine noch höhere Entschädigung setze voraus, dass der erkennbare Arbeitsaufwand auch beim Vergleichsmaßstab aller außergewöhnlich umfangreichen Leistungen als überdurchschnittlich bewertet werden müsse; das sei hier aber nicht der Fall. Dem ist nichts hinzuzufügen. Gründe gegen diese Festsetzung haben die Beteiligten nicht vorgetragen.
Zusätzlich zu erstatten sind die Portokosten (§ 12 Abs. 1 JVEG) und die Ablichtungen (§ 7 Abs. 2 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
In dem Klageverfahren D. M .../. Landesversicherungsanstalt Thüringen (Az.: S 17 RJ 3169/04) forderte der Vorsitzende der 17. Kammer des Sozialgerichts Altenburg den Beschwerdegegner auf, einen Befundschein ("Befundbericht") über den Kläger unter Benutzung des beigefügten Formulars zu erstellen. Dieses enthält insgesamt 8 Fragen (erste und letzte Untersuchung, erhobene Befunde, Diagnosen, klinische Behandlungen oder Untersuchungen, Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit, Verschlechterung/Verbesserung der erhobenen Befunde, Hinzukommen/Wegfall von Leiden, Zeitpunkt der Veränderung im Gesundheitszustand, Ort der Anforderung weiterer Unterlagen). Das ausgefüllte Formular und eine Rechnung über 75,00 Euro gingen am 28. Februar 2005 beim Sozialgericht ein.
Mit Verfügung vom 9. März 2005 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Entschädigung auf 24,94 Euro und führte aus, ein höherer Betrag als 21,00 Euro (nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG) für den Bericht könnte weder mit einer besonderen Schwierigkeiten bei der Ausstellung noch mit der Ausführlichkeit gerechtfertigt werden.
Unter dem 15. März 2005 hat der Beschwerdegegner die richterliche Festsetzung beantragt und vorgetragen, er habe für die Fertigung des Berichts seine Alt- und aktuelle Kartei, verschiedene Arztbriefe und EDV-Aufzeichnungen sichten müssen und hierfür einen Zeitaufwand von mehr als 45 Minuten benötigt. Für einen hochqualifizierten Akademiker sei ein Stundenlohn von ca. 21,00 Euro unangemessen. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die Entschädigung auf 24,94 Euro festzusetzen und sich zur Begründung auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezogen.
Mit Beschluss vom 5. Juli 2007 hat das Sozialgericht die Entschädigung für den Befundbericht auf 36,94 Euro festgesetzt und ausgeführt, der Beschwerdegegner sei sachverständiger Zeuge, für den § 10 JVEG gelte. Es handle es sich um eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG. Dies richte sich nicht in erster Linie nach der Seitenzahl, sondern nach dem Ausmaß der aus dem Berichtsinhalt zu schließenden Arbeit. Hier sei zu erkennen, dass der Beschwerdegegner die wesentlichen Gesichtspunkte aus einem fast 20-jährigen Behandlungszeitraum zusammengefasst habe. Die Entschädigung sei auf 33,00 Euro festzusetzen; eine noch höhere Entschädigung setze eine im Vergleich der Befundscheine der Nr. 201 überdurchschnittliche Leistung voraus, die hier nicht vorliege. Eine gutachterliche Äußerung nach den Nrn. 202/203, also eine Schlussfolgerung oder Wertung, die unter Berücksichtigung des vorhandenen Materials zu neuen Erkenntnissen führe (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1999 – Az.: L 6 SF 266/99), beinhalte der Befundbericht nicht.
Gegen den Beschluss hat der Beschwerdeführer unter dem 15. Mai 2007 die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf seinen Antrag vor dem Sozialgericht und die Ausführungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bezogen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 5. März 2007 aufzuheben und die Entschädigung für den Befundschein vom 24. Februar 2005 auf 24,94 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 24. Mai 2007) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt. Der Senatsvorsitzende hat das Verfahren mit Beschluss vom 25. Februar 2008 dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen.
II.
Die nach § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz – JVEG -) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Für den sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt: Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung 21,00 Euro Nr. 201 Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich bis zu 44,00 Euro Nr. 202 Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund be- schränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 Euro Nr. 203 Leistung der in Nr. 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich bis zu 75,00 Euro.
Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz zu Recht für den erstellten Befundschein nach Nr. 201 33,00 Euro angesetzt.
Der Beschwerdegegner ist sachverständiger Zeuge (§ 414 der Zivilprozessordnung (ZPO)), denn er berichtete als behandelnder Facharzt für Allgemeinmedizin über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1991 – Az.: 9a RV 25/90, nach juris; Senatsbeschluss vom 30. November 2005 – Az.: L 6 SF 738/05; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 118 Rdnr. 10c).
Was ein Befundschein (oder Befundbericht) ist, ergibt sich mangels gesetzlicher Definition aus dem Anforderungsschreiben an den behandelnden Arzt (vgl. BSG, Urteil vom 9. Februar 2000 – Az.: B 9 SB 8/98 R, nach juris; Keller in jurisPR-SozR 30/2005 Anm. 6), das ggf. aus seiner Sicht nach § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszulegen ist. Üblicherweise sollen – wie auch hier - in einem Formblatt standardisierte Fragen zur erhobenen Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen beantwortet werden.
Nach der Gesetzesbegründung stimmt die Anlage 2 inhaltlich im Wesentlichen mit der Anlage zu § 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) überein (BT-Drucksache 15/1971 S. 186). Insofern kann die Rechtsprechung zu dieser Vorschrift zur Auslegung herangezogen werden.
Im vorliegenden Fall hatte das Sozialgericht von dem Beschwerdegegner keine gutachterliche Stellungnahme angefordert und er hat sie auch nicht gefertigt. Damit schied eine Entschädigung nach den Nrn. 202, 203 in der begehrten Höhe (75,00 Euro) aus. Er hat sich auf die Wiedergabe festgestellter Befunde, Bericht über die stattgefundenen Behandlungen, Mitteilung der Zeiten der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit und Bericht über eine Verschlechterung des Leistungsvermögens beschränkt. Eine gutachterliche Äußerung im Sinne der Nrn. 202, 203 hätte eine Schlussfolgerung oder Wertung über die Ursachen und/oder Auswirkungen der festgestellten Befunde oder den Umfang des Leistungsvermögens vorausgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 1999, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Juni 1997 – Az.: L-2/S-10/96). Rechtlich bedeutungslos sind angesichts des Wortlauts der Anlage 2 die Ausführungen des Beschwerdeführers über seine Qualifikation und den vermeintlich "unangemessenen Stundenlohn".
Der Senat stimmt der Vorinstanz zu, dass der Befundschein nach Nr. 201 zu honorieren ist. Eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung kann naturgemäß nur selten vorliegen. Ob sie vorliegt, hängt nicht in erster Linie von dem Umfang der schriftlichen Ausführungen, also von der Zeilenzahl ab (so wohl SG Augsburg, Urteil vom 21. Januar 1993 – Az.: S 10 Vs 469/92, S 10 Vs 507/92 in Breithaupt 1993, 435, 437 f.). Relevant ist vielmehr das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen Arbeit (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001 – Az.: L 10 SB 50/00, nach juris), sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Allein die Anzahl der Zeilen ist grundsätzlich wenig aussagekräftig und kann allenfalls als Indiz berücksichtigt werden. Weder eine hohe Zeilenzahl ist aussagekräftig (z.B. bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) noch eine geringe (so zu Recht LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Februar 2001, a.a.O.: sie kann auch auf einer straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdegegner seine Karteien über die Behandlung seit 1985 gesichtet und die relevanten Informationen herausgesucht. Unerheblich ist, dass der Aufwand bei einer 2004 beantragten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erforderlich war. Auf Einschränkungen hat das Sozialgericht den Beschwerdegegner nicht hingewiesen; insofern konnte er die Anforderung des Sozialgerichts durchaus wie vorliegend verstehen.
Soweit die Vorinstanz die Entschädigung auf 33,00 Euro festgestellt hat, sieht der Senat hiergegen keine Bedenken. Sie hat hierzu ausgeführt, eine noch höhere Entschädigung setze voraus, dass der erkennbare Arbeitsaufwand auch beim Vergleichsmaßstab aller außergewöhnlich umfangreichen Leistungen als überdurchschnittlich bewertet werden müsse; das sei hier aber nicht der Fall. Dem ist nichts hinzuzufügen. Gründe gegen diese Festsetzung haben die Beteiligten nicht vorgetragen.
Zusätzlich zu erstatten sind die Portokosten (§ 12 Abs. 1 JVEG) und die Ablichtungen (§ 7 Abs. 2 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
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