L 6 R 140/07

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 27 R 3504/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 140/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Hauptzweck des VEB Robotron-Vertrieb Erfurt war nicht auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 41/01 R).
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 9. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatz¬versorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschafts¬über¬führungs¬gesetz (AAÜG) weitere Beschäftigungszeiten vom 1. Juni 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Dem 1942 geborenen Kläger wurde mit Urkunde der Technischen Hochschule I., Fakultät Feinmechanik und Optik, vom 24. Juni 1966 der akademische Grad Diplom-Ingenieur verliehen.

Nach den Einträgen in seinem Sozialversicherungsausweis war er sodann vom 1. August 1966 bis in das Jahr 1969 hinein als Wartungsingenieur bei dem veb bürotechnik und danach bis 31. Dezember 1970 als Wartungsingenieur bei dem VEB Kombinat Robotron Zentralvertrieb tätig (der Eintrag für 1969 ist am Jahresanfang von dem veb bürotechnik, am Jahresende hingegen von dem VEB Kombinat Robotron Zentralvertrieb gestempelt); vom 1. Januar 1971 bis 31. Dezember 1973 war er Fachbereichsleiter EDV im VEB Kombinat Robotron Zentralvertrieb. Ab 1. Januar 1974 war der Kläger bei dem VEB Robotron-Vertrieb D., Außenstelle E., angestellt. Ab 1978 war Arbeitgeber des Klägers der VEB Robotron-Vertrieb E., wo er als Abteilungsleiter beschäftigt war. Dieser wurde in die am 12. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragene Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH umgewandelt.

Nach Angaben des Klägers war er bis 31. Mai 1969 bei dem veb bürotechnik und ab 1. Juni 1969 bei dem VEB Kombinat Robotron Zentralvertrieb beschäftigt. Den Übergang von diesem zum VEB Robotron-Vertrieb D. datierte er auf den 31. Mai / 1. Juni 1977, den auf den VEB Robotron-Vertrieb E. auf den 30. September / 1. Oktober 1985. Am 30. Juni 1990 sei er als "Leiter TKD ESER/SKR" bei dem VEB Robotron-Vertrieb E. beschäftigt gewesen.

Eine Versorgungszusage erhielt er vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Seit 1975 zahlte er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR), auch ab 1978 begrenzt auf 14.400 Mark/Jahr trotz höheren Verdienstes.

Auf den Antrag des Klägers vom Dezember 1999 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Dezember 2000 die Beschäftigungszeiten vom 1. August 1966 bis 31. Mai 1969 als Zugehörigkeitszeit zu der Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die währenddessen erzielten Entgelte fest; in der Zeit vom 1. Juni 1969 bis 30. Juni 1990 lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung solcher Zeiten nicht vor, da die Beschäftigung nicht im Geltungsbereich des Zusatz¬versorgungs¬systems – Volkseigener Produktionsbetrieb – ausgeübt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2001 wies sie den Widerspruch zurück.

Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Gotha (SG) erhobenen Klage (Az.: S 10 RA 982/01) machte der Kläger geltend, bei der Umstellung vom I-Tarif zum D-Tarif 1969 sei ihm versichert worden, dass alle Rechte aus der I-Gruppe für ihn erhalten blieben und weitere Vorzüge hinzukämen; der Abschluss eines Einzelvertrages sei jedoch ausgeschlossen worden. Ebenso sollten die zugesprochenen Rechte aus der Zeit bei dem veb bürotechnik bei der Übernahme in das Kombinat Robotron erhalten bleiben. Seine Arbeitsaufgabe – Inbetriebnahme und Reparatur von elektronischen Datenverarbeitungs¬anlagen (EDVA) – sei prinzipiell erhalten geblieben, habe sich allerdings von zunächst nur speziellen Geräten auf alle Geräte und Zentralrechner ausgedehnt.

Mit Beschluss vom 10. Januar 2002 hat das SG auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Nach Wiederaufruf des Verfahrens durch die Beklagte (neues Az.: S 27 RA 3504/06) hat das SG die Registerunterlagen zu dem VEB Robotron-Vertrieb E. und seinem Vorgängerbetrieb, dem VEB daro-Vertrieb E., einen Handelsregisterauszug und den Gesellschaftsvertrag der Büro- und Datentechnik Vertriebs GmbH sowie einen Auszug aus dem Statistischen Betriebsregister der DDR beigezogen und mit Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2007 die Klage abgewiesen. Das AAÜG sei auf den Kläger nicht anwendbar, da er weder zu DDR-Zeiten tatsächlich noch nachträglich durch Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sei. Ebenso wenig habe ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Versorgungs¬zusage aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Umstände bestanden, da es sich bei dem VEB Robotron-Vertrieb E. weder um einen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe. Aus der Datenfeststellung im Bescheid vom 14. Dezember 2000 ergebe sich nichts anderes, da damit eine Entscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen worden sei.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. In der Sache trägt er vor, obwohl die Robotron-Vertriebsbetriebe der Wirtschafts¬gruppe 16649 (nach der Systematik der Volks¬wirtschafts¬zweige der DDR) zugeordnet worden seien, träfen für seine Abteilung die Prämissen eines Produktionsbetriebes zu. Sie sei für Montage/Inbetrieb¬nahme und Havariedienst verantwortlich gewesen. Erst nach der Übergabe der EDV-Anlagen nach Montage und erfolg¬reichem System¬test habe die Inbetriebnahme erfolgen und IWP (Industrielle Warenproduk¬tion) abgerechnet werden können. Erst nach der Inbetriebnahme sei ein neues Produkt nach fordistischer Produktionsmethode entstanden.

In dem Erörterungstermin am 18. Juni 2007 hat der Kläger weiter zu seiner Tätigkeit Anfang 1990 ausgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift (Bl. 63 ff. der Gerichts¬akte) verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober 2007 hat der Kläger erklärt, zur Begründung seines Anspruchs stütze er sich hauptsächlich auf die Zusage seiner Vorgesetzten im Jahr 1968, dass bei der Umstellung der Entlohnung vom I-Tarif zum D-Tarif alle Rechte aus der I-Gruppe für ihn erhalten blieben. Er hat die Umstände der damaligen Vertragsänderung dargelegt und zum Nachweis der Zusage eine schriftliche Erklärung seines damaligen Abteilungsleiters K. K. eingereicht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 9. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. März 2001 zu verpflichten, die Zeiten vom 1. Juni 1969 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die währenddessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist weiter der Ansicht, der VEB Robotron-Vertrieb E. sei kein Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen, und verweist im Wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Gründe der in erster Instanz ergangenen Entscheidung.

Der Senat hat aus einem Parallelverfahren Unterlagen des VEB Kombinat Robotron aus dessen Akte bei dem Register der volkseigenen Wirtschaft der DDR (insbesondere einen Register¬auszug, die Statuten vom 19. Dezember 1973, 28. November 1977, 23. April 1980 und 25. August 1984 sowie einen den VEB Robotron-Vertrieb E. betreffenden Auszug aus dem Informations¬hand¬buch des VEB Kombinat Robotron von 1987) beigezogen und den Beteiligten übersandt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 1. Juni 1969 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeit¬raum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.

Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungs¬systems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschafts¬verlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.

Der Kläger erfüllt jedoch beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungs¬anwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte weder früher eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten noch war er auf Grund eines Einzel¬vertrags oder einer späteren Rehabilitations¬entscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch die vorgetragene Zusicherung, bei der Umstellung der Entlohnung vom I-Tarif auf den D-Tarif keine Nachteile zu erleiden, war jedenfalls keine positive Versorgungszusage. Ebenso ist der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungs¬systems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 (S. 487)) erfolgte die Erteilung einer Versorgungs¬zusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels Einbeziehung konnte er nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.

Der Anwendungsbereich des AAÜG ist auch nicht infolge einer von der Beklagten getroffenen positiven Statusentscheidung eröffnet. Eine solche ist insbesondere nicht bereits in der mit Bescheid vom 14. Dezember 2000 erfolgten Feststellung der Beschäftigungs¬zeiten vom 1. August 1966 bis 31. Mai 1969 als Zugehörig¬keits¬zeit zu der Zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie der währenddessen erzielten Entgelte zu sehen. Damit hat die Beklagte lediglich einzelne Vorschriften des AAÜG angewandt, aber nicht entschieden, dass der Kläger zu dem für die Geltung des AAÜG maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. August 1991 einen Versorgungsanspruch oder eine Versorgungs¬anwartschaft auf Grund der Zugehörigkeit zu dem Zusatz¬versorgungs¬system erworben hatte oder nur wegen eines Anwartschaftsverlustes i. S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG nicht hatte. Hierfür hätte es vielmehr einer ausdrücklichen Entscheidung bedurft, die als feststellender Entscheidungs¬satz kenntlich gemacht oder unzweifelhaft zu erkennen sein müsste (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 31/01 R und vom 6. Mai 2004 – Az.: B 4 RA 44/03 R, nach juris). Daran fehlt es jedoch.

Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungs¬anwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in ein Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungs¬zusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01 R, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).

Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i. V. m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung geführt (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z. B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).

Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 24. Juni 1966 erfüllt der Kläger die persönliche Voraus¬setzung. Ob er mit seiner Tätigkeit als Abteilungsleiter (nach dem SV-Ausweis) bzw. "Leiter TKD ESER/SKR" (nach seinen Angaben) die sachliche Voraussetzung erfüllt, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls die betriebliche Voraussetzung nicht gegeben ist. Er war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.

Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum hier nicht in Betracht kommenden Bauwesen) hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktions¬modell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris). Dies war bei dem VEB Robotron-Vertrieb E. bereits nach den eigenen Angaben des Klägers, die durch die vorliegenden Unterlagen bestätigt werden, nicht der Fall.

Der Kläger hat erklärt, dass den Robotron-Vertriebsbetrieben und so auch seiner Abteilung die Montage/Inbetriebnahme und der Havariedienst von Elektronischen Daten¬verarbeitungs¬anlagen übertragen waren. Die Inbetriebnahme habe die Überprüfung der durch Montage¬gruppen des Robotron-Anlagenbaus ausgeführten Montage, Restmontage¬arbeiten, die eigentliche Inbetriebnahme einzelner Geräte und des gesamten Systems, die Überprüfung der Gesamt¬anlage und schließlich die Übergabe an den Kunden nach erfolgreichem Systemtest beinhaltet. Es habe dabei das Zusammenspiel der einzelnen, teils auch aus dem Ausland bezogenen Komponenten ebenso wie das der Software überprüft werden müssen. Die Herstellung von Einzelkomponenten bis zur Ablieferung beim Kunden habe nicht zu seinen Aufgaben gehört.

Diese Schilderung schließt aus, dass eine massenhafte, standardisierte Herstellung von Sach¬gütern nach dem fordistischen Produktionsmodell dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers das Gepräge gegeben hat. Der Senat hat auch keinen Anlass, an der Richtigkeit der tatsächlichen Angaben des Klägers zu zweifeln. Sie stimmen sowohl mit den hier vorliegenden Unterlagen als auch mit den Erkenntnissen, die sich aus Entscheidungen anderer Landessozialgerichte (LSG) zu den für andere Regionen zuständigen Robotron-Vertriebsbetrieben überein.

Das Statut des VEB Kombinat Robotron vom 19. Dezember 1973, nach dem erstmals aus den zuvor unselbständigen Betriebsteilen, u. a dem Zentralvertrieb, selbst rechtsfähige Kombinats¬betriebe, darunter die VEB Robotron-Vertriebe Dresden, Berlin und Leipzig entstanden, sah in seinem § 7 vor, die Aufgaben der VEB Robotron-Vertriebe bestünden in Vertrieb und technischem Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechen¬technik in den Südbezirken (Dresden), Nordbezirken (Berlin) und mittleren Bezirken (Leipzig) der DDR sowie der Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung. Den Vertriebsbetrieben Berlin und Leipzig oblag zudem die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik. Die späteren Statuten des VEB Kombinat Robotron vom 28. November 1977, 23. April 1980 und 25. August 1984 enthielten demgegenüber keine so deutliche Aufgabenbeschreibung mehr, sondern verwiesen auf Plankennziffern, andere Leitungs¬entscheidungen des Kombinats sowie Kombinatsordnungen. Jedoch ist dem Auszug aus dem Informationshandbuch des VEB Kombinat Robotron von 1987 zu dem VEB Robotron-Vertrieb E. – in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers – zu entnehmen, dass die Aufgaben auch für diesen zum 1. Januar 1978 gebildeten Vertriebsbetrieb des Kombinates den oben angeführten entsprachen. Der VEB Robotron-Vertrieb E. hatte danach die Aufgabe, für Anwender in den territorialen Betreuungsbereichen der Bezirke Erfurt, Gera und Suhl sowie für den Export leistungsfähige CAD/CAM- und Rechentechnik bereitzustellen und deren hohe Verfügbarkeit zu gewährleisten. Er unterstütze die Anwender bei der Entwicklung und dem Einsatz von Schlüsseltechnologien durch die Bereitstellung kompletter Anwendungslösungen und sichere mit seinen Servicekapazitäten eine hohe Verfügbarkeit. Weiter würden wichtige Export¬aufgaben realisiert, Projektierungsleistungen für komplette Terminalsysteme ausgeführt und Anwender sowie Spezialisten von Service¬organisationen geschult.

Massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion von Sach¬gütern nach dem sog. fordistisches Produktions¬modell hat dem Betrieb danach keinesfalls das Gepräge gegeben. Vielmehr wurden die in anderen Kombinatsbetrieben oder auch extern produzierten Komponenten jeweils vor Ort und einzelfallbezogen aufgestellt und nach gerade nicht standardisierbarer, den jeweiligen Erfordernissen entsprechender Anpassung den Anwendern übergeben. Den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit bildeten somit Handels- und insbesondere Dienstleistungsaufgaben.

Diese Einschätzung, die bereits mehrere andere LSG für die anderen Vertriebs¬betriebe des VEB Kombinat Robotron getroffen haben, die nach den dortigen Entscheidungsgründen im Wesentlichen gleiche Aufgaben hatten (vgl. Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2007 – Az. L 12 RA 32/02, des LSG Sachsen-Anhalt vom 25. Mai 2005 – Az.: L 1 RA 118/01, des LSG Brandenburg vom 14. Dezember 2004 – Az.: L 2 RA 14/03, des Sächsischen LSG vom 9. Dezember 2003 – Az.: L 4 RA 337/03, alle nach juris) hat das BSG in seinem Urteil vom 27. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 11/04 R bestätigt.

Ob – wie der Kläger ausführt – die Montage und Inbetriebnahme von Großrechnern in der DDR als "Finalproduktion" und damit als Bestandteil der industriellen Warenproduktion angesehen wurde, kann dahinstehen. Jedenfalls hat es sich dabei nicht um fordistische Produktion und daher bei dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers nicht um einen Produktions¬betrieb im versorgungsrechtlichen Sinne nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehandelt. Auf den allgemeinen Begriff der Produktion sowie die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane der DDR und deren Verwaltungs¬praxis kommt es dabei nicht an (vgl. BSG, Urteile vom 27. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 11/04 R, vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).

Die in dem Schriftsatz vom 22. Juli 2007 von dem Kläger als weitere Aufgaben des Betriebes aufgezählte Produktion von Zeit-Zugangssystemen, Mess- und Prüfmitteln sowie Leiter¬platten haben ihm jedenfalls nicht das Gepräge gegeben. Das ergibt sich zum einen bereits aus dem Vortrag des Klägers, im Übrigen auch aus den oben unter Bezugnahme auf das Statut sowie das Informationshandbuch des VEB Kombinat Robotron beschriebenen Aufgaben sowie aus der Zuordnung des Betriebes zu der Wirtschaftgruppe Nr. 16649 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR, welche Reparatur- und Montagebetriebe der Daten¬verarbeitungs- und Büromaschinen¬industrie bezeichnet. Die dortige Zuordnung der Betriebe erfolgte unabhängig von der Unterstellung unter ein staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und der sozialökonomischen Struktur allein entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw. Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung (vgl. Systematik der Volkswirtschafts¬zweige der Deutschen Demokratischen Republik, Ausgabe 1985, hrsg. vom Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik, Staatliche Zentralverwaltung für Statistik, S. 3, 4).

Der VEB Robotron-Vertrieb E. war auch kein den Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, weil dort weder Montage- noch Vertriebs¬betriebe ausdrücklich genannt werden. Die Liste der aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen ist aber abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).

Der von dem Kläger zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs weiter herangezogene Umstand, dass ihm bei der Umstellung seiner Entlohnung vom I-Tarif (für Ingenieure) zum D-Tarif (für Fachkräfte der Datenverarbeitung) im Jahr 1968 versichert worden sei, dass alle Rechte aus der I-Gruppe für ihn erhalten blieben und weitere Vorzüge hinzukämen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Erhalten können nur Rechte bleiben, die man bereits hat. Eine Versorgungszusage hatte der Kläger aber nicht. Auch die von ihm vorgelegte Erklärung des damaligen Abteilungsleiters K. K. vom 28. Oktober 2007 ergibt nichts anderes. Abgesehen davon, dass er den Inhalt der zwischen dem Kläger und dem für die Arbeitsvertragsänderung wohl zuständigen G. K1. geführten Gespräche hiernach nur "vom Hörensagen", nämlich von Herrn K1. kannte, erklärt auch Herr K., es sei "selbstverständlich (gewesen), dass keinerlei Abstriche an den vorhandenen Rechten vorgenommen würden". Aus der Entlohnung nach dem I-Tarif ergab sich aber keinesfalls unmittelbar ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage. Wie oben ausgeführt, mussten hierfür nach der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sein. Auch bei fortgesetzter Entlohnung nach dem I-Tarif würde sich an der hier zu verneinenden Beurteilung des Beschäftigungs¬betriebes nichts ändern. Auswirkungen könnte die tarifliche Eingruppierung – wenn überhaupt, worüber hier nicht zu entscheiden ist – allenfalls auf die Bewertung der Tätigkeit des Klägers, also die sachliche Voraussetzung im obigen Sinne haben. Für die Charakterisierung des Betriebes ist sie unerheblich.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, bereits in den Versorgungs¬ordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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