L 6 SF 51/07

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 6 R 581/06
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 51/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung der Erinnerungsführerin anlässlich der Begutachtung am 11. bis 15. Dezember 2006 wird auf 0,00 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

In dem Berufungsverfahren gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund (Az.: L 6 R 581/06) lud der Berichterstatter des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts (LSG) die Erinnerungsführerin mit Verfügung vom 22. August 2006 zum Erörterungstermin am 18. September 2006 und beauftragte mit Beweisanordnung vom 28. September 2006 Dr. S in P. mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund ambulanter ggf. stationärer Untersuchung bis zu drei Tagen. Mit Anschreiben vom gleichen Tag wurde die Erinnerungsführerin von der Beauftragung informiert. Es enthält u.a. folgenden Hinweis: "Der Entschädigungsantrag muss innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Beendigung der Zuziehung bei Gericht eingegangen sein". In dem beigefügten "Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten" ist vermerkt: "Der Antrag muss innerhalb von 3 Monaten gestellt werden, da sonst der Anspruch erlischt". In der Zeit vom 11. bis 15. Dezember 2006 wurde die Erinnerungsführerin in der Klinik S. in P. stationär aufgenommen.

Am 18. Dezember 2006 ging beim Thüringer LSG mit Telefax ein Antrag der Erinnerungsführerin auf Erstattung von Fahrtkosten für die Wahrnehmung des Termins am 18. September 2006 mit Telefax ein. Mit Verfügung vom 19. Dezember 2006 veranlasste der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Anweisung von 10,50 Euro.

Mit Telefax vom 20. Oktober 2007 (Eingang 22. Oktober 2007) erinnerte die Erinnerungsführerin "nochmals" an die Überweisung der Fahrtkosten nach P. Auf den Hinweis der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 24. Oktober 2007, dass ein solcher Antrag nicht vorliege und wegen Fristablaufs nicht mehr entschädigt werden könne, trug die Erinnerungsführerin vor, sie habe am 18. Dezember 2006 um 11:20 Uhr an das LSG die Anträge für die Fahrt nach Erfurt und nach P. gefaxt. In einem Telefongespräch habe ihr die Urkundsbeamtin gesagt, dass "noch nicht über die Höhe entschieden" worden sei. Der von der Erinnerungsführerin übersandte Telefax-Sendebericht weist für den 18. Dezember 2006 unter Nr. 74 eine Faxnummer des Thüringer LSG, "02 Seiten" und den Vermerk "OK" auf.

Am 19. November 2007 beantragte die Erinnerungsführerin die richterliche Festsetzung. Sie trägt vor, der zuständige Richter Frese habe ihr die Bezahlung der Kosten zugesagt. Sie habe sich auf die Erledigung verlassen und im März 2007 bei der Urkundsbeamtin telefonisch wegen der Erstattung nachgefragt. Diese habe ihr gesagt, dass ein Antrag vorliege, aber noch keine Bezahlung erfolge, weil noch über die Höhe der Zahlung zu entscheiden sei.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich der Begutachtung vom 11. bis 15. Dezember 2006 auf 282,50 Euro festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich der Begutachtung vom 11. bis 15. Dezember 2006 auf 0,00 Euro festzusetzen.

Nach seinen Ausführungen kann heute nicht mehr festgestellt werden, ob am 18. Dezember 2006 tatsächlich zwei Telefaxe eingegangen sind. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Gerät in Betrieb gewesen, bei dem ein Ausdruck von täglichen Faxjournalen nicht erfolgte.

Auf Anfrage des Unterzeichners hat der frühere Berichterstatter des 6. Senats, Direktor des Sozialgerichts (DirSG) Frese unter dem 17. Dezember 2007 mitgeteilt, er könne sich an den Eingang eines Fahrtkostenantrags nicht erinnern. Eine Entscheidung hinsichtlich der Fahrtkostenerstattung habe er nicht getroffen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Barbarino hat unter dem 29. Januar 2008 angegeben, sie könne sich zwar an ein Telefonat mit der Erinnerungsführerin erinnern, nicht aber an seinen Inhalt. Zu dem Zeitpunkt, als der Antrag beim Thüringer LSG eingegangen sein solle, sei sie arbeitsunfähig krank gewesen.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 23. November 2007) und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Die Entschädigung für die Wahrnehmung der Untersuchung am 11. bis 15 Dezember 2006 ist auf 0,00 Euro festzusetzen. Der Anspruch ist verjährt.

Nach § 2 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird (Satz 1). Die Frist beginnt im Fall der Vernehmung als Sachverständiger oder Zeuge mit der Beendigung der Vernehmung oder Zuziehung (Satz 2). War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht nach § 2 Abs. 2 JVEG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen (Satz 1). Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Diese Vorschrift gilt auch für die Ladung zur Untersuchung durch einen Sachverständigen, wenn ihr – wie hier – eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 2. April 2007 - Az.: L 6 B 116/06 SF, 13. April 2005 – Az.: L 6 SF 2/05, 1. Oktober 2003 – Az.: L 6 SF 382/03, 5. April 2000 – Az.: L 6 B 2/00 SF und 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 191 Rdnr. 2 m.w.N.).

Nachdem die Erinnerungsführerin am 15. Dezember 2006 aus der Klinik S. entlassen worden war, lief die Drei-Monats-Frist am 15. März 2007 ab. Nach dem Inhalt der Akte des Thüringer LSG wurde die Kostenerstattung für die Untersuchung erst am 25. Oktober 2007 und damit lange nach Ablauf der Frist geltend gemacht.

Der von der Erinnerungsführerin vorgetragene rechtzeitige Eingang des Antrags ist nicht mehr feststellbar. Ein Ausdruck von täglichen Faxjournalen ist bei dem betreffenden Faxgerät nicht erfolgt.

Soweit die Erinnerungsführerin unter Hinweis auf den übersandten Telefax-Sendebericht vorträgt, sie habe dem Thüringer Landessozialgericht ihren Antrag bereits am 18. Dezember 2006 zusammen mit dem Antrag auf Fahrtkostenerstattung für die Teilnahme am Erörterungstermin vom 18. September 2006 zugefaxt, konnte sie damit den gem. § 130 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) notwendigen Zugang beim Gericht nicht belegen ... Bei der Übermittlung eines Telefaxes ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Ausdruck des Schreibens beim Empfänger zugeht (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 7. Dezember 1994 - Az.: VIII ZR 153/93, nach juris). Insbesondere wegen der verschiedenen Möglichkeiten der Unterbrechungen der Datenübermittlung im öffentlichen Netz, die nicht unbedingt im Protokoll des Sendegerätes registriert werden, beweist ein Sendeprotokoll mit "OK-Vermerk" weder den Zugang des Faxes noch erbringt es einen Anscheinsbeweis für ihn (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 23. November 2007 - Az.: V B 118-119/06, V B 118/06, V B 119/06, Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 14. August 2002 - Az.: 5 AZR 169/01; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994, a.a.O.; alle nach juris). Dies gilt auch für den Fall, dass - wie hier - ein Teil einer Sendung beim Empfänger eingeht, denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Telefaxsendungen einen Empfänger vollständig und richtig erreichen (vgl. BAG, Urteil vom 14. August 2002, a.a.O.). Nur zur Vollständigkeit wird darauf hingewiesen, dass dem Sendebericht (naturgemäß) nicht zu entnehmen ist, welchen Inhalt das gesendete Dokument hatte und ob es tatsächlich den vorgetragenen Antrag enthielt.

An den rechtzeitigen Eingang konnten sich auch weder der damals zuständige Berichterstatter des Senats DirSG Frese noch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle erinnern. Soweit die Erinnerungsführerin vorträgt, DirSG Frese habe ihr die Zahlung "zugesagt", ist dies ohne Bedeutung für den rechtzeitigen Eingang des Antrags. Eine Zusicherung hat dieser ausdrücklich verneint. Den Vortrag der Erinnerungsführerin, "eine Dame" habe das Vorliegen des Antrags telefonisch bestätigt und ausgeführt, eine Erstattung könne noch nicht stattfinden, weil noch "über die Höhe zu befinden sei", konnte die Urkundsbeamtin Barbarino auf Rückfrage nicht bestätigen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 S. 1 JVEG scheidet aus, weil sich aus dem Vortrag der Erinnerungsführerin nicht ergibt, dass sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Drei-Monats-Frist gehindert war. Eine schriftliche Rückfrage innerhalb der Frist wäre ihr jedenfalls zumutbar gewesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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