Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 898/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4589/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Arbeitsunfalls und einen Anspruch auf Verletztenrente.
Der 1935 geborene Kläger teilte der Beklagten am 09.07.2004 mit, er sei am 19.06.2002 im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister bei einem Wassereintritt im Gebäude der Familie A. ausgerutscht, nach hinten gefallen, habe versucht, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten, was jedoch auf Grund der Dynamik der Rotationsbewegung nicht mehr möglich gewesen sei, so dass er gestürzt sei. Er habe sich dabei an der rechten Schulter verletzt. Die Familie A. gab in der Unfallanzeige vom 28.07.2004 an, der Kläger sei bei der Beseitigung eines Wasserschadens im Untergeschoss ausgerutscht und habe sich an der Schulter verletzt. Im Schreiben der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie des P.-Krankenhauses R. vom 29.07.2004 werden auf Grund der ambulanten Untersuchung vom 20.08.2003 eine Supraspinatussehnenruptur und proximale Bicepssehnenruptur rechts diagnostiziert. Diese Diagnosen ergeben sich auch aus dem beigefügten Arztbrief des Chefarztes der Klinik, Privatdozent Dr. H., vom 26.08.2003. Die Beklagte zog den Operationsbericht vom 09.03.2004 über die operative Behandlung der rechten Schulter am 05.03.2004 (subacromiale Dekompression, Bursektomie, Revision und Naht der Rotatorenmanschette, Säubern der Bicepssehne, laterale Clavikularesektion) bei Rotatorenmanschettenruptur im Supraspinatus-sehnenanteil, Impingementsymptomatik und Acromioclavikulargelenks(ACG)-Arthrose der rechten Schulter, ferner den Arztbrief des Radiologen und Neuroradiologen Dr. K. vom 04.03.2003 über die Kernspintomographie der rechten Schulter vom 03.03.2003 (inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne sowie Teilruptur der Infraspinatussehne im Insertionsbereich, Peritendinitis der langen Bicepssehne, unauffälliges Glenohumeralgelenk, Flüssigkeitsverhalt in der Bursa subcoracoidea, mäßiges subacromiales Impingement), den Arztbrief von Dr. K. über die Kernspintomographie der rechten Schulter vom 12.07.2004 (degenerative Partialruptur der Infraspinatussehne und der Supraspinatussehne, leichte Peritendinitis der langen Bicepssehne, unauffälliges Glenohumeralgelenk, minimaler Flüssigkeitsverhalt in der Bursa subcoracoidea) und das Vorerkrankungsverzeichnis der A. E. vom 13.08.2004 bei. Ferner übersandte der Orthopäde Dr. Sch. die Arztbriefe seines früheren Praxiskollegen Dr. M. vom 01.07.2002 (Zustand nach Prellung des rechten Schultergelenks, Bursitis glenoidalis) und von Dr. M. aus der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. vom 14.03.2003 über die ambulante Vorstellung des Klägers vom 11.03.2003 (Partialruptur der Rotatorenmanschette des rechten Schultergelenks). Die Chirurgin und Unfallchirurgin Dr. K. wies in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.08.2004 darauf hin, dass der Erstbefund von Dr. Sch. fehle. Dieser teilte auf Anfrage der Beklagten unter dem 27.08.2004 mit, der Kläger habe sich zur Erstbehandlung nicht bei ihm, sondern beim Orthopäden befunden. Dr. K. führte in der weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.09.2004 aus, eine proximale Bicepssehnenruptur rechts bestehe nicht. Die inkomplette Ruptur der Infraspinatussehne sowie die Ruptur der Supraspinatussehne seien degenerativ bedingt und nicht auf den Unfall vom 19.06.2002 zurückzuführen. Als Unfallfolge könne eine Schulterprellung mit einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von maximal vier Wochen bei deutlicher degenerativer Vorschädigung der rechten Schulter anerkannt werden. Mit Bescheid vom 22.09.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Unfallfolge sei eine ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Schulterzerrung rechts. Der Kläger teilte mit Schriftsatz vom 05.10.2004 mit, es sei eine erneute Operation des rechten Schultergelenks erforderlich. Hierzu legte er den Arztbrief des Orthopäden Dr. S., Bundeswehrkrankenhaus U., vom 14.09.2004 vor, in dem dieser auf Grund des kernspintomographischen Befundes eine Rotatorenmanschettenreruptur des rechten Schultergelenks beschrieb. Gegen den Bescheid vom 22.09.2004 legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er habe vor dem Unfall keine Beschwerden im Bereich der Schulter gehabt. Er legte den Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 02.11.2004 über die stationäre Behandlung vom 27.10. bis 03.11.2004 vor, im Rahmen derer die Arthrolyse sowie die Rotatorenmanschettennaht der rechten Schulter durchgeführt worden waren. Der Chirurg und Unfallchirurg Dr. Sch. vertrat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.12.2004 die Auffassung, die Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis reiche zur Begründung des Zusammenhangs nicht aus. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2005 zurück.
Am 21.02.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, er habe, als er am 19.06.2002 abends ausgerutscht sei, gefürchtet, sich beim Fallen in die Glastür erhebliche Verletzungen zuzuziehen. Er habe deshalb versucht, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten. Die Hand sei jedoch abgeglitten. Er sei nach vorangegangener Drehbewegung mit der rechten Schulter auf den Türrahmen geprallt. Er habe eine starke Prellung vermutet und die Schulter mit Salbe eingerieben. Nachdem die Schmerzen sich nicht gebessert hätten, habe er sich in ärztliche Behandlung begeben. Wenn altersbedingte Abnutzungserscheinungen die Ursache für den Abriss gewesen wären, müsse die linke Infraspinatussehne ähnliche Verschleißerscheinungen aufweisen bzw. hätte auch hier ein altersbedingter Abriss erfolgen müssen, da er inzwischen nur noch die linke Hand belaste. Dies sei jedoch nicht der Fall. Er legte den Arztbrief der F.-Klinik über die stationäre Behandlung vom 16.03. bis 06.04.2004 vor, in dem neben den im Operationsbericht vom 09.03.2004 genannten Diagnosen ein statisch degeneratives Wirbelsäulensyndrom und ein Wolf-Parkinson-White-Syndrom (Leitungsstörung im Bereich des Herzens) beschrieben werden, ferner das im Auftrag des Landgerichts N. erstattete Gutachten des Leitenden Oberarztes der Orthopädischen Universitätsklinik des Rehabilitationskrankenhauses U., Dr. F., vom 21.07.2005. Dieser vertrat die Auffassung, die Supraspinatussehnenruptur sei jeweils hälftig traumatisch und degenerativ verursacht. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG erhob das Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. S. vom 22.06.2006 mit dem radiologischen Zusatzgutachten des Instituts für Diagnostische Radiologie der Klinik am E. vom 10.04.2006. Im radiologischen Zusatzgutachten werden aufgrund der Kernspintomographie der Halswirbelsäule und der linken Schulter vom 31.03.2006 im Bereich der linken Schulter eine ACG-Arthrose mit Hypertrophie am lateralen Clavikulaende sowie eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur beschrieben. Die angegebenen Schmerzen und die Bewegungseinschränkung der rechten Schulter könnten evtl. partiell durch die Einengung der Foramina intervertebralia rechts bei C5/6 und C6/7 bedingt sein. Dr. S. diagnostizierte eine schmerzhaft eingeschränkte Schulterbeweglichkeit rechts bei Zustand nach Teilruptur der Rotatorenmanschette, wiederholten operativen Rekonstuktionen der Rotatorenmanschette, Arthrolyse und Resektion des ACG rechts, eine Arthrose des ACG links mit fettiger Degeneration der Muskulatur und der Rotatorenmanschette links, ein chronisches Cervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und Foraminalstenose rechts bei C5/6 und C6/7, eine Spondylose und Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule und eine beginnende Coxarthrose rechts. Er führte aus, von den Kriterien, die für eine Verursachung einer Rotatorenmanschettenverletzung durch einen Unfall sprächen, träfen beim Kläger nur das leere Vorerkrankungsverzeichnis und der zum Teil geeignete Sturzmechanismus zu. Andererseits sei der Unfallmechanismus zum Teil ungeeignet (teilweise habe der Kläger ein direktes Anpralltrauma angegeben), habe der Kläger nicht innerhalb einer Woche einen Arzt aufgesucht, ferner habe eine Arthrose am ACG bestanden und sei bei der kernspintomographischen Untersuchung der linken Schulter eine ACG-Arthrose mit Hypertrophie am lateralen Clavikulaende sowie eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur erhoben worden. Da die gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Kriterien überwögen, gehe er von einer Verstauchung und Prellung des rechten Schultergelenks am 19.06.2002 aus. Dr. S. fügte seinem Gutachten die Arztbriefe des Radiologen Dr. J. vom 05.04.2006 über die Magnetresonanztomographie der rechten Schulter vom 27.03.2006 (Verdacht auf mindestens partielle Reruptur der Supraspinatussehne, Tendovaginitis caput longum musculus biceps mit Verdacht auf Teilruptur der Sehne, Bursitis subacromialis/subdeltoidea) und des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 22.07. sowie 02.12.2005 über die stationären Behandlungen vom 18.07. bis 22.07.2005 (konservative Therapie) und vom 27.11. bis 03.12.2005 (Bursektomie, Osteophyten abtragung, Adhäsiolyse der rechten Schulter am 29.11.2005) bei. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28.08.2007 ab.
Am 19.09.2007 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat das Protokoll über die öffentliche Sitzung des Landgerichts N. vom 27.11.2006 vorgelegt. In dem Termin waren Dr. S. und Dr. F. als Zeugen vernommen worden. Der Zeuge Dr. S. führte auf Vorhalt des Gutachtens vom 21.07.2005 aus, der Folgeaufprall könne als Schädigungsursache für eine Ruptur der Supraspinatussehne bei einem starken Aufprall durchaus in Betracht kommen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Aufprall einen Subluxationsmechanismus, also einen Mechanismus des Beinahe-Ausrenkens auslöse. Dr. F. legte dar, allein das Aufprallen könne nicht zu einer Verletzung der Sehne führen. Der Versuch, sich noch aufzufangen und zu halten, könne durchaus zu einer starken Anspannung des Muskels und zu einer Schädigung der Sehne führen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die entscheidende Verletzung habe er sich durch das Festhalten am Türrahmen und das Verdrehen des Schultergelenks beim Fallen zugezogen. Die Beschwerden nach dem Unfall seien in den folgenden Tagen schlimmer geworden, weshalb er sich nach dem Wochenende zum Arzt begeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2005 abzuändern und als Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 eine Teilruptur der Rotatorenmanschette festzustellen sowie den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berichterstatterin des Senats hat die Sach- und Rechtslage am 28.05.2008 mit den Beteiligten erörtert und die Ehefrau des Klägers, B. W., als Zeugin vernommen. Die Zeugin W. hat den vom Kläger am 29.04.2005 beschriebenen Unfallhergang und den Ablauf nach dem Unfall bestätigt. Sie hat Fotos von den Kellerräumen vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Teilruptur der Rotatorenmanschette Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 ist, und auf Gewährung von Verletztenrente.
Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2,3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92 S 257; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19), dass die Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSGE 94, 269).
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem bei dem Unfall erlittenen Primärschaden einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen diesem und der verbliebenen Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Primärschaden und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19,52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 und vom 09.05.2006 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 ). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Die Rotatorenmanschettenverletzung an der rechten Schulter des Klägers ist nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002. Für den Senat steht fest, dass der Kläger an diesem Tag, einem Mittwoch, im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister im Gebäude der Familie A. nach einem Wassereinbruch im Keller ausrutschte, versuchte, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten und, als ihm dies nicht gelang, nach einer Drehbewegung des Körpers mit der rechten Schulter an den Türrahmen schlug. Von diesem Unfallhergang ist der Senat überzeugt, auch wenn der Kläger bei der Erstuntersuchung durch Dr. M. am 27.06.2002 nur angab, auf einer Fliese ausgerutscht und mit dem rechten Schultergelenk gegen eine Tür geprallt zu sein (Arztbrief vom 01.07.2002). Die spätere Unfallschilderung, es sei vor dem Aufprall zu einer Rotationsbewegung gekommen, widerspricht den Erstangaben nicht, ist insbesondere unter Berücksichtigung des rutschigen Bodens und der nachvollziehbaren Sorge des Klägers, sich beim Fallen in die Glastür erheblich zu verletzen, plausibel, und wird durchgängig vom Kläger etwa im Schriftsatz vom 02.07.2004 und in den Terminen zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG und dem LSG vom 29.04.2005 und 28.05.2008 wiederholt sowie durch die Zeugenaussage seiner Ehefrau vom 28.05.2008 bestätigt. Nach dem Unfall hatte der Kläger Schmerzen an der rechten Schulter, die er zunächst durch Einreiben mit Salbe behandelte. Am 27.06.2002, dem Donnerstag der folgenden Woche, begab er sich aufgrund der weiterhin bestehenden Schmerzen in Behandlung bei Dr. M., der einen Zustand nach Prellung des rechten Schultergelenks und eine Bursitis glenoidalis diagnostizierte. Tatsächlich sprechen gute Gründe dafür, dass bei dem Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt eine inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne sowie eine Teilruptur der Infraspinatussehne vorlagen (Kernspintomographie der rechten Schulter vom 03.03.2003). Die vom P.-Krankenhaus R. im Arztbrief vom 29.07.2004 diagnostizierte Bicepssehnenruptur lag dagegen nicht vor, wie sich aus dem intraoperativ am 05.03.2004 erhobenen Befund ergibt.
Um die Ursächlichkeit eines Unfalls für einen Riss der Rotatorenmanschette zu prüfen, ist eine Abwägung der für eine traumatische Genese bzw. eine degenerative Verursachung sprechenden Kriterien vorzunehmen. Denn die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Ziff. 8.2.5.1). Dr. S. stellte die im Rahmen der Abwägung maßgebenden Kriterien in seinem Gutachten vom 22.06.2006 zutreffend dar. Für eine traumatische Verursachung sprechen ein Alter unter 50 Jahren, ein leeres Vorerkrankungsverzeichnis, ein geeignetes Trauma, ein Arztbesuch innerhalb von 24 Stunden, ein zum traumatischen Sehnenabriss passender klinischer Befund, fehlende Überlastungszeichen am Humeruskopf und ACG bei der röntgenologischen Untersuchung, eine innerhalb von 6 Wochen magnetresonanztomographisch festgestellte Ruptur und ein Normalbefund an der Gegenseite. Kriterien für eine degenerative Genese sind unter anderem eine in der Vorgeschichte aktenkundige Rotatorenmanschettenschädigung, eine Muskelatrophie, eine röntgenologisch erhobene Cuff-tear-Arthropathie an der verletzten oder an beiden Schultern, eine beidseitige Ruptur und eine im MRT innerhalb von 6 Wochen festgestellte fettige Degeneration (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.6).
Bei dem Kläger sprechen, wie Dr. S. richtig ausgeführt hat, für einen Zusammenhang mit dem Unfall das leere Vorerkrankungsverzeichnis und der teilweise geeignete Unfallmechanismus. Geeignet zur Herbeiführung einer Rotatorenmanschettenruptur ist nämlich z. B. die starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO. Ziff. 8.2.5.2). Der Kläger versuchte zunächst, sich mit der Hand am Türrahmen festzuhalten, rutschte jedoch ab, drehte sich mit dem Körper und stürzte. Der erste Teil dieses Unfallhergangs, nämlich der Griff an den Türrahmen mit anschließender Rotationsbewegung beim Fallen, ist grundsätzlich geeignet, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen, während der direkte Anprall eine solche Verletzung nicht herbeiführen kann.
Entscheidende weitere Gesichtspunkte sprechen aber gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur. Der Kläger begab sich erst 8 Tage nach dem Unfall, nämlich am 27.06.2002, in ärztliche Behandlung. Hierauf wies Dr. K. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.09.2004 zutreffend hin. Der Arztbesuch erst am 27.06.2002, einem Donnerstag, ist auch nicht durch eine Verschlimmerung der Beschwerden über das Wochenende zu erklären, wie der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 28.05.2008 vorgetragen hat. Auch wenn der Senat dem Kläger glaubt, dass er erhebliche Schmerzen hatte und aufgrund seines eher robusten Naturells zunächst eine Behandlung durch Einreiben mit Salben versuchte, ist doch eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur ein so einschneidendes Ereignis, dass der Verletzte alsbald danach einen Arzt aufsucht. Das bei einer traumatischen Ruptur zu erwartende sofortige Schmerzmaximum nach dem Unfall, das in den folgenden Wochen abklingt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.3), war im Fall des Klägers, der selbst zunächst "eine etwas schwierigere Prellung" annahm, gerade nicht gegeben. Dementsprechend wurde erst ein knappes Dreivierteljahr nach dem Unfall die Kernspintomographie durchgeführt, bei der die inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne und die Teilruptur der Infraspinatussehne diagnostiziert wurden.
Ferner bestanden, worauf Dr. S. in seinem Gutachten zu Recht hinwies, vor dem Unfall degenerative Veränderungen in beiden Schultern. Im Bereich beider Schultern lag eine ACG-Arthrose vor (Arztbrief von Dr. K. vom 04.03.2003, Operationsbericht vom 09.03.2004, radiologisches Zusatzgutachten der Klinik am E. vom 10.04.2006), ferner sind kernspintomographisch an der rechten Schulter ein mäßiges subacromiales Impingement (Arztbrief von Dr. K. vom 04.03.2003) und an der linken Schulter eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur nachgewiesen (radiologisches Zusatzgutachten der Klinik am E. vom 10.04.2006). Das Impingement-Syndrom gilt als eine Ursache für den zunehmenden Verschleiß der Sehnen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.1). Entgegen der Auffassung des Klägers waren damit auch im Bereich der linken Schulter degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette gegeben. Degenerative Veränderungen der rechten Schulter belegen bereits die Röntgenaufnahmen vom 27.06.2002. Wie sich aus der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 06.09.2004 ergibt, zeigen diese Röntgenbilder neben der deutlichen ACG-Arthrose und der Verringerung des subacromialen Raumes eine mäßige Omarthrose mit vermehrter subchondraler Sklerosierung im Bereich der Gelenkpfanne und einen Humeruskopfhochstand, der auf einen vorbestehenden Rotatorenmanschettenschaden hinweist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.6). Ferner ergab sich intraoperativ, dass die Rotatorenmanschette nicht nur am Ansatz, sondern auch in den proximalen Anteilen eingerissen war. Diesen Befund sah Dr. S. überzeugend im Zusammenhang mit der Arthrose des ACG.
Der Senat hält im Rahmen der Abwägung der für und gegen eine traumatische Genese der Rotatorenmanschettenruptur sprechenden Kriterien die degenerativen Veränderungen, die angesichts des Alters des Klägers von 66 Jahren zum Unfallzeitpunkt einen typischen Befund darstellen und nicht immer zu Beschwerden führen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.1), für die wesentliche Ursache der inkompletten Ruptur der Supraspinatussehne und der Teilruptur der Infraspinatussehne. Zu einem anderen Ergebnis gelangt das Gericht nicht auf Grund des für das Landgericht N. erstatteten Gutachtens von Dr. F. vom 21.07.2005. Die Annahme einer jeweils hälftigen traumatischen und degenerativen Ursache für die Rotatorenmanschettenruptur erfolgte nach den Kriterien der privaten Unfallversicherung. Außerdem schränkte Dr. F. seine Aussage ein, indem er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht N. ausführte, die Einschätzung, der Schaden beruhe zu jeweils gleichen Teilen auf dem Trauma bzw. auf Degeneration, sei eher großzügig. Der Sachverständige berücksichtigte im Übrigen nicht das Ausmaß der bestehenden degenerativen Veränderungen, insbesondere die Beidseitigkeit der Degeneration, wie sie sich aus dem radiologischen Zusatzgutachten des Instituts für Diagnostische Radiologie der Klinik am E. vom 10.04.2006 ergibt. Die Formulierung von Dr. S. in demselben Termin, er gebe an, "dass der Folgeaufprall als Schädigungsursache für eine Ruptur der Supraspinatussehne bei einem starken Aufprall durchaus in Betracht kommen kann", wenn "der Aufprall einen Subluxationsmechanismus ( ) auslöst", ist vorsichtig und stellt lediglich klar, dass allein unter Berücksichtigung des Unfallhergangs eine traumatische Sehnenruptur in Betracht kommt. Hiervon geht auch der Senat aus. Die Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte ergibt aber, dass wesentliche Ursache für die inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne und die Teilruptur der Infraspinatussehne die vor dem Unfall bestehenden degenerativen Veränderungen waren. Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 sind somit, wie sich aus dem Gutachten von Dr. S. ergibt, eine – inzwischen ausgeheilte – Prellung und Zerrung des rechten Schultergelenks. Eine messbare MdE ist nicht verblieben.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen eines Arbeitsunfalls und einen Anspruch auf Verletztenrente.
Der 1935 geborene Kläger teilte der Beklagten am 09.07.2004 mit, er sei am 19.06.2002 im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister bei einem Wassereintritt im Gebäude der Familie A. ausgerutscht, nach hinten gefallen, habe versucht, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten, was jedoch auf Grund der Dynamik der Rotationsbewegung nicht mehr möglich gewesen sei, so dass er gestürzt sei. Er habe sich dabei an der rechten Schulter verletzt. Die Familie A. gab in der Unfallanzeige vom 28.07.2004 an, der Kläger sei bei der Beseitigung eines Wasserschadens im Untergeschoss ausgerutscht und habe sich an der Schulter verletzt. Im Schreiben der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie des P.-Krankenhauses R. vom 29.07.2004 werden auf Grund der ambulanten Untersuchung vom 20.08.2003 eine Supraspinatussehnenruptur und proximale Bicepssehnenruptur rechts diagnostiziert. Diese Diagnosen ergeben sich auch aus dem beigefügten Arztbrief des Chefarztes der Klinik, Privatdozent Dr. H., vom 26.08.2003. Die Beklagte zog den Operationsbericht vom 09.03.2004 über die operative Behandlung der rechten Schulter am 05.03.2004 (subacromiale Dekompression, Bursektomie, Revision und Naht der Rotatorenmanschette, Säubern der Bicepssehne, laterale Clavikularesektion) bei Rotatorenmanschettenruptur im Supraspinatus-sehnenanteil, Impingementsymptomatik und Acromioclavikulargelenks(ACG)-Arthrose der rechten Schulter, ferner den Arztbrief des Radiologen und Neuroradiologen Dr. K. vom 04.03.2003 über die Kernspintomographie der rechten Schulter vom 03.03.2003 (inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne sowie Teilruptur der Infraspinatussehne im Insertionsbereich, Peritendinitis der langen Bicepssehne, unauffälliges Glenohumeralgelenk, Flüssigkeitsverhalt in der Bursa subcoracoidea, mäßiges subacromiales Impingement), den Arztbrief von Dr. K. über die Kernspintomographie der rechten Schulter vom 12.07.2004 (degenerative Partialruptur der Infraspinatussehne und der Supraspinatussehne, leichte Peritendinitis der langen Bicepssehne, unauffälliges Glenohumeralgelenk, minimaler Flüssigkeitsverhalt in der Bursa subcoracoidea) und das Vorerkrankungsverzeichnis der A. E. vom 13.08.2004 bei. Ferner übersandte der Orthopäde Dr. Sch. die Arztbriefe seines früheren Praxiskollegen Dr. M. vom 01.07.2002 (Zustand nach Prellung des rechten Schultergelenks, Bursitis glenoidalis) und von Dr. M. aus der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. M. vom 14.03.2003 über die ambulante Vorstellung des Klägers vom 11.03.2003 (Partialruptur der Rotatorenmanschette des rechten Schultergelenks). Die Chirurgin und Unfallchirurgin Dr. K. wies in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.08.2004 darauf hin, dass der Erstbefund von Dr. Sch. fehle. Dieser teilte auf Anfrage der Beklagten unter dem 27.08.2004 mit, der Kläger habe sich zur Erstbehandlung nicht bei ihm, sondern beim Orthopäden befunden. Dr. K. führte in der weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.09.2004 aus, eine proximale Bicepssehnenruptur rechts bestehe nicht. Die inkomplette Ruptur der Infraspinatussehne sowie die Ruptur der Supraspinatussehne seien degenerativ bedingt und nicht auf den Unfall vom 19.06.2002 zurückzuführen. Als Unfallfolge könne eine Schulterprellung mit einer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von maximal vier Wochen bei deutlicher degenerativer Vorschädigung der rechten Schulter anerkannt werden. Mit Bescheid vom 22.09.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab. Unfallfolge sei eine ohne wesentliche Folgen ausgeheilte Schulterzerrung rechts. Der Kläger teilte mit Schriftsatz vom 05.10.2004 mit, es sei eine erneute Operation des rechten Schultergelenks erforderlich. Hierzu legte er den Arztbrief des Orthopäden Dr. S., Bundeswehrkrankenhaus U., vom 14.09.2004 vor, in dem dieser auf Grund des kernspintomographischen Befundes eine Rotatorenmanschettenreruptur des rechten Schultergelenks beschrieb. Gegen den Bescheid vom 22.09.2004 legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er habe vor dem Unfall keine Beschwerden im Bereich der Schulter gehabt. Er legte den Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 02.11.2004 über die stationäre Behandlung vom 27.10. bis 03.11.2004 vor, im Rahmen derer die Arthrolyse sowie die Rotatorenmanschettennaht der rechten Schulter durchgeführt worden waren. Der Chirurg und Unfallchirurg Dr. Sch. vertrat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 23.12.2004 die Auffassung, die Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis reiche zur Begründung des Zusammenhangs nicht aus. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2005 zurück.
Am 21.02.2005 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Er trug vor, er habe, als er am 19.06.2002 abends ausgerutscht sei, gefürchtet, sich beim Fallen in die Glastür erhebliche Verletzungen zuzuziehen. Er habe deshalb versucht, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten. Die Hand sei jedoch abgeglitten. Er sei nach vorangegangener Drehbewegung mit der rechten Schulter auf den Türrahmen geprallt. Er habe eine starke Prellung vermutet und die Schulter mit Salbe eingerieben. Nachdem die Schmerzen sich nicht gebessert hätten, habe er sich in ärztliche Behandlung begeben. Wenn altersbedingte Abnutzungserscheinungen die Ursache für den Abriss gewesen wären, müsse die linke Infraspinatussehne ähnliche Verschleißerscheinungen aufweisen bzw. hätte auch hier ein altersbedingter Abriss erfolgen müssen, da er inzwischen nur noch die linke Hand belaste. Dies sei jedoch nicht der Fall. Er legte den Arztbrief der F.-Klinik über die stationäre Behandlung vom 16.03. bis 06.04.2004 vor, in dem neben den im Operationsbericht vom 09.03.2004 genannten Diagnosen ein statisch degeneratives Wirbelsäulensyndrom und ein Wolf-Parkinson-White-Syndrom (Leitungsstörung im Bereich des Herzens) beschrieben werden, ferner das im Auftrag des Landgerichts N. erstattete Gutachten des Leitenden Oberarztes der Orthopädischen Universitätsklinik des Rehabilitationskrankenhauses U., Dr. F., vom 21.07.2005. Dieser vertrat die Auffassung, die Supraspinatussehnenruptur sei jeweils hälftig traumatisch und degenerativ verursacht. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG erhob das Gutachten des Orthopäden und Rheumatologen Dr. S. vom 22.06.2006 mit dem radiologischen Zusatzgutachten des Instituts für Diagnostische Radiologie der Klinik am E. vom 10.04.2006. Im radiologischen Zusatzgutachten werden aufgrund der Kernspintomographie der Halswirbelsäule und der linken Schulter vom 31.03.2006 im Bereich der linken Schulter eine ACG-Arthrose mit Hypertrophie am lateralen Clavikulaende sowie eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur beschrieben. Die angegebenen Schmerzen und die Bewegungseinschränkung der rechten Schulter könnten evtl. partiell durch die Einengung der Foramina intervertebralia rechts bei C5/6 und C6/7 bedingt sein. Dr. S. diagnostizierte eine schmerzhaft eingeschränkte Schulterbeweglichkeit rechts bei Zustand nach Teilruptur der Rotatorenmanschette, wiederholten operativen Rekonstuktionen der Rotatorenmanschette, Arthrolyse und Resektion des ACG rechts, eine Arthrose des ACG links mit fettiger Degeneration der Muskulatur und der Rotatorenmanschette links, ein chronisches Cervikalsyndrom bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und Foraminalstenose rechts bei C5/6 und C6/7, eine Spondylose und Spondylarthrose der Lendenwirbelsäule und eine beginnende Coxarthrose rechts. Er führte aus, von den Kriterien, die für eine Verursachung einer Rotatorenmanschettenverletzung durch einen Unfall sprächen, träfen beim Kläger nur das leere Vorerkrankungsverzeichnis und der zum Teil geeignete Sturzmechanismus zu. Andererseits sei der Unfallmechanismus zum Teil ungeeignet (teilweise habe der Kläger ein direktes Anpralltrauma angegeben), habe der Kläger nicht innerhalb einer Woche einen Arzt aufgesucht, ferner habe eine Arthrose am ACG bestanden und sei bei der kernspintomographischen Untersuchung der linken Schulter eine ACG-Arthrose mit Hypertrophie am lateralen Clavikulaende sowie eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur erhoben worden. Da die gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Kriterien überwögen, gehe er von einer Verstauchung und Prellung des rechten Schultergelenks am 19.06.2002 aus. Dr. S. fügte seinem Gutachten die Arztbriefe des Radiologen Dr. J. vom 05.04.2006 über die Magnetresonanztomographie der rechten Schulter vom 27.03.2006 (Verdacht auf mindestens partielle Reruptur der Supraspinatussehne, Tendovaginitis caput longum musculus biceps mit Verdacht auf Teilruptur der Sehne, Bursitis subacromialis/subdeltoidea) und des Bundeswehrkrankenhauses U. vom 22.07. sowie 02.12.2005 über die stationären Behandlungen vom 18.07. bis 22.07.2005 (konservative Therapie) und vom 27.11. bis 03.12.2005 (Bursektomie, Osteophyten abtragung, Adhäsiolyse der rechten Schulter am 29.11.2005) bei. Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28.08.2007 ab.
Am 19.09.2007 hat der Kläger Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er hat das Protokoll über die öffentliche Sitzung des Landgerichts N. vom 27.11.2006 vorgelegt. In dem Termin waren Dr. S. und Dr. F. als Zeugen vernommen worden. Der Zeuge Dr. S. führte auf Vorhalt des Gutachtens vom 21.07.2005 aus, der Folgeaufprall könne als Schädigungsursache für eine Ruptur der Supraspinatussehne bei einem starken Aufprall durchaus in Betracht kommen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Aufprall einen Subluxationsmechanismus, also einen Mechanismus des Beinahe-Ausrenkens auslöse. Dr. F. legte dar, allein das Aufprallen könne nicht zu einer Verletzung der Sehne führen. Der Versuch, sich noch aufzufangen und zu halten, könne durchaus zu einer starken Anspannung des Muskels und zu einer Schädigung der Sehne führen.
Der Kläger vertritt die Auffassung, die entscheidende Verletzung habe er sich durch das Festhalten am Türrahmen und das Verdrehen des Schultergelenks beim Fallen zugezogen. Die Beschwerden nach dem Unfall seien in den folgenden Tagen schlimmer geworden, weshalb er sich nach dem Wochenende zum Arzt begeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28.08.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 22.09.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2005 abzuändern und als Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 eine Teilruptur der Rotatorenmanschette festzustellen sowie den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berichterstatterin des Senats hat die Sach- und Rechtslage am 28.05.2008 mit den Beteiligten erörtert und die Ehefrau des Klägers, B. W., als Zeugin vernommen. Die Zeugin W. hat den vom Kläger am 29.04.2005 beschriebenen Unfallhergang und den Ablauf nach dem Unfall bestätigt. Sie hat Fotos von den Kellerräumen vorgelegt.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass eine Teilruptur der Rotatorenmanschette Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 ist, und auf Gewährung von Verletztenrente.
Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2,3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr 92 S 257; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 19), dass die Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSGE 94, 269).
Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem bei dem Unfall erlittenen Primärschaden einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen diesem und der verbliebenen Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Primärschaden und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSGE 19,52; BSG SozR 4-2700 § 8 Nr 17 mwN). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 und vom 09.05.2006 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 ). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.
Die Rotatorenmanschettenverletzung an der rechten Schulter des Klägers ist nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002. Für den Senat steht fest, dass der Kläger an diesem Tag, einem Mittwoch, im Rahmen seiner Tätigkeit als Hausmeister im Gebäude der Familie A. nach einem Wassereinbruch im Keller ausrutschte, versuchte, sich mit der rechten Hand am Türrahmen festzuhalten und, als ihm dies nicht gelang, nach einer Drehbewegung des Körpers mit der rechten Schulter an den Türrahmen schlug. Von diesem Unfallhergang ist der Senat überzeugt, auch wenn der Kläger bei der Erstuntersuchung durch Dr. M. am 27.06.2002 nur angab, auf einer Fliese ausgerutscht und mit dem rechten Schultergelenk gegen eine Tür geprallt zu sein (Arztbrief vom 01.07.2002). Die spätere Unfallschilderung, es sei vor dem Aufprall zu einer Rotationsbewegung gekommen, widerspricht den Erstangaben nicht, ist insbesondere unter Berücksichtigung des rutschigen Bodens und der nachvollziehbaren Sorge des Klägers, sich beim Fallen in die Glastür erheblich zu verletzen, plausibel, und wird durchgängig vom Kläger etwa im Schriftsatz vom 02.07.2004 und in den Terminen zur Erörterung des Sachverhalts vor dem SG und dem LSG vom 29.04.2005 und 28.05.2008 wiederholt sowie durch die Zeugenaussage seiner Ehefrau vom 28.05.2008 bestätigt. Nach dem Unfall hatte der Kläger Schmerzen an der rechten Schulter, die er zunächst durch Einreiben mit Salbe behandelte. Am 27.06.2002, dem Donnerstag der folgenden Woche, begab er sich aufgrund der weiterhin bestehenden Schmerzen in Behandlung bei Dr. M., der einen Zustand nach Prellung des rechten Schultergelenks und eine Bursitis glenoidalis diagnostizierte. Tatsächlich sprechen gute Gründe dafür, dass bei dem Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt eine inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne sowie eine Teilruptur der Infraspinatussehne vorlagen (Kernspintomographie der rechten Schulter vom 03.03.2003). Die vom P.-Krankenhaus R. im Arztbrief vom 29.07.2004 diagnostizierte Bicepssehnenruptur lag dagegen nicht vor, wie sich aus dem intraoperativ am 05.03.2004 erhobenen Befund ergibt.
Um die Ursächlichkeit eines Unfalls für einen Riss der Rotatorenmanschette zu prüfen, ist eine Abwägung der für eine traumatische Genese bzw. eine degenerative Verursachung sprechenden Kriterien vorzunehmen. Denn die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Ziff. 8.2.5.1). Dr. S. stellte die im Rahmen der Abwägung maßgebenden Kriterien in seinem Gutachten vom 22.06.2006 zutreffend dar. Für eine traumatische Verursachung sprechen ein Alter unter 50 Jahren, ein leeres Vorerkrankungsverzeichnis, ein geeignetes Trauma, ein Arztbesuch innerhalb von 24 Stunden, ein zum traumatischen Sehnenabriss passender klinischer Befund, fehlende Überlastungszeichen am Humeruskopf und ACG bei der röntgenologischen Untersuchung, eine innerhalb von 6 Wochen magnetresonanztomographisch festgestellte Ruptur und ein Normalbefund an der Gegenseite. Kriterien für eine degenerative Genese sind unter anderem eine in der Vorgeschichte aktenkundige Rotatorenmanschettenschädigung, eine Muskelatrophie, eine röntgenologisch erhobene Cuff-tear-Arthropathie an der verletzten oder an beiden Schultern, eine beidseitige Ruptur und eine im MRT innerhalb von 6 Wochen festgestellte fettige Degeneration (vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.6).
Bei dem Kläger sprechen, wie Dr. S. richtig ausgeführt hat, für einen Zusammenhang mit dem Unfall das leere Vorerkrankungsverzeichnis und der teilweise geeignete Unfallmechanismus. Geeignet zur Herbeiführung einer Rotatorenmanschettenruptur ist nämlich z. B. die starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO. Ziff. 8.2.5.2). Der Kläger versuchte zunächst, sich mit der Hand am Türrahmen festzuhalten, rutschte jedoch ab, drehte sich mit dem Körper und stürzte. Der erste Teil dieses Unfallhergangs, nämlich der Griff an den Türrahmen mit anschließender Rotationsbewegung beim Fallen, ist grundsätzlich geeignet, eine Ruptur der Rotatorenmanschette zu verursachen, während der direkte Anprall eine solche Verletzung nicht herbeiführen kann.
Entscheidende weitere Gesichtspunkte sprechen aber gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur. Der Kläger begab sich erst 8 Tage nach dem Unfall, nämlich am 27.06.2002, in ärztliche Behandlung. Hierauf wies Dr. K. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.09.2004 zutreffend hin. Der Arztbesuch erst am 27.06.2002, einem Donnerstag, ist auch nicht durch eine Verschlimmerung der Beschwerden über das Wochenende zu erklären, wie der Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 28.05.2008 vorgetragen hat. Auch wenn der Senat dem Kläger glaubt, dass er erhebliche Schmerzen hatte und aufgrund seines eher robusten Naturells zunächst eine Behandlung durch Einreiben mit Salben versuchte, ist doch eine traumatische Rotatorenmanschettenruptur ein so einschneidendes Ereignis, dass der Verletzte alsbald danach einen Arzt aufsucht. Das bei einer traumatischen Ruptur zu erwartende sofortige Schmerzmaximum nach dem Unfall, das in den folgenden Wochen abklingt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.3), war im Fall des Klägers, der selbst zunächst "eine etwas schwierigere Prellung" annahm, gerade nicht gegeben. Dementsprechend wurde erst ein knappes Dreivierteljahr nach dem Unfall die Kernspintomographie durchgeführt, bei der die inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne und die Teilruptur der Infraspinatussehne diagnostiziert wurden.
Ferner bestanden, worauf Dr. S. in seinem Gutachten zu Recht hinwies, vor dem Unfall degenerative Veränderungen in beiden Schultern. Im Bereich beider Schultern lag eine ACG-Arthrose vor (Arztbrief von Dr. K. vom 04.03.2003, Operationsbericht vom 09.03.2004, radiologisches Zusatzgutachten der Klinik am E. vom 10.04.2006), ferner sind kernspintomographisch an der rechten Schulter ein mäßiges subacromiales Impingement (Arztbrief von Dr. K. vom 04.03.2003) und an der linken Schulter eine deutliche Einengung des subacromialen Raumes mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette bzw. fettigen Degenerationen der Muskulatur nachgewiesen (radiologisches Zusatzgutachten der Klinik am E. vom 10.04.2006). Das Impingement-Syndrom gilt als eine Ursache für den zunehmenden Verschleiß der Sehnen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.1). Entgegen der Auffassung des Klägers waren damit auch im Bereich der linken Schulter degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette gegeben. Degenerative Veränderungen der rechten Schulter belegen bereits die Röntgenaufnahmen vom 27.06.2002. Wie sich aus der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 06.09.2004 ergibt, zeigen diese Röntgenbilder neben der deutlichen ACG-Arthrose und der Verringerung des subacromialen Raumes eine mäßige Omarthrose mit vermehrter subchondraler Sklerosierung im Bereich der Gelenkpfanne und einen Humeruskopfhochstand, der auf einen vorbestehenden Rotatorenmanschettenschaden hinweist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.6). Ferner ergab sich intraoperativ, dass die Rotatorenmanschette nicht nur am Ansatz, sondern auch in den proximalen Anteilen eingerissen war. Diesen Befund sah Dr. S. überzeugend im Zusammenhang mit der Arthrose des ACG.
Der Senat hält im Rahmen der Abwägung der für und gegen eine traumatische Genese der Rotatorenmanschettenruptur sprechenden Kriterien die degenerativen Veränderungen, die angesichts des Alters des Klägers von 66 Jahren zum Unfallzeitpunkt einen typischen Befund darstellen und nicht immer zu Beschwerden führen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O. Ziff. 8.2.5.1), für die wesentliche Ursache der inkompletten Ruptur der Supraspinatussehne und der Teilruptur der Infraspinatussehne. Zu einem anderen Ergebnis gelangt das Gericht nicht auf Grund des für das Landgericht N. erstatteten Gutachtens von Dr. F. vom 21.07.2005. Die Annahme einer jeweils hälftigen traumatischen und degenerativen Ursache für die Rotatorenmanschettenruptur erfolgte nach den Kriterien der privaten Unfallversicherung. Außerdem schränkte Dr. F. seine Aussage ein, indem er in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht N. ausführte, die Einschätzung, der Schaden beruhe zu jeweils gleichen Teilen auf dem Trauma bzw. auf Degeneration, sei eher großzügig. Der Sachverständige berücksichtigte im Übrigen nicht das Ausmaß der bestehenden degenerativen Veränderungen, insbesondere die Beidseitigkeit der Degeneration, wie sie sich aus dem radiologischen Zusatzgutachten des Instituts für Diagnostische Radiologie der Klinik am E. vom 10.04.2006 ergibt. Die Formulierung von Dr. S. in demselben Termin, er gebe an, "dass der Folgeaufprall als Schädigungsursache für eine Ruptur der Supraspinatussehne bei einem starken Aufprall durchaus in Betracht kommen kann", wenn "der Aufprall einen Subluxationsmechanismus ( ) auslöst", ist vorsichtig und stellt lediglich klar, dass allein unter Berücksichtigung des Unfallhergangs eine traumatische Sehnenruptur in Betracht kommt. Hiervon geht auch der Senat aus. Die Abwägung aller maßgeblichen Gesichtspunkte ergibt aber, dass wesentliche Ursache für die inkomplette Ruptur der Supraspinatussehne und die Teilruptur der Infraspinatussehne die vor dem Unfall bestehenden degenerativen Veränderungen waren. Folgen des Arbeitsunfalls vom 19.06.2002 sind somit, wie sich aus dem Gutachten von Dr. S. ergibt, eine – inzwischen ausgeheilte – Prellung und Zerrung des rechten Schultergelenks. Eine messbare MdE ist nicht verblieben.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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