Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 EG 2457/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EL 1447/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) im Zeitraum 22. Juli 2006 bis 17. Juni 2007 für das am 22. Juli 2006 geborenen Kindes R ...
Die 1975 geborene Klägerin reiste als Asylbewerberin (Antrag vom 31. März 2005) aus S. L., dessen Staatsangehörige sie ist, nach Deutschland ein und erhielt zunächst eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 55 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG). Gegen die Ablehnung der Gewährung von Asyl wandte sich die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht W ... Während des Verfahrens heiratete sie am 25. Juni 2006 einen deutschen Staatsangehörigen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 28 Aufenthaltsgesetz - AufenthG) verzögerte sich zunächst und erfolgte erst zum 18. Juni 2007. Die Ausländerbehörde der Stadt M. hatte den von der Klägerin vorgelegten Pass zunächst nicht als Identitätsnachweis anerkannt und dann die Änderung des Familiennamens im Pass verlangt.
Die Klägerin beantragte am 22. August 2006 Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes. Mit Bescheid vom 31. August 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Besitz einer Aufenthaltsgestattung begründe noch keinen Anspruch auf Erziehungsgeld. Hierauf stützte die Beklagte auch die Ablehnung des Antrages der Klägerin vom 13. November 2006 auf Überprüfung des Ablehnungsbescheides, die mit Bescheid vom 9. Februar 2007 und Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2007, dem Prozessvertretern der Klägerin zugestellt am 13. Juni 2007, erfolgte.
Die Klägerin hat hiergegen am 13. Juli 2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Im Zeitpunkt der Geburt des Kindes habe ein Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestanden. Die eingetretenen Verzögerungen habe die Klägerin nicht zu vertreten. Allein auf die formale Art des Aufenthaltstitels abzustellen, verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Grundgesetz (GG).
Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte von der Klägerin weitere Unterlagen angefordert und mit Bescheid vom 18. September 2007 den Bescheid vom 9. Februar 2007 geändert. Sie hat Erziehungsgeld für den 11. Lebensmonat des Kindes in Höhe von 40 EUR und für den zwölften Lebensmonat in Höhe von 300 EUR gewährt. Die Klägerin hat das gerichtliche Verfahren insoweit für erledigt erklärt.
Mit Urteil vom 20. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe kein Anspruch auf Erziehungsgeld für den Zeitraum 22. Juni 2006 bis 17. Juli 2007 zu. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 2 und 3 BErzGG hätten nichtfreizügigkeitsberechtigte Ausländer ohne Niederlassungserlaubnis nur dann einen Anspruch auf Erziehungsgeld, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis besäßen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt habe. Eine solche Aufenthaltserlaubnis habe die Klägerin vor dem 18. Juli 2007 nicht besessen. Ob die Klägerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit uneingeschränkter Gestattung einer Erwerbstätigkeit bereits vor dem 18. Juli 2007 hätte beanspruchen können, sei unerheblich, denn § 1 Abs. 6 BErzGG stelle ausdrücklich auf den "Besitz" einer Aufenthaltserlaubnis ab. Dies sei auch nicht verfassungswidrig.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. Februar 2008 zugestellte Urteil am 25. März 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie habe vor der Geburt des Kindes und nach der Eheschließung alles Zumutbare unternommen, um die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten § 1 Abs. 6 BErzGG sei dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufenthaltserlaubnis ausreiche. Andernfalls liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 6 Abs. 1, 2 und 4 GG vor.
Die Klägerin beantragte (teilweise sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 18. September 2007 abzuändern, den Bescheid vom 31. August 2006 zurückzunehmen und die Beklagte zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes R. auch im Zeitraum 22. Juli 2006 bis 17. Juni 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Gewährung von Erziehungsgeld im geltend gemachten Zeitraum und damit auf eine weitergehende Rücknahme des ablehnenden Bescheides der Beklagten.
Streitgegenstand ist nach § 96 Abs. 1 SGG (in der Fassung vor der Änderung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl I, S. 444) auch der Bescheid der Beklagten vom 18. September 2007. Soweit der Bescheid vom 18. September 2007 den Bescheid vom 9. Februar 2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2007) abgeändert und der Klägerin Erziehungsgeld gewährt hat, hat sich dieser erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Im Übrigen ist der Bescheid vom 9. Februar 2007 rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Rücknahme des Bescheides vom 31. August 2006 und Gewährung von Erziehungsgeld auch im hier noch streitigen Zeitraum.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Der Bescheid vom 31. August 2006 ist, soweit die Beklagte nicht mit Bescheid vom 18. September 2007 Erziehungsgeld gewährt hat, rechtmäßig. Dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Erziehungsgeld steht entgegen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 ErzGG nicht erfüllt hat, denn eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG stellt keinen ausreichenden Aufenthaltstitel dar. Dies hat das SG im Einzelnen dargelegt. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Klägerin steht Erziehungsgeld damit erstmals ab 18. Juni 2007 zu. § 1 Abs. 6 Satz 3 BErzGG in der Fassung bis zur Neuregelung durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, S. 2915 ff.) kommt nicht zur Anwendung. Dort war noch vorgesehen, dass maßgebend der Monat ist, in dem die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Satz 2 BErzGG eintreten. Damit läge der Leistungsbeginn am 1. Juni 2007. § 24 Abs. 3 Satz 1 BErzGG sieht aber eine Anwendung des früheren Rechts (wenn dieses für die Erziehungsgeld beantragende Person günstiger ist) nur für einen Bezugszeitraum bis 18. Dezember 2006 vor, also vor dem hier maßgeblichen Zeitraum. Im elften Lebensmonat des Kindes ist also für vier Tage (18. bis 21. Juni 2007) jeweils ein Betrag in Höhe eines Dreißigstels des Monatsbetrages von 300 EUR (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 BErzGG) zu leisten, damit die von der Beklagten gewährten 40 EUR. Im zwölften Lebensmonat steht der Klägerin dann der gesamte Regelbetrag von 300 EUR zu, der ihr auch gewährt worden ist.
Dass das für den Bezug von Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 BErzGG notwendige Aufenthaltsrecht durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraums förmlich festgestellt sein muss, allein ein materieller Anspruch auf das Aufenthaltsrecht oder eine rückwirkende Erteilung des Aufenthaltstitels nicht ausreicht und Antragsteller sich insoweit nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen können, ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geklärt (Urteil vom 24. März 1992, 14b/4 REg 23/91, SozR 3-7833 § 1 Nr. 7; Urteil vom 9. Februar 1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr. 12; Urteil vom 28. Februar 1996, 14 Reg 8/95, SozR 3-7833 § 1 Nr. 18 [zu einem ausländischen Ehegatten eines Deutschen]; Urteil vom 2. Oktober 1997, 14 REg 1/97, SozR 3-1200 § 14 Nr. 24).
Daran ändert sich auch nichts durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004, 1 BvR 2515/95, SozR 4-7833 § 1 Nr. 4. Dort hat es das BVerfG ausdrücklich als mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar angesehen, wenn der Gesetzgeber Ausländer vom Kindergeldbezug ausschließt, die - wie dies für Ausländer ohne Aufenthaltstitel der Fall ist (§ 284 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch a. F.; heute § 4 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes) - aus Rechtsgründen ohnehin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürfen (BVerfG, a.a.O.; Juris-Rdnr. 33). Es hat es lediglich als ungeeignetes Differenzierungskriterium angesehen, auf eine bestimmte Art des Aufenthaltstitels abzustellen, weil dieser unabhängig hiervon und je nach Ausgestaltung zur Arbeitsaufnahme berechtigen kann oder nicht.
Der auch vom BVerfG anerkannte Zweck des Erziehungsgeldes liegt darin, auf die Entscheidung des Elternteils zwischen Berufstätigkeit und Kindererziehung einzuwirken. Dass dies bei einer lediglich "rückwirkenden" Erteilung einer eine Erwerbstätigkeit (mindestens im Grundsatz) erlaubenden Aufenthaltserlaubnis nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 10. Juli 2007, L 11 EL 2361/07), an der festgehalten wird, ist darin auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen. Auch ein Verstoß gegen Art. 6 GG ist nicht erkennbar.
Für die Richtigkeit dieser Rechtsansicht spricht auch, dass der Gesetzgeber in dem seit 1. Januar 2007 geltenden § 1 Abs. 7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes - BEEG - vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) erneut auf den "Besitz" eines Aufenthaltstitels abstellt, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Erlass des Bescheides vom 18. September 2007 berechtigt auch nicht, der Beklagten die Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin teilweise aufzuerlegen, denn diese hat keinen Anlass zur Klage gegeben. Die Aufenthaltserlaubnis ist erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides erteilt worden und die Beklagte hat nach Vorlage der Aufenthaltserlaubnis und weiterer, für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen notwendiger Unterlagen, unmittelbar den Bescheid erteilt und der Klägerin für die Zeit ab dem Zeitpunkt des Erlasses der Aufenthaltserlaubnis im 11. Lebensmonats des Kindes Erziehungsgeld gewährt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) im Zeitraum 22. Juli 2006 bis 17. Juni 2007 für das am 22. Juli 2006 geborenen Kindes R ...
Die 1975 geborene Klägerin reiste als Asylbewerberin (Antrag vom 31. März 2005) aus S. L., dessen Staatsangehörige sie ist, nach Deutschland ein und erhielt zunächst eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens (§ 55 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG). Gegen die Ablehnung der Gewährung von Asyl wandte sich die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht W ... Während des Verfahrens heiratete sie am 25. Juni 2006 einen deutschen Staatsangehörigen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (§ 28 Aufenthaltsgesetz - AufenthG) verzögerte sich zunächst und erfolgte erst zum 18. Juni 2007. Die Ausländerbehörde der Stadt M. hatte den von der Klägerin vorgelegten Pass zunächst nicht als Identitätsnachweis anerkannt und dann die Änderung des Familiennamens im Pass verlangt.
Die Klägerin beantragte am 22. August 2006 Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes. Mit Bescheid vom 31. August 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Besitz einer Aufenthaltsgestattung begründe noch keinen Anspruch auf Erziehungsgeld. Hierauf stützte die Beklagte auch die Ablehnung des Antrages der Klägerin vom 13. November 2006 auf Überprüfung des Ablehnungsbescheides, die mit Bescheid vom 9. Februar 2007 und Widerspruchsbescheid vom 11. Juni 2007, dem Prozessvertretern der Klägerin zugestellt am 13. Juni 2007, erfolgte.
Die Klägerin hat hiergegen am 13. Juli 2007 Klage bei dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Im Zeitpunkt der Geburt des Kindes habe ein Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestanden. Die eingetretenen Verzögerungen habe die Klägerin nicht zu vertreten. Allein auf die formale Art des Aufenthaltstitels abzustellen, verletze sie in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Grundgesetz (GG).
Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte von der Klägerin weitere Unterlagen angefordert und mit Bescheid vom 18. September 2007 den Bescheid vom 9. Februar 2007 geändert. Sie hat Erziehungsgeld für den 11. Lebensmonat des Kindes in Höhe von 40 EUR und für den zwölften Lebensmonat in Höhe von 300 EUR gewährt. Die Klägerin hat das gerichtliche Verfahren insoweit für erledigt erklärt.
Mit Urteil vom 20. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin stehe kein Anspruch auf Erziehungsgeld für den Zeitraum 22. Juni 2006 bis 17. Juli 2007 zu. Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 2 und 3 BErzGG hätten nichtfreizügigkeitsberechtigte Ausländer ohne Niederlassungserlaubnis nur dann einen Anspruch auf Erziehungsgeld, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis besäßen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt habe. Eine solche Aufenthaltserlaubnis habe die Klägerin vor dem 18. Juli 2007 nicht besessen. Ob die Klägerin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit uneingeschränkter Gestattung einer Erwerbstätigkeit bereits vor dem 18. Juli 2007 hätte beanspruchen können, sei unerheblich, denn § 1 Abs. 6 BErzGG stelle ausdrücklich auf den "Besitz" einer Aufenthaltserlaubnis ab. Dies sei auch nicht verfassungswidrig.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. Februar 2008 zugestellte Urteil am 25. März 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie habe vor der Geburt des Kindes und nach der Eheschließung alles Zumutbare unternommen, um die beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erhalten § 1 Abs. 6 BErzGG sei dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass ein Rechtsanspruch auf die Aufenthaltserlaubnis ausreiche. Andernfalls liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 6 Abs. 1, 2 und 4 GG vor.
Die Klägerin beantragte (teilweise sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 20. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Juni 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 18. September 2007 abzuändern, den Bescheid vom 31. August 2006 zurückzunehmen und die Beklagte zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes R. auch im Zeitraum 22. Juli 2006 bis 17. Juni 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Gewährung von Erziehungsgeld im geltend gemachten Zeitraum und damit auf eine weitergehende Rücknahme des ablehnenden Bescheides der Beklagten.
Streitgegenstand ist nach § 96 Abs. 1 SGG (in der Fassung vor der Änderung durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl I, S. 444) auch der Bescheid der Beklagten vom 18. September 2007. Soweit der Bescheid vom 18. September 2007 den Bescheid vom 9. Februar 2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2007) abgeändert und der Klägerin Erziehungsgeld gewährt hat, hat sich dieser erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Im Übrigen ist der Bescheid vom 9. Februar 2007 rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Rücknahme des Bescheides vom 31. August 2006 und Gewährung von Erziehungsgeld auch im hier noch streitigen Zeitraum.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Der Bescheid vom 31. August 2006 ist, soweit die Beklagte nicht mit Bescheid vom 18. September 2007 Erziehungsgeld gewährt hat, rechtmäßig. Dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Erziehungsgeld steht entgegen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 ErzGG nicht erfüllt hat, denn eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG stellt keinen ausreichenden Aufenthaltstitel dar. Dies hat das SG im Einzelnen dargelegt. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Klägerin steht Erziehungsgeld damit erstmals ab 18. Juni 2007 zu. § 1 Abs. 6 Satz 3 BErzGG in der Fassung bis zur Neuregelung durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, S. 2915 ff.) kommt nicht zur Anwendung. Dort war noch vorgesehen, dass maßgebend der Monat ist, in dem die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Satz 2 BErzGG eintreten. Damit läge der Leistungsbeginn am 1. Juni 2007. § 24 Abs. 3 Satz 1 BErzGG sieht aber eine Anwendung des früheren Rechts (wenn dieses für die Erziehungsgeld beantragende Person günstiger ist) nur für einen Bezugszeitraum bis 18. Dezember 2006 vor, also vor dem hier maßgeblichen Zeitraum. Im elften Lebensmonat des Kindes ist also für vier Tage (18. bis 21. Juni 2007) jeweils ein Betrag in Höhe eines Dreißigstels des Monatsbetrages von 300 EUR (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 BErzGG) zu leisten, damit die von der Beklagten gewährten 40 EUR. Im zwölften Lebensmonat steht der Klägerin dann der gesamte Regelbetrag von 300 EUR zu, der ihr auch gewährt worden ist.
Dass das für den Bezug von Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 BErzGG notwendige Aufenthaltsrecht durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraums förmlich festgestellt sein muss, allein ein materieller Anspruch auf das Aufenthaltsrecht oder eine rückwirkende Erteilung des Aufenthaltstitels nicht ausreicht und Antragsteller sich insoweit nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch berufen können, ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) geklärt (Urteil vom 24. März 1992, 14b/4 REg 23/91, SozR 3-7833 § 1 Nr. 7; Urteil vom 9. Februar 1994, 14/14b REg 9/93, SozR 3-7833 § 1 Nr. 12; Urteil vom 28. Februar 1996, 14 Reg 8/95, SozR 3-7833 § 1 Nr. 18 [zu einem ausländischen Ehegatten eines Deutschen]; Urteil vom 2. Oktober 1997, 14 REg 1/97, SozR 3-1200 § 14 Nr. 24).
Daran ändert sich auch nichts durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004, 1 BvR 2515/95, SozR 4-7833 § 1 Nr. 4. Dort hat es das BVerfG ausdrücklich als mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar angesehen, wenn der Gesetzgeber Ausländer vom Kindergeldbezug ausschließt, die - wie dies für Ausländer ohne Aufenthaltstitel der Fall ist (§ 284 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch a. F.; heute § 4 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes) - aus Rechtsgründen ohnehin einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürfen (BVerfG, a.a.O.; Juris-Rdnr. 33). Es hat es lediglich als ungeeignetes Differenzierungskriterium angesehen, auf eine bestimmte Art des Aufenthaltstitels abzustellen, weil dieser unabhängig hiervon und je nach Ausgestaltung zur Arbeitsaufnahme berechtigen kann oder nicht.
Der auch vom BVerfG anerkannte Zweck des Erziehungsgeldes liegt darin, auf die Entscheidung des Elternteils zwischen Berufstätigkeit und Kindererziehung einzuwirken. Dass dies bei einer lediglich "rückwirkenden" Erteilung einer eine Erwerbstätigkeit (mindestens im Grundsatz) erlaubenden Aufenthaltserlaubnis nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 10. Juli 2007, L 11 EL 2361/07), an der festgehalten wird, ist darin auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen. Auch ein Verstoß gegen Art. 6 GG ist nicht erkennbar.
Für die Richtigkeit dieser Rechtsansicht spricht auch, dass der Gesetzgeber in dem seit 1. Januar 2007 geltenden § 1 Abs. 7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes - BEEG - vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) erneut auf den "Besitz" eines Aufenthaltstitels abstellt, der zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Erlass des Bescheides vom 18. September 2007 berechtigt auch nicht, der Beklagten die Übernahme der außergerichtlichen Kosten der Klägerin teilweise aufzuerlegen, denn diese hat keinen Anlass zur Klage gegeben. Die Aufenthaltserlaubnis ist erst nach Erlass des Widerspruchsbescheides erteilt worden und die Beklagte hat nach Vorlage der Aufenthaltserlaubnis und weiterer, für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen notwendiger Unterlagen, unmittelbar den Bescheid erteilt und der Klägerin für die Zeit ab dem Zeitpunkt des Erlasses der Aufenthaltserlaubnis im 11. Lebensmonats des Kindes Erziehungsgeld gewährt.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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