Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 36 U 165/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 108/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin nach dem für die Jahre 2001 bis 2006 gültigen Gefahrtarif der Beklagten (GT 2001).
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das mit der Aufbereitung industrieller Rückstände (Gips, Laugen, Metallschlacke, Filterkuchen) sowie der Produktion und dem Verkauf von Gipsprodukten, Chemikalien und Metallgranulaten befasst ist. Das Unternehmen ist in die Geschäftsfelder "Chemikalien", "Gips", "Metallschlacke", "Energie", "Deponie" sowie "Standortmanagement und Instandhaltung" gegliedert. Im Geschäftsfeld Chemikalien werden Laugen, die jeweils zur Hälfte von der Klägerin zugekauft bzw. mit Zuzahlung angenommen werden, und Aluminiumhydroxid in einem chemisch-technischen Verfahren zu Natriumaluminat umgesetzt. Im Geschäftsfeld Gips wird Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Gips) entweder nasschemisch oder in einer zirkulierenden Wirbelschicht-Feuerung zu Additiven und Bindemitteln auf Calciumsulfat-Basis und im Geschäftsfeld Metallschlacke werden Metallschlacken in einem nass-mechanischen Verfahren zu Metallgranulaten verarbeitet. Das Geschäftsfeld Energie umfasst den Betrieb eines Kraftwerks (Wirbelbett-Feuerungsanlage) zur Energieerzeugung. Dort werden Brennstoffe wie Ballastkohle, getrockneter Klärschlamm, Tierfette, Tiermehle, kalkhaltige Produkte oder ölhaltige Reststoffe in einer zirkulierenden Wirbelschicht-Feuerung verbrannt. Die dabei gewonnene Energie wird zur Versorgung der Produktionsanlagen auf dem Werksgelände verwendet. Die Geschäftsfelder Deponie sowie Standortmanagement und Instandhaltung stellen Hilfsunternehmen dar.
Zum 01.09.1993 wurde die Firma "W AG, Sparte AIR" in die "B Recycling GmbH" umgewandelt, an der die W AG zu 24,9 % und die Firma S zu 75,1 % beteiligt waren. Im Handelsregister war als Gegenstand des Unternehmens eingetragen "die Herstellung und der Vertrieb von Aluminiumoxid und Aluminium, die Aufbereitung, Verwertung und Entsorgung von Reststoffen und anderen Rückständen und/oder der Vertrieb von Materialien, die aus Reststoffen gewonnen werden und/oder Leistungen auf dem Gebiet der Umwelttechnik, insbesondere der Aufbereitung, Verwertung oder Entsorgung von Reststoffen, oder der Umweltanalytik, Produktionsüberwachung und Qualitätskontrolle".
Mit Aufnahmebescheid vom 18.01.1994 teilte die Beklagte der B Recycling GmbH mit, dass sie, die Beklagte, ab dem 01.09.1993 der zuständige Unfallversicherungsträger sei. Gleichzeitig veranlagte die Beklagte die B Recycling GmbH zu der Gefahrtarifstelle 210 (Gewerbezweig: Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen und Entsorgungsanlagen für Sonderabfälle) und zur Gefahrklasse 4,2 des Gefahrtarifs 1989. Nachdem der Unternehmensbereich "Anlagenbau, Gießereitechnik, allgemeiner Maschinenbau" mit Wirkung zum 01.11.1994 verselbständigt worden war und seither unter "LÜKO Maschinen- und Anlagenbau GmbH" firmierte, wurde dieser Unternehmensbereich ab dem 1.11.1994 an die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft überwiesen. Mit Bescheid vom 31.10.1995 wurde die B Recycling GmbH aufgrund des Inkrafttretens des Gefahrtarifs 1995 ab dem 01.01.1995 zu der Gefahrtarifstelle 210 und zur Gefahrklasse 3,2 veranlagt.
Nach einer vollständigen Einbindung in die S-Unternehmensgruppe firmierte die bisherige B Recycling GmbH zum 01.03.1996 um in S M-werk Recycling GmbH. Diese teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 17.04.1996 mit, bei der Umfirmierung handele es sich um eine reine Namensänderung, das Unternehmen bleibe identisch. Ab dem 01.10.1998 lautete die Firmenbezeichnung sodann S M-werk GmbH. In der Gewerbe-Anmeldung bei der Stadt M war zur angemeldeten Tätigkeit ausgeführt: "Aufbereitung industrieller Rückstände: Gips, Laugen, Metallschlacke, Filterkuchen, Produktion + Verkauf von Gipsprodukten, Abwasserchemikalien, Metallgranulaten". Seit dem 01.01.2005 firmiert die Klägerin unter S Production GmbH.
Mit Inkrafttreten des GT 2001 wurde die Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 23.07.2001 ab dem 01.01.2001 zur Gefahrtarifstelle 20 und der Gefahrklasse 4,2 veranlagt. Unter der Gefahrtarifstelle 20 sind "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" und "Verwertungsbetriebe für Tierkörper und tierische Abfallprodukte" zusammengefasst. Im GT 2001 wird unter diesem Gewerbezweig weiter ausgeführt: "Recyclingprodukte, z.B. Öle, Kunststoffe u.ä. Produkte, Brennstoffe; Knochenleim, Hautleim, technische Gelatine, Futtermittel, Hornspäne, Knochenmehl u.ä. Produkte".
Gegen den Veranlagungsbescheid vom 23.07.2001 erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, bei ihrem Unternehmen handele es sich nicht mehr um einen Recyclingbetrieb, sondern um einen Produktionsbetrieb mit qualitativ hochwertigen Produkten. Deshalb könne die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 20 nicht zutreffen. Bereits die Bildung dieser Gefahrtarifstelle sei rechtswidrig, weil die Zusammenfassung von Betrieben der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren und Verwertungsbetrieben für Tierkörper und tierische Abfallprodukte nicht sachgerecht sei, da Abfallverwertungsbetriebe im Vergleich zu Tierkörperbeseitigungsanstalten ein geringeres Unfallrisiko aufwiesen und dieser unterschiedlichen Gefahr nicht Rechnung getragen worden sei. Selbst wenn der GT 2001 rechtmäßig sei, sei sie, die Klägerin, jedoch nicht der Gefahrtarifstelle 20, sondern der Gefahrtarifstelle 21 (Gewerbezweig "Betriebe mit sonstigen chemisch-technischen Erzeugnissen") zuzuordnen. Für die Frage, welche Gefahrtarifstelle hier einschlägig sei, sei eine Abgrenzung zwischen Abfall und Produkt vorzunehmen. Diese Abgrenzung erfolge in zwei Schritten: Primär sei ihre Verwertungsabsicht entscheidend. Diese ziele darauf, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Insoweit läge eine Produktionsabsicht vor. In einem zweiten Schritt seien diese subjektiven Angaben anhand objektiver Kriterien der Verkehrsanschauung nachzuprüfen. Als derartige objektive Maßstäbe könnten die Einhaltung von Produktionsnormen oder -standards, die Einsatzfähigkeit des Stoffes anstelle eines Rohstoffes, aber auch eine bestimmte Nachfrage und somit die Marktfähigkeit einer Sache herangezogen werden. Gemessen an diesen Maßstäben handele es sich sowohl bei den im Geschäftsfeld "Chemikalien" als auch bei den im Geschäftsfeld "Gips" verwendeten Stoffen um Produkte und nicht um Abfälle. Diese Geschäftsfelder seien daher der Gefahrtarifstelle 21 zuzuordnen. Da ein Unternehmen nach dem Gewerbezweig veranlagt werde, der für das Hauptunternehmen maßgebend sei und in ihrem Betrieb die Geschäftsfelder "Chemikalien" und "Gips" das Hauptunternehmen darstellten, da in diesen Bereichen der überwiegende Umsatz erzielt werde, müsse ihr gesamtes Unternehmen zu der Gefahrtarifstelle 21 veranlagt werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2002 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Zusammenlegung der ehemaligen Gefahrtarifstellen 200 und 210 des GT 1995 zur Gefahrtarifstelle 21 des GT 2001 sei nicht rechtswidrig. Die Gefahrklassen würden aus dem Verhältnis von Entschädigungsleistungen zu Arbeitsentgelten eines Gewerbezweiges (= Gefahrtarifstelle) berechnet, so dass sich in der Gefahrklasse keine konkreten Gefahren oder Gefährdungspotential wiederfänden. Vielmehr drücke die Gefahrklasse das Belastungsverhältnis einer Gefahrtarifstelle (= Gewerbezweig) aus. Entscheidend sei, ob die einzelnen Gewerbezweige von den Belastungsverhältnissen her vergleichbar seien. Dies sei bei den Gewerbezweigen Abfallverwertung und Tierkörperverwertung der Fall. "Technologisch" handele es sich in beiden Fällen um "Verwertungsbetriebe". Unter Belastungsgesichtspunkten sei bei der Vorbereitung des GT 2001 geprüft worden, welche Belastungsziffer sich nur für die Unternehmen der ehemaligen Gefahrtarifstelle 210 ergeben hätte. Diese hätte (gerundet) bei 6,2 gelegen und damit fast das Doppelte der Gefahrklasse des GT 1995 betragen. Zur Vermeidung übermäßiger Beitragssprünge werde bei einem neuen GT der Anstieg der Gefahrklassen jedoch auf höchstens einen Gefahrklassenpunkt begrenzt. Davon habe die Klägerin profitiert, denn die Gefahrklasse des Gewerbezweigs Abfallverwertung sei im Rahmen der Gefahrtarifstelle 20 nur von 3,2 auf 4,2 statt auf den rechnerischen Wert von 6,2 festgesetzt worden. Aus der Zusammenlegung der Unternehmen der ehemaligen Gefahrtarifstelle 210 mit den Unternehmen der Tierkörperverwertung hätten sich für die Abfallverwertungsbetriebe mithin keine Nachteile ergeben. Eine Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 21, die nur subsidiären Charakter habe, könne nicht erfolgen, weil keines der Geschäftsfelder die Voraussetzungen für eine entsprechende Zuordnung erfülle. Von der Belastungsziffer der Klägerin her gesehen sei die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 20 ebenfalls nicht zu beanstanden, denn das Unternehmen der Klägerin habe eine Belastungsziffer von 4,7668. Die Belastungsziffer der Gefahrtarifstelle 21 betrage dagegen 2,3571, gerundet 2,4, so dass eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 21 mit dem Grundgedanken des Gefahrtarifs, nämlich der Kopplung des Beitrags an die Belastung, nicht vereinbar sei.
Die dagegen am 08.07.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 11.04.2006 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21.04.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.05.2006 (Montag) Berufung eingelegt.
Sie trägt im Wesentlichen vor, sie betreibe keinen Abfallverwertungsbetrieb, sondern moderne Anlagen zur Produktion hochwertiger Güter. Sie setze dabei gezielt Rohstoffe mit genormten Qualitätsstandards und definierten Wertstoffinhalten ein, die überwiegend zugekauft werden müssten. Zwar sei das SG zutreffend davon ausgegangen, dass der Abfallbegriff, von dem der GT 2001 ausgehe, mit dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) identisch sei. Das SG sei aber rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den von ihr eingesetzten Stoffen um Abfälle im Sinne von § 3 KrW-/AbfG handele. Denn es komme nicht darauf an, die Verwertung von der Beseitigung zu unterscheiden, sondern allein entscheidend sei, ob es sich um Abfall oder ein Produkt handele. Bei den von ihr eingesetzten Stoffen handele es sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) - Urteil vom 18.04.2002 - C-9/00 - Rechtssache "Palin Granit Oy"; Beschluss vom 15.01.2004 – C-235/02 - Rechtssache "Saetti und Frediani" - sowie der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 17.08.2005 - 8 A 1598/04 -, in der das OVG die vom EuGH geprägten Vorgaben auf das deutsche Recht übertragen habe, ausschließlich um Produkte, soweit es die Hauptunternehmen (Geschäftsfelder Gips und Chemikalien) betreffe. Insoweit liege der Anteil an Stoffen, für die sie eine Zuzahlung erhalte, bei unter 10 %, während über 90 % der Materialien auf dem Rohstoffmarkt erworben werden müssten. Angesichts dieses verschwindend kleinen Anteils an eingesetzten Abfallstoffen könne das Unternehmen keine Prägung aufweisen, die eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 20 gebiete.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.04.2006 abzuändern sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2002 zu verurteilen, sie in die Gefahrtarifstelle 21 einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die von der Klägerin bearbeiteten industriellen Rückstände Abfall darstellten. Unerheblich sei, dass die Klägerin aus Abfällen nutzbare Produkte herstelle. Denn der Sinn der Abfallverwertung bestehe gerade darin, dass das hergestellte Produkt kein Abfall mehr sei. Dem Begriff "Abfall" im Sinne des GT 2001 liege die übliche Verkehrsauffassung zugrunde, wonach unter "Abfällen" bewegliche Sachen zu verstehen seien, deren sich ihre Besitzer entledigten, entledigen wollten oder entledigen müssten. Demzufolge sei das KrW-/AbfG nicht unmittelbar auf den GT anwendbar. Die Eigenständigkeit der Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 folge schon daraus, dass der Gewerbezweig "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" ohne jede inhaltliche Änderung die Gefahrtarifstelle 210 des GT 1995 "Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen" fortführe und der GT 1995 seinerseits auf Vorgänger-Tarifen aufgebaut habe, so dass schon der GT 1979 die Gefahrtarifstelle 210 "Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen" aufgewiesen habe. Der 1979 beschlossene GT habe sich jedoch zwangsläufig nicht am KrW-/AbfG orientieren können, weil dieses Gesetz erst mehr als 1 ½ Jahrzehnte später in Kraft getreten sei. Demzufolge hätten auch das Urteil des OVG Münster und die Urteile des EuGH keine unmittelbare rechtliche Relevanz für ihren GT.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 23.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2002 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 und zur Gefahrklasse 4,2 veranlagt.
Maßgebend für die Beurteilung der Beitragserhebung in der gesetzlichen Unfallversicherung ist seit dem 01.01.1997 das Siebte Buch des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), § 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften (BGen), den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs 1). Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB IV]) setzt hierzu gem. § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII ist keine grundlegende Neuregelung des Beitragsrechts erfolgt. Es ist vielmehr im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen worden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/2204, S. 73, 110 ff). Neu ist lediglich die Vorschrift über die Bildung der Gefahrtarifstellen in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Hierzu führt die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204, S. 111) aus, dass die dort genannten Kriterien der bisherigen Praxis der Berufsgenossenschaften entsprächen und nunmehr kodifiziert würden (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 1).
Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 - SozR 2200 § 734 Nr. 2) bereits entschieden hat, müssen Härten, die der Gefahrtarif im Einzelfall enthält, als Folge der zulässigen generalisierenden Regelungen hingenommen werden. Im Gefahrtarif sind Risikogemeinschaften nach unterschiedlichen Zuordnungsmerkmalen zu bilden (Gefahrtarifstellen), wobei die Aufstellung von Gewerbezweig- und Tätigkeitstarifen in Betracht kommt. Wie viele Gefahrtarifstellen der Unfallversicherungsträger bildet und nach welchen Kriterien er sie voneinander abgrenzt, steht grundsätzlich im Ermessen der Vertreterversammlung. Dabei gebührt dem Gewerbezweigtarif der Vorrang, weil er am besten die gewerbetypischen Gefahren und damit das gemeinschaftliche Risiko erfasst (BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1). Aber auch gemischte Tarife sind grundsätzlich zulässig (BSG, aaO). Jede Gefahrtarifstelle muss so groß sein, dass zufallsbedingte Schwankungen in der Belastungsentwicklung ausgeschlossen werden. Es ist daher – mangels ausreichender Größe - nicht immer möglich, für jeden Gewerbezweig eine eigene Gefahrtarifstelle zu bilden. Deshalb sind auch Zusammenfassungen mehrerer Gewerbezweige mit wenigstens annähernd gleichen Risiken grundsätzlich zulässig und im Einzelfall auch geboten (Ricke in: Kasseler Kommentar, § 157 SGB VII Rdnr. 11).
Wird der Veranlagungsbescheid angefochten, so darf das Gericht den Gefahrtarif inzident überprüfen (Ricke, aaO). Als autonom gesetztes Recht ist er aber nur daraufhin überprüfbar, ob er mit seiner Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den Sozialversicherungsträgern, die ihre Angelegenheiten als öffentlich-rechtliche Körperschaften und Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung selbst regeln, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 1; Senatsurteil vom 26.01.2005 - L 17 U 159/01). Als gesetzliche Vorgaben sind die Zielvorstellungen und Wertentscheidungen, die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommen, sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Dabei prüfen die Gerichte nicht, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihm ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG, aaO). Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, aaO).
Die Neuregelung in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs zu bilden, muss entsprechend der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 734 Nr. 3) und der bisherigen Praxis der Unfallversicherungsträger, auf die die Gesetzesmaterialien verweisen, folgendermaßen verstanden werden: Bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif sollen Gewerbezweige und bei einem nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif sollen Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden. Andernfalls ergäbe die Bildung nach den Gefährdungsrisiken keinen Sinn. Die Beklagte hat im GT 2001 als Anknüpfungspunkt für die Bildung der Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (BSGE 95, 47 =SozR 4-2700 § 157 Nr. 2).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen (BSGE 27, 237 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO). Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr 1).
Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (BSG, Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R, m.w.Nachw.). Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat im Übrigen zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG SozR 2200 § 734 Nr 1; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr 2). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den BGen reicht (vgl. BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 1; BSGE 92, 190 = SozR 4-2700 § 152 Nr. 1; BSGE 95, 47 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 2).
Die Gliederung des GT 2001 der Beklagten in Gestalt der vorgenommenen Zusammenfassung von "Betrieben der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" und "Verwertungsbetrieben für Tierkörper und tierische Abfallprodukte" in der Gefahrtarifstelle 20 ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar gelten für Betriebe der Abfallverwertung einerseits und Verwertungsbetriebe für Tierkörper und tierische Abfallprodukte andererseits unterschiedliche rechtliche Vorgaben, da mit Blick auf die Abfallverwertung vor allem das KrW-/AbfG vom 27.09.1994 (BGBl. I 2705) zu beachten ist, während die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tierkörperverwertung insbesondere durch das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25.01.2004 (BGBl. I 82) geregelt werden. Gegenstand aller Unternehmensarten ist letztlich jedoch die Verwertung von (tierischen) Abfällen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Denn so wie die Abfallverwertung die Rückführung von Abfällen in den Wirtschaftskreislauf bedeutet, geht es bei der Verwertung von Tierkörpern und tierischen Abfallprodukten um die Gewinnung von (tierischen) Rohstoffen aus (verendeten oder getöteten) Tieren und Schlachtabfällen. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass Abfallverwertungsbetriebe im Vergleich zu Tierkörperbeseitigungsanstalten ein geringeres Unfallrisiko aufwiesen, folgt auch daraus nicht die Rechtswidrigkeit des GT 2001. Denn während die Belastungsziffer der Betriebe der Abfallverwertung im Beobachtungszeitraum von 1994 bis 1998 bei 6,2435 lag, betrug die Belastungsziffer der Betriebe der Tierkörperverwertung 6,8656, die Abweichung machte mithin weniger als 10 % aus. Da die Belastungsziffer ein verwertbarer Maßstab für die Beurteilung der Unfallgefahr in den verschiedenen Gewerbezweigen ist und nur solche Belastungsziffern, die auffällig voneinander abweichen, den Schluss zulassen, dass in ihnen ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2), ist der Senat mit der Beklagten der Auffassung, dass die Zusammenlegung der ehemaligen Gefahrtarifstellen 200 und 210 des GT 1995 in die Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 auch unter Berücksichtigung der Gefährdungsrisiken nicht zu beanstanden ist. Denn die Differenz in den Belastungsziffern von lediglich 0,6221 lässt keinesfalls den Schluss zu, dass darin ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist.
Die Beklagte hat die Klägerin auch zutreffend in die Gefahrtarifstelle 20 eingeordnet. Art und Gegenstand des Unternehmens der Klägerin entsprechen der Definition dieser Tarifstelle. Indem unter dem Gewerbezweig "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" ausdrücklich auch "Recyclingprodukte" erwähnt werden, ist damit deutlich gemacht, dass mit dem Begriff "Betriebe der Abfallverwertung" nach dem GT 2001 alle Unternehmen der Kreislaufwirtschaft erfasst werden sollen. Zu diesen zählt zur Überzeugung des Senats auch die Klägerin.
Die S AG & Co. KG bezeichnet sich in ihren eigenen Verlautbarungen als "Unternehmen der Wasser- und Kreislaufwirtschaft" (S aktuell, Heft 3/2004), das M-werk in M stellt das "größte Zentrum für Kreislaufwirtschaft in Europa" dar (S aktuell, Heft 3/2006). Zwar ist die Klägerin lediglich ein Tochterunternehmen der S AG & Co. KG und das M-werk ist ein Industriepark, in dem die Klägerin nicht alleine, sondern neben anderen Unternehmen ansässig ist. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Klägerin in der S-Unternehmensgruppe eine Sonderstellung einnimmt und nicht (auch) als Unternehmen der Kreislaufwirtschaft bezeichnet werden kann.
Auch vor dem Hintergrund der Firmengeschichte hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass es sich bei dem klägerischen Unternehmen nicht (mehr) um einen Recyclingbetrieb handelt. Dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die B Recycling GmbH, ein Recyclingunternehmen war, kam bereits im Firmennamen zweifach zum Ausdruck, denn dieser enthielt nicht nur den Begriff "Recycling", sondern die Kurzform "AIR" stand für "Aufbereitung industrieller Reststoffe". Anlässlich der Umfirmierung der B Recycling GmbH in S M-werk Recycling GmbH teilte diese der Beklagten ausdrücklich mit, es handele sich um eine reine Namensänderung, das Unternehmen bleibe identisch. Zwar ist in der Firmenbezeichnung ab dem 01.10.1998 (S M-werk GmbH) der Begriff "Recycling" entfallen, in der entsprechenden Gewerbe-Anmeldung bei der Stadt M wird zur angemeldeten Tätigkeit jedoch (weiterhin) die "Aufbereitung industrieller Rückstände" genannt. Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich das Unternehmen gewandelt habe, da sie (nunmehr) moderne Anlagen zur Produktion hochwertiger Güter betreibe, ändert die Hochwertigkeit der hergestellten Produkte nichts daran, dass diese insbesondere durch den Einsatz von industriellen Rückständen gewonnen werden. Dabei werden namentlich in den Geschäftsfeldern "Chemikalien" (Einsatz - auch - verbrauchter Aluminatlösungen), "Metallschlacke" (Aufarbeitung von Metallschlacken) und "Energie" (energetische Verwertung u.a. von getrocknetem Klärschlamm, Tierfett, Tiermehl, kalkhaltigen Produkten und ölhaltigen Reststoffen) in erheblichem Umfang auch Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG verwertet. Dass es sich bei den industriellen Rückständen, namentlich beim REA-Gips, teilweise nicht um "Abfall" im Sinne des KrW-/AbfG handeln mag, sondern um angefallene Nebenprodukte, ändert in einer Gesamtschau an der Einordnung des klägerischen Betriebes als ein solcher der "Abfallverwertung" im Sinne des GT 2001 nichts.
Auch die Berechnung der Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 20 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung der "gezahlten Leistungen" (§ 157 Abs. 3 SGB VII) die jeweiligen Entschädigungsleistungen für Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten des Beobachtungszeitraums, nämlich 1994 bis 1998, sowie die entsprechenden Lohnsummen ermittelt und hieraus die Belastungsziffer (Gefahrklasse) der Betriebe der Abfallverwertung mit 6,2435 der Gefahrtarifstelle errechnet, so dass rein rechnerisch die Gefahrklasse für die Abfallverwertungsbetriebe auf 6,2 hätte festgesetzt werden müssen. Da Betriebe der Abfallverwertung unter der Geltung des GT 1995 nach der Gefahrtarifstelle 210 indes zur Gefahrklasse 3,2 veranlagt waren und die Beklagte den Anstieg der Gefahrklassen bei einem neuen GT auf höchstens einen Punkt begrenzt, um übermäßige Beitragssprünge zu vermeiden, ist die Klägerin durch die Veranlagung zur Gefahrklasse 4,2 - auch in Anbetracht der für das klägerische Unternehmen ermittelten Belastungsziffer von 4,7668 - nicht beschwert. Eine fehlerhafte Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 20 ist im Übrigen nicht ersichtlich. Einwendungen hat die Klägerin hiergegen auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin nach dem für die Jahre 2001 bis 2006 gültigen Gefahrtarif der Beklagten (GT 2001).
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das mit der Aufbereitung industrieller Rückstände (Gips, Laugen, Metallschlacke, Filterkuchen) sowie der Produktion und dem Verkauf von Gipsprodukten, Chemikalien und Metallgranulaten befasst ist. Das Unternehmen ist in die Geschäftsfelder "Chemikalien", "Gips", "Metallschlacke", "Energie", "Deponie" sowie "Standortmanagement und Instandhaltung" gegliedert. Im Geschäftsfeld Chemikalien werden Laugen, die jeweils zur Hälfte von der Klägerin zugekauft bzw. mit Zuzahlung angenommen werden, und Aluminiumhydroxid in einem chemisch-technischen Verfahren zu Natriumaluminat umgesetzt. Im Geschäftsfeld Gips wird Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA-Gips) entweder nasschemisch oder in einer zirkulierenden Wirbelschicht-Feuerung zu Additiven und Bindemitteln auf Calciumsulfat-Basis und im Geschäftsfeld Metallschlacke werden Metallschlacken in einem nass-mechanischen Verfahren zu Metallgranulaten verarbeitet. Das Geschäftsfeld Energie umfasst den Betrieb eines Kraftwerks (Wirbelbett-Feuerungsanlage) zur Energieerzeugung. Dort werden Brennstoffe wie Ballastkohle, getrockneter Klärschlamm, Tierfette, Tiermehle, kalkhaltige Produkte oder ölhaltige Reststoffe in einer zirkulierenden Wirbelschicht-Feuerung verbrannt. Die dabei gewonnene Energie wird zur Versorgung der Produktionsanlagen auf dem Werksgelände verwendet. Die Geschäftsfelder Deponie sowie Standortmanagement und Instandhaltung stellen Hilfsunternehmen dar.
Zum 01.09.1993 wurde die Firma "W AG, Sparte AIR" in die "B Recycling GmbH" umgewandelt, an der die W AG zu 24,9 % und die Firma S zu 75,1 % beteiligt waren. Im Handelsregister war als Gegenstand des Unternehmens eingetragen "die Herstellung und der Vertrieb von Aluminiumoxid und Aluminium, die Aufbereitung, Verwertung und Entsorgung von Reststoffen und anderen Rückständen und/oder der Vertrieb von Materialien, die aus Reststoffen gewonnen werden und/oder Leistungen auf dem Gebiet der Umwelttechnik, insbesondere der Aufbereitung, Verwertung oder Entsorgung von Reststoffen, oder der Umweltanalytik, Produktionsüberwachung und Qualitätskontrolle".
Mit Aufnahmebescheid vom 18.01.1994 teilte die Beklagte der B Recycling GmbH mit, dass sie, die Beklagte, ab dem 01.09.1993 der zuständige Unfallversicherungsträger sei. Gleichzeitig veranlagte die Beklagte die B Recycling GmbH zu der Gefahrtarifstelle 210 (Gewerbezweig: Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen und Entsorgungsanlagen für Sonderabfälle) und zur Gefahrklasse 4,2 des Gefahrtarifs 1989. Nachdem der Unternehmensbereich "Anlagenbau, Gießereitechnik, allgemeiner Maschinenbau" mit Wirkung zum 01.11.1994 verselbständigt worden war und seither unter "LÜKO Maschinen- und Anlagenbau GmbH" firmierte, wurde dieser Unternehmensbereich ab dem 1.11.1994 an die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft überwiesen. Mit Bescheid vom 31.10.1995 wurde die B Recycling GmbH aufgrund des Inkrafttretens des Gefahrtarifs 1995 ab dem 01.01.1995 zu der Gefahrtarifstelle 210 und zur Gefahrklasse 3,2 veranlagt.
Nach einer vollständigen Einbindung in die S-Unternehmensgruppe firmierte die bisherige B Recycling GmbH zum 01.03.1996 um in S M-werk Recycling GmbH. Diese teilte der Beklagten mit Schriftsatz vom 17.04.1996 mit, bei der Umfirmierung handele es sich um eine reine Namensänderung, das Unternehmen bleibe identisch. Ab dem 01.10.1998 lautete die Firmenbezeichnung sodann S M-werk GmbH. In der Gewerbe-Anmeldung bei der Stadt M war zur angemeldeten Tätigkeit ausgeführt: "Aufbereitung industrieller Rückstände: Gips, Laugen, Metallschlacke, Filterkuchen, Produktion + Verkauf von Gipsprodukten, Abwasserchemikalien, Metallgranulaten". Seit dem 01.01.2005 firmiert die Klägerin unter S Production GmbH.
Mit Inkrafttreten des GT 2001 wurde die Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 23.07.2001 ab dem 01.01.2001 zur Gefahrtarifstelle 20 und der Gefahrklasse 4,2 veranlagt. Unter der Gefahrtarifstelle 20 sind "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" und "Verwertungsbetriebe für Tierkörper und tierische Abfallprodukte" zusammengefasst. Im GT 2001 wird unter diesem Gewerbezweig weiter ausgeführt: "Recyclingprodukte, z.B. Öle, Kunststoffe u.ä. Produkte, Brennstoffe; Knochenleim, Hautleim, technische Gelatine, Futtermittel, Hornspäne, Knochenmehl u.ä. Produkte".
Gegen den Veranlagungsbescheid vom 23.07.2001 erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, bei ihrem Unternehmen handele es sich nicht mehr um einen Recyclingbetrieb, sondern um einen Produktionsbetrieb mit qualitativ hochwertigen Produkten. Deshalb könne die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 20 nicht zutreffen. Bereits die Bildung dieser Gefahrtarifstelle sei rechtswidrig, weil die Zusammenfassung von Betrieben der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren und Verwertungsbetrieben für Tierkörper und tierische Abfallprodukte nicht sachgerecht sei, da Abfallverwertungsbetriebe im Vergleich zu Tierkörperbeseitigungsanstalten ein geringeres Unfallrisiko aufwiesen und dieser unterschiedlichen Gefahr nicht Rechnung getragen worden sei. Selbst wenn der GT 2001 rechtmäßig sei, sei sie, die Klägerin, jedoch nicht der Gefahrtarifstelle 20, sondern der Gefahrtarifstelle 21 (Gewerbezweig "Betriebe mit sonstigen chemisch-technischen Erzeugnissen") zuzuordnen. Für die Frage, welche Gefahrtarifstelle hier einschlägig sei, sei eine Abgrenzung zwischen Abfall und Produkt vorzunehmen. Diese Abgrenzung erfolge in zwei Schritten: Primär sei ihre Verwertungsabsicht entscheidend. Diese ziele darauf, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Insoweit läge eine Produktionsabsicht vor. In einem zweiten Schritt seien diese subjektiven Angaben anhand objektiver Kriterien der Verkehrsanschauung nachzuprüfen. Als derartige objektive Maßstäbe könnten die Einhaltung von Produktionsnormen oder -standards, die Einsatzfähigkeit des Stoffes anstelle eines Rohstoffes, aber auch eine bestimmte Nachfrage und somit die Marktfähigkeit einer Sache herangezogen werden. Gemessen an diesen Maßstäben handele es sich sowohl bei den im Geschäftsfeld "Chemikalien" als auch bei den im Geschäftsfeld "Gips" verwendeten Stoffen um Produkte und nicht um Abfälle. Diese Geschäftsfelder seien daher der Gefahrtarifstelle 21 zuzuordnen. Da ein Unternehmen nach dem Gewerbezweig veranlagt werde, der für das Hauptunternehmen maßgebend sei und in ihrem Betrieb die Geschäftsfelder "Chemikalien" und "Gips" das Hauptunternehmen darstellten, da in diesen Bereichen der überwiegende Umsatz erzielt werde, müsse ihr gesamtes Unternehmen zu der Gefahrtarifstelle 21 veranlagt werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2002 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Zusammenlegung der ehemaligen Gefahrtarifstellen 200 und 210 des GT 1995 zur Gefahrtarifstelle 21 des GT 2001 sei nicht rechtswidrig. Die Gefahrklassen würden aus dem Verhältnis von Entschädigungsleistungen zu Arbeitsentgelten eines Gewerbezweiges (= Gefahrtarifstelle) berechnet, so dass sich in der Gefahrklasse keine konkreten Gefahren oder Gefährdungspotential wiederfänden. Vielmehr drücke die Gefahrklasse das Belastungsverhältnis einer Gefahrtarifstelle (= Gewerbezweig) aus. Entscheidend sei, ob die einzelnen Gewerbezweige von den Belastungsverhältnissen her vergleichbar seien. Dies sei bei den Gewerbezweigen Abfallverwertung und Tierkörperverwertung der Fall. "Technologisch" handele es sich in beiden Fällen um "Verwertungsbetriebe". Unter Belastungsgesichtspunkten sei bei der Vorbereitung des GT 2001 geprüft worden, welche Belastungsziffer sich nur für die Unternehmen der ehemaligen Gefahrtarifstelle 210 ergeben hätte. Diese hätte (gerundet) bei 6,2 gelegen und damit fast das Doppelte der Gefahrklasse des GT 1995 betragen. Zur Vermeidung übermäßiger Beitragssprünge werde bei einem neuen GT der Anstieg der Gefahrklassen jedoch auf höchstens einen Gefahrklassenpunkt begrenzt. Davon habe die Klägerin profitiert, denn die Gefahrklasse des Gewerbezweigs Abfallverwertung sei im Rahmen der Gefahrtarifstelle 20 nur von 3,2 auf 4,2 statt auf den rechnerischen Wert von 6,2 festgesetzt worden. Aus der Zusammenlegung der Unternehmen der ehemaligen Gefahrtarifstelle 210 mit den Unternehmen der Tierkörperverwertung hätten sich für die Abfallverwertungsbetriebe mithin keine Nachteile ergeben. Eine Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 21, die nur subsidiären Charakter habe, könne nicht erfolgen, weil keines der Geschäftsfelder die Voraussetzungen für eine entsprechende Zuordnung erfülle. Von der Belastungsziffer der Klägerin her gesehen sei die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 20 ebenfalls nicht zu beanstanden, denn das Unternehmen der Klägerin habe eine Belastungsziffer von 4,7668. Die Belastungsziffer der Gefahrtarifstelle 21 betrage dagegen 2,3571, gerundet 2,4, so dass eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 21 mit dem Grundgedanken des Gefahrtarifs, nämlich der Kopplung des Beitrags an die Belastung, nicht vereinbar sei.
Die dagegen am 08.07.2002 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 11.04.2006 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21.04.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.05.2006 (Montag) Berufung eingelegt.
Sie trägt im Wesentlichen vor, sie betreibe keinen Abfallverwertungsbetrieb, sondern moderne Anlagen zur Produktion hochwertiger Güter. Sie setze dabei gezielt Rohstoffe mit genormten Qualitätsstandards und definierten Wertstoffinhalten ein, die überwiegend zugekauft werden müssten. Zwar sei das SG zutreffend davon ausgegangen, dass der Abfallbegriff, von dem der GT 2001 ausgehe, mit dem Abfallbegriff des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) identisch sei. Das SG sei aber rechtsfehlerhaft zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei den von ihr eingesetzten Stoffen um Abfälle im Sinne von § 3 KrW-/AbfG handele. Denn es komme nicht darauf an, die Verwertung von der Beseitigung zu unterscheiden, sondern allein entscheidend sei, ob es sich um Abfall oder ein Produkt handele. Bei den von ihr eingesetzten Stoffen handele es sich unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) - Urteil vom 18.04.2002 - C-9/00 - Rechtssache "Palin Granit Oy"; Beschluss vom 15.01.2004 – C-235/02 - Rechtssache "Saetti und Frediani" - sowie der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 17.08.2005 - 8 A 1598/04 -, in der das OVG die vom EuGH geprägten Vorgaben auf das deutsche Recht übertragen habe, ausschließlich um Produkte, soweit es die Hauptunternehmen (Geschäftsfelder Gips und Chemikalien) betreffe. Insoweit liege der Anteil an Stoffen, für die sie eine Zuzahlung erhalte, bei unter 10 %, während über 90 % der Materialien auf dem Rohstoffmarkt erworben werden müssten. Angesichts dieses verschwindend kleinen Anteils an eingesetzten Abfallstoffen könne das Unternehmen keine Prägung aufweisen, die eine Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 20 gebiete.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.04.2006 abzuändern sowie die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2002 zu verurteilen, sie in die Gefahrtarifstelle 21 einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die von der Klägerin bearbeiteten industriellen Rückstände Abfall darstellten. Unerheblich sei, dass die Klägerin aus Abfällen nutzbare Produkte herstelle. Denn der Sinn der Abfallverwertung bestehe gerade darin, dass das hergestellte Produkt kein Abfall mehr sei. Dem Begriff "Abfall" im Sinne des GT 2001 liege die übliche Verkehrsauffassung zugrunde, wonach unter "Abfällen" bewegliche Sachen zu verstehen seien, deren sich ihre Besitzer entledigten, entledigen wollten oder entledigen müssten. Demzufolge sei das KrW-/AbfG nicht unmittelbar auf den GT anwendbar. Die Eigenständigkeit der Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 folge schon daraus, dass der Gewerbezweig "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" ohne jede inhaltliche Änderung die Gefahrtarifstelle 210 des GT 1995 "Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen" fortführe und der GT 1995 seinerseits auf Vorgänger-Tarifen aufgebaut habe, so dass schon der GT 1979 die Gefahrtarifstelle 210 "Chemisch-technisches Verwerten von Abfällen" aufgewiesen habe. Der 1979 beschlossene GT habe sich jedoch zwangsläufig nicht am KrW-/AbfG orientieren können, weil dieses Gesetz erst mehr als 1 ½ Jahrzehnte später in Kraft getreten sei. Demzufolge hätten auch das Urteil des OVG Münster und die Urteile des EuGH keine unmittelbare rechtliche Relevanz für ihren GT.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 23.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2002 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 und zur Gefahrklasse 4,2 veranlagt.
Maßgebend für die Beurteilung der Beitragserhebung in der gesetzlichen Unfallversicherung ist seit dem 01.01.1997 das Siebte Buch des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII), § 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften (BGen), den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs 1). Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB IV]) setzt hierzu gem. § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII ist keine grundlegende Neuregelung des Beitragsrechts erfolgt. Es ist vielmehr im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen worden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/2204, S. 73, 110 ff). Neu ist lediglich die Vorschrift über die Bildung der Gefahrtarifstellen in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Hierzu führt die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/2204, S. 111) aus, dass die dort genannten Kriterien der bisherigen Praxis der Berufsgenossenschaften entsprächen und nunmehr kodifiziert würden (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 1).
Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 04.03.1982 - 1 BvR 34/82 - SozR 2200 § 734 Nr. 2) bereits entschieden hat, müssen Härten, die der Gefahrtarif im Einzelfall enthält, als Folge der zulässigen generalisierenden Regelungen hingenommen werden. Im Gefahrtarif sind Risikogemeinschaften nach unterschiedlichen Zuordnungsmerkmalen zu bilden (Gefahrtarifstellen), wobei die Aufstellung von Gewerbezweig- und Tätigkeitstarifen in Betracht kommt. Wie viele Gefahrtarifstellen der Unfallversicherungsträger bildet und nach welchen Kriterien er sie voneinander abgrenzt, steht grundsätzlich im Ermessen der Vertreterversammlung. Dabei gebührt dem Gewerbezweigtarif der Vorrang, weil er am besten die gewerbetypischen Gefahren und damit das gemeinschaftliche Risiko erfasst (BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1). Aber auch gemischte Tarife sind grundsätzlich zulässig (BSG, aaO). Jede Gefahrtarifstelle muss so groß sein, dass zufallsbedingte Schwankungen in der Belastungsentwicklung ausgeschlossen werden. Es ist daher – mangels ausreichender Größe - nicht immer möglich, für jeden Gewerbezweig eine eigene Gefahrtarifstelle zu bilden. Deshalb sind auch Zusammenfassungen mehrerer Gewerbezweige mit wenigstens annähernd gleichen Risiken grundsätzlich zulässig und im Einzelfall auch geboten (Ricke in: Kasseler Kommentar, § 157 SGB VII Rdnr. 11).
Wird der Veranlagungsbescheid angefochten, so darf das Gericht den Gefahrtarif inzident überprüfen (Ricke, aaO). Als autonom gesetztes Recht ist er aber nur daraufhin überprüfbar, ob er mit seiner Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den Sozialversicherungsträgern, die ihre Angelegenheiten als öffentlich-rechtliche Körperschaften und Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung selbst regeln, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 1; Senatsurteil vom 26.01.2005 - L 17 U 159/01). Als gesetzliche Vorgaben sind die Zielvorstellungen und Wertentscheidungen, die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommen, sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Dabei prüfen die Gerichte nicht, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihm ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG, aaO). Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, aaO).
Die Neuregelung in § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs zu bilden, muss entsprechend der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 734 Nr. 3) und der bisherigen Praxis der Unfallversicherungsträger, auf die die Gesetzesmaterialien verweisen, folgendermaßen verstanden werden: Bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif sollen Gewerbezweige und bei einem nach Tätigkeiten gegliederten Gefahrtarif sollen Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden. Andernfalls ergäbe die Bildung nach den Gefährdungsrisiken keinen Sinn. Die Beklagte hat im GT 2001 als Anknüpfungspunkt für die Bildung der Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (BSGE 95, 47 =SozR 4-2700 § 157 Nr. 2).
Dies setzt voraus, dass eine sachgerechte Abgrenzung der Gewerbezweige und ihre korrekte Zuordnung zu den Gefahrtarifstellen stattgefunden hat, denn die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten (BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2). Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen (BSGE 27, 237 = SozR Nr. 1 zu § 730 RVO). Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr 1).
Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, "passenderen" Gewerbezweig folgen (BSG, Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R, m.w.Nachw.). Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip hat im Übrigen zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG SozR 2200 § 734 Nr 1; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr 2). Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen BGen auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den BGen reicht (vgl. BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 1; BSGE 92, 190 = SozR 4-2700 § 152 Nr. 1; BSGE 95, 47 = SozR 4-2700 § 157 Nr. 2).
Die Gliederung des GT 2001 der Beklagten in Gestalt der vorgenommenen Zusammenfassung von "Betrieben der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" und "Verwertungsbetrieben für Tierkörper und tierische Abfallprodukte" in der Gefahrtarifstelle 20 ist nach diesen Maßstäben rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar gelten für Betriebe der Abfallverwertung einerseits und Verwertungsbetriebe für Tierkörper und tierische Abfallprodukte andererseits unterschiedliche rechtliche Vorgaben, da mit Blick auf die Abfallverwertung vor allem das KrW-/AbfG vom 27.09.1994 (BGBl. I 2705) zu beachten ist, während die rechtlichen Rahmenbedingungen der Tierkörperverwertung insbesondere durch das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25.01.2004 (BGBl. I 82) geregelt werden. Gegenstand aller Unternehmensarten ist letztlich jedoch die Verwertung von (tierischen) Abfällen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft. Denn so wie die Abfallverwertung die Rückführung von Abfällen in den Wirtschaftskreislauf bedeutet, geht es bei der Verwertung von Tierkörpern und tierischen Abfallprodukten um die Gewinnung von (tierischen) Rohstoffen aus (verendeten oder getöteten) Tieren und Schlachtabfällen. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass Abfallverwertungsbetriebe im Vergleich zu Tierkörperbeseitigungsanstalten ein geringeres Unfallrisiko aufwiesen, folgt auch daraus nicht die Rechtswidrigkeit des GT 2001. Denn während die Belastungsziffer der Betriebe der Abfallverwertung im Beobachtungszeitraum von 1994 bis 1998 bei 6,2435 lag, betrug die Belastungsziffer der Betriebe der Tierkörperverwertung 6,8656, die Abweichung machte mithin weniger als 10 % aus. Da die Belastungsziffer ein verwertbarer Maßstab für die Beurteilung der Unfallgefahr in den verschiedenen Gewerbezweigen ist und nur solche Belastungsziffern, die auffällig voneinander abweichen, den Schluss zulassen, dass in ihnen ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2), ist der Senat mit der Beklagten der Auffassung, dass die Zusammenlegung der ehemaligen Gefahrtarifstellen 200 und 210 des GT 1995 in die Gefahrtarifstelle 20 des GT 2001 auch unter Berücksichtigung der Gefährdungsrisiken nicht zu beanstanden ist. Denn die Differenz in den Belastungsziffern von lediglich 0,6221 lässt keinesfalls den Schluss zu, dass darin ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist.
Die Beklagte hat die Klägerin auch zutreffend in die Gefahrtarifstelle 20 eingeordnet. Art und Gegenstand des Unternehmens der Klägerin entsprechen der Definition dieser Tarifstelle. Indem unter dem Gewerbezweig "Betriebe der Abfallverwertung nach chemisch-technischen Verfahren" ausdrücklich auch "Recyclingprodukte" erwähnt werden, ist damit deutlich gemacht, dass mit dem Begriff "Betriebe der Abfallverwertung" nach dem GT 2001 alle Unternehmen der Kreislaufwirtschaft erfasst werden sollen. Zu diesen zählt zur Überzeugung des Senats auch die Klägerin.
Die S AG & Co. KG bezeichnet sich in ihren eigenen Verlautbarungen als "Unternehmen der Wasser- und Kreislaufwirtschaft" (S aktuell, Heft 3/2004), das M-werk in M stellt das "größte Zentrum für Kreislaufwirtschaft in Europa" dar (S aktuell, Heft 3/2006). Zwar ist die Klägerin lediglich ein Tochterunternehmen der S AG & Co. KG und das M-werk ist ein Industriepark, in dem die Klägerin nicht alleine, sondern neben anderen Unternehmen ansässig ist. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Klägerin in der S-Unternehmensgruppe eine Sonderstellung einnimmt und nicht (auch) als Unternehmen der Kreislaufwirtschaft bezeichnet werden kann.
Auch vor dem Hintergrund der Firmengeschichte hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass es sich bei dem klägerischen Unternehmen nicht (mehr) um einen Recyclingbetrieb handelt. Dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die B Recycling GmbH, ein Recyclingunternehmen war, kam bereits im Firmennamen zweifach zum Ausdruck, denn dieser enthielt nicht nur den Begriff "Recycling", sondern die Kurzform "AIR" stand für "Aufbereitung industrieller Reststoffe". Anlässlich der Umfirmierung der B Recycling GmbH in S M-werk Recycling GmbH teilte diese der Beklagten ausdrücklich mit, es handele sich um eine reine Namensänderung, das Unternehmen bleibe identisch. Zwar ist in der Firmenbezeichnung ab dem 01.10.1998 (S M-werk GmbH) der Begriff "Recycling" entfallen, in der entsprechenden Gewerbe-Anmeldung bei der Stadt M wird zur angemeldeten Tätigkeit jedoch (weiterhin) die "Aufbereitung industrieller Rückstände" genannt. Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich das Unternehmen gewandelt habe, da sie (nunmehr) moderne Anlagen zur Produktion hochwertiger Güter betreibe, ändert die Hochwertigkeit der hergestellten Produkte nichts daran, dass diese insbesondere durch den Einsatz von industriellen Rückständen gewonnen werden. Dabei werden namentlich in den Geschäftsfeldern "Chemikalien" (Einsatz - auch - verbrauchter Aluminatlösungen), "Metallschlacke" (Aufarbeitung von Metallschlacken) und "Energie" (energetische Verwertung u.a. von getrocknetem Klärschlamm, Tierfett, Tiermehl, kalkhaltigen Produkten und ölhaltigen Reststoffen) in erheblichem Umfang auch Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG verwertet. Dass es sich bei den industriellen Rückständen, namentlich beim REA-Gips, teilweise nicht um "Abfall" im Sinne des KrW-/AbfG handeln mag, sondern um angefallene Nebenprodukte, ändert in einer Gesamtschau an der Einordnung des klägerischen Betriebes als ein solcher der "Abfallverwertung" im Sinne des GT 2001 nichts.
Auch die Berechnung der Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 20 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat unter Berücksichtigung der "gezahlten Leistungen" (§ 157 Abs. 3 SGB VII) die jeweiligen Entschädigungsleistungen für Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten des Beobachtungszeitraums, nämlich 1994 bis 1998, sowie die entsprechenden Lohnsummen ermittelt und hieraus die Belastungsziffer (Gefahrklasse) der Betriebe der Abfallverwertung mit 6,2435 der Gefahrtarifstelle errechnet, so dass rein rechnerisch die Gefahrklasse für die Abfallverwertungsbetriebe auf 6,2 hätte festgesetzt werden müssen. Da Betriebe der Abfallverwertung unter der Geltung des GT 1995 nach der Gefahrtarifstelle 210 indes zur Gefahrklasse 3,2 veranlagt waren und die Beklagte den Anstieg der Gefahrklassen bei einem neuen GT auf höchstens einen Punkt begrenzt, um übermäßige Beitragssprünge zu vermeiden, ist die Klägerin durch die Veranlagung zur Gefahrklasse 4,2 - auch in Anbetracht der für das klägerische Unternehmen ermittelten Belastungsziffer von 4,7668 - nicht beschwert. Eine fehlerhafte Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 20 ist im Übrigen nicht ersichtlich. Einwendungen hat die Klägerin hiergegen auch nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved