Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1001/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2213/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.04.2007 hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgehoben. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilungen zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1951 geborene Kläger war nach Abbruch seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser im Wesentlichen als Kraftfahrer tätig. Seit November 2001 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Im Jahre 1999 befand sich der Kläger im Wesentlichen wegen eines chronischen Müdigkeitssyndroms sowie Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden zu einer vierwöchigen stationären Heilbehandlung in der der Rehaklinik Klausenbach in Nordrach. Nach Ausschluss eines behandlungsbedürftigen obstruktiven Schlafapnoesyndroms und einer Hypothyreose als Grund für das Müdigkeitssyndrom wurde der Kläger bei deutlich gebesserter Müdigkeitsymptomatik sowie Besserung der Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit dem Verdacht auf eine Fibromyalgiesyndrom als arbeitsfähig entlassen. Zu beachten seien verschiedene, durch das Müdigkeitssyndrom sowie die genannten Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden bedingte Leistungseinschränkungen.
Nach Bandscheibenvorfall und am 14.01.2002 erfolgter Versteifungsoperation in den Halswirbelsäulesegmenten C 5/C 6 und C 6/C 7 wurde der Kläger vom 28.05.2002 bis zum 02.07.2002 erneut in der Rehaklinik Klausenbach behandelt. Im Vordergrund standen durch den Bandscheibenvorfall bedingte Paresen sowie Thorakal- und Lumbalbeschwerden. Die Entlassung erfolgte als für die bisherige Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer arbeitsunfähig. Im Anschluss an eine weitere stabilisierende Behandlung seien dem Kläger voraussichtlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit genauer bezeichnenden qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr zumutbar.
In einen am 20.02.2003 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) erstellten Gutachten heißt es, der Kläger sei angesichts der nach der Versteifungsoperation bestehenden erheblichen Funktionseinschränkungen im HWS-Bereich, eines LWS-Syndroms sowie einer aktivierten Arthrose im Grundgelenk des rechten Mittelfinger in seinem Leistungsvermögen extrem eingeschränkt. Möglich sei die vollschichtige Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten mit häufig wechselnder Position ohne regelmäßiges Bücken oder sonstige wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen, ohne Kälte- und Nässebelastung, ohne schweres Heben, Überkopfarbeit und Drehbewegungen des Kopfes. Die Anforderungen an den Straßenverkehr seien nicht erfüllt.
Am 05.08.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. G. sowie ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr. B. ein. Dr. G. diagnostizierte eine ausgeprägte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Versteifungsoperation, einen postoperativen Spannungskopfschmerz, eine posttraumatische Grundgelenksarthrose D3 rechts, zur Zeit durch Handrückenschürfung/Entzündung aktiviert, ein chronisch rezidivierendes Brustwirbelsäulensyndrom ohne Funktionseinschränkung bei geklagter Bewegungs-/Belastungsschmerzhaftigkeit bei röntgenologisch deutlich degenerativen Veränderungen, Klagen über rezidivierende Kreislaufschwankungen mit rezidivierenden Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen, ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Varicosis beidseits sowie eine gemischte Hyperlipidämie. Zumutbar seien leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, idealerweise in bedarfsgerechtem Wechsel ohne Einschränkung Arbeitsorganisation in Vollschicht (sechs Stunden und mehr). Ausgeschlossen seien mittelschwere Hebe- und Tagebelastungen, häufiges Bücken, häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ständige Überkopfarbeit und Arbeiten mit ständig kraftvollem Einsatz beider Hände. Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung des Konzentrations- und Reaktionsvermögens sollten dem Kläger nicht mehr abverlangt werden. Die Diagnosen und die Leistungsbeurteilung von Dr. B. entsprechen im Wesentlichen den Ausführungen von Dr. G ... Ergänzend heißt es, beim Kläger liege ein tendenziöses Krankheitsverhalten im Kontext mit Versorgungswünschen vor.
Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 18.11.2004 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2005 zurück. Zwar könne der Kläger seinen zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben. Indes sei er noch in der Lage, sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten und könne er auf eine Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.
Am 07.04.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben und sein Rentenbegehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Neurochirurg Dr. M. hat berichtet, der Kläger leide an einem cervicalem Bandscheibenschaden, einem Zustand nach Versteifungsoperation, einer cervicalen Myeolopathie, beidseitigen Brachialgien sowie einer Fingerpolyarthrose. Darüber hinaus bestehe ein HWS-, BWS- und LWS-Schmerzsyndrom. Auch das Verrichten leichter körperlicher Arbeiten sei ihm nicht mehr möglich. Seit der Versteifungsoperation komme es zu einer schleichenden Verschlechterung. Zudem nähmen die Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule in letzter Zeit deutlich zu und komme es auch im Bereich der Brustwirbelsäule gelegentlich zu Schmerzen. Das Führen eines Fahrzeuges sei ihm wegen der Hals-, Schulter- und Armbeschwerden nicht über längere Zeit möglich. Der Internist und Hausarzt Dr. U. hat Angaben des Klägers über bestehende Schmerzen wiederholt und ergänzend ausgeführt, im Oktober 2003 habe eine lungenfachärztliche Untersuchung stattgefunden, die bei bestehender chronischer Bronchitis ein mittelgradiges Schlafapnoesyndrom erbracht habe. Darüber hinaus sei eine Bluthochdruckerkrankung und eine Blutzuckerentgleisung festgestellt worden. Trotz genügender Einstellung komme es bis heute immer wieder zu Entgleisungen. Ebenfalls im Jahre 2005 sei eine psychische Dekompensation aufgetreten, die depressive Züge hinterlassen habe. Seit 1999 hätten sich alle Beschwerden, insbesondere die Störungen im linken Arm, der Lendenwirbelsäule, der Knie und der linken Hüfte kontinuierlich verschlechtert. Selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger wegen seines nicht genügenden Konzentrationsvermögens sowie seiner körperlichen Behinderungen durch Schmerzen und nicht Verwendbarkeit des linken Armes maximal zwei Stunden belastbar. Der Beruf des Pförtners scheide wegen der hohen Bereitschaft zum Einschlafen ebenso aus. Im von Dr. U. beigefügten Befundbericht des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B. vom Oktober 2003 wird ein normwertiger Apnoe-Index beschreiben; allerdings bestehe beim Kläger eine hohe Wahrscheinlichkeit, in Alltagssituationen einzuschlafen bzw. einzunicken.
Das Sozialgericht hat sodann ein schriftliches Sachverständigengutachten des Internisten Dr. R. eingeholt. Danach besteht beim Kläger eine massive Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach Versteifungsoperation sowie ein postoperativer Spannungskopfschmerz, ein BWS- und LWS-Syndrom, eine Fingerpolyarthrose rechts und Grundgelenksarthrose des dritten Fingers rechts, eine Coxarthrose und eine Gonarthrose rechts, eine arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis, ein Diabetes mellitus Typ II, eine Adipositas Grad I mit metabolischem Syndrom, Fettleber mit serologischer Aktivität und Hyperlipidämie sowie ein chronisches Schmerzsyndrom mit Somatisierungsstörung und ein depressives Syndrom. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeit im Wesentlichen mit den bereits im Gutachten von Dr. G. beschriebenen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Mit Blick auf die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit genüge eine reguläre Pause nach drei Stunden Arbeitszeit. Auf Anregung von Dr. R. hat das Sozialgericht darüber hinaus ein Gutachten des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, Prof. Dr. L. eingeholt. Dieser hat die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung, leichtgradige depressive Episode, ausgeprägte Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Versteifungsoperation, postoperatives Schmerzsyndrom mit Spannungskopfschmerzen sowie Ausstrahlung der Schmerzen links betont in beide Schultern und Arme, BWS- und LWS-Syndrom, jeweils chronisch rezidivierend, postraumatische Grundgelenksarthrose D III rechts, leichtgradige Gonarthrose rechts, leichtgradige Coxarthrose links, metabolisches Syndrom mit Adipositas, Diabetes mellitus Typ II, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie sowie arterielle Hypertonie und chronische Bronchitis bei Nikotinabusus gestellt. Der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen halbschichtig, bis zu vier Stunden täglich, auszuüben. Die zeitliche Einschränkung ergebe sich durch die belastungsabhängigen körperlichen Beschwerden sowie die Folge der depressiven Symptomatik deutlich eingeschränkte konzentrative Belastbarkeit.
Mit Urteil vom 04.04.2007 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 11.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem Monat August 20004 auf Dauer eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sowie darüber hinaus auf Grund eines im Monat März 2006 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 01.10.2006 bis zum 30.09.2009 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger könne vor allem wegen seiner HWS-Beschwerden eine Kraftfahrertätigkeit auf Dauer nicht mehr zugemutet werden. Dies gelte auch für den Verweisungsberuf des Dienstwagenfahrers. Nachdem weitere Verweisungsberufe von der Beklagte insbesondere in der mündlichen Verhandlung nicht benannt worden seien, stehe fest, dass der Kläger berufsunfähig sei. Als Leistungsfall sei der Zeitpunkt der Versteifungsoperation anzusehen. Darüber hinaus stehe dem Kläger, der ausweislich der nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. L. nur noch bis zu vier Stunden täglich arbeiten könne, auch eine zu befristende Arbeitsmarkrente wegen voller Erwerbsminderung zu. Insoweit sei der Leistungsfall mit der Begutachtung durch Prof. Dr. L. eingetreten bzw. nachgewiesen. Diese Entscheidung ist der Beklagten am 27.04.2007 zugestellt worden.
Am 02.05.2007 hat die Beklagte Berufung eingelegt und zunächst beantragt, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Entscheidung vollumfänglich abzuweisen. In der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2008 hat sie ihre Berufung teilweise, hinsichtlich der erstinstanzlich erfolgten Verurteilung zu Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zurückgenommen.
Der Senat hat ein schriftliches Sachverständigengutachten samt ergänzender Stellungnahme des Leiters der Sektion forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , Prof. Dr. E. , eingeholt. Der Sachverständige hat auf psychiatrischem Fachgebiet eine depressive Episode sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Letztere werde allerdings bereits durch die depressive Episode erfasst. Psychiatrischerseits werde die Affektivität, der Antrieb, das Denken und die Kognition sowie das Vegetativum einschließlich der Schmerzwahrnehmung beeinträchtigt. Im Vorgutachten beschriebene Hinweise auf Simulation und Aggravation hätten sich nicht gefunden. Die Gesundheitsstörungen beeinträchtigten Tätigkeiten als Fahrer, da durch diese zu hohe Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit gestellt würden. Eine Tätigkeit als Pförtner sei allerdings möglich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, nicht an laufenden Maschinen, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne erhöhte Anforderung an die soziale Kompetenz, besondere geistige Beanspruchung, vor allem im Hinblick auf Konzentrationsfähigkeit, Verantwortung und nervliche Belastung, mindestens sechs Stunden verrichtet werden. Besondere Arbeitsbedingungen seinen nicht erforderlich. Nach Aktenlage und den Angaben des Klägers habe sich der Zustand wahrscheinlich seit Mai 2004 nicht wesentlich geändert.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat darüber hinaus ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Chefarztes der Klinik für Neurologie der Stankt Rochus Kliniken Bad Sch. , Dr. R. , eingeholt. Dieser hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades sowie eine Dysthymie (chronisch-depressive Verstimmung) diagnostiziert. Aufgefallen sei eine bewusstseinsnahe Verdeutlichungstendenz hinsichtlich des Ausprägungsgrades der somatoformen Schmerzstörung. In qualitativer Hinsicht werde die Leistungsfähigkeit weniger durch die körperlichen Symptome der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, sondern vor allem durch die somatoforme Schmerzstörung bzw. die Dysthymie geprägt. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorzugsweise in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Akkord- oder Nachtarbeiten, überwiegende und dauernde Zwangshaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss bzw. unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder hoher Verantwortung. Die spreche nicht gegen einen Tätigkeit als Pförtner oder Medikamentenausfahrer, wobei letzteres nur für Kurzstrecken mit einer Fahrdauer von allenfalls 60 Minuten am Stück gelte. Besondere Arbeitsbedingung bedürfe es nicht. Auch bedingten die Gesundheitsstörungen keine Beschränkungen des Arbeitsweges. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe nach Aktenlage und den Angaben des Klägers ca. seit dem Jahre 2002. Eine wesentliche Änderung der zeitlichen Leistungsfähigkeit sei seit Rentenantragstellung nicht eingetreten.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
Sie beantragt nunmehr sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.04.2007 hinsichtlich ihrer Verurteilung zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und weist zur Begründung auf seine Schmerzen und Leistungseinschränkungen hin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 04.04.2007 ist in dem noch zur Entscheidung des Senats gestellten Umfang aufzuheben; die Klage ist insoweit abzuweisen. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Gewährung einer Zeitrente von zwei Jahren wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 01.10.2006 verurteilt den Bescheid vom 18.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2005 insoweit aufgehoben. Denn dem Kläger kann keine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden, da er weder voll erwerbsgemindert ist noch als teilweisen erwerbsgeminderter Anspruch auf eine Arbeitsmarktrente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
In Anwendung dieser Regelungen ist der Kläger mit Blick auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zunächst in qualitativer Hinsicht nicht erwerbsgemindert.
Denn der im Wesentlichen durch die Wirbelsäulenbeschwerden sowie das Schmerzsyndrom (somatoforme Schmerzstörung bzw. Fibromyalgiesyndrom) bedingten Beschränkung auf leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung (vgl. hierzu die Gutachten von Dr. G. , Dr. R. , Dr. L. , Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ) lässt sich beispielsweise mit einer Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte ausreichend Rechnung tragen, die dem Kläger auch im Übrigen gesundheitlich zumutbar ist (vgl. die Gutachten von Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ):
Insbesondere besteht keinerlei Anhalt dafür, dass er mit Blick auf die vorliegende depressive Symptomatik den Anforderungen an eine solche Tätigkeit nicht gewachsen sein könnte. Auch sind allenfalls vorliegende geringe Einschränkungen seiner feinmotorischen Fähigkeiten (vgl. die Gutachten von Dr. R. und Prof. L. ) insoweit ohne Belang.
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit des Klägers. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. R. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der mehrstündigen Untersuchung nicht zu einem deutlichen Nachlassen der kognitiven Funktionen gekommen ist. Dementsprechend hat auch Dr. R. ausgeführt, der Kläger habe nach rund drei Stunden um eine kurze Pause gebeten; nach fünf Minuten habe die Befragung und Untersuchung dann fortgesetzt werden können. Daher hat er zum Erhalt der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsfokussierung lediglich eine (reguläre) Pause für erforderlich gehalten.
Angesichts dessen vermag auch die geklagte Schlafneigung nicht zu einer qualitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers zu führen. Auch beeinträchtigen die Gesundheitsstörungen auf internistischem und lungenärztlichem Fachgebiet das Leistungsvermögen nicht in hier erheblichem Umfang.
Eine hier erhebliche zeitliche Beschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden liegt ebenfalls nicht vor. Die Auffassung von Prof. Dr. L. , das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers sei auf Grund belastungsabhängiger körperlicher Beschwerden und durch die depressive Symptomatik sowie durch die deutlich eingeschränkte konzentrative Belastbarkeit auf vier Stunden täglich abgesunken, trifft nicht zu:
Eine Beschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden ergibt sich insbesondere nicht aus der depressiven Erkrankung nebst anhaltender somatoformer Schmerzstörung mit Spannungskopfschmerzen (vgl. hierzu die Gutachten von Dr. R. , Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ). Zum einen hat Prof. Dr. E. überzeugend dargelegt, dass bei leichten körperlichen Tätigkeiten in wechselnder Haltung kein medizinischer Grund dafür besteht, weshalb sich die Schmerzen durch eine vollschichtige Tätigkeit stärker verschlimmern sollten, als durch eine halbschichtige Tätigkeit bzw. dass sie sich überhaupt durch eine Tätigkeit verschlimmern. Zum anderen handelt es sich bei der angeführten depressiven Symptomatik nach der eigenen, mit den Ausführungen von Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. übereinstimmenden Auffassung von Prof. Dr. L. lediglich um eine leichtgradige depressive Episode und ergibt sich aus dem von ihm selbst wiederum im Einklang mit den übrigen Sachverständigen erhobenen strukturierten und geregelten Tagesablauf kein Anhalt für einen zeitlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit.
Gleiches gilt im Ergebnis mit Blick auf die Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit des Klägers. Insoweit hat - wie oben ausgeführt - bereits Dr. R. dargelegt, dass der Kläger nach Ablauf von drei Stunden schon im Anschluss an eine Pause wieder in der Lage war, sich auf die Untersuchungssituation zu konzentrieren. Damit übereinstimmend hat - wie ebenfalls oben dargelegt - der Sachverständige Prof. Dr. R. darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der mehrstündigen Untersuchung nicht zu einem deutlichen Nachlassen der kognitiven Funktionen des Klägers gekommen ist.
Unerheblich ist, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trägt die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein von den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSGE 78, 207, 211 ff. = SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilungen zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der im Jahre 1951 geborene Kläger war nach Abbruch seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser im Wesentlichen als Kraftfahrer tätig. Seit November 2001 ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Im Jahre 1999 befand sich der Kläger im Wesentlichen wegen eines chronischen Müdigkeitssyndroms sowie Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden zu einer vierwöchigen stationären Heilbehandlung in der der Rehaklinik Klausenbach in Nordrach. Nach Ausschluss eines behandlungsbedürftigen obstruktiven Schlafapnoesyndroms und einer Hypothyreose als Grund für das Müdigkeitssyndrom wurde der Kläger bei deutlich gebesserter Müdigkeitsymptomatik sowie Besserung der Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden mit dem Verdacht auf eine Fibromyalgiesyndrom als arbeitsfähig entlassen. Zu beachten seien verschiedene, durch das Müdigkeitssyndrom sowie die genannten Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden bedingte Leistungseinschränkungen.
Nach Bandscheibenvorfall und am 14.01.2002 erfolgter Versteifungsoperation in den Halswirbelsäulesegmenten C 5/C 6 und C 6/C 7 wurde der Kläger vom 28.05.2002 bis zum 02.07.2002 erneut in der Rehaklinik Klausenbach behandelt. Im Vordergrund standen durch den Bandscheibenvorfall bedingte Paresen sowie Thorakal- und Lumbalbeschwerden. Die Entlassung erfolgte als für die bisherige Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer arbeitsunfähig. Im Anschluss an eine weitere stabilisierende Behandlung seien dem Kläger voraussichtlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit genauer bezeichnenden qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr zumutbar.
In einen am 20.02.2003 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK) erstellten Gutachten heißt es, der Kläger sei angesichts der nach der Versteifungsoperation bestehenden erheblichen Funktionseinschränkungen im HWS-Bereich, eines LWS-Syndroms sowie einer aktivierten Arthrose im Grundgelenk des rechten Mittelfinger in seinem Leistungsvermögen extrem eingeschränkt. Möglich sei die vollschichtige Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten mit häufig wechselnder Position ohne regelmäßiges Bücken oder sonstige wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen, ohne Kälte- und Nässebelastung, ohne schweres Heben, Überkopfarbeit und Drehbewegungen des Kopfes. Die Anforderungen an den Straßenverkehr seien nicht erfüllt.
Am 05.08.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. G. sowie ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr. B. ein. Dr. G. diagnostizierte eine ausgeprägte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Versteifungsoperation, einen postoperativen Spannungskopfschmerz, eine posttraumatische Grundgelenksarthrose D3 rechts, zur Zeit durch Handrückenschürfung/Entzündung aktiviert, ein chronisch rezidivierendes Brustwirbelsäulensyndrom ohne Funktionseinschränkung bei geklagter Bewegungs-/Belastungsschmerzhaftigkeit bei röntgenologisch deutlich degenerativen Veränderungen, Klagen über rezidivierende Kreislaufschwankungen mit rezidivierenden Schwindelattacken und Konzentrationsstörungen, ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Varicosis beidseits sowie eine gemischte Hyperlipidämie. Zumutbar seien leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, idealerweise in bedarfsgerechtem Wechsel ohne Einschränkung Arbeitsorganisation in Vollschicht (sechs Stunden und mehr). Ausgeschlossen seien mittelschwere Hebe- und Tagebelastungen, häufiges Bücken, häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, ständige Überkopfarbeit und Arbeiten mit ständig kraftvollem Einsatz beider Hände. Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung des Konzentrations- und Reaktionsvermögens sollten dem Kläger nicht mehr abverlangt werden. Die Diagnosen und die Leistungsbeurteilung von Dr. B. entsprechen im Wesentlichen den Ausführungen von Dr. G ... Ergänzend heißt es, beim Kläger liege ein tendenziöses Krankheitsverhalten im Kontext mit Versorgungswünschen vor.
Gestützt auf diese Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 18.11.2004 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2005 zurück. Zwar könne der Kläger seinen zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben. Indes sei er noch in der Lage, sonstige leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten und könne er auf eine Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.
Am 07.04.2005 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben und sein Rentenbegehren weiter verfolgt.
Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Neurochirurg Dr. M. hat berichtet, der Kläger leide an einem cervicalem Bandscheibenschaden, einem Zustand nach Versteifungsoperation, einer cervicalen Myeolopathie, beidseitigen Brachialgien sowie einer Fingerpolyarthrose. Darüber hinaus bestehe ein HWS-, BWS- und LWS-Schmerzsyndrom. Auch das Verrichten leichter körperlicher Arbeiten sei ihm nicht mehr möglich. Seit der Versteifungsoperation komme es zu einer schleichenden Verschlechterung. Zudem nähmen die Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule in letzter Zeit deutlich zu und komme es auch im Bereich der Brustwirbelsäule gelegentlich zu Schmerzen. Das Führen eines Fahrzeuges sei ihm wegen der Hals-, Schulter- und Armbeschwerden nicht über längere Zeit möglich. Der Internist und Hausarzt Dr. U. hat Angaben des Klägers über bestehende Schmerzen wiederholt und ergänzend ausgeführt, im Oktober 2003 habe eine lungenfachärztliche Untersuchung stattgefunden, die bei bestehender chronischer Bronchitis ein mittelgradiges Schlafapnoesyndrom erbracht habe. Darüber hinaus sei eine Bluthochdruckerkrankung und eine Blutzuckerentgleisung festgestellt worden. Trotz genügender Einstellung komme es bis heute immer wieder zu Entgleisungen. Ebenfalls im Jahre 2005 sei eine psychische Dekompensation aufgetreten, die depressive Züge hinterlassen habe. Seit 1999 hätten sich alle Beschwerden, insbesondere die Störungen im linken Arm, der Lendenwirbelsäule, der Knie und der linken Hüfte kontinuierlich verschlechtert. Selbst für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei der Kläger wegen seines nicht genügenden Konzentrationsvermögens sowie seiner körperlichen Behinderungen durch Schmerzen und nicht Verwendbarkeit des linken Armes maximal zwei Stunden belastbar. Der Beruf des Pförtners scheide wegen der hohen Bereitschaft zum Einschlafen ebenso aus. Im von Dr. U. beigefügten Befundbericht des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. B. vom Oktober 2003 wird ein normwertiger Apnoe-Index beschreiben; allerdings bestehe beim Kläger eine hohe Wahrscheinlichkeit, in Alltagssituationen einzuschlafen bzw. einzunicken.
Das Sozialgericht hat sodann ein schriftliches Sachverständigengutachten des Internisten Dr. R. eingeholt. Danach besteht beim Kläger eine massive Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei Zustand nach Versteifungsoperation sowie ein postoperativer Spannungskopfschmerz, ein BWS- und LWS-Syndrom, eine Fingerpolyarthrose rechts und Grundgelenksarthrose des dritten Fingers rechts, eine Coxarthrose und eine Gonarthrose rechts, eine arterielle Hypertonie, eine chronische Bronchitis, ein Diabetes mellitus Typ II, eine Adipositas Grad I mit metabolischem Syndrom, Fettleber mit serologischer Aktivität und Hyperlipidämie sowie ein chronisches Schmerzsyndrom mit Somatisierungsstörung und ein depressives Syndrom. Der Kläger könne leichte körperliche Arbeit im Wesentlichen mit den bereits im Gutachten von Dr. G. beschriebenen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Mit Blick auf die eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit genüge eine reguläre Pause nach drei Stunden Arbeitszeit. Auf Anregung von Dr. R. hat das Sozialgericht darüber hinaus ein Gutachten des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, Prof. Dr. L. eingeholt. Dieser hat die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung, leichtgradige depressive Episode, ausgeprägte Funktionseinschränkungen der Halswirbelsäule bei Zustand nach Bandscheibenvorfall und Versteifungsoperation, postoperatives Schmerzsyndrom mit Spannungskopfschmerzen sowie Ausstrahlung der Schmerzen links betont in beide Schultern und Arme, BWS- und LWS-Syndrom, jeweils chronisch rezidivierend, postraumatische Grundgelenksarthrose D III rechts, leichtgradige Gonarthrose rechts, leichtgradige Coxarthrose links, metabolisches Syndrom mit Adipositas, Diabetes mellitus Typ II, Hyperlipoproteinämie, Hyperurikämie sowie arterielle Hypertonie und chronische Bronchitis bei Nikotinabusus gestellt. Der Kläger sei in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit verschiedenen qualitativen Einschränkungen halbschichtig, bis zu vier Stunden täglich, auszuüben. Die zeitliche Einschränkung ergebe sich durch die belastungsabhängigen körperlichen Beschwerden sowie die Folge der depressiven Symptomatik deutlich eingeschränkte konzentrative Belastbarkeit.
Mit Urteil vom 04.04.2007 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 11.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2005 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem Monat August 20004 auf Dauer eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit sowie darüber hinaus auf Grund eines im Monat März 2006 eingetretenen Leistungsfalls ab dem 01.10.2006 bis zum 30.09.2009 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger könne vor allem wegen seiner HWS-Beschwerden eine Kraftfahrertätigkeit auf Dauer nicht mehr zugemutet werden. Dies gelte auch für den Verweisungsberuf des Dienstwagenfahrers. Nachdem weitere Verweisungsberufe von der Beklagte insbesondere in der mündlichen Verhandlung nicht benannt worden seien, stehe fest, dass der Kläger berufsunfähig sei. Als Leistungsfall sei der Zeitpunkt der Versteifungsoperation anzusehen. Darüber hinaus stehe dem Kläger, der ausweislich der nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. L. nur noch bis zu vier Stunden täglich arbeiten könne, auch eine zu befristende Arbeitsmarkrente wegen voller Erwerbsminderung zu. Insoweit sei der Leistungsfall mit der Begutachtung durch Prof. Dr. L. eingetreten bzw. nachgewiesen. Diese Entscheidung ist der Beklagten am 27.04.2007 zugestellt worden.
Am 02.05.2007 hat die Beklagte Berufung eingelegt und zunächst beantragt, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Entscheidung vollumfänglich abzuweisen. In der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2008 hat sie ihre Berufung teilweise, hinsichtlich der erstinstanzlich erfolgten Verurteilung zu Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zurückgenommen.
Der Senat hat ein schriftliches Sachverständigengutachten samt ergänzender Stellungnahme des Leiters der Sektion forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , Prof. Dr. E. , eingeholt. Der Sachverständige hat auf psychiatrischem Fachgebiet eine depressive Episode sowie eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Letztere werde allerdings bereits durch die depressive Episode erfasst. Psychiatrischerseits werde die Affektivität, der Antrieb, das Denken und die Kognition sowie das Vegetativum einschließlich der Schmerzwahrnehmung beeinträchtigt. Im Vorgutachten beschriebene Hinweise auf Simulation und Aggravation hätten sich nicht gefunden. Die Gesundheitsstörungen beeinträchtigten Tätigkeiten als Fahrer, da durch diese zu hohe Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit gestellt würden. Eine Tätigkeit als Pförtner sei allerdings möglich. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, nicht an laufenden Maschinen, ohne Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne erhöhte Anforderung an die soziale Kompetenz, besondere geistige Beanspruchung, vor allem im Hinblick auf Konzentrationsfähigkeit, Verantwortung und nervliche Belastung, mindestens sechs Stunden verrichtet werden. Besondere Arbeitsbedingungen seinen nicht erforderlich. Nach Aktenlage und den Angaben des Klägers habe sich der Zustand wahrscheinlich seit Mai 2004 nicht wesentlich geändert.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat darüber hinaus ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Chefarztes der Klinik für Neurologie der Stankt Rochus Kliniken Bad Sch. , Dr. R. , eingeholt. Dieser hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades sowie eine Dysthymie (chronisch-depressive Verstimmung) diagnostiziert. Aufgefallen sei eine bewusstseinsnahe Verdeutlichungstendenz hinsichtlich des Ausprägungsgrades der somatoformen Schmerzstörung. In qualitativer Hinsicht werde die Leistungsfähigkeit weniger durch die körperlichen Symptome der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, sondern vor allem durch die somatoforme Schmerzstörung bzw. die Dysthymie geprägt. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten vorzugsweise in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien Akkord- oder Nachtarbeiten, überwiegende und dauernde Zwangshaltungen, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss bzw. unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder hoher Verantwortung. Die spreche nicht gegen einen Tätigkeit als Pförtner oder Medikamentenausfahrer, wobei letzteres nur für Kurzstrecken mit einer Fahrdauer von allenfalls 60 Minuten am Stück gelte. Besondere Arbeitsbedingung bedürfe es nicht. Auch bedingten die Gesundheitsstörungen keine Beschränkungen des Arbeitsweges. Der festgestellte Gesundheitszustand bestehe nach Aktenlage und den Angaben des Klägers ca. seit dem Jahre 2002. Eine wesentliche Änderung der zeitlichen Leistungsfähigkeit sei seit Rentenantragstellung nicht eingetreten.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich arbeiten.
Sie beantragt nunmehr sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 04.04.2007 hinsichtlich ihrer Verurteilung zur Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und weist zur Begründung auf seine Schmerzen und Leistungseinschränkungen hin.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Renten- und Rehaakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts vom 04.04.2007 ist in dem noch zur Entscheidung des Senats gestellten Umfang aufzuheben; die Klage ist insoweit abzuweisen. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Beklagte zur Gewährung einer Zeitrente von zwei Jahren wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 01.10.2006 verurteilt den Bescheid vom 18.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2005 insoweit aufgehoben. Denn dem Kläger kann keine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt werden, da er weder voll erwerbsgemindert ist noch als teilweisen erwerbsgeminderter Anspruch auf eine Arbeitsmarktrente wegen voller Erwerbsminderung hat.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
In Anwendung dieser Regelungen ist der Kläger mit Blick auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zunächst in qualitativer Hinsicht nicht erwerbsgemindert.
Denn der im Wesentlichen durch die Wirbelsäulenbeschwerden sowie das Schmerzsyndrom (somatoforme Schmerzstörung bzw. Fibromyalgiesyndrom) bedingten Beschränkung auf leichte Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung (vgl. hierzu die Gutachten von Dr. G. , Dr. R. , Dr. L. , Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ) lässt sich beispielsweise mit einer Tätigkeit als Pförtner an der Nebenpforte ausreichend Rechnung tragen, die dem Kläger auch im Übrigen gesundheitlich zumutbar ist (vgl. die Gutachten von Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ):
Insbesondere besteht keinerlei Anhalt dafür, dass er mit Blick auf die vorliegende depressive Symptomatik den Anforderungen an eine solche Tätigkeit nicht gewachsen sein könnte. Auch sind allenfalls vorliegende geringe Einschränkungen seiner feinmotorischen Fähigkeiten (vgl. die Gutachten von Dr. R. und Prof. L. ) insoweit ohne Belang.
Nichts anderes gilt mit Blick auf die Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit des Klägers. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. R. nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der mehrstündigen Untersuchung nicht zu einem deutlichen Nachlassen der kognitiven Funktionen gekommen ist. Dementsprechend hat auch Dr. R. ausgeführt, der Kläger habe nach rund drei Stunden um eine kurze Pause gebeten; nach fünf Minuten habe die Befragung und Untersuchung dann fortgesetzt werden können. Daher hat er zum Erhalt der Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsfokussierung lediglich eine (reguläre) Pause für erforderlich gehalten.
Angesichts dessen vermag auch die geklagte Schlafneigung nicht zu einer qualitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers zu führen. Auch beeinträchtigen die Gesundheitsstörungen auf internistischem und lungenärztlichem Fachgebiet das Leistungsvermögen nicht in hier erheblichem Umfang.
Eine hier erhebliche zeitliche Beschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden liegt ebenfalls nicht vor. Die Auffassung von Prof. Dr. L. , das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers sei auf Grund belastungsabhängiger körperlicher Beschwerden und durch die depressive Symptomatik sowie durch die deutlich eingeschränkte konzentrative Belastbarkeit auf vier Stunden täglich abgesunken, trifft nicht zu:
Eine Beschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden ergibt sich insbesondere nicht aus der depressiven Erkrankung nebst anhaltender somatoformer Schmerzstörung mit Spannungskopfschmerzen (vgl. hierzu die Gutachten von Dr. R. , Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. ). Zum einen hat Prof. Dr. E. überzeugend dargelegt, dass bei leichten körperlichen Tätigkeiten in wechselnder Haltung kein medizinischer Grund dafür besteht, weshalb sich die Schmerzen durch eine vollschichtige Tätigkeit stärker verschlimmern sollten, als durch eine halbschichtige Tätigkeit bzw. dass sie sich überhaupt durch eine Tätigkeit verschlimmern. Zum anderen handelt es sich bei der angeführten depressiven Symptomatik nach der eigenen, mit den Ausführungen von Prof. Dr. E. und Prof. Dr. R. übereinstimmenden Auffassung von Prof. Dr. L. lediglich um eine leichtgradige depressive Episode und ergibt sich aus dem von ihm selbst wiederum im Einklang mit den übrigen Sachverständigen erhobenen strukturierten und geregelten Tagesablauf kein Anhalt für einen zeitlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit.
Gleiches gilt im Ergebnis mit Blick auf die Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit des Klägers. Insoweit hat - wie oben ausgeführt - bereits Dr. R. dargelegt, dass der Kläger nach Ablauf von drei Stunden schon im Anschluss an eine Pause wieder in der Lage war, sich auf die Untersuchungssituation zu konzentrieren. Damit übereinstimmend hat - wie ebenfalls oben dargelegt - der Sachverständige Prof. Dr. R. darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der mehrstündigen Untersuchung nicht zu einem deutlichen Nachlassen der kognitiven Funktionen des Klägers gekommen ist.
Unerheblich ist, ob dem Kläger überhaupt ein freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, denn dieses Risiko trägt die Arbeitsverwaltung, nicht jedoch die gesetzliche Rentenversicherung, welche ihre Versicherten allein von den Nachteilen einer durch Krankheit oder Behinderung geminderten Leistungsfähigkeit zu schützen hat (vgl. BSGE 78, 207, 211 ff. = SozR 3-2600 § 43 Nr. 13).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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