L 6 B 3/08 SF

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 37 SF 2091/07
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 3/08 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 197 Abs. 2 SGG schließt auch bei einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 59 RVG die Beschwerdemöglichkeit aus.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Oktober 2007 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Am 17. Januar 2006 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Verfahren gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 8. April 2005 (angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung) Klage (Az.: S 31 AS 164/06) und beantragte Prozesskostenhilfe (PKH). Mit Beschluss vom 22. Februar 2007 gewährte ihr das Sozialgericht PKH ohne Ratenzahlung. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 21. März 2007 gab die Beschwerdeführerin ein Anerkenntnis ab, das die Prozessbevollmächtigte der Klägerin annahm.

Diese stellte am 3. April 2007 einen "Kostenerstattungsantrag für Prozesskostenhilfe" und beantragte die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von insgesamt 590,48 Euro. Unter dem 17. April 2007 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diesen Betrag an und fragte bei der Beschwerdeführerin an, ob sie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach anerkenne. Unter dem 24. April 2007 stimmte die Beschwerdeführerin dem zu.

Mit "Kostennachricht gem. § 59 RVG" vom 26. April 2007 teilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Beschwerdeführerin mit, in dem Verfahren sei die Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin auf 590,48 Euro festgesetzt worden. Sie bitte um Begleichung des Betrages innerhalb von 14 Tagen; gegen die Nachricht sei die Erinnerung zulässig.

Am 15. Mai 2007 hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt und ausgeführt, sie werde in Ihrem Recht auf rechtliches Gehör verletzt, denn ihr sei die Kostennachricht vom 20. April 2007 nicht zugeleitet worden. Inhaltlich sei die Höhe der festgesetzten Anwaltsgebühren unbillig; sie halte eine Kostenerstattung in Höhe von 109,84 Euro für angemessen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung "wegen grundsätzlicher Bedeutung" nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen und ausgeführt, die Mittelgebühr sei zu Recht festgesetzt worden. Es seien keine durchgreifenden Umstände vorgetragen worden, die eine Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit "deutlich unter der Mittelgebühr" rechtfertigten. Nach der Rechtsmittelbelehrung ist die Beschwerde zulässig.

Gegen den am 13. Dezember 2007 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 8. Januar 2008 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, sie habe eine Beschwerdemöglichkeit entweder über § 59 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) i.V.m. § 66 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) oder über § 56 RVG i.V.m. § 33 RVG. Sie sei als Kostenschuldnerin von der ursprünglichen Kostenfestsetzung nach § 55 RVG am stärksten betroffen; trotzdem sei sie am Verfahren nicht beteiligt worden. Ein Ausschluss der Beschwerde beschneide sie in ihren Rechten, den Erinnerungsbeschluss überprüfen zu lassen. Die beigeordnete Rechtsanwältin und der Beschwerdegegner hätten die Möglichkeit, ihre Interessen sowohl im Antrags- als auch im Beschwerdeverfahren geltend zu machen. Inhaltlich sei die Festsetzung der Mittelgebühr unbillig.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 19. Oktober 2007 aufzuheben und den übergangenen Anspruch auf Vergütung auf 109,84 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Er schließt sich dem gerichtlichen Hinweis vom 23. Januar 2008 an, nach dem die Beschwerde unzulässig ist, weil eine gerichtliche Festsetzung zwischen den Beteiligten des Verfahrens nach § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht mit der Beschwerde angefochten werden könne.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen.

Nach § 56 Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG können der Rechtsanwalt und die Staatskasse innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Erinnerungsentscheidung Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Nach § 59 Abs. 1 RVG geht ein Anspruch des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts wegen seiner Vergütung mit seiner Befriedigung durch die Staatskasse auf diese über (Absatz 1 S. 1). Für die Geltendmachung des Anspruchs gelten die Vorschriften über die Einziehung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend (Absatz 2 S. 1); Ansprüche der Staatskasse werden bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt (Absatz 2 S. 2). Für die Entscheidung über eine gegen den Ansatz gerichtete Erinnerung und über die Beschwerde gilt § 66 des Gerichtskostengesetzes entsprechend (Absatz 2 S. 4).

Nach § 197 SGG setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtzugs auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten den Betrag der zu erstattenden Kosten fest (Absatz 1 S. 1); gegen die Entscheidung kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet (Absatz 2).

§ 197 Abs. 2 SGG regelt abschließend das Verfahren der Festsetzung der Rechtsanwaltskosten im Verhältnis der Beteiligten zueinander (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 197 Anm. 2) und schließt als lex specialis jegliche Beschwerdemöglichkeit der Beteiligten des Hauptsacheverfahrens (hier: der Beschwerdeführerin) gegen die Kostenbeschlüsse des Sozialgerichts aus. Dies gilt auch bei einem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 59 RVG. Mit der Befriedigung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ging ihr Anspruch auf die Staatskasse über (sog. "cessio legis"). Dies verschlechtert die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nicht; sie konnte weiterhin alle materiellen Einwendungen und Einreden erheben, die dem beigeordneten Anwalt gegenüber zum Zeitpunkt des Anspruchsübergangs zulässig waren (vgl. Pukall in Mayer/Kroiß. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 2. Auflage 2006, § 59 Rdnr. 22). Zusätzliche Verfahrensrechte (hier: Beschwerdemöglichkeit) entstehen mit dem Auswechseln des Gläubigers allerdings nicht; sie sind auch nicht erforderlich. An diesem Ergebnis ändert auch die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nichts.

Die Ansicht der Beschwerdeführerin, sie werde als Kostenschuldnerin von der Kostenfestsetzung am stärksten betroffen, trotzdem aber am Verfahren nicht beteiligt, geht fehl. Im Erinnerungsverfahren konnte sie ebenso wie in den "normalen" Fällen des § 197 SGG ihre Rechte geltend machen. Dass im vorliegenden Fall die Vorinstanz auf ihre Argumente nicht eingegangen ist und ihre Ausführungen die Entscheidung schwerlich tragen können, ändert daran nichts. Der Gesetzgeber hat dies bei § 197 Abs. 2 SGG in Kauf genommen. Dass er dem Rechtsanwalt und der Staatskasse im PKH-Verfahren über § 56 RVG eine Beschwerdemöglichkeit eröffnet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 – Az.: L 6 B 80/07 SF; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. September 2007 – Az.: L 13 B 2/06 AS SF, nach juris), nicht jedoch dem unterliegenden Beteiligten, benachteiligt die Beschwerdeführerin nicht unzumutbar.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG, § 59 Abs. 2 RVG i.V.m. § 66 Abs. 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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