Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 1300/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5885/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8.11.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung dieser Leistungen in Höhe von insgesamt 49.514,75 EUR.
Der 1954 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war zuletzt von 1989 bis 4.12.1995 als Bauarbeiter beschäftigt. Er bewohnt mit seiner Ehefrau eine selbstgenutzte Eigentumswohnung von 80 qm Wohnfläche. Die Beklagte gewährte dem Kläger am 5.12.1995 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 2.12.1996 antragsgemäß Alg. In seinem Antrag auf Anschluss-Alhi gab der Kläger als Vermögen ein Guthaben von 8655,96 DM und Zinseinnahmen von 1259,29 DM an. Bei den Fragen nach Grundstücken und Eigentumswohnungen gab er an: "80 qm selbst bewohnte Wohnfläche im gemeinsamen Eigentum mit dem Ehegatten (Belastungen: 90.000 DM)". Die Beklagte bewilligte daraufhin Alhi ab 3.12.1996 nach einem unveränderten Bemessungsentgelt von 910 DM mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 310,80 DM. Alhi wurde gewährt bis 29.4.1997, danach bezog der Kläger Krankengeld bis 27.5.1998. Im Anschluss daran bezog der Kläger wieder Alg bis 24.11.1998 und anschließend Alhi in den Zeiträumen vom 25.11.1998 bis 2.9.1999, 11.9.1999 bis 7.3.2001, 17.3.2001 bis 7.7.2002, 28.9.2002 bis 11.6.2003, 1.11.2003 bis 10.9.2004 und 25.9.2004 bis 31.10.2004.
Auch im Antrag vom September 1997 gab der Kläger an, er bewohne mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung von 80 qm Fläche (Verkehrswert 130.000 DM, Belastung 80.000 DM bzw. 700 DM monatlich). In den nachfolgenden Weitergewährungsanträgen wurden hierzu keine weiteren Angaben gemacht bzw. angegeben, es seien keine Änderungen eingetreten.
Durch die Angaben des Klägers im Antrag auf Alg II wurde bekannt, dass er (mit seiner Ehefrau) auch in A.Türkei eine 1988 erworbene Eigentumswohnung besitzt, die eine Wohnfläche von 80 qm und einen vom Kläger geschätzten Wert von 25.000 EUR hat. Mit Schreiben vom 10.11.2004 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung von Alg und Alhi in der Zeit vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 an. Der Kläger habe die Leistungen zu Unrecht bezogen, da wegen der Wohnung in der Türkei Bedürftigkeit von Anfang an nicht vorgelegen habe.
Mit Bescheid vom 17.2.2005 hob die Beklagte die Alg- und Alhi-Bewilligung für die obengenannten Zeiträume vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf, weil der Kläger zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Die Alhi-Bewilligung sei von Anfang an unrechtmäßig gewesen, denn der Kläger sei nicht bedürftig gewesen. Auf Grund der nicht angegebenen Eigentumswohnung in der Türkei im Wert von 25.000 EUR (= 48.895,75 DM) ergebe sich nach Abzug der Freibeträge von zwei mal 8.000,00 DM ein zu berücksichtigendes Vermögen von 32.895,75 DM, so dass der Kläger für 36 Wochen (32.895,75 DM: 910 DM Bemessungsentgelt = 36,15) nicht bedürftig gewesen sei. Dadurch habe auch während des Bezugs von Krankengeld keine Beitragspflicht bestanden, der Kläger habe deshalb keinen neuen Alg-Anspruch ab 29.5.1998 und keinen neuen Alhi-Anspruch ab 25.11.1998 erworben. Als Beitrag zur Altersvorsorge könne die Eigentumswohnung in Ankara nicht berücksichtigt werden, da der Kläger bereits durch seine selbstgenutzte Eigentumswohnung in Deutschland einen Beitrag zur Altersvorsorge leiste. Mit gleicher Begründung wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid 10.4.2005 zurück.
Mit der dagegen am 25.4.2005 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Wohnung in der Türkei benutze er in der Urlaubszeit als Ferienwohnung und Unterkunft, die Wohnung werde nicht vermietet. Nach der Rückkehr in die Türkei wolle er in diese Wohnung ziehen, so dass sie als Alterssitz gedacht sei. Die Beklagte habe den Altersvorsorgebetrage nach § 9 Alhi-VO nicht berücksichtigt, wonach der 51 Jahre alte Kläger einen Freibetrag von 10.200 EUR und die 52-jährige Ehefrau einen Freibetrag von 10.400 EUR habe, sodass zuzüglich des generellen Freibetrages von 4100 EUR je Ehegatte die Freibeträge höher seien als die Vermögensverhältnisse. Außerdem liege ein Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachanrechnung vor. Das Vermögen habe nach Ablauf der errechneten Dauer fehlender Bedürftigkeit nicht erneut berücksichtigt werden dürfen.
Das SG hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2006 durch Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die angefochtene Rücknahme- und Erstattungsentscheidung, mit der die Beklagte die Bewilligung von Alg und Alhi im Zeitraum vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 unter Berufung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X wegen vorhandenen Vermögens und deshalb fehlender Bedürftigkeit zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung der in diesem Zeitraum zu Unrecht bezogenen Leistungen (Alg und Alhi in Höhe von 44.063,74 EUR nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.323,57 EUR und 1.127,44 EUR) verfügt habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.
Für die Kammer stehe nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens außer Zweifel, dass auf Grund des bereits bei der ersten Alhi-Antragstellung vom Dezember 1996 vorhandenen Vermögens in Form der Eigentumswohnung in Ankara im Wert von 25.000 EUR, das der Kläger von Anfang an (und auch bei wiederholten späteren Alhi-Antragstellungen) verschwiegen habe, die Bewilligung von Alhi i. S. von § 45 Abs. 1 SGB X von Anfang an unrichtig gewesen sei, weil dem Kläger wegen fehlender Bedürftigkeit Alhi überhaupt nicht zugestanden habe. Diesem zumutbar zu verwertenden Vermögen sei zumindest das seinerzeit noch vorhandene und angegebene Geldvermögen von 8.665 DM hinzuzurechnen. Nach der Alhi-VO in der damals geltenden Fassung habe der zu berücksichtigende Freibetrag für den Kläger und seine Ehefrau je 8.000 DM betragen, weshalb der Kläger für einen Zeitraum von mehr als 36 Wochen und damit auf jeden Fall im gesamten Zeitraum der erstmaligen Alhi-Bewilligung vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 nicht bedürftig gewesen sei. Da der Kläger bereits durch die selbstgenutzte Eigentumswohnung einen angemessenen und ausreichenden Beitrag zur Altersvorsorge bewerkstelligt habe, könne die Eigentumswohnung in Ankara nicht als zusätzlich erforderlicher Beitrag zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung anerkannt werden. Es gebe zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger und seine Ehefrau als Rentenbezieher wegen Bedürftigkeit auf staatliche Unterstützung aus Mitteln der Sozialhilfe angewiesen sein könnten.
Der Kläger sei auch geistig ausreichend befähigt gewesen, seine Verpflichtung zu erkennen, bei der Stellung des Alhi-Antrags sein Vermögen insgesamt anzugeben und nicht teilweise zu verschweigen. Sollte der Kläger auch nur geringste Zweifel darüber gehabt haben, ob er auch in der Türkei vorhandene Vermögenswerte anzugeben habe, hätten sich diese durch eine kurze Anfrage bei der Beklagten oder einer anderen rechtskundigen Person leicht beheben lassen. Die entsprechenden Fragen zu den vorhandenen Vermögenswerten in den Antragsvordrucken seien ausreichend verständlich, auch sei der Kläger über seine Mitteilungspflichten laufend belehrt worden und habe auch bei allen Antragstellungen jeweils unterschriftlich versichert, er habe das einschlägige Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen. Auf fehlendes sprachliches Verständnis der Hinweise im Merkblatt und der Fragen im Antragsvordruck könne sich der Kläger, der sich schon seit über 20 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte, hier gearbeitet und auch wiederholt Lohnersatzleistungen in Anspruch genommen habe, schon deshalb nicht berufen, weil er ansonsten verpflichtet gewesen wäre, sich einer sprachkundigen Hilfe zu bedienen oder bei den zuständigen Stellen nachzufragen.
Die Beklagte habe deswegen zu Recht - und ohne hierbei ein Ermessen eingeräumt zu haben - die Alhi-Bewilligung von Anfang an aufgehoben und die ohne Rechtsgrund gezahlte Alhi sowie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurückgefordert. Die Erstattungsbeträge habe die Beklagte zutreffend errechnet, Rechenfehler seien von dem - rechtskundigen vertretenen - Kläger auch nicht geltendgemacht werden.
Wenn der Bezug von Alhi für die Zeit vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 hiernach als rechtswidrig aufzuheben gewesen sei, dann habe auch die Zeit des anschließenden Bezugs von Krankengeld vom 30.4.1997 bis 27.5.1998 nicht einer Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleich gestanden. Diene aber der Zeitraum des Bezugs von Krankengeld nicht zur Erfüllung einer (neuen) Anwartschaft nach § 104 Abs. 1 AFG, fehle es auch an einer Rechtsgrundlage für den nachfolgenden Bezug von Alg ab 29.5.1998 und den anschließenden Bezug von Anschluss-Alhi in dem Zeitraum zwischen 25.11.1998 und 31.10.2004.
Auf den vom Kläger angesprochenen "Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachanrechnung" komme es hier nicht an, weil für die hier strittige Aufhebung der Bewilligung für die gesamte Zeit ausschlaggebend sei, dass der Kläger bereits im Zeitraum der erstmaligen Alhi-Gewährung 3.12.1996 wegen des pflichtwidrig verschwiegenen Vermögens nicht bedürftig gewesen sei. Sollte der Kläger nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen außer Stande sein, den geforderten Erstattungsbetrag in einer Summe zurückzuzahlen, berühre dies nicht die Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte Erstattungspflicht. Über eine eventuelle Stundung oder Einräumung von Ratenzahlungen habe das SG nicht zu entscheiden.
Gegen dieses am 21.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2006 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen, es sei der Altersvorsorgebetrag nach § 9 der Alhi-VO nicht berücksichtigt worden. Der Kläger habe zusammen mit seiner Ehefrau Freibeträge in einer Höhe gehabt, die das Vermögen in diesem Fall überstiegen hätten. Hilfsweise werde noch eingewandt, dass ein Verstoß gegen das Mehrfachanrechnungsverbot vorliege.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8.11.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 17.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig.
Der Senat weist nach eigener Überprüfung die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Er nimmt auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufungsbegründung ist nicht geeignet, das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen zu lassen. So weit der Kläger wiederholend vorbringt, es sei der Altersvorsorgebetrag nach § 9 der Alhi-VO nicht berücksichtigt worden, ist dem entgegenzuhalten, dass bei der ersten Bedürftigkeitsprüfung im Dezember 1996 die in dieser Zeit geltende Alhi-VO zugrundezulegen war. § 6 Abs. 1 Alhi-VO in der vom 1.4.1996 bis 28.6.1999 geltenden Fassung bestimmte, dass Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sei, so weit es verwertbar sei, die Verwertung zumutbar sei und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar sei, "jeweils 8.000 Deutsche Mark übersteigt". Die Beklagte hat also zu Recht einen Freibetrag von je 8.000 DM für den Kläger und für seine Ehefrau zu Grunde gelegt. In § 9 Alhi-VO in der damals geltenden Fassung war die von der Beklagten zutreffend errechnete Dauer des Wegfalls der Bedürftigkeit geregelt.
Soweit der Kläger wiederholend vorbringt, es liege ein Verstoß gegen das Mehrfachanrechnungsverbot vor, ist dies aus den vom SG genannten Gründen nicht zutreffend. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass die Bedürftigkeit für den ersten Alhi-Bewilligungszeitraum vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 wegen der Anrechnung des Vermögens weggefallen ist und dadurch auch die Beitragspflicht des Krankengeldbezuges entfallen ist. Dies führt dazu, dass der Kläger für die Zeit nach dem Krankengeldbezug keine neue Anwartschaft für einen Alg-Anspruch erworben hat (§ 104 AFG), auch keinen Anspruch auf originäre Alhi erworben hat (§ 134 Abs. 1 Nr. 4b AFG) und der vorher bestehende Anspruch auf Anschluss-Alhi erloschen war, weil seit dem letzten Tage des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen war (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG).
Weil es sich bei der Aufhebung der Bewilligung und der Rückforderung von Alg und Alhi um eine gebundene Entscheidung handelt, ist hier eine Billigkeitsentscheidung, die berücksichtigt, dass die zurückgeforderten Leistungen das angerechnete Vermögen weit übersteigen, nicht möglich. Eine solche Billigkeitsentscheidung ist lediglich durch Stundung, Teilerlass oder Erlass der Forderung möglich, eine solche haushaltsrechtliche Entscheidung ist aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits, sondern bedarf einer vorherigen Verwaltungsentscheidung.
Die Berufung des Klägers ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Rückforderung dieser Leistungen in Höhe von insgesamt 49.514,75 EUR.
Der 1954 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er war zuletzt von 1989 bis 4.12.1995 als Bauarbeiter beschäftigt. Er bewohnt mit seiner Ehefrau eine selbstgenutzte Eigentumswohnung von 80 qm Wohnfläche. Die Beklagte gewährte dem Kläger am 5.12.1995 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 2.12.1996 antragsgemäß Alg. In seinem Antrag auf Anschluss-Alhi gab der Kläger als Vermögen ein Guthaben von 8655,96 DM und Zinseinnahmen von 1259,29 DM an. Bei den Fragen nach Grundstücken und Eigentumswohnungen gab er an: "80 qm selbst bewohnte Wohnfläche im gemeinsamen Eigentum mit dem Ehegatten (Belastungen: 90.000 DM)". Die Beklagte bewilligte daraufhin Alhi ab 3.12.1996 nach einem unveränderten Bemessungsentgelt von 910 DM mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 310,80 DM. Alhi wurde gewährt bis 29.4.1997, danach bezog der Kläger Krankengeld bis 27.5.1998. Im Anschluss daran bezog der Kläger wieder Alg bis 24.11.1998 und anschließend Alhi in den Zeiträumen vom 25.11.1998 bis 2.9.1999, 11.9.1999 bis 7.3.2001, 17.3.2001 bis 7.7.2002, 28.9.2002 bis 11.6.2003, 1.11.2003 bis 10.9.2004 und 25.9.2004 bis 31.10.2004.
Auch im Antrag vom September 1997 gab der Kläger an, er bewohne mit seiner Ehefrau eine Eigentumswohnung von 80 qm Fläche (Verkehrswert 130.000 DM, Belastung 80.000 DM bzw. 700 DM monatlich). In den nachfolgenden Weitergewährungsanträgen wurden hierzu keine weiteren Angaben gemacht bzw. angegeben, es seien keine Änderungen eingetreten.
Durch die Angaben des Klägers im Antrag auf Alg II wurde bekannt, dass er (mit seiner Ehefrau) auch in A.Türkei eine 1988 erworbene Eigentumswohnung besitzt, die eine Wohnfläche von 80 qm und einen vom Kläger geschätzten Wert von 25.000 EUR hat. Mit Schreiben vom 10.11.2004 hörte die Beklagte den Kläger zu der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung von Alg und Alhi in der Zeit vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 an. Der Kläger habe die Leistungen zu Unrecht bezogen, da wegen der Wohnung in der Türkei Bedürftigkeit von Anfang an nicht vorgelegen habe.
Mit Bescheid vom 17.2.2005 hob die Beklagte die Alg- und Alhi-Bewilligung für die obengenannten Zeiträume vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf, weil der Kläger zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Die Alhi-Bewilligung sei von Anfang an unrechtmäßig gewesen, denn der Kläger sei nicht bedürftig gewesen. Auf Grund der nicht angegebenen Eigentumswohnung in der Türkei im Wert von 25.000 EUR (= 48.895,75 DM) ergebe sich nach Abzug der Freibeträge von zwei mal 8.000,00 DM ein zu berücksichtigendes Vermögen von 32.895,75 DM, so dass der Kläger für 36 Wochen (32.895,75 DM: 910 DM Bemessungsentgelt = 36,15) nicht bedürftig gewesen sei. Dadurch habe auch während des Bezugs von Krankengeld keine Beitragspflicht bestanden, der Kläger habe deshalb keinen neuen Alg-Anspruch ab 29.5.1998 und keinen neuen Alhi-Anspruch ab 25.11.1998 erworben. Als Beitrag zur Altersvorsorge könne die Eigentumswohnung in Ankara nicht berücksichtigt werden, da der Kläger bereits durch seine selbstgenutzte Eigentumswohnung in Deutschland einen Beitrag zur Altersvorsorge leiste. Mit gleicher Begründung wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid 10.4.2005 zurück.
Mit der dagegen am 25.4.2005 zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Wohnung in der Türkei benutze er in der Urlaubszeit als Ferienwohnung und Unterkunft, die Wohnung werde nicht vermietet. Nach der Rückkehr in die Türkei wolle er in diese Wohnung ziehen, so dass sie als Alterssitz gedacht sei. Die Beklagte habe den Altersvorsorgebetrage nach § 9 Alhi-VO nicht berücksichtigt, wonach der 51 Jahre alte Kläger einen Freibetrag von 10.200 EUR und die 52-jährige Ehefrau einen Freibetrag von 10.400 EUR habe, sodass zuzüglich des generellen Freibetrages von 4100 EUR je Ehegatte die Freibeträge höher seien als die Vermögensverhältnisse. Außerdem liege ein Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachanrechnung vor. Das Vermögen habe nach Ablauf der errechneten Dauer fehlender Bedürftigkeit nicht erneut berücksichtigt werden dürfen.
Das SG hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2006 durch Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die angefochtene Rücknahme- und Erstattungsentscheidung, mit der die Beklagte die Bewilligung von Alg und Alhi im Zeitraum vom 3.12.1996 bis 31.10.2004 unter Berufung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X wegen vorhandenen Vermögens und deshalb fehlender Bedürftigkeit zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung der in diesem Zeitraum zu Unrecht bezogenen Leistungen (Alg und Alhi in Höhe von 44.063,74 EUR nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.323,57 EUR und 1.127,44 EUR) verfügt habe, sei rechtlich nicht zu beanstanden und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.
Für die Kammer stehe nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens außer Zweifel, dass auf Grund des bereits bei der ersten Alhi-Antragstellung vom Dezember 1996 vorhandenen Vermögens in Form der Eigentumswohnung in Ankara im Wert von 25.000 EUR, das der Kläger von Anfang an (und auch bei wiederholten späteren Alhi-Antragstellungen) verschwiegen habe, die Bewilligung von Alhi i. S. von § 45 Abs. 1 SGB X von Anfang an unrichtig gewesen sei, weil dem Kläger wegen fehlender Bedürftigkeit Alhi überhaupt nicht zugestanden habe. Diesem zumutbar zu verwertenden Vermögen sei zumindest das seinerzeit noch vorhandene und angegebene Geldvermögen von 8.665 DM hinzuzurechnen. Nach der Alhi-VO in der damals geltenden Fassung habe der zu berücksichtigende Freibetrag für den Kläger und seine Ehefrau je 8.000 DM betragen, weshalb der Kläger für einen Zeitraum von mehr als 36 Wochen und damit auf jeden Fall im gesamten Zeitraum der erstmaligen Alhi-Bewilligung vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 nicht bedürftig gewesen sei. Da der Kläger bereits durch die selbstgenutzte Eigentumswohnung einen angemessenen und ausreichenden Beitrag zur Altersvorsorge bewerkstelligt habe, könne die Eigentumswohnung in Ankara nicht als zusätzlich erforderlicher Beitrag zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung anerkannt werden. Es gebe zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger und seine Ehefrau als Rentenbezieher wegen Bedürftigkeit auf staatliche Unterstützung aus Mitteln der Sozialhilfe angewiesen sein könnten.
Der Kläger sei auch geistig ausreichend befähigt gewesen, seine Verpflichtung zu erkennen, bei der Stellung des Alhi-Antrags sein Vermögen insgesamt anzugeben und nicht teilweise zu verschweigen. Sollte der Kläger auch nur geringste Zweifel darüber gehabt haben, ob er auch in der Türkei vorhandene Vermögenswerte anzugeben habe, hätten sich diese durch eine kurze Anfrage bei der Beklagten oder einer anderen rechtskundigen Person leicht beheben lassen. Die entsprechenden Fragen zu den vorhandenen Vermögenswerten in den Antragsvordrucken seien ausreichend verständlich, auch sei der Kläger über seine Mitteilungspflichten laufend belehrt worden und habe auch bei allen Antragstellungen jeweils unterschriftlich versichert, er habe das einschlägige Merkblatt für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen. Auf fehlendes sprachliches Verständnis der Hinweise im Merkblatt und der Fragen im Antragsvordruck könne sich der Kläger, der sich schon seit über 20 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland aufhalte, hier gearbeitet und auch wiederholt Lohnersatzleistungen in Anspruch genommen habe, schon deshalb nicht berufen, weil er ansonsten verpflichtet gewesen wäre, sich einer sprachkundigen Hilfe zu bedienen oder bei den zuständigen Stellen nachzufragen.
Die Beklagte habe deswegen zu Recht - und ohne hierbei ein Ermessen eingeräumt zu haben - die Alhi-Bewilligung von Anfang an aufgehoben und die ohne Rechtsgrund gezahlte Alhi sowie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurückgefordert. Die Erstattungsbeträge habe die Beklagte zutreffend errechnet, Rechenfehler seien von dem - rechtskundigen vertretenen - Kläger auch nicht geltendgemacht werden.
Wenn der Bezug von Alhi für die Zeit vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 hiernach als rechtswidrig aufzuheben gewesen sei, dann habe auch die Zeit des anschließenden Bezugs von Krankengeld vom 30.4.1997 bis 27.5.1998 nicht einer Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleich gestanden. Diene aber der Zeitraum des Bezugs von Krankengeld nicht zur Erfüllung einer (neuen) Anwartschaft nach § 104 Abs. 1 AFG, fehle es auch an einer Rechtsgrundlage für den nachfolgenden Bezug von Alg ab 29.5.1998 und den anschließenden Bezug von Anschluss-Alhi in dem Zeitraum zwischen 25.11.1998 und 31.10.2004.
Auf den vom Kläger angesprochenen "Verstoß gegen das Verbot der Mehrfachanrechnung" komme es hier nicht an, weil für die hier strittige Aufhebung der Bewilligung für die gesamte Zeit ausschlaggebend sei, dass der Kläger bereits im Zeitraum der erstmaligen Alhi-Gewährung 3.12.1996 wegen des pflichtwidrig verschwiegenen Vermögens nicht bedürftig gewesen sei. Sollte der Kläger nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen außer Stande sein, den geforderten Erstattungsbetrag in einer Summe zurückzuzahlen, berühre dies nicht die Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid festgestellte Erstattungspflicht. Über eine eventuelle Stundung oder Einräumung von Ratenzahlungen habe das SG nicht zu entscheiden.
Gegen dieses am 21.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.11.2006 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen, es sei der Altersvorsorgebetrag nach § 9 der Alhi-VO nicht berücksichtigt worden. Der Kläger habe zusammen mit seiner Ehefrau Freibeträge in einer Höhe gehabt, die das Vermögen in diesem Fall überstiegen hätten. Hilfsweise werde noch eingewandt, dass ein Verstoß gegen das Mehrfachanrechnungsverbot vorliege.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 8.11.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 17.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.4.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringen der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Die Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig.
Der Senat weist nach eigener Überprüfung die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Er nimmt auf die ausführlichen und zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufungsbegründung ist nicht geeignet, das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen zu lassen. So weit der Kläger wiederholend vorbringt, es sei der Altersvorsorgebetrag nach § 9 der Alhi-VO nicht berücksichtigt worden, ist dem entgegenzuhalten, dass bei der ersten Bedürftigkeitsprüfung im Dezember 1996 die in dieser Zeit geltende Alhi-VO zugrundezulegen war. § 6 Abs. 1 Alhi-VO in der vom 1.4.1996 bis 28.6.1999 geltenden Fassung bestimmte, dass Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen sei, so weit es verwertbar sei, die Verwertung zumutbar sei und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar sei, "jeweils 8.000 Deutsche Mark übersteigt". Die Beklagte hat also zu Recht einen Freibetrag von je 8.000 DM für den Kläger und für seine Ehefrau zu Grunde gelegt. In § 9 Alhi-VO in der damals geltenden Fassung war die von der Beklagten zutreffend errechnete Dauer des Wegfalls der Bedürftigkeit geregelt.
Soweit der Kläger wiederholend vorbringt, es liege ein Verstoß gegen das Mehrfachanrechnungsverbot vor, ist dies aus den vom SG genannten Gründen nicht zutreffend. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass die Bedürftigkeit für den ersten Alhi-Bewilligungszeitraum vom 3.12.1996 bis 29.4.1997 wegen der Anrechnung des Vermögens weggefallen ist und dadurch auch die Beitragspflicht des Krankengeldbezuges entfallen ist. Dies führt dazu, dass der Kläger für die Zeit nach dem Krankengeldbezug keine neue Anwartschaft für einen Alg-Anspruch erworben hat (§ 104 AFG), auch keinen Anspruch auf originäre Alhi erworben hat (§ 134 Abs. 1 Nr. 4b AFG) und der vorher bestehende Anspruch auf Anschluss-Alhi erloschen war, weil seit dem letzten Tage des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen war (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 AFG).
Weil es sich bei der Aufhebung der Bewilligung und der Rückforderung von Alg und Alhi um eine gebundene Entscheidung handelt, ist hier eine Billigkeitsentscheidung, die berücksichtigt, dass die zurückgeforderten Leistungen das angerechnete Vermögen weit übersteigen, nicht möglich. Eine solche Billigkeitsentscheidung ist lediglich durch Stundung, Teilerlass oder Erlass der Forderung möglich, eine solche haushaltsrechtliche Entscheidung ist aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits, sondern bedarf einer vorherigen Verwaltungsentscheidung.
Die Berufung des Klägers ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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