Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AL 4704/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 863/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2007 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 29. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 verurteilt, dem Kläger ab 29. März 2006 für die Dauer von 960 Kalendertagen Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (ALG) streitig.
Der 1948 geborene Kläger war vom 2. Dezember 1983 bis 30. November 2004 versicherungspflichtig bei der A. S. AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der O. L. GmbH als Lagerist versicherungspflichtig beschäftigt. Bis zum Betriebsübergang am 1. Dezember 2004 hatte der Kläger als Gruppenleiter für die interne Verpackung bei der A. S. AG leichte körperliche Arbeiten, danach bei der O. L. GmbH als Lagerist schwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Ab dem 25. Oktober 2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 1. Dezember 2005 bis 28. März 2006 bezog er Krankengeld. Mit Kündigung vom 22. April 2005 wurde das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 2005 beendet.
Am 25. April 2005, 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 sprach der Kläger persönlich bei der AA S. vor. Bei seiner Vorsprache am 4. Oktober 2005 füllte der Kläger einen Anmeldebogen aus, wonach er frühestens am 2. Januar 2006 eine neue Arbeit aufnehmen könne. Darüber hinaus gab er im Anmeldebogen an, bei seiner letzten Tätigkeit habe es sich um eine Vollzeitbeschäftigung gehandelt. Er weise gesundheitliche Einschränkungen auf und sei mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 schwerbehindert. Darüber hinaus kreuzte er unter "Ich strebe folgende Arbeitszeiten an": Teilzeit, "Anzahl der Sunden": 3 Stunden pro Woche und unter "Gewünschte Verteilung der Arbeitszeit": Nachmittags von 15:00 bis 18:00 Uhr von Montags bis Freitags an. Im Antrag auf Gewährung von ALG ist eine Arbeitslosmeldung am 7. Februar 2006 mit Wirkung zum 29. März 2006 vermerkt; in dem Antrag, der vom Kläger mit Datum 20. April 2006 unterschrieben wurde, hat er unter anderem unter Ziff. 2 d) angegeben, er könne die Tätigkeit bei seiner letzten Beschäftigung nicht mehr weiter ausüben und bei einer erforderlichen ärztlichen Begutachtung sei er bereit, sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Mit Datum vom 9. Februar 2006 wurde von der Arbeitsvermittlung der AA eine ärztliche Begutachtung veranlasst. Am 28. März 2006 wurde dem Kläger das ärztliche Gutachten des Dr. B. eröffnet, wonach ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen und unter Berücksichtigung der angeführten Leistungseinschränkungen bestand. Mit Bescheid vom 21. April 2006 bewilligte die AA dem Kläger ALG in Höhe des Leistungssatzes von 35,70 EUR täglich ab dem 29. März 2006 für die Dauer von 540 Kalendertagen. Hiergegen erhob der Kläger am 11. Mai 2006 Widerspruch. Ihm sei ALG für die Dauer von 960 Kalendertage zu gewähren. Bei seiner Vorsprache am 4. Oktober 2005 habe er mitgeteilt, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei. Ihm sei gesagt worden, dass er sich wieder melden solle, wenn er arbeitsfähig sei. Gleiches sei ihm bei seiner Vorsprache am 13. Januar 2006 gesagt worden. Er sei nicht auf die Änderung der Gesetzeslage zur Dauer des ALG zum 31. Januar 2006 hingewiesen worden. Es wäre für ihn günstiger gewesen, ab 13. Januar 2006 bzw. spätestens ab dem 30. Januar 2006 ALG zu beziehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2006 wies die AA den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit der am 27. Juni 2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat im wesentlichen seine Begründung aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Mit Urteil vom 29. November 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Dauer des Anspruchs auf ALG ergäbe sich aus § 127 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung des § 127 Abs. 2 SGB III betrage bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 36 Monaten Dauer und Vollendung des 55. Lebensjahres der ALG-Anspruch 18 Monate. Nach § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III sei § 127 in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden sei. Dieser sehe bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 64 Monaten Dauer und Vollendung des 57. Lebensjahres eine Dauer des ALG-Anspruchs von 32 Monaten vor. Zwar habe der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt; der Anspruch auf ALG sei jedoch nicht bis zum 31. Januar 2006 entstanden. Allerdings hindere der Bezug von Krankengeld nicht das Entstehen des Anspruchs auf ALG. Der Kläger sei jedoch bis zum 31. Januar 2006 nicht arbeitslos gewesen im Sinne des § 119 SGB III, da er nicht bereit gewesen sei, jede versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende, zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Er habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten subjektiv nicht zur Verfügung gestanden. Er habe im Anmeldebogen angegeben er strebe eine Teilzeitarbeit von 3 Stunden wöchentlich an; die Arbeitszeit solle nachmittags zwischen 15:00 und 18:00 Uhr liegen. Damit habe er sich nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellte. Verfügbarkeit könne auch nicht über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden. Auch nach § 125 Abs. 1 SGB III habe er keinen Anspruch auf ALG vor dem 31. Januar 2006 gehabt.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 30. Januar 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Februar 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er habe dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, wie er ja die Arbeiten bei seiner früheren Arbeitgeberin - A. S. AG - durchaus hätte weiter erledigen können. Angaben auf dem Anmeldebogen, welche Arbeitszeiten er anstrebe, habe er nur gemacht, weil er gedacht habe, so leichter einen Arbeitsplatz zu erhalten. Ihm sei vorher gerade auch von der Beklagten gesagt worden, dass er schwer vermittelbar sei und es wahrscheinlich keinen Arbeitsplatz für ihn gäbe. Einen anderen Grund für seine Angaben zur Arbeitszeit habe es nicht gegeben. Er sei selbstverständlich jederzeit bereit gewesen, auch vollschichtig zu arbeiten. Er habe diese Frage nicht dahingehend verstanden, dass er angeben solle, wie lange er gesundheitlich arbeiten könne und wolle. Er habe keinen Hauptschulabschluss und verstehe die deutsche Sprache nicht in ihren Feinheiten. Die Beklagte hätte ihn bei Abgabe und Durchsicht des Anmeldebogens darauf hinweisen müssen, dass nach ihrem Verständnis bei diesen Angaben zur Arbeitszeit kein Anspruch auf ALG bestehe, da es an der subjektiven Arbeitsbereitschaft fehle. Subjektive Arbeitsbereitschaft werde mit der Fragestellung nicht explizit erfragt. Unklarheiten in der Formulierung von Fragen gingen zu Lasten der Beklagten und begründeten eine besondere Aufklärung- und Hinweispflicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab 29. März 2006 für die Dauer von 960 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Die Fragestellung im Anmeldebogen sei nicht mehrdeutig oder unklar. Es liege kein ursächliches Verhalten der Beklagten dafür vor, dass sich der Kläger nur 3 Stunden für den allg. Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellte habe. An der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers habe es bis zum 31. Januar 2006 gefehlt. Eine frühere Arbeitslosmeldung und Antragstellung als am 7. Februar 2006 mit Wirkung zum 29. März 2006 sei nicht erwiesen. Der Antrag sei erst am 20. Februar 2006 ausgefüllt worden. Erst mit diesem Antrag habe er sich im Rahmen des am 28. März 2006 eröffneten ärztlichen Gutachtens uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Der Kläger habe auch keinerlei Eigenbemühungen unternommen.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 22. April 2008 hat der Kläger angegeben, im fraglichen Zeitraum (Januar 2006) Tageszeitungen nach geeigneten offenen Stellen ausgewertet zu haben.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (677 A 237319), die Klageakte des SG (S 18 AL 4704/06) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 863/08) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da es um einen Anspruch des Klägers auf ALG für die Dauer von 420 Kalendertagen geht; die Berufung betrifft somit gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III wiederkehrende und laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr. Sie ist auch ansonsten zulässig, das sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften gem. § 151 Abs. 1 SGG eingelegt wurde. Die Berufung ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf ALG ab 29. März 2006 für die Dauer von 960 Kalendertagen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 21. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 ist somit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten insoweit, als ihm ALG lediglich für die Dauer von 540 Kalendertagen bewilligt worden ist.
Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III richtet sich die Dauer des Anspruchs auf ALG nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um ein Jahr erweiterten Rahmenfrist und dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs vollendet hat. Die Dauer des Anspruchs beträgt nach Abs. 2 der Vorschrift in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 36 Monaten Dauer und Vollendung des 55. Lebensjahres 18 Monate. Nach § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III ist § 127 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. § 127 Abs. 2 SGB III in der Fassung bis zum 31. Dezember 2003 sieht bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 64 Monaten Dauer und Vollendung des 57. Lebensjahres eine Dauer des Anspruchs auf ALG von 32 Monaten vor.
Der Kläger hatte 2005 das 57. Lebensjahr vollendet. Er war innerhalb der Rahmenfrist des § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III mindestens 64 Monate lang in einem Versicherungspflichtverhältnis beschäftigt gewesen. Auch ist der Anspruch des Klägers auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden; es lagen bis dahin alle gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf ALG vor. Anspruch auf ALG haben nach § 117 Abs. 1 SGB III in der Fassung ab 1. Januar 2005 Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit (1.) oder bei beruflicher Weiterbildung (2.). Gem. § 118 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos sind (1.), sich bei der AA arbeitslos gemeldet haben (2.) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (3.). Der Kläger hat sich vor dem 31. Januar 2006 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Nach § 122 Abs. 1 SGB III hat sich der Arbeitlose persönlich bei der zuständigen AA Arbeitslos zu melden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten 3 Monate zu erwarten ist. Der Kläger hat am 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 persönlich bei der AA vorgesprochen, nachdem mit Arbeitgeberkündigung vom 22. April 2005 das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 beendet worden war. In diesen Vorsprachen am 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 liegt eine Arbeitslosmeldung im Sinne des § 122 Abs. 1 SGB III. Die Arbeitslosmeldung ist eine Tatsachenerklärung; an sie sind keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn der Arbeitslose persönlich gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit - vorliegend die AA - zum Ausdruck bringt, er sei arbeitslos (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Januar 2005 - B 11 a/11 AL 41/04 R - veröffentlicht in Juris). Dies hat der Kläger gegenüber der AA hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, nachdem er einen Anmeldebogen ausgefüllt und ausgehändigt hat, und auch das Ende seines alten Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2005 angegeben und als nächstmöglichen Termin für eine neue Arbeitsaufnahme den 2. Januar 2006 genannt hat. Auch die Anwartschaftszeit gem. § 123 SGB III hat der Kläger erfüllt; er hat in der Rahmenfrist des § 124 SGB III mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Der Kläger war auch vor dem 31. Januar 2006 arbeitslos. Arbeitslos ist nach § 119 Abs. 1 SGB III in der Fassung seit 1. Januar 2005 ein Arbeitnehmer, der nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit, 1.), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen, 2.), und den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung steht (Verfügbarkeit , 3.). Der Kläger stand ab 1. Januar 2006 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Es fehlt bis zum 30. Januar 2006 auch nicht am Bemühen des Klägers, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Gem. § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB III hat der Arbeitslose im Rahmen der Eigenbemühungen alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. § 119 Abs. 4 Satz 2 SGB III konkretisiert im Weiteren dabei die Erwartungen, die an den Arbeitslosen zu stellen sind. Hierbei handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit, wobei die für den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen erhebliche Obliegenheitsverletzung nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes Handeln des Arbeitslosen voraussetzt (vgl. BSG NZS 2006, S. 436 ff.). Art und zeitlicher Umfang der Eigenbemühungen sind vom Einzelfall abhängig. Hierbei sind die Persönlichkeit des Arbeitslosen, seine persönliche Leistungsfähigkeit, die Dauer der Arbeitslosigkeit und die realen Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen (vgl. Niesel, SGB III, § 119 RandNr. 48). Unter Würdigung der gesamten Umstände, nämlich dass es sich beim Kläger um einen nichtdeutschen Staatsangehörigen handelt, er erst zum 1. Januar 2006 beschäftigungslos wurde, es vorliegend im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzung für einen Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 auf die vom Kläger unternommenen Eigenbemühungen bis eben zu diesem Datum ankommt und schließlich bei Berücksichtigung seiner im fraglichen Zeitraum bis 31. Januar 2006 weiterhin bestehenden Erkrankung, die zu Arbeitsunfähigkeit geführt hat, hat der Kläger noch ausreichende Eigenbemühungen unternommen. Entgegen der Beklagten hat der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 nicht eingeräumt, keinerlei Eigenbemühungen unternommen zu haben. Stattdessen hat der Kläger beispielsweise darauf hingewiesen, dass er im fraglichen Zeitraum durchaus durch Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen sich bemüht hat, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Im Übrigen hat die Beklagte wohl selbst jedenfalls bis zum Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 keine Zweifel daran gehegt, dass der Kläger Eigenbemühungen unternommen hat; es wäre wohl sonst auch nicht zur Bewilligung des ALG mit Bescheid vom 28. April 2006 gekommen. Anhaltspunkte für eine fehlende aktive Beschäftigungssuche des Klägers in ausreichendem Ausmaße liegen somit jedenfalls bis 31. Januar 2006 nicht vor.
Der Kläger stand auch bis 31. Januar 2006 den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung. Nach § 119 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige min. 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (1.), Vorschlägen der AA zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (2.) und bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben (3.). Das der Kläger am 31. Januar 2006 und darüber hinaus in der Lage war, eine versicherungspflichtige, min. 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben, steht fest aufgrund des Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Beklagten, welches dem Kläger am 28. März 2006 eröffnet wurde. Danach war der Kläger im fraglichen Zeitraum (Januar 2006) und darüber hinaus in der Lage, vollschichtig eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Ausgeschlossen waren lediglich Tätigkeiten mit ganztägigem Stehen, Temperaturschwankungen, Nachtschichten, besonderen Atemwegsbelastungen und besonderem Leistungs- und Zeitdruck. Entsprechend dieser Arbeitsfähigkeit war der Kläger auch bis 31. Januar 2006 - und darüber hinaus - arbeitsbereit (§ 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III). Es fehlte bis zum 31. Januar 2006 nicht an der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers. Der Begriff "Bereitschaft" in § 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III bezieht sich auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, also auf ein subjektives Kriterium. Die subjektiven Umstände (innere Tatsachen) können durch die Indizwirkung "äußerer Tatsachen" festgestellt werden. Hierzu gehören in erster Linie Erklärungen und Angaben im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung und darüber hinaus Erklärungen zur Arbeitsbereitschaft vor und während der Arbeitslosigkeit. Die Beurteilung der subjektiven Verfügbarkeit des Arbeitslosen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Zu klären ist dabei insbesondere, ob der Arbeitslose nur subjektive Wünsche äußert oder Neigungen betont, oder ob er sich tatsächlich beschränken will auf bestimmte Beschäftigungen oder Beschäftigungszeiten, andere also für sich ausschließt. Aus den Angaben des Klägers im Anmeldebogen, den er bei seiner persönlichen Vorsprache am 4. Oktober 2005 bei der AA ausgefüllt bzw. dieser übergeben hat, er strebe folgende Arbeitszeiten an: Teilzeit bei 3 Stunden pro Woche, wobei diese nachmittags von Montags bis Freitag von 15:00 bis 18:00 Uhr liegen sollten, lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger nicht dazu bereit war, eine vollschichtige, zumutbare Beschäftigung auszuüben. Schon die Formulierung "Ich strebe folgende Arbeitszeiten an" ist nicht gleichzusetzen mit einer Fragestellung wie etwa "Ich bin bereit in folgendem zeitlichen Umfang zu arbeiten" bzw. "Folgende Arbeitszeiten schließe ich aus". Angaben zu der von der Beklagten verwendeten "Fragestellung" bringen allenfalls subjektive Wünsche oder Neigungen zum Ausdruck, sind aber keinesfalls gleichzusetzen mit dem Willen, sich auf die angegebenen Arbeitszeiten im Sinne eines Ausschließen von darüber hinaus gehenden Arbeitszeiten festzulegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Klägers zum zeitlichen Umfang einer Beschäftigung im Sinne einer inneren Beschränkung der Bereitschaft, über 3 Stunden in der Woche hinaus zu arbeiten, zu verstehen sind, fehlen gänzlich. Der Kläger hat bis zum 30. Dezember 2005 - folglich also noch zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Angaben des Klägers - ein "Vollzeitbeschäftigungsverhältnis" innegehabt. Der Kläger hat vorher niemals in Teilzeit gearbeitet. Der Kläger hat sich in dem Antrag auf Bewilligung von ALG ausdrücklich im Rahmen des durch eine ärztliche Begutachtung festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung durch die Beklagte zur Verfügung gestellt; eine zeitliche Beschränkung - schon gar in dem Ausmaß, wie es die Beklagte seinen Angaben im Anmeldebogen entnehmen will - hat der Kläger in seinem ALG-Antrag nicht vorgenommen. Auch wenn diese Angabe zur Verfügbarkeit des Klägers erst nach Eröffnung des ärztlichen Gutachtens am 28. März 2006, wonach der Kläger noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten verfügt hat, erfolgt sein sollte - die Fragestellung spricht allerdings dafür, dass die Beantwortung vor der ärztlichen Begutachtung erfolgt ist -, ist nicht erkennbar, dass der Kläger damit eine andere, von einer früheren Erklärung zeitlich deutlich abweichende Erklärung zu seiner Arbeitsbereitschaft abgeben wollte; der Kläger hat damit erstmals explizit seine schon vorher in diesem Umfang vorhandene Arbeitsbereitschaft erklärt. Ansonsten wäre dann eher zu erwarten gewesen, dass er bei derart weit auseinander liegender objektiver und subjektiver Verfügbarkeit in zeitlicher Hinsicht nachgefasst hätte. Dies auch schon deswegen, weil nicht erkennbar ist, dass die Beklagte ihn diesbezüglich auf mögliche Folgen für seinen Anspruch auf ALG hingewiesen hätte. Nachvollziehbar für das Gericht - wenn auch in völliger Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten und Erfordernissen des Arbeitsmarktes - hat der Kläger sowohl in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 29. November 2007 als auch im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 als Grund dafür, warum er im Anmeldebogen diese zeitlichen Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit gemacht hat, angegeben, dass er aufgrund seines Gesundheitszustandes und seiner Schwerbehinderteneigenschaft (GdB von 70 v. H.) die Erwartung gehegt hat, so schneller wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Der Senat ist somit davon überzeugt, dass der Kläger bis zum 31. Januar 2006 und darüber hinaus jederzeit dazu bereit war, einer ihm zumutbaren Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Der Kläger hatte somit bis zum 31. Januar 2006 alle Anspruchsvoraussetzungen für ALG erfüllt.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass dem auch nicht der Bezug von Krankengeld bis zum 1. Dezember 2005 bis 28. März 2006 entgegensteht. Der Bezug von Krankengeld hindert nicht das entstehen des Anspruchs auf ALG. Mit Anspruch im Sinne des § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III ist das Stammrecht gemeint. Ruhensvorschriften setzen das Bestehen des Stammrechts voraus und begründen lediglich eine Zahlungssperre (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1990 - 11 RAr 141/88 - veröffentlicht in Juris).
Nach alledem steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf ALG für die Dauer von 960 Kalendertage ab dem 29. März 2006 zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (ALG) streitig.
Der 1948 geborene Kläger war vom 2. Dezember 1983 bis 30. November 2004 versicherungspflichtig bei der A. S. AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin, der O. L. GmbH als Lagerist versicherungspflichtig beschäftigt. Bis zum Betriebsübergang am 1. Dezember 2004 hatte der Kläger als Gruppenleiter für die interne Verpackung bei der A. S. AG leichte körperliche Arbeiten, danach bei der O. L. GmbH als Lagerist schwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Ab dem 25. Oktober 2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 1. Dezember 2005 bis 28. März 2006 bezog er Krankengeld. Mit Kündigung vom 22. April 2005 wurde das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 2005 beendet.
Am 25. April 2005, 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 sprach der Kläger persönlich bei der AA S. vor. Bei seiner Vorsprache am 4. Oktober 2005 füllte der Kläger einen Anmeldebogen aus, wonach er frühestens am 2. Januar 2006 eine neue Arbeit aufnehmen könne. Darüber hinaus gab er im Anmeldebogen an, bei seiner letzten Tätigkeit habe es sich um eine Vollzeitbeschäftigung gehandelt. Er weise gesundheitliche Einschränkungen auf und sei mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 schwerbehindert. Darüber hinaus kreuzte er unter "Ich strebe folgende Arbeitszeiten an": Teilzeit, "Anzahl der Sunden": 3 Stunden pro Woche und unter "Gewünschte Verteilung der Arbeitszeit": Nachmittags von 15:00 bis 18:00 Uhr von Montags bis Freitags an. Im Antrag auf Gewährung von ALG ist eine Arbeitslosmeldung am 7. Februar 2006 mit Wirkung zum 29. März 2006 vermerkt; in dem Antrag, der vom Kläger mit Datum 20. April 2006 unterschrieben wurde, hat er unter anderem unter Ziff. 2 d) angegeben, er könne die Tätigkeit bei seiner letzten Beschäftigung nicht mehr weiter ausüben und bei einer erforderlichen ärztlichen Begutachtung sei er bereit, sich im Rahmen des festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Mit Datum vom 9. Februar 2006 wurde von der Arbeitsvermittlung der AA eine ärztliche Begutachtung veranlasst. Am 28. März 2006 wurde dem Kläger das ärztliche Gutachten des Dr. B. eröffnet, wonach ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen und unter Berücksichtigung der angeführten Leistungseinschränkungen bestand. Mit Bescheid vom 21. April 2006 bewilligte die AA dem Kläger ALG in Höhe des Leistungssatzes von 35,70 EUR täglich ab dem 29. März 2006 für die Dauer von 540 Kalendertagen. Hiergegen erhob der Kläger am 11. Mai 2006 Widerspruch. Ihm sei ALG für die Dauer von 960 Kalendertage zu gewähren. Bei seiner Vorsprache am 4. Oktober 2005 habe er mitgeteilt, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei. Ihm sei gesagt worden, dass er sich wieder melden solle, wenn er arbeitsfähig sei. Gleiches sei ihm bei seiner Vorsprache am 13. Januar 2006 gesagt worden. Er sei nicht auf die Änderung der Gesetzeslage zur Dauer des ALG zum 31. Januar 2006 hingewiesen worden. Es wäre für ihn günstiger gewesen, ab 13. Januar 2006 bzw. spätestens ab dem 30. Januar 2006 ALG zu beziehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2006 wies die AA den Widerspruch des Klägers zurück.
Mit der am 27. Juni 2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat im wesentlichen seine Begründung aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Mit Urteil vom 29. November 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Dauer des Anspruchs auf ALG ergäbe sich aus § 127 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach der ab dem 1. Januar 2004 geltenden Fassung des § 127 Abs. 2 SGB III betrage bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 36 Monaten Dauer und Vollendung des 55. Lebensjahres der ALG-Anspruch 18 Monate. Nach § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III sei § 127 in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden sei. Dieser sehe bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 64 Monaten Dauer und Vollendung des 57. Lebensjahres eine Dauer des ALG-Anspruchs von 32 Monaten vor. Zwar habe der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt; der Anspruch auf ALG sei jedoch nicht bis zum 31. Januar 2006 entstanden. Allerdings hindere der Bezug von Krankengeld nicht das Entstehen des Anspruchs auf ALG. Der Kläger sei jedoch bis zum 31. Januar 2006 nicht arbeitslos gewesen im Sinne des § 119 SGB III, da er nicht bereit gewesen sei, jede versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende, zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes anzunehmen und auszuüben. Er habe den Vermittlungsbemühungen der Beklagten subjektiv nicht zur Verfügung gestanden. Er habe im Anmeldebogen angegeben er strebe eine Teilzeitarbeit von 3 Stunden wöchentlich an; die Arbeitszeit solle nachmittags zwischen 15:00 und 18:00 Uhr liegen. Damit habe er sich nicht dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellte. Verfügbarkeit könne auch nicht über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fingiert werden. Auch nach § 125 Abs. 1 SGB III habe er keinen Anspruch auf ALG vor dem 31. Januar 2006 gehabt.
Gegen das seinen Bevollmächtigten am 30. Januar 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Februar 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er habe dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, wie er ja die Arbeiten bei seiner früheren Arbeitgeberin - A. S. AG - durchaus hätte weiter erledigen können. Angaben auf dem Anmeldebogen, welche Arbeitszeiten er anstrebe, habe er nur gemacht, weil er gedacht habe, so leichter einen Arbeitsplatz zu erhalten. Ihm sei vorher gerade auch von der Beklagten gesagt worden, dass er schwer vermittelbar sei und es wahrscheinlich keinen Arbeitsplatz für ihn gäbe. Einen anderen Grund für seine Angaben zur Arbeitszeit habe es nicht gegeben. Er sei selbstverständlich jederzeit bereit gewesen, auch vollschichtig zu arbeiten. Er habe diese Frage nicht dahingehend verstanden, dass er angeben solle, wie lange er gesundheitlich arbeiten könne und wolle. Er habe keinen Hauptschulabschluss und verstehe die deutsche Sprache nicht in ihren Feinheiten. Die Beklagte hätte ihn bei Abgabe und Durchsicht des Anmeldebogens darauf hinweisen müssen, dass nach ihrem Verständnis bei diesen Angaben zur Arbeitszeit kein Anspruch auf ALG bestehe, da es an der subjektiven Arbeitsbereitschaft fehle. Subjektive Arbeitsbereitschaft werde mit der Fragestellung nicht explizit erfragt. Unklarheiten in der Formulierung von Fragen gingen zu Lasten der Beklagten und begründeten eine besondere Aufklärung- und Hinweispflicht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab 29. März 2006 für die Dauer von 960 Kalendertagen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Die Fragestellung im Anmeldebogen sei nicht mehrdeutig oder unklar. Es liege kein ursächliches Verhalten der Beklagten dafür vor, dass sich der Kläger nur 3 Stunden für den allg. Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellte habe. An der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers habe es bis zum 31. Januar 2006 gefehlt. Eine frühere Arbeitslosmeldung und Antragstellung als am 7. Februar 2006 mit Wirkung zum 29. März 2006 sei nicht erwiesen. Der Antrag sei erst am 20. Februar 2006 ausgefüllt worden. Erst mit diesem Antrag habe er sich im Rahmen des am 28. März 2006 eröffneten ärztlichen Gutachtens uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. Der Kläger habe auch keinerlei Eigenbemühungen unternommen.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 22. April 2008 hat der Kläger angegeben, im fraglichen Zeitraum (Januar 2006) Tageszeitungen nach geeigneten offenen Stellen ausgewertet zu haben.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (677 A 237319), die Klageakte des SG (S 18 AL 4704/06) und die Berufungsakte des Senats (L 13 AL 863/08) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, da es um einen Anspruch des Klägers auf ALG für die Dauer von 420 Kalendertagen geht; die Berufung betrifft somit gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGB III wiederkehrende und laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr. Sie ist auch ansonsten zulässig, das sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften gem. § 151 Abs. 1 SGG eingelegt wurde. Die Berufung ist auch begründet, da der Kläger einen Anspruch auf ALG ab 29. März 2006 für die Dauer von 960 Kalendertagen hat. Der Bescheid der Beklagten vom 21. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 ist somit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten insoweit, als ihm ALG lediglich für die Dauer von 540 Kalendertagen bewilligt worden ist.
Nach § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III richtet sich die Dauer des Anspruchs auf ALG nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um ein Jahr erweiterten Rahmenfrist und dem Lebensalter, das der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs vollendet hat. Die Dauer des Anspruchs beträgt nach Abs. 2 der Vorschrift in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 36 Monaten Dauer und Vollendung des 55. Lebensjahres 18 Monate. Nach § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III ist § 127 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. § 127 Abs. 2 SGB III in der Fassung bis zum 31. Dezember 2003 sieht bei Versicherungspflichtverhältnissen von min. 64 Monaten Dauer und Vollendung des 57. Lebensjahres eine Dauer des Anspruchs auf ALG von 32 Monaten vor.
Der Kläger hatte 2005 das 57. Lebensjahr vollendet. Er war innerhalb der Rahmenfrist des § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB III mindestens 64 Monate lang in einem Versicherungspflichtverhältnis beschäftigt gewesen. Auch ist der Anspruch des Klägers auf ALG bis zum 31. Januar 2006 entstanden; es lagen bis dahin alle gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf ALG vor. Anspruch auf ALG haben nach § 117 Abs. 1 SGB III in der Fassung ab 1. Januar 2005 Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit (1.) oder bei beruflicher Weiterbildung (2.). Gem. § 118 Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos sind (1.), sich bei der AA arbeitslos gemeldet haben (2.) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (3.). Der Kläger hat sich vor dem 31. Januar 2006 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Nach § 122 Abs. 1 SGB III hat sich der Arbeitlose persönlich bei der zuständigen AA Arbeitslos zu melden. Eine Meldung ist auch zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit noch nicht eingetreten, der Eintritt der Arbeitslosigkeit aber innerhalb der nächsten 3 Monate zu erwarten ist. Der Kläger hat am 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 persönlich bei der AA vorgesprochen, nachdem mit Arbeitgeberkündigung vom 22. April 2005 das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 beendet worden war. In diesen Vorsprachen am 4. Oktober 2005 und 13. Januar 2006 liegt eine Arbeitslosmeldung im Sinne des § 122 Abs. 1 SGB III. Die Arbeitslosmeldung ist eine Tatsachenerklärung; an sie sind keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn der Arbeitslose persönlich gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit - vorliegend die AA - zum Ausdruck bringt, er sei arbeitslos (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. Januar 2005 - B 11 a/11 AL 41/04 R - veröffentlicht in Juris). Dies hat der Kläger gegenüber der AA hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, nachdem er einen Anmeldebogen ausgefüllt und ausgehändigt hat, und auch das Ende seines alten Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2005 angegeben und als nächstmöglichen Termin für eine neue Arbeitsaufnahme den 2. Januar 2006 genannt hat. Auch die Anwartschaftszeit gem. § 123 SGB III hat der Kläger erfüllt; er hat in der Rahmenfrist des § 124 SGB III mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden.
Der Kläger war auch vor dem 31. Januar 2006 arbeitslos. Arbeitslos ist nach § 119 Abs. 1 SGB III in der Fassung seit 1. Januar 2005 ein Arbeitnehmer, der nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit, 1.), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen, 2.), und den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung steht (Verfügbarkeit , 3.). Der Kläger stand ab 1. Januar 2006 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis. Es fehlt bis zum 30. Januar 2006 auch nicht am Bemühen des Klägers, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Gem. § 119 Abs. 4 Satz 1 SGB III hat der Arbeitslose im Rahmen der Eigenbemühungen alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. § 119 Abs. 4 Satz 2 SGB III konkretisiert im Weiteren dabei die Erwartungen, die an den Arbeitslosen zu stellen sind. Hierbei handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit, wobei die für den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen erhebliche Obliegenheitsverletzung nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes Handeln des Arbeitslosen voraussetzt (vgl. BSG NZS 2006, S. 436 ff.). Art und zeitlicher Umfang der Eigenbemühungen sind vom Einzelfall abhängig. Hierbei sind die Persönlichkeit des Arbeitslosen, seine persönliche Leistungsfähigkeit, die Dauer der Arbeitslosigkeit und die realen Eingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen (vgl. Niesel, SGB III, § 119 RandNr. 48). Unter Würdigung der gesamten Umstände, nämlich dass es sich beim Kläger um einen nichtdeutschen Staatsangehörigen handelt, er erst zum 1. Januar 2006 beschäftigungslos wurde, es vorliegend im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzung für einen Anspruch auf ALG bis zum 31. Januar 2006 auf die vom Kläger unternommenen Eigenbemühungen bis eben zu diesem Datum ankommt und schließlich bei Berücksichtigung seiner im fraglichen Zeitraum bis 31. Januar 2006 weiterhin bestehenden Erkrankung, die zu Arbeitsunfähigkeit geführt hat, hat der Kläger noch ausreichende Eigenbemühungen unternommen. Entgegen der Beklagten hat der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 nicht eingeräumt, keinerlei Eigenbemühungen unternommen zu haben. Stattdessen hat der Kläger beispielsweise darauf hingewiesen, dass er im fraglichen Zeitraum durchaus durch Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen sich bemüht hat, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Im Übrigen hat die Beklagte wohl selbst jedenfalls bis zum Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 keine Zweifel daran gehegt, dass der Kläger Eigenbemühungen unternommen hat; es wäre wohl sonst auch nicht zur Bewilligung des ALG mit Bescheid vom 28. April 2006 gekommen. Anhaltspunkte für eine fehlende aktive Beschäftigungssuche des Klägers in ausreichendem Ausmaße liegen somit jedenfalls bis 31. Januar 2006 nicht vor.
Der Kläger stand auch bis 31. Januar 2006 den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung. Nach § 119 Abs. 5 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der AA zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige min. 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (1.), Vorschlägen der AA zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (2.) und bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben (3.). Das der Kläger am 31. Januar 2006 und darüber hinaus in der Lage war, eine versicherungspflichtige, min. 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben, steht fest aufgrund des Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Beklagten, welches dem Kläger am 28. März 2006 eröffnet wurde. Danach war der Kläger im fraglichen Zeitraum (Januar 2006) und darüber hinaus in der Lage, vollschichtig eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben. Ausgeschlossen waren lediglich Tätigkeiten mit ganztägigem Stehen, Temperaturschwankungen, Nachtschichten, besonderen Atemwegsbelastungen und besonderem Leistungs- und Zeitdruck. Entsprechend dieser Arbeitsfähigkeit war der Kläger auch bis 31. Januar 2006 - und darüber hinaus - arbeitsbereit (§ 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III). Es fehlte bis zum 31. Januar 2006 nicht an der subjektiven Verfügbarkeit des Klägers. Der Begriff "Bereitschaft" in § 119 Abs. 5 Nr. 3 SGB III bezieht sich auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, also auf ein subjektives Kriterium. Die subjektiven Umstände (innere Tatsachen) können durch die Indizwirkung "äußerer Tatsachen" festgestellt werden. Hierzu gehören in erster Linie Erklärungen und Angaben im Zusammenhang mit der Arbeitslosmeldung und darüber hinaus Erklärungen zur Arbeitsbereitschaft vor und während der Arbeitslosigkeit. Die Beurteilung der subjektiven Verfügbarkeit des Arbeitslosen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Zu klären ist dabei insbesondere, ob der Arbeitslose nur subjektive Wünsche äußert oder Neigungen betont, oder ob er sich tatsächlich beschränken will auf bestimmte Beschäftigungen oder Beschäftigungszeiten, andere also für sich ausschließt. Aus den Angaben des Klägers im Anmeldebogen, den er bei seiner persönlichen Vorsprache am 4. Oktober 2005 bei der AA ausgefüllt bzw. dieser übergeben hat, er strebe folgende Arbeitszeiten an: Teilzeit bei 3 Stunden pro Woche, wobei diese nachmittags von Montags bis Freitag von 15:00 bis 18:00 Uhr liegen sollten, lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger nicht dazu bereit war, eine vollschichtige, zumutbare Beschäftigung auszuüben. Schon die Formulierung "Ich strebe folgende Arbeitszeiten an" ist nicht gleichzusetzen mit einer Fragestellung wie etwa "Ich bin bereit in folgendem zeitlichen Umfang zu arbeiten" bzw. "Folgende Arbeitszeiten schließe ich aus". Angaben zu der von der Beklagten verwendeten "Fragestellung" bringen allenfalls subjektive Wünsche oder Neigungen zum Ausdruck, sind aber keinesfalls gleichzusetzen mit dem Willen, sich auf die angegebenen Arbeitszeiten im Sinne eines Ausschließen von darüber hinaus gehenden Arbeitszeiten festzulegen. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Klägers zum zeitlichen Umfang einer Beschäftigung im Sinne einer inneren Beschränkung der Bereitschaft, über 3 Stunden in der Woche hinaus zu arbeiten, zu verstehen sind, fehlen gänzlich. Der Kläger hat bis zum 30. Dezember 2005 - folglich also noch zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Angaben des Klägers - ein "Vollzeitbeschäftigungsverhältnis" innegehabt. Der Kläger hat vorher niemals in Teilzeit gearbeitet. Der Kläger hat sich in dem Antrag auf Bewilligung von ALG ausdrücklich im Rahmen des durch eine ärztliche Begutachtung festgestellten Leistungsvermögens für die Vermittlung durch die Beklagte zur Verfügung gestellt; eine zeitliche Beschränkung - schon gar in dem Ausmaß, wie es die Beklagte seinen Angaben im Anmeldebogen entnehmen will - hat der Kläger in seinem ALG-Antrag nicht vorgenommen. Auch wenn diese Angabe zur Verfügbarkeit des Klägers erst nach Eröffnung des ärztlichen Gutachtens am 28. März 2006, wonach der Kläger noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten verfügt hat, erfolgt sein sollte - die Fragestellung spricht allerdings dafür, dass die Beantwortung vor der ärztlichen Begutachtung erfolgt ist -, ist nicht erkennbar, dass der Kläger damit eine andere, von einer früheren Erklärung zeitlich deutlich abweichende Erklärung zu seiner Arbeitsbereitschaft abgeben wollte; der Kläger hat damit erstmals explizit seine schon vorher in diesem Umfang vorhandene Arbeitsbereitschaft erklärt. Ansonsten wäre dann eher zu erwarten gewesen, dass er bei derart weit auseinander liegender objektiver und subjektiver Verfügbarkeit in zeitlicher Hinsicht nachgefasst hätte. Dies auch schon deswegen, weil nicht erkennbar ist, dass die Beklagte ihn diesbezüglich auf mögliche Folgen für seinen Anspruch auf ALG hingewiesen hätte. Nachvollziehbar für das Gericht - wenn auch in völliger Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten und Erfordernissen des Arbeitsmarktes - hat der Kläger sowohl in der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 29. November 2007 als auch im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 22. April 2008 als Grund dafür, warum er im Anmeldebogen diese zeitlichen Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit gemacht hat, angegeben, dass er aufgrund seines Gesundheitszustandes und seiner Schwerbehinderteneigenschaft (GdB von 70 v. H.) die Erwartung gehegt hat, so schneller wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Der Senat ist somit davon überzeugt, dass der Kläger bis zum 31. Januar 2006 und darüber hinaus jederzeit dazu bereit war, einer ihm zumutbaren Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Der Kläger hatte somit bis zum 31. Januar 2006 alle Anspruchsvoraussetzungen für ALG erfüllt.
Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass dem auch nicht der Bezug von Krankengeld bis zum 1. Dezember 2005 bis 28. März 2006 entgegensteht. Der Bezug von Krankengeld hindert nicht das entstehen des Anspruchs auf ALG. Mit Anspruch im Sinne des § 434 l Abs. 1 Satz 1 SGB III ist das Stammrecht gemeint. Ruhensvorschriften setzen das Bestehen des Stammrechts voraus und begründen lediglich eine Zahlungssperre (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1990 - 11 RAr 141/88 - veröffentlicht in Juris).
Nach alledem steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf ALG für die Dauer von 960 Kalendertage ab dem 29. März 2006 zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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