Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 376/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 139/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. April 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten -.
Der Kläger war seit dem 02. Mai 1960 als Sektionsgehilfe und Wildtierpräparator an der F für W bzw. am I für Z und W (IZW) beschäftigt und führte ca. 35.000 Sektionen von Wildtieren aus dem gesamten Vogel-, Säugetier- und Reptilienspektrum durch. Seit Februar 2004 bezieht er Altersrente.
Am 26. Februar 2002 stellte die Allgemeinmedizinerin Dr. G eine ärztliche Anzeige über eine durch Yersinien induzierte Arthritis als BK. Der Kläger habe über seit fünf Jahren wiederkehrend auftretende Kniegelenkschwellungen und Schmerzen berichtet. Ein Labortest habe am 30. Mai 2001 eine Yersinien-Infektion nachgewiesen. Nach Behandlung mit Cotrimoxol und Tavanic (Antibiotika) hätten sich im November 2001 keine IgA-Antikörper mehr nachweisen lassen. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Der Anzeige waren Laborbefunde vom 30. Mai 2001, 11. September 2001, 19. September 2001 und 22. November 2001 beigefügt.
Die Beklagte zog unter anderem die Sozialversicherungsausweise (SVA) des Klägers sowie einen Auszug aus der Patientenkartei des behandelnden Orthopäden des Klägers, Dr. K, betreffend den Zeitraum Oktober 1996 bis Februar 1999 bei und holte eine Stellungnahme des IWZ vom 04. Juni 2002 ein. Am 04. Dezember 2002 nahm Prof. Dr. S nach Aktenlage aus rheumatologischer Sicht zur Frage einer BK Nr. 3102 bei dem Kläger und zwei seiner Kollegen Stellung. Am 27. August 2003 erstellte Dr. F von der Hepatologisch-infektiologischen Ambulanz des V Klinikum P B im Auftrag der Beklagten ein Gutachten über den Kläger, nachdem er bereits am 22. Juli 2003 ein Vorwort zum Gutachten verfasst hatte. In dem Gutachten diagnostizierte er eine milde, protrahiert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz, arthritische Komplikationen der Yersinien-Infektion und empfahl die Anerkennung einer BK Nr. 3102 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v. H. ab Mai 2001.
Am 11. September 2003 empfahl die Gewerbeärztin Dr. F die Anerkennung der Arthritis infolge Yersinien-Infektion als BK nach Nr. 3102. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2003 bei dem Kläger eine milde, verzögert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz als Folge einer BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV an. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da eine rentenberechtigende MdE nicht vorliege.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies auf eine weitere Steigerung seiner Beschwerden hin. Es seien nicht nur die Knie-, sondern auch die Sprung- und Fingergelenke betroffen. Seinem Widerspruch fügte er einen Röntgenbefund der Hände sowie der Kniegelenke vom 07. Oktober 2003 bei, aus dem früharthrotische Veränderungen im Bereich der Endgelenke 2 bis 5 beiderseits, eine initiale Arthrosis deformans des rechten Daumensattelgelenks, eine Varusdeformität beider Kniegelenke sowie eine Gonarthrose mittleren Grades medial betont mit erheblicher Verschmälerung der medialen Gelenkspalte beiderseits und eine Ausziehung der Eminentiae sowie arthrotische Randwülste medial rechts mehr als links hervorgingen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 24. Oktober 2003 wies Dr. F darauf hin, dass zwischen der Problematik der Infektarthritis und der daneben bestehenden Kniegelenksarthrose zu differenzieren sei. Anhand der vorliegenden Röntgenbefunde lasse sich eine Verschlimmerung der degenerativen Kniegelenksveränderungen zwischen 1996 und 2003 nachvollziehen. Die arthrotischen Veränderungen der Hände seien ähnlich zu interpretieren. Daraufhin beauftragte die Beklagte die Chefärztin der Rklinik B-B, Prof. Dr. G-I, mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. In ihrem Gutachten vom 15. Januar 2004 stellte sie 1. eine Yersiniose mit chronifizierter reaktiver Arthritis 2. eine Gonarthrose beidseits bei 1. sowie bei Genua vara 3. eine Fingerpolyarthrose 4. ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom 5. einen Verdacht auf diffuse idiopathische Sekeletthyperostose 6. einen IgG-Mangel 7. kardiovaskuläre Risikofaktoren 8. sowie eine Steatosis hepatis und Lipomatosis pancreatis fest. Zum Zeitpunkt der Begutachtung habe kein punktabler Gelenkerguss bestanden, so dass eine als Beweis für eine Arthritis anzusehende hohe Leukozytenkonzentration im Gelenkpunktat nicht habe festgestellt werden können. Es sei aber zu beachten, dass die Yersinien-induzierte Arthritis bereits als BK anerkannt sei. Bei dem Kläger bestehe eine chronifizierte reaktive Arthritis mit schubartigem Verlauf, die 1996 begonnen habe. Der durch die chronifizierte Arthritis bedingte Entzündungsprozess im Bereich der Kniegelenke habe die Verschlechterung der im Oktober 1996 dokumentierten initialen Gonarthrose bei Genua vara beschleunigt. Zwar seien bei den reaktiven Arthritiden besonders die großen Gelenke betroffen, es gebe aber auch den Befall kleiner Gelenke. Daher sei sogar ein Zusammenhang zwischen der reaktiven Arthritis und den Schmerzen im Bereich der Hand- und Fingergelenke möglich. Die MdE betrage 30 v. H ... In einer ergänzenden Stellungnahme vom 03. März 2004 nahm die Gutachterin zur Frage der Abgrenzung zwischen Arthritis und degenerativen Gelenkveränderungen Stellung. Sie vertrat die Auffassung, im vorliegenden Fall sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Gonarthrose durch die chronische reaktive Arthritis verstärkt worden sei.
Die Beklagte holte zunächst eine Stellungnahme des beratenden Facharztes Dr. H vom 06. April 2004 ein und veranlasste dann weitere Auskünfte vom Praxisnachfolger der Frau Dr. G (28. April 2004) sowie von Dr. K (06. Mai 2004). Sodann wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die anlässlich der Begutachtung durch Dr. F erhobenen Befunde hätten lediglich eine MdE von 10 v. H. gerechtfertigt. Auch zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. G-I hätten sich wesentliche Funktionseinschränkungen nicht nachweisen lassen. Bis auf einen inkompletten kleinen Faustschluss seien alle Befunde im Normbereich gewesen. Eine wesentliche Änderung der von Dr. F festgestellten Befunde sei nicht erkennbar. Eine reaktive Arthritis habe nicht sicher nachgewiesen werden können. Die Befunde beider Kniegelenke sprächen für das Vorliegen einer degenerativen Arthrose und seien damit grundsätzlich als BK-unabhängig zu bewerten. Inwieweit es durch eine infektbedingte Arthritis zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden und bereits 1996 diagnostizierten Arthrose gekommen sei, sei zurzeit nicht feststellbar. Darüber hinaus sei eine wesentliche Verstärkung der Beschwerden im Zeitraum von 1996 bis heute ärztlich nicht dokumentiert.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel, eine Verletztenrente zu erhalten, weiter verfolgt und zur Begründung vorgetragen, er leide unter einer Systemerkrankung, die mindestens mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten sei. Er hat unter anderem die Sonografie-Befunde aus der Rklinik B-B und den Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 11. Dezember 2003 zum Gutachten der Frau Prof. Dr. G-I vorgelegt.
Im Anschluss hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens von Dr. E. In seinem am 12. April 2005 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger bestünden folgende Funktionseinschränkungen: 1. Eine geringe, nicht schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei geringen degenerativen Veränderungen 2. Ein erheblicher Verschleißzustand der Fingergelenke im Sinne einer Polyarthrose mit erheblicher Funktionseinschränkung beider Hände 3. Ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit belastungsabhängigen Lumbalgien auf dem Boden deutlicher degenerativer Wirbelsäulenveränderungen 4. Ein erheblicher Verschleißzustand an beiden Kniegelenken und an beiden Kniescheibengleitlagern 5. Belastungsbeschwerden beider Sprunggelenke im Sinne von Arthralgien 6. Ein überreichlicher Ernährungszustand. Beim Kläger liege eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit in Form einer Yersiniose vor, die durch die Ergebnisse der serologischen Diagnostik vom 28. Mai 2001 und 10. September 2001 nachgewiesen sei. Diese Erkrankung sei erfolgreich mit Antibiotika behandelt worden. Die Einschätzung der Folgen der Yersinien-Infektion für die reaktiv auftretenden Symptome am Bewegungsapparat gestalte sich schwierig. Im Vordergrund der Beschwerden stehe die Erkrankung beider Kniegelenke. In den Akten seien bereits für die Jahre 1972 und 1973 Kniebeschwerden dokumentiert. Nach Aussagen des Klägers leide er seit 1996 unter Kniebeschwerden. Im Ausdruck der Behandlungsdaten des behandelnden Orthopäden sei mit dem Datum vom 07. Oktober 1996 eine Meniskusläsion links dokumentiert. Röntgenologisch sei eine initiale Gonarthrose mit Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie des Retropatellarraums mit spornartigen Ausziehungen des proximalen Patellapols links beschrieben worden. Am 01. Februar 1999 sei eine Meniskopathie rechts medial bei röntgenologisch initialer Gonarthrose mit leichter Varusfehlstellung festgestellt worden. Eine Schwellung oder ein Erguss sei nicht beschrieben worden, auch sei nie eine Ergusspunktion erforderlich geworden. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Frau Prof. Dr. G-I seien unter anderem Ultraschalluntersuchungen der Kniegelenke durchgeführt worden, die beidseits eine mittelgradige bis deutliche Arthrose im Sinne knöcherner Anbauten (medial deutlich mehr als lateral) und knöcherner Unregelmäßigkeiten am Patellarand (kranial und kaudal) ohne Erguss bzw. ohne Bursitis ergeben hätten. Entzündungszeichen wie Schleimhautschwellung oder Erguss seien nicht nachgewiesen worden. Die jetzt festgestellte erhebliche, besonders im Bereich des inneren Gelenkkompartments stark ausgeprägte, Gonarthrose entspreche dem ausgeprägten Befund einer Varusgonarthrose. Dem liege eine Achsenfehlform im O-Bein-Sinne zugrunde. Die Abweichung von der normalen Beinachse von 07 Grad valgus betrage rechts 12 Grad sowie links 14 Grad und müsse als erheblicher Befund bewertet werden. Auch jetzt seien keine Zeichen eines Entzündungszustandes der Kniegelenke wie Weichteilschwellung, Rötung oder Ergussbildung feststellbar gewesen. Zusammengefasst entspreche der aktuelle festgestellte Zustand der Kniegelenke in typischer Weise einer Verschleißerkrankung auf Grund einer Achsenfehlform. Schwellungen und Reizzustände träten auch im Rahmen einer aktivierten Arthrose auf. Hinsichtlich der Veränderungen an beiden Händen würden seit 1996 auftretende Schmerzen und Schwellungen angegeben. Klinisch habe sich eine erhebliche Funktionseinschränkung bei diffuser Schwellung beider Hände und sämtlicher Finger gefunden. Röntgenologisch seien die typischen Zeichen einer Polyarthrose der Fingerendgelenke zur Darstellung gekommen. Entzündungszeichen seien röntgenologisch nicht nachweisbar. Die Sonografiebefunde von Januar 2004 beschrieben für die Fingergelenke Arthrosezeichen, im Bereich der Daumensattelgelenke rechts mit kleiner Synovitis. Im Bereich der Handgelenke sei eine Synovitis oder Tenosynovitis ausgeschlossen worden. Seitens der Wirbelsäule hätten Entzündungszeichen im Bereich der Kreuz-Darmbeinfugen sicher ausgeschlossen werden können. Zusammenfassend seien Entzündungszeichen der Gelenke nicht nachgewiesen. Bei dem Kläger bestehe jedoch eine erhebliche Neigung zu ausgeprägten Verschleißerscheinungen, was sich an den massiven Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (hyperostotische Spondylose) zeige. Lediglich die aktuell festgestellte Schwellung beider Hände mit Schwellung der Langfinger lasse auf eine Mitbeteiligung im Sinne einer reaktiven Weichteilentzündung schließen. Eine typische Veränderung wie sie als isolierte Schwellung eines Fingers bei der Yersiniose beschrieben werde, sei beim Kläger nie aufgetreten. Die MdE betrage 10 v. H ...
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 06. April 2006 abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Gutachten des Dr. E gestützt.
Hiergegen richtet sich die am 14. Juni 2006 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers, mit der er weiterhin die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Er ist der Auffassung, das sozialgerichtliche Urteil sei unzutreffend, weil es den laborärztlichen Befund vom 27. Oktober 2004, in dem IgG und IgA positiv nachgewiesen worden seien, nicht berücksichtige. Der behandelnde Orthopäde Dr. K halte eine Gelenkpunktion, die bisher nicht durchgeführt worden sei, für erforderlich.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Beweis erhoben und die Internistin und Rheumatologin Dr. M mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In ihrem am 20. Februar 2007 fertig gestellten Gutachten ist sie zu dem Schluss gelangt, der Kläger leide unter einer berufsbedingten Yersinien-induzierten Arthritis mit chronischem Verlauf. Zu erwägen sei eine Beeinflussung des Verlaufs durch eine gewisse Vorschädigung der Gelenke. Altersentsprechende degenerative Gelenkveränderungen seien beim Kläger bekannt. Aus ihrer Sicht sei die beruflich bedingte Erkrankung wesentliche Ursache für die klägerischen Beschwerden. Die Arthritiden der Kniegelenke seien wiederkehrend aufgetreten und hätten zu einer dauerhaften Einschränkung geführt. Ob die vom Kläger jetzt geschilderten, passager auftretenden tief sitzenden Rückenschmerzen und bei tiefer Inspiration wiederholt auftretenden Schmerzen im Brustkorb als Mitbeteiligung der Yersinien-induzierten Arthritis zu werten seien, könne nur vermutet werden. Die wiederholt auftretenden Schwellungen der Fingergelenke seien eher im Zusammenhang mit der reaktiven Arthritis zu sehen. In der Zusammenschau halte sie eine MdE von mindestens 20 v. H. für angemessen, könne sich aber auch der Bewertung von Frau Prof. Dr. G-I mit 30 v. H. anschließen.
Die Beklagte hält das Gutachten nicht für überzeugend. Die Sachverständige habe keine Befunde erhoben, die wesentlich von denen des Dr. E abwichen. Auch sie habe keine Arthritis-Zeichen feststellen können. Die von ihr angenommene chronifizierte reaktive Arthritis mit schubartigem Verlauf und eine dadurch bedingte Verschlechterung der initialen Gonarthrose sei durch objektive Befunde nach nachgewiesen.
Anschließend hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. E eingeholt. In der Stellungnahme vom 08. Juli 2007 hat dieser auch nach Berücksichtigung des Gutachtens von Frau Dr. M seine Beurteilung aus seinem Gutachten vom 12. April 2005 aufrechterhalten. Die MdE sei mit 10 v. H. einzuschätzen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Schwellungen im Bereich beider Hände entzündlichen Charakters seien. Die Funktionseinschränkungen im Bereich beider Hände seien jedoch eindeutig den arthrotischen Veränderungen zuzuordnen.
Der Kläger trägt vor, zum Zeitpunkt der Feststellung der Yersinien-Infektion habe für ihn die Gelenkproblematik begonnen, so dass davon auszugehen sei, dass die Infektion die Gelenkproblematik forciert habe. Das Vorliegen wiederholter Gelenkentzündungen sei in den Akten dokumentiert. Er nimmt Bezug auf von ihm selbst veranlasste Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. M vom 21. August 2007 und 06. Dezember 2007, welche er zu den Akten reicht. Darin weist sie darauf hin, entgegen der Ansicht des Dr. E leide der Kläger nicht nur an Kniegelenksbeschwerden, sondern auch an einem chronischen Schmerzsyndrom der Sprunggelenke, einzelner Finger- und Handgelenke sowie an tief sitzenden Rückenschmerzen. Darüber hinaus seien Schmerzen bei Inspiration sowie erhebliche Beschwerden beim Laufen dokumentiert. Die Beschwerden in Rücken und Brustkorb könnten im Rahmen der Yersinien-Infektion gewertet werden, ein entsprechendes bildgebendes Korrelat sei nicht vorhanden. Die gezielte bildgebende Diagnostik einer entzündlichen Veränderung im Bereich von Sehnen, Sehnenansätzen etc. habe nicht stattgefunden. Es könne daher im Umkehrschluss auch der kausale Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Beschwerden bestünden seit 1996 in Form rezidivierender Arthritiden der Knie- und Handgelenke. 2001 sei die Yersinien-Diagnostik initiiert worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Klinik und Nachweis einer Yersinien-Infektion sei gegeben gewesen. Es sei nicht gerechtfertigt, die insbesondere zwischen 1996 und 2001 dokumentierten Beschwerden ausschließlich als degenerativ bedingt anzusehen. Zwar lägen auch degenerative Gelenkveränderungen vor, aber aus rheumatologischer Sicht sei die progressionsfördernde Wirkung einer entzündlichen Begleiterkrankung auf eine vorbestehende Arthrose bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 17. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004 zu verurteilen, ihm ab dem 29. Mai 2001 wegen der Folgen der BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass objektive Nachweise für zahlreiche degenerative Schäden existierten. Entzündungszeichen, wie sie nach Schüben einer chronischen reaktiven Arthritis aufträten, seien jedoch ebenso wenig nachgewiesen wie eine reaktive Arthritis selbst. Laut der SVA sei der Kläger bereits 1972, 1973 und 1976 wegen Kniegelenksbeschwerden behandelt worden. Ab 1996 habe Dr. K eine Meniskusläsion links bei initialer Gonarthrose und 1999 auch eine Meniskopathie rechts bei initialer Gonarthrose und leichter Varusfehlstellung behandelt. Es treffe daher nicht zu, dass zum Zeitpunkt der Feststellung der Yersinien-Infektion die Gelenkproblematik für den Kläger begonnen habe. Die Annahme, es habe eine Forcierung der Verschleißerscheinungen durch die Yersinien-Infektion gegeben, beruhe auf reiner Spekulation.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat – wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat – keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente wegen der Folgen der BK nach Nr. 3102 der Anlage zu BKV auf der Grundlage einer MdE von wenigstens 20 v. H ...
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf Verletztenrente. Als Verletztenteilrente wird der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Versicherungsfall ist hier die von der Beklagten mit Bescheid vom 17. September 2003 anerkannte BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten - (§§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen des Versicherten durch die Unfallfolgen bzw. die Folgen der BK und dem Umfang der ihm dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 27). Das die gesetzliche Unfallversicherung beherrschende Prinzip der abstrakten Schadensbemessung besagt, dass die Entschädigung nach dem Unterschied der auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten vor und nach dem Arbeitsunfall zu bemessen ist (vgl. BSGE 31, 158; SozR 2200 § 581 Nr. 6). Es kommt hierbei nicht maßgeblich darauf an, in welchem Umfang der Verletzte in der Ausübung der bisherigen versicherten Tätigkeit beeinträchtigt ist. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch die Unfallfolgen bzw. die Folgen der BK eingeschränkt werden, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. Urteil des BSG vom 23. April 1987 – 2 RU 42/86 – mit weiteren Nachweisen). Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit der BK stehen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten sowie der vorgelegten medizinischen Unterlagen und radiologischen Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keine Verletztenrente beanspruchen kann, weil die durch die Yersinien-Infektion verursachte reaktive Arthritis keine dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen bedingt, die eine MdE von mindestens 20 v. H. rechtfertigen.
Die Beklagte hat – beruhend auf dem Gutachten des Dr. F vom 27. August 2003 - mit Bescheid vom 17. September 2003 ausdrücklich eine BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV mit der Folge "milde, verzögert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz" anerkannt.
Eine Yersinien-Infektion, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Tätigkeit als Wildtierpräparator erworben worden ist, ist bei dem Kläger durch zahlreiche Laborbefunde medizinisch gesichert. Die Infektion ist laut Aktenlage – hier insbesondere die Angaben des Klägers im Rahmen der verschiedenen Begutachtungen – symptomarm verlaufen, insbesondere ohne Durchfall.
Die Infektion mit Yersinien kann zu einer reaktiven Arthritis führen. Im Anschluss an eine Infektion mit Yersinia enterocolitica kommt es in 4 bis 10% der Fälle dabei nach einem freien Intervall von typischerweise ein bis drei Wochen zum Auftreten einer Arthritis vor allem in Gelenken der unteren Körperhälfte, vorzugsweise Knie, aber auch Sprunggelenke oder Zehengelenke (vgl. die Stellungnahme des Prof. Dr. S vom 04. Dezember 2002, die vom IZW eingereichten Ausdrucke aus rheuma-online) Befallen sind meist nur ein Gelenk oder wenige Gelenke. Sind die Zehengelenke betroffen, kommt es oft nicht nur zu einer Entzündung einzelner Gelenke, sondern des ganzen Zehs – Wurstzehe - (Daktylitis). Gleiches gilt für die Finger (Wurstfinger). Öfters beklagen die Betroffenen auch tief sitzende Kreuzschmerzen, die auf eine Entzündung der Kreuz-Darmbein-Gelenke (Sakroileitis) hindeuten (vgl. die Ausführungen der Sachverständigen Dr. E und Dr. M in ihren Gutachten).
Der Kläger beklagt Beschwerden in den Knie- und Sprunggelenken, Finger- und Handgelenken sowie einen tief sitzenden Rückenschmerz und seit 2005 stechende Schmerzen im Brustkorb beim Einatmen (Angaben bei Frau Dr. M).
Nach seinen Angaben gegenüber Dr. F sei es ab September 1996 zu einer Schwellung des linken Knies mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung gekommen. Später sei auch das rechte Knie mit gleichen Symptomen auffällig gewesen. Etwa ab 1998 seien Beschwerden in beiden Fußgelenken und eine Fingergelenksbehinderung mit besonders morgendlicher Steifigkeit und Schmerz sowie behindertem Faustschluss aufgetreten.
Laut den SVA fanden in II/72 und IV/72 ärztliche Behandlungen wegen rheumatoider Arthritis (chronische Polyarthritis rheumatica) und verwandte Zustände (Diagnoseschlüsselung nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, 8. Revision 1965, verwendet von 1968 bis 1978) statt. In II/73, II/76, IV/76 und I/77 erfolgten außerdem Behandlungen wegen sonstiger Formen des nichtartikulären Rheumatismus. Behandlungen wegen Erkrankungen der Kniegelenke in der DDR sind – anders als die Beklagte meint, die fälschlicherweise die erst ab 1979 verwendete 9. Revision zugrunde gelegt hat – nicht dokumentiert.
Am 07. Oktober 1996 wurde der Kläger erstmals von Dr. K wegen Beschwerden im Bereich des linken Kniegelenks behandelt. Es fanden sich eine Kapselschwellung, ein Druckschmerz über dem medialen und lateralen Gelenkspalt sowie eine leichte Bewegungseinschränkung. Dr. K diagnostizierte einen Verdacht auf Meniskopathie und veranlasste eine Röntgenuntersuchung, die eine initiale Gonarthrose links mit Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie des Retropatellarraums und eine spornartige Ausziehung am proximalen Patellapol links ergab. Es erfolgten weitere Behandlungen des linken Kniegelenks am 18. November 1996, 02. Juni 1997 und 18. Dezember 1997. Am 01. Februar 1999 stellte sich der Kläger mit Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks vor. Es fanden sich eine stärkere Bewegungseinschränkung, ein Druck- und Rotationsschmerz medial sowie eine leichte Varusfehlstellung beidseits. Der Röntgenbefund des rechten Kniegelenks zeigte rechts ebenfalls eine initiale Gonarthrose und eine leichte Varusfehlstellung. Am 07. Oktober 2003 klagte der Kläger über eine Rigidität in den kleinen Fingergelenken sowie über Beschwerden im Bereich des rechten Daumengrundgelenks und beider Kniegelenke. An beiden Kniegelenken war ein arthrotisches Reiben feststellbar bei nur geringer Bewegungseinschränkung links und Varusfehlstellung beidseits. Die Röntgenuntersuchung der Hände vom 07. Oktober 2003 ergab früharthrotische Veränderungen im Bereich der Endgelenke 2 bis 5 beidseits und eine initiale Arthrosis deformans des rechten Daumensattelgelenks. Die Röntgenuntersuchung beider Kniegelenke vom selben Tag zeigte eine beidseitige Varusdeformität, eine beidseits mittelgradige medial betonte Gonarthrose mit erheblicher Verschmälerung der medialen Gelenkspalte, Ausziehung der Eminentiae und arthrotische Randwülste medial. Überwärmungen, Rötungen, Ergüsse, (Weichteil)Schwellungen sind nicht dokumentiert. Nachweise hierfür finden sich auch nicht in den Angaben von Frau Dr. G bzw. ihres Praxisnachfolgers F-P G.
Bei der Untersuchung durch Dr. F im Jahr 2003 fand dieser einen gering behinderten Faustschluss beider Hände. Die Fingerendgelenke waren, links stärker als rechts, mäßig druckdolent. Bei passiver Bewegung äußerte der Kläger Schmerzen in den Kniegelenken ohne Bestehen einer ausgeprägten Krepitation.
Prof. Dr. G-I stellte am 11. Dezember 2003 keine sicheren Arthritiden fest. Sie beschrieb eine Weichteilschwellung im Bereich der MCP-Reihe der Hände beidseits, eine fragliche Bakerzyste beider Kniegelenke sowie einen fraglichen Erguss im linken Knie. Der große Faustschluss der Hände war komplett, der kleine nicht. Palpatorisch bestand eine Fingerpolyarthrose. Weitere Fingerdeformitäten fanden sich nicht. Die Beweglichkeit der Hand- und Zehengelenke war gut, die Kniegelenksbeweglichkeit mit 0/0/150 normal, ebenso wie die Sprunggelenksbeweglichkeit mit 70/0/20. Die Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule ergab keinen ausreichenden Hinweis für eine Ileosakralgelenksarthritis. Allerdings äußerte die Gutachterin einen Verdacht auf eine idiopathische Skeletthyperostose, zudem fanden sich degenerative Veränderungen an den Wirbelkörpern. Die Sonografie der Fingergelenke zeigte Arthrosen an mehreren PIP- und DIP-Gelenken ohne Synovitis und eine Rhizarthrose beidseits, rechts mit kleiner Synovitis. Weder an den Handgelenken noch am linken Schultergelenk war sonografisch eine Synovitis oder Tenosynovitis nachweisbar. Die Kniegelenke wiesen sonografisch Arthrosen, jedoch weder einen Erguss noch eine Bursitis auf. Auch an den Sprunggelenken zeigten sich sonografisch weder eine Synovitis noch eine Tenosynovitis oder ein Erguss bzw. eine Bursitis.
Bei der Untersuchung durch Dr. E am 06. April 2005 fand sich eine leichte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule. Die Handgelenke waren normal beweglich bei endgradiger Schmerzhaftigkeit in allen Ebenen. Im Bereich der Fingergelenke stellte der Sachverständige einen Druckschmerz an allen Gelenkanteilen beidseits, eine deutliche teigige Schwellung der Handrücken und der Finger sowie eine Bewegungseinschränkung der Finger fest. Der Faustschluss war inkomplett, der Festgriff nicht ausreichend. Dr. E beobachtete keine Schwellung der Knie- oder Sprunggelenke. Die Kniegelenke waren beidseits in ihrer Funktion leicht eingeschränkt bei Varusstellung beidseits. Der mediale und laterale Kniegelenksspalt waren beidseits druckschmerzhaft, ein Bewegungsreiben war beidseits tastbar. Beidseits fanden sich positive Meniskuszeichen, auch das Zeichen nach Zohlen war beidseits positiv. Hinweise auf eine Ergussbildung bestanden nicht. Die Sprunggelenke waren normal beweglich. Die Röntgenuntersuchungen der Wirbelsäule zeigten im Bereich der Brustwirbelsäule eine generalisierte hochgradige Spondylosis deformans mit Verknöcherung der Längsbänder ventral und rechts lateral mit teilweise hyperostotischen Veränderungen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigte sich eine Gefügestörung L4/5 mit Ventraldislokation des 4. Lendenwirbelkörpers um 0,9 cm, eine Dorsaldislokation des 1. Lendenwirbelkörpers um 0,4 cm mit hochgradiger Spondylosis deformans in diesem Segment, geringer ausgeprägt auch in der übrigen Lendenwirbelsäule.
Frau Dr. M stellte am 29. März 2007 eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule fest. Darüber hinaus war der Faustschluss komplett, es fanden sich Druckschmerzen im Bereich beider Handgelenke sowie der PIP-/MCP- und Daumengrundgelenke der rechten Hand ohne Arthritiszeichen. Klinisch/palpatorisch wurden die Veränderungen im Sinne der Polyarthrose der Fingergelenke gewertet. Sie stellte eine ausgeprägte Varusdeformität der Kniegelenke und beidseitige Bewegungseinschränkungen fest. Linksseitig wurden starke Bewegungsschmerzen angegeben und es wurden ein deutlicher Druckschmerz oberhalb der Patella, eine Verdickung am ehesten im Sinne eines organisierten Ergusses sowie ein Verdacht auf Bakerzyste konstatiert. Die Hüftgelenke waren eingeschränkt beweglich, im Bereich beider oberer Sprunggelenke sowie der medialen Malleolen fand sich ein deutlicher Druckschmerz, über den medialen Malleolen fand sich eine diskrete Schwellung.
Aus diesen Befunden ergibt sich kein eindeutiges Bild einer Arthritis. Insbesondere sind bisher weder Ergüsse gesichert noch eine (Teno)Synovitis oder spezifische, wiederkehrende Schwellungen, Rötungen oder Überwärmungen. Weder die vorliegenden Sonografiebefunde noch die Röntgenbefunde erbringen gesicherte Erkenntnisse hierzu. Auch liegt kein Befund eines Gelenkpunktats vor.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass daneben unstreitig degenerative Verschleißerkrankungen sowohl beider Kniegelenke als auch der Wirbelsäule und der Hände gesichert sind, können die Beschwerden der Wirbelsäule und der großen Gelenke nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Yersinien-Infektion zurückgeführt werden. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung und Urteilsbildung insoweit den detaillierten und überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gutachters Dr. E an. Danach entspricht die beim Kläger festgestellte erhebliche, besonders im Bereich des inneren Gelenkkompartments stark ausgeprägte, Gonarthrose dem ausgeprägten Befund einer Varusgonarthrose auf dem Boden einer unstreitig erheblichen Achsenfehlform im O-Bein-Sinne. Schwellungen und Reizzustände treten auch im Rahmen einer aktivierten Arthrose auf. Eine Bakerzyste ist ebenfalls keine ausschließlich infolge arthritischer Prozesse auftretende Erscheinung. Diese Ausstülpung der dorsalen Gelenkkapsel am Kniegelenk tritt vielmehr häufig infolge einer Läsion des medialen Meniskus auf (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl.). Im Bereich der Hände sind röntgenologisch die typischen Zeichen einer Polyarthrose der Fingerendgelenke zur Darstellung gekommen. Entzündungszeichen waren röntgenologisch nicht nachweisbar. Die Sonografiebefunde von Januar 2004 beschrieben für die Fingergelenke Arthrosezeichen, im Bereich der Daumensattelgelenke rechts mit kleiner Synovitis. Im Bereich der Handgelenke war eine Synovitis oder Tenosynovitis ausgeschlossen worden. Typische arthritische Veränderungen wie Usuren an den Umschlagstellen der Gelenkschleimhaut waren nicht feststellbar (vgl. Ausführungen des Sachverständigen Dr. E in seinem Gutachten vom 12. April 2005 sowie in der Stellungnahme vom 08. Juli 2007). Seitens der Wirbelsäule konnten Entzündungszeichen im Bereich der Kreuz-Darmbeinfugen sicher ausgeschlossen werden. Auch Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken im Sinne einer Spondylitis fehlen (vgl. die Stellungnahme des Dr. E vom 08. Juli 2007). Soweit hier Frau Dr. M auch Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule in Zusammenhang mit der Yersinien-induzierten Arthritis bringen will, bleibt sie hierfür jeglichen Nachweis schuldig. Der Röntgenbefund der Wirbelsäule legt doch vielmehr gerade eine Verbindung mit den massiven Verschleißerscheinungen und einer eventuellen idiopathischen Skeletterkrankung nahe. Auch im Bereich der Sprunggelenke gibt es keine sicheren Hinweise für Entzündungszeichen. Zwar hat Frau Dr. M eine diskrete Schwellung im Bereich der medialen Malleolen festgestellt, dies allein liefert aber keine Anhaltspunkte für eine Arthritis.
Zusammenfassend sind Entzündungszeichen der Gelenke nicht nachgewiesen. Bei dem Kläger besteht hingegen eine erhebliche Neigung zu ausgeprägten Verschleißerscheinungen, was sich an den massiven Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (hyperostotische Spondylose), auf die auch Frau Prof. Dr. G-I hinweist, zeigt. Ein in der Vergangenheit liegender schubweiser Verlauf einer Arthritis – so wie von Frau Prof. Dr. G-I und Frau Dr. M angenommen – lässt sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten.
Soweit es zwischen 1996 und 2007 zu einer Verschlechterung der degenerativen Gelenkerkrankung vor allem im Bereich der Kniegelenke und einer verstärkten Funktionsbeeinträchtigung gekommen ist, so ist ein Einfluss der anerkannten reaktiven Arthritis auf diese Entwicklung unbekannt. Er mag möglich sein, so wie Prof. Dr. G-I in ihrer Stellungnahme vom 03. März 2004 ausführt. Ein solcher Einfluss ist jedoch nirgends mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hergeleitet worden. Allein die Behauptung oder die geäußerte Überzeugung der Gutachterinnen Prof. Dr. G-I und Dr. M bildet keine hinreichende Grundlage für die Annahme eines solchen ursächlichen Zusammenhangs. Zumal die Gutachterinnen trotz ausdrücklicher Aufforderung der Beklagten (vgl. Anfrage vom 26. Februar 2004) bzw. des Gerichts (vgl. Beweisanordnung vom 02. Oktober 2006) eine detaillierte und fundierte, sich mit den konkurrierenden Ursachen (degenerativen Veränderungen) auseinandersetzende Begründung hierfür vermissen lassen.
Lediglich die von Dr. E festgestellte Schwellung beider Hände mit Schwellung der Langfinger kann auf eine Mitbeteiligung im Sinne einer reaktiven Weichteilentzündung schließen lassen.
Letztlich obliegt es der Klägerseite, den Nachweis zu führen, dass die Beschwerden/Veränderungen im Bereich der Hand-, Finger-, Knie- und Sprunggelenke und der Wirbelsäule mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Yersinien-iduzierte Arthritis zurückzuführen sind. Soweit also Frau Dr. M es für pure Spekulation hält, die Beschwerden weit überwiegend auf degenerative, schicksalsbedingte, Verschleißerkrankungen zurückzuführen, vergisst sie, dass ihre Annahmen sich - ebenfalls - im Bereich der Spekulation bewegen. Es ist aber, will der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente durchsetzen, gerade nicht ausreichend, dass nur die Möglichkeit einer entzündlichen Ursache der Gelenkbeschwerden besteht. Da die Gutachterin Dr. M zudem auf Veranlassung des Klägers (siehe die von ihm eingereichten weiteren Stellungnahmen vom 21. August 2007 und 06. Dezember 2007) wiederholt Gelegenheit hatte, insbesondere in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. E und dessen ergänzender Stellungnahme vom 08. Juli 2007 eine entsprechende Begründung der von ihr vertretenen Auffassung nach zu liefern, sah der Senat keinen Anlass, der Beweisanregung des Klägers zu folgen und die Gutachterin nochmals – persönlich – hierzu zu befragen.
Die Höhe der MdE bemisst sich bei Erkrankungen wie infektbedingten Arthritiden nach der noch erhaltenen Gesamtfunktion. Diese ist nur zum Teil das Resultat der Funktionseinschränkung der einzelnen Gelenke und Wirbelsäulenabschnitte (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Anm. 19.6). Unter diesem Aspekt ist eine MdE von 10 – so wie von Dr. F und Dr. E angenommen – nicht zu beanstanden, denn gesichert ist hier letztlich keine Gelenkbeteiligung. Die Funktionsbeeinträchtigungen der verschiedenen Gelenke sind mangels Nachweises arthritischer Veränderungen bzw. Schübe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vielmehr auf degenerative Veränderungen zurückzuführen. Die MdE von 10 bewertet somit die Infektion an sich und die Antigenpersistenz sowie einen – potentiellen – Einfluss auf die Gesamtkörperfunktion in Form von Weichteilschwellungen wie z. B. von Dr. E im Bereich der Hände beobachtet.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten -.
Der Kläger war seit dem 02. Mai 1960 als Sektionsgehilfe und Wildtierpräparator an der F für W bzw. am I für Z und W (IZW) beschäftigt und führte ca. 35.000 Sektionen von Wildtieren aus dem gesamten Vogel-, Säugetier- und Reptilienspektrum durch. Seit Februar 2004 bezieht er Altersrente.
Am 26. Februar 2002 stellte die Allgemeinmedizinerin Dr. G eine ärztliche Anzeige über eine durch Yersinien induzierte Arthritis als BK. Der Kläger habe über seit fünf Jahren wiederkehrend auftretende Kniegelenkschwellungen und Schmerzen berichtet. Ein Labortest habe am 30. Mai 2001 eine Yersinien-Infektion nachgewiesen. Nach Behandlung mit Cotrimoxol und Tavanic (Antibiotika) hätten sich im November 2001 keine IgA-Antikörper mehr nachweisen lassen. Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Der Anzeige waren Laborbefunde vom 30. Mai 2001, 11. September 2001, 19. September 2001 und 22. November 2001 beigefügt.
Die Beklagte zog unter anderem die Sozialversicherungsausweise (SVA) des Klägers sowie einen Auszug aus der Patientenkartei des behandelnden Orthopäden des Klägers, Dr. K, betreffend den Zeitraum Oktober 1996 bis Februar 1999 bei und holte eine Stellungnahme des IWZ vom 04. Juni 2002 ein. Am 04. Dezember 2002 nahm Prof. Dr. S nach Aktenlage aus rheumatologischer Sicht zur Frage einer BK Nr. 3102 bei dem Kläger und zwei seiner Kollegen Stellung. Am 27. August 2003 erstellte Dr. F von der Hepatologisch-infektiologischen Ambulanz des V Klinikum P B im Auftrag der Beklagten ein Gutachten über den Kläger, nachdem er bereits am 22. Juli 2003 ein Vorwort zum Gutachten verfasst hatte. In dem Gutachten diagnostizierte er eine milde, protrahiert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz, arthritische Komplikationen der Yersinien-Infektion und empfahl die Anerkennung einer BK Nr. 3102 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v. H. ab Mai 2001.
Am 11. September 2003 empfahl die Gewerbeärztin Dr. F die Anerkennung der Arthritis infolge Yersinien-Infektion als BK nach Nr. 3102. Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 17. September 2003 bei dem Kläger eine milde, verzögert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz als Folge einer BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV an. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da eine rentenberechtigende MdE nicht vorliege.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und wies auf eine weitere Steigerung seiner Beschwerden hin. Es seien nicht nur die Knie-, sondern auch die Sprung- und Fingergelenke betroffen. Seinem Widerspruch fügte er einen Röntgenbefund der Hände sowie der Kniegelenke vom 07. Oktober 2003 bei, aus dem früharthrotische Veränderungen im Bereich der Endgelenke 2 bis 5 beiderseits, eine initiale Arthrosis deformans des rechten Daumensattelgelenks, eine Varusdeformität beider Kniegelenke sowie eine Gonarthrose mittleren Grades medial betont mit erheblicher Verschmälerung der medialen Gelenkspalte beiderseits und eine Ausziehung der Eminentiae sowie arthrotische Randwülste medial rechts mehr als links hervorgingen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 24. Oktober 2003 wies Dr. F darauf hin, dass zwischen der Problematik der Infektarthritis und der daneben bestehenden Kniegelenksarthrose zu differenzieren sei. Anhand der vorliegenden Röntgenbefunde lasse sich eine Verschlimmerung der degenerativen Kniegelenksveränderungen zwischen 1996 und 2003 nachvollziehen. Die arthrotischen Veränderungen der Hände seien ähnlich zu interpretieren. Daraufhin beauftragte die Beklagte die Chefärztin der Rklinik B-B, Prof. Dr. G-I, mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers. In ihrem Gutachten vom 15. Januar 2004 stellte sie 1. eine Yersiniose mit chronifizierter reaktiver Arthritis 2. eine Gonarthrose beidseits bei 1. sowie bei Genua vara 3. eine Fingerpolyarthrose 4. ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom 5. einen Verdacht auf diffuse idiopathische Sekeletthyperostose 6. einen IgG-Mangel 7. kardiovaskuläre Risikofaktoren 8. sowie eine Steatosis hepatis und Lipomatosis pancreatis fest. Zum Zeitpunkt der Begutachtung habe kein punktabler Gelenkerguss bestanden, so dass eine als Beweis für eine Arthritis anzusehende hohe Leukozytenkonzentration im Gelenkpunktat nicht habe festgestellt werden können. Es sei aber zu beachten, dass die Yersinien-induzierte Arthritis bereits als BK anerkannt sei. Bei dem Kläger bestehe eine chronifizierte reaktive Arthritis mit schubartigem Verlauf, die 1996 begonnen habe. Der durch die chronifizierte Arthritis bedingte Entzündungsprozess im Bereich der Kniegelenke habe die Verschlechterung der im Oktober 1996 dokumentierten initialen Gonarthrose bei Genua vara beschleunigt. Zwar seien bei den reaktiven Arthritiden besonders die großen Gelenke betroffen, es gebe aber auch den Befall kleiner Gelenke. Daher sei sogar ein Zusammenhang zwischen der reaktiven Arthritis und den Schmerzen im Bereich der Hand- und Fingergelenke möglich. Die MdE betrage 30 v. H ... In einer ergänzenden Stellungnahme vom 03. März 2004 nahm die Gutachterin zur Frage der Abgrenzung zwischen Arthritis und degenerativen Gelenkveränderungen Stellung. Sie vertrat die Auffassung, im vorliegenden Fall sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Gonarthrose durch die chronische reaktive Arthritis verstärkt worden sei.
Die Beklagte holte zunächst eine Stellungnahme des beratenden Facharztes Dr. H vom 06. April 2004 ein und veranlasste dann weitere Auskünfte vom Praxisnachfolger der Frau Dr. G (28. April 2004) sowie von Dr. K (06. Mai 2004). Sodann wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die anlässlich der Begutachtung durch Dr. F erhobenen Befunde hätten lediglich eine MdE von 10 v. H. gerechtfertigt. Auch zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. G-I hätten sich wesentliche Funktionseinschränkungen nicht nachweisen lassen. Bis auf einen inkompletten kleinen Faustschluss seien alle Befunde im Normbereich gewesen. Eine wesentliche Änderung der von Dr. F festgestellten Befunde sei nicht erkennbar. Eine reaktive Arthritis habe nicht sicher nachgewiesen werden können. Die Befunde beider Kniegelenke sprächen für das Vorliegen einer degenerativen Arthrose und seien damit grundsätzlich als BK-unabhängig zu bewerten. Inwieweit es durch eine infektbedingte Arthritis zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden und bereits 1996 diagnostizierten Arthrose gekommen sei, sei zurzeit nicht feststellbar. Darüber hinaus sei eine wesentliche Verstärkung der Beschwerden im Zeitraum von 1996 bis heute ärztlich nicht dokumentiert.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel, eine Verletztenrente zu erhalten, weiter verfolgt und zur Begründung vorgetragen, er leide unter einer Systemerkrankung, die mindestens mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten sei. Er hat unter anderem die Sonografie-Befunde aus der Rklinik B-B und den Röntgenbefund der Lendenwirbelsäule vom 11. Dezember 2003 zum Gutachten der Frau Prof. Dr. G-I vorgelegt.
Im Anschluss hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Fachgutachtens von Dr. E. In seinem am 12. April 2005 fertig gestellten Gutachten ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger bestünden folgende Funktionseinschränkungen: 1. Eine geringe, nicht schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bei geringen degenerativen Veränderungen 2. Ein erheblicher Verschleißzustand der Fingergelenke im Sinne einer Polyarthrose mit erheblicher Funktionseinschränkung beider Hände 3. Ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit belastungsabhängigen Lumbalgien auf dem Boden deutlicher degenerativer Wirbelsäulenveränderungen 4. Ein erheblicher Verschleißzustand an beiden Kniegelenken und an beiden Kniescheibengleitlagern 5. Belastungsbeschwerden beider Sprunggelenke im Sinne von Arthralgien 6. Ein überreichlicher Ernährungszustand. Beim Kläger liege eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit in Form einer Yersiniose vor, die durch die Ergebnisse der serologischen Diagnostik vom 28. Mai 2001 und 10. September 2001 nachgewiesen sei. Diese Erkrankung sei erfolgreich mit Antibiotika behandelt worden. Die Einschätzung der Folgen der Yersinien-Infektion für die reaktiv auftretenden Symptome am Bewegungsapparat gestalte sich schwierig. Im Vordergrund der Beschwerden stehe die Erkrankung beider Kniegelenke. In den Akten seien bereits für die Jahre 1972 und 1973 Kniebeschwerden dokumentiert. Nach Aussagen des Klägers leide er seit 1996 unter Kniebeschwerden. Im Ausdruck der Behandlungsdaten des behandelnden Orthopäden sei mit dem Datum vom 07. Oktober 1996 eine Meniskusläsion links dokumentiert. Röntgenologisch sei eine initiale Gonarthrose mit Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie des Retropatellarraums mit spornartigen Ausziehungen des proximalen Patellapols links beschrieben worden. Am 01. Februar 1999 sei eine Meniskopathie rechts medial bei röntgenologisch initialer Gonarthrose mit leichter Varusfehlstellung festgestellt worden. Eine Schwellung oder ein Erguss sei nicht beschrieben worden, auch sei nie eine Ergusspunktion erforderlich geworden. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Frau Prof. Dr. G-I seien unter anderem Ultraschalluntersuchungen der Kniegelenke durchgeführt worden, die beidseits eine mittelgradige bis deutliche Arthrose im Sinne knöcherner Anbauten (medial deutlich mehr als lateral) und knöcherner Unregelmäßigkeiten am Patellarand (kranial und kaudal) ohne Erguss bzw. ohne Bursitis ergeben hätten. Entzündungszeichen wie Schleimhautschwellung oder Erguss seien nicht nachgewiesen worden. Die jetzt festgestellte erhebliche, besonders im Bereich des inneren Gelenkkompartments stark ausgeprägte, Gonarthrose entspreche dem ausgeprägten Befund einer Varusgonarthrose. Dem liege eine Achsenfehlform im O-Bein-Sinne zugrunde. Die Abweichung von der normalen Beinachse von 07 Grad valgus betrage rechts 12 Grad sowie links 14 Grad und müsse als erheblicher Befund bewertet werden. Auch jetzt seien keine Zeichen eines Entzündungszustandes der Kniegelenke wie Weichteilschwellung, Rötung oder Ergussbildung feststellbar gewesen. Zusammengefasst entspreche der aktuelle festgestellte Zustand der Kniegelenke in typischer Weise einer Verschleißerkrankung auf Grund einer Achsenfehlform. Schwellungen und Reizzustände träten auch im Rahmen einer aktivierten Arthrose auf. Hinsichtlich der Veränderungen an beiden Händen würden seit 1996 auftretende Schmerzen und Schwellungen angegeben. Klinisch habe sich eine erhebliche Funktionseinschränkung bei diffuser Schwellung beider Hände und sämtlicher Finger gefunden. Röntgenologisch seien die typischen Zeichen einer Polyarthrose der Fingerendgelenke zur Darstellung gekommen. Entzündungszeichen seien röntgenologisch nicht nachweisbar. Die Sonografiebefunde von Januar 2004 beschrieben für die Fingergelenke Arthrosezeichen, im Bereich der Daumensattelgelenke rechts mit kleiner Synovitis. Im Bereich der Handgelenke sei eine Synovitis oder Tenosynovitis ausgeschlossen worden. Seitens der Wirbelsäule hätten Entzündungszeichen im Bereich der Kreuz-Darmbeinfugen sicher ausgeschlossen werden können. Zusammenfassend seien Entzündungszeichen der Gelenke nicht nachgewiesen. Bei dem Kläger bestehe jedoch eine erhebliche Neigung zu ausgeprägten Verschleißerscheinungen, was sich an den massiven Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (hyperostotische Spondylose) zeige. Lediglich die aktuell festgestellte Schwellung beider Hände mit Schwellung der Langfinger lasse auf eine Mitbeteiligung im Sinne einer reaktiven Weichteilentzündung schließen. Eine typische Veränderung wie sie als isolierte Schwellung eines Fingers bei der Yersiniose beschrieben werde, sei beim Kläger nie aufgetreten. Die MdE betrage 10 v. H ...
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 06. April 2006 abgewiesen und sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Gutachten des Dr. E gestützt.
Hiergegen richtet sich die am 14. Juni 2006 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers, mit der er weiterhin die Gewährung einer Verletztenrente begehrt. Er ist der Auffassung, das sozialgerichtliche Urteil sei unzutreffend, weil es den laborärztlichen Befund vom 27. Oktober 2004, in dem IgG und IgA positiv nachgewiesen worden seien, nicht berücksichtige. Der behandelnde Orthopäde Dr. K halte eine Gelenkpunktion, die bisher nicht durchgeführt worden sei, für erforderlich.
Auf den Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Beweis erhoben und die Internistin und Rheumatologin Dr. M mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In ihrem am 20. Februar 2007 fertig gestellten Gutachten ist sie zu dem Schluss gelangt, der Kläger leide unter einer berufsbedingten Yersinien-induzierten Arthritis mit chronischem Verlauf. Zu erwägen sei eine Beeinflussung des Verlaufs durch eine gewisse Vorschädigung der Gelenke. Altersentsprechende degenerative Gelenkveränderungen seien beim Kläger bekannt. Aus ihrer Sicht sei die beruflich bedingte Erkrankung wesentliche Ursache für die klägerischen Beschwerden. Die Arthritiden der Kniegelenke seien wiederkehrend aufgetreten und hätten zu einer dauerhaften Einschränkung geführt. Ob die vom Kläger jetzt geschilderten, passager auftretenden tief sitzenden Rückenschmerzen und bei tiefer Inspiration wiederholt auftretenden Schmerzen im Brustkorb als Mitbeteiligung der Yersinien-induzierten Arthritis zu werten seien, könne nur vermutet werden. Die wiederholt auftretenden Schwellungen der Fingergelenke seien eher im Zusammenhang mit der reaktiven Arthritis zu sehen. In der Zusammenschau halte sie eine MdE von mindestens 20 v. H. für angemessen, könne sich aber auch der Bewertung von Frau Prof. Dr. G-I mit 30 v. H. anschließen.
Die Beklagte hält das Gutachten nicht für überzeugend. Die Sachverständige habe keine Befunde erhoben, die wesentlich von denen des Dr. E abwichen. Auch sie habe keine Arthritis-Zeichen feststellen können. Die von ihr angenommene chronifizierte reaktive Arthritis mit schubartigem Verlauf und eine dadurch bedingte Verschlechterung der initialen Gonarthrose sei durch objektive Befunde nach nachgewiesen.
Anschließend hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. E eingeholt. In der Stellungnahme vom 08. Juli 2007 hat dieser auch nach Berücksichtigung des Gutachtens von Frau Dr. M seine Beurteilung aus seinem Gutachten vom 12. April 2005 aufrechterhalten. Die MdE sei mit 10 v. H. einzuschätzen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Schwellungen im Bereich beider Hände entzündlichen Charakters seien. Die Funktionseinschränkungen im Bereich beider Hände seien jedoch eindeutig den arthrotischen Veränderungen zuzuordnen.
Der Kläger trägt vor, zum Zeitpunkt der Feststellung der Yersinien-Infektion habe für ihn die Gelenkproblematik begonnen, so dass davon auszugehen sei, dass die Infektion die Gelenkproblematik forciert habe. Das Vorliegen wiederholter Gelenkentzündungen sei in den Akten dokumentiert. Er nimmt Bezug auf von ihm selbst veranlasste Stellungnahmen der Sachverständigen Dr. M vom 21. August 2007 und 06. Dezember 2007, welche er zu den Akten reicht. Darin weist sie darauf hin, entgegen der Ansicht des Dr. E leide der Kläger nicht nur an Kniegelenksbeschwerden, sondern auch an einem chronischen Schmerzsyndrom der Sprunggelenke, einzelner Finger- und Handgelenke sowie an tief sitzenden Rückenschmerzen. Darüber hinaus seien Schmerzen bei Inspiration sowie erhebliche Beschwerden beim Laufen dokumentiert. Die Beschwerden in Rücken und Brustkorb könnten im Rahmen der Yersinien-Infektion gewertet werden, ein entsprechendes bildgebendes Korrelat sei nicht vorhanden. Die gezielte bildgebende Diagnostik einer entzündlichen Veränderung im Bereich von Sehnen, Sehnenansätzen etc. habe nicht stattgefunden. Es könne daher im Umkehrschluss auch der kausale Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Beschwerden bestünden seit 1996 in Form rezidivierender Arthritiden der Knie- und Handgelenke. 2001 sei die Yersinien-Diagnostik initiiert worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Klinik und Nachweis einer Yersinien-Infektion sei gegeben gewesen. Es sei nicht gerechtfertigt, die insbesondere zwischen 1996 und 2001 dokumentierten Beschwerden ausschließlich als degenerativ bedingt anzusehen. Zwar lägen auch degenerative Gelenkveränderungen vor, aber aus rheumatologischer Sicht sei die progressionsfördernde Wirkung einer entzündlichen Begleiterkrankung auf eine vorbestehende Arthrose bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 06. April 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 17. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2004 zu verurteilen, ihm ab dem 29. Mai 2001 wegen der Folgen der BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass objektive Nachweise für zahlreiche degenerative Schäden existierten. Entzündungszeichen, wie sie nach Schüben einer chronischen reaktiven Arthritis aufträten, seien jedoch ebenso wenig nachgewiesen wie eine reaktive Arthritis selbst. Laut der SVA sei der Kläger bereits 1972, 1973 und 1976 wegen Kniegelenksbeschwerden behandelt worden. Ab 1996 habe Dr. K eine Meniskusläsion links bei initialer Gonarthrose und 1999 auch eine Meniskopathie rechts bei initialer Gonarthrose und leichter Varusfehlstellung behandelt. Es treffe daher nicht zu, dass zum Zeitpunkt der Feststellung der Yersinien-Infektion die Gelenkproblematik für den Kläger begonnen habe. Die Annahme, es habe eine Forcierung der Verschleißerscheinungen durch die Yersinien-Infektion gegeben, beruhe auf reiner Spekulation.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat – wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat – keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente wegen der Folgen der BK nach Nr. 3102 der Anlage zu BKV auf der Grundlage einer MdE von wenigstens 20 v. H ...
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf Verletztenrente. Als Verletztenteilrente wird der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Versicherungsfall ist hier die von der Beklagten mit Bescheid vom 17. September 2003 anerkannte BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV – Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten - (§§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Die MdE richtet sich gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen des Versicherten durch die Unfallfolgen bzw. die Folgen der BK und dem Umfang der ihm dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 27). Das die gesetzliche Unfallversicherung beherrschende Prinzip der abstrakten Schadensbemessung besagt, dass die Entschädigung nach dem Unterschied der auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens bestehenden Erwerbsmöglichkeiten vor und nach dem Arbeitsunfall zu bemessen ist (vgl. BSGE 31, 158; SozR 2200 § 581 Nr. 6). Es kommt hierbei nicht maßgeblich darauf an, in welchem Umfang der Verletzte in der Ausübung der bisherigen versicherten Tätigkeit beeinträchtigt ist. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten durch die Unfallfolgen bzw. die Folgen der BK eingeschränkt werden, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Dabei sind bei der Beurteilung der MdE auch die von der Rechtsprechung sowie von dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten allgemeinen Erfahrungssätze zu beachten, die zwar nicht im Einzelfall bindend sind, aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Beurteilung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis bilden (vgl. Urteil des BSG vom 23. April 1987 – 2 RU 42/86 – mit weiteren Nachweisen). Bei der Bildung der MdE sind alle Gesundheitsstörungen zu berücksichtigen, die mit Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit der BK stehen. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach Auswertung der im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren erstellten Gutachten sowie der vorgelegten medizinischen Unterlagen und radiologischen Befunde ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keine Verletztenrente beanspruchen kann, weil die durch die Yersinien-Infektion verursachte reaktive Arthritis keine dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen bedingt, die eine MdE von mindestens 20 v. H. rechtfertigen.
Die Beklagte hat – beruhend auf dem Gutachten des Dr. F vom 27. August 2003 - mit Bescheid vom 17. September 2003 ausdrücklich eine BK nach Nr. 3102 der Anlage zur BKV mit der Folge "milde, verzögert verlaufende, reaktive Arthritis bei Zustand nach Yersinien-Infektion mit Hinweisen auf Antigenpersistenz" anerkannt.
Eine Yersinien-Infektion, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Rahmen der Tätigkeit als Wildtierpräparator erworben worden ist, ist bei dem Kläger durch zahlreiche Laborbefunde medizinisch gesichert. Die Infektion ist laut Aktenlage – hier insbesondere die Angaben des Klägers im Rahmen der verschiedenen Begutachtungen – symptomarm verlaufen, insbesondere ohne Durchfall.
Die Infektion mit Yersinien kann zu einer reaktiven Arthritis führen. Im Anschluss an eine Infektion mit Yersinia enterocolitica kommt es in 4 bis 10% der Fälle dabei nach einem freien Intervall von typischerweise ein bis drei Wochen zum Auftreten einer Arthritis vor allem in Gelenken der unteren Körperhälfte, vorzugsweise Knie, aber auch Sprunggelenke oder Zehengelenke (vgl. die Stellungnahme des Prof. Dr. S vom 04. Dezember 2002, die vom IZW eingereichten Ausdrucke aus rheuma-online) Befallen sind meist nur ein Gelenk oder wenige Gelenke. Sind die Zehengelenke betroffen, kommt es oft nicht nur zu einer Entzündung einzelner Gelenke, sondern des ganzen Zehs – Wurstzehe - (Daktylitis). Gleiches gilt für die Finger (Wurstfinger). Öfters beklagen die Betroffenen auch tief sitzende Kreuzschmerzen, die auf eine Entzündung der Kreuz-Darmbein-Gelenke (Sakroileitis) hindeuten (vgl. die Ausführungen der Sachverständigen Dr. E und Dr. M in ihren Gutachten).
Der Kläger beklagt Beschwerden in den Knie- und Sprunggelenken, Finger- und Handgelenken sowie einen tief sitzenden Rückenschmerz und seit 2005 stechende Schmerzen im Brustkorb beim Einatmen (Angaben bei Frau Dr. M).
Nach seinen Angaben gegenüber Dr. F sei es ab September 1996 zu einer Schwellung des linken Knies mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung gekommen. Später sei auch das rechte Knie mit gleichen Symptomen auffällig gewesen. Etwa ab 1998 seien Beschwerden in beiden Fußgelenken und eine Fingergelenksbehinderung mit besonders morgendlicher Steifigkeit und Schmerz sowie behindertem Faustschluss aufgetreten.
Laut den SVA fanden in II/72 und IV/72 ärztliche Behandlungen wegen rheumatoider Arthritis (chronische Polyarthritis rheumatica) und verwandte Zustände (Diagnoseschlüsselung nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, 8. Revision 1965, verwendet von 1968 bis 1978) statt. In II/73, II/76, IV/76 und I/77 erfolgten außerdem Behandlungen wegen sonstiger Formen des nichtartikulären Rheumatismus. Behandlungen wegen Erkrankungen der Kniegelenke in der DDR sind – anders als die Beklagte meint, die fälschlicherweise die erst ab 1979 verwendete 9. Revision zugrunde gelegt hat – nicht dokumentiert.
Am 07. Oktober 1996 wurde der Kläger erstmals von Dr. K wegen Beschwerden im Bereich des linken Kniegelenks behandelt. Es fanden sich eine Kapselschwellung, ein Druckschmerz über dem medialen und lateralen Gelenkspalt sowie eine leichte Bewegungseinschränkung. Dr. K diagnostizierte einen Verdacht auf Meniskopathie und veranlasste eine Röntgenuntersuchung, die eine initiale Gonarthrose links mit Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie des Retropatellarraums und eine spornartige Ausziehung am proximalen Patellapol links ergab. Es erfolgten weitere Behandlungen des linken Kniegelenks am 18. November 1996, 02. Juni 1997 und 18. Dezember 1997. Am 01. Februar 1999 stellte sich der Kläger mit Beschwerden im Bereich des rechten Kniegelenks vor. Es fanden sich eine stärkere Bewegungseinschränkung, ein Druck- und Rotationsschmerz medial sowie eine leichte Varusfehlstellung beidseits. Der Röntgenbefund des rechten Kniegelenks zeigte rechts ebenfalls eine initiale Gonarthrose und eine leichte Varusfehlstellung. Am 07. Oktober 2003 klagte der Kläger über eine Rigidität in den kleinen Fingergelenken sowie über Beschwerden im Bereich des rechten Daumengrundgelenks und beider Kniegelenke. An beiden Kniegelenken war ein arthrotisches Reiben feststellbar bei nur geringer Bewegungseinschränkung links und Varusfehlstellung beidseits. Die Röntgenuntersuchung der Hände vom 07. Oktober 2003 ergab früharthrotische Veränderungen im Bereich der Endgelenke 2 bis 5 beidseits und eine initiale Arthrosis deformans des rechten Daumensattelgelenks. Die Röntgenuntersuchung beider Kniegelenke vom selben Tag zeigte eine beidseitige Varusdeformität, eine beidseits mittelgradige medial betonte Gonarthrose mit erheblicher Verschmälerung der medialen Gelenkspalte, Ausziehung der Eminentiae und arthrotische Randwülste medial. Überwärmungen, Rötungen, Ergüsse, (Weichteil)Schwellungen sind nicht dokumentiert. Nachweise hierfür finden sich auch nicht in den Angaben von Frau Dr. G bzw. ihres Praxisnachfolgers F-P G.
Bei der Untersuchung durch Dr. F im Jahr 2003 fand dieser einen gering behinderten Faustschluss beider Hände. Die Fingerendgelenke waren, links stärker als rechts, mäßig druckdolent. Bei passiver Bewegung äußerte der Kläger Schmerzen in den Kniegelenken ohne Bestehen einer ausgeprägten Krepitation.
Prof. Dr. G-I stellte am 11. Dezember 2003 keine sicheren Arthritiden fest. Sie beschrieb eine Weichteilschwellung im Bereich der MCP-Reihe der Hände beidseits, eine fragliche Bakerzyste beider Kniegelenke sowie einen fraglichen Erguss im linken Knie. Der große Faustschluss der Hände war komplett, der kleine nicht. Palpatorisch bestand eine Fingerpolyarthrose. Weitere Fingerdeformitäten fanden sich nicht. Die Beweglichkeit der Hand- und Zehengelenke war gut, die Kniegelenksbeweglichkeit mit 0/0/150 normal, ebenso wie die Sprunggelenksbeweglichkeit mit 70/0/20. Die Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule ergab keinen ausreichenden Hinweis für eine Ileosakralgelenksarthritis. Allerdings äußerte die Gutachterin einen Verdacht auf eine idiopathische Skeletthyperostose, zudem fanden sich degenerative Veränderungen an den Wirbelkörpern. Die Sonografie der Fingergelenke zeigte Arthrosen an mehreren PIP- und DIP-Gelenken ohne Synovitis und eine Rhizarthrose beidseits, rechts mit kleiner Synovitis. Weder an den Handgelenken noch am linken Schultergelenk war sonografisch eine Synovitis oder Tenosynovitis nachweisbar. Die Kniegelenke wiesen sonografisch Arthrosen, jedoch weder einen Erguss noch eine Bursitis auf. Auch an den Sprunggelenken zeigten sich sonografisch weder eine Synovitis noch eine Tenosynovitis oder ein Erguss bzw. eine Bursitis.
Bei der Untersuchung durch Dr. E am 06. April 2005 fand sich eine leichte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule. Die Handgelenke waren normal beweglich bei endgradiger Schmerzhaftigkeit in allen Ebenen. Im Bereich der Fingergelenke stellte der Sachverständige einen Druckschmerz an allen Gelenkanteilen beidseits, eine deutliche teigige Schwellung der Handrücken und der Finger sowie eine Bewegungseinschränkung der Finger fest. Der Faustschluss war inkomplett, der Festgriff nicht ausreichend. Dr. E beobachtete keine Schwellung der Knie- oder Sprunggelenke. Die Kniegelenke waren beidseits in ihrer Funktion leicht eingeschränkt bei Varusstellung beidseits. Der mediale und laterale Kniegelenksspalt waren beidseits druckschmerzhaft, ein Bewegungsreiben war beidseits tastbar. Beidseits fanden sich positive Meniskuszeichen, auch das Zeichen nach Zohlen war beidseits positiv. Hinweise auf eine Ergussbildung bestanden nicht. Die Sprunggelenke waren normal beweglich. Die Röntgenuntersuchungen der Wirbelsäule zeigten im Bereich der Brustwirbelsäule eine generalisierte hochgradige Spondylosis deformans mit Verknöcherung der Längsbänder ventral und rechts lateral mit teilweise hyperostotischen Veränderungen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule zeigte sich eine Gefügestörung L4/5 mit Ventraldislokation des 4. Lendenwirbelkörpers um 0,9 cm, eine Dorsaldislokation des 1. Lendenwirbelkörpers um 0,4 cm mit hochgradiger Spondylosis deformans in diesem Segment, geringer ausgeprägt auch in der übrigen Lendenwirbelsäule.
Frau Dr. M stellte am 29. März 2007 eine Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule fest. Darüber hinaus war der Faustschluss komplett, es fanden sich Druckschmerzen im Bereich beider Handgelenke sowie der PIP-/MCP- und Daumengrundgelenke der rechten Hand ohne Arthritiszeichen. Klinisch/palpatorisch wurden die Veränderungen im Sinne der Polyarthrose der Fingergelenke gewertet. Sie stellte eine ausgeprägte Varusdeformität der Kniegelenke und beidseitige Bewegungseinschränkungen fest. Linksseitig wurden starke Bewegungsschmerzen angegeben und es wurden ein deutlicher Druckschmerz oberhalb der Patella, eine Verdickung am ehesten im Sinne eines organisierten Ergusses sowie ein Verdacht auf Bakerzyste konstatiert. Die Hüftgelenke waren eingeschränkt beweglich, im Bereich beider oberer Sprunggelenke sowie der medialen Malleolen fand sich ein deutlicher Druckschmerz, über den medialen Malleolen fand sich eine diskrete Schwellung.
Aus diesen Befunden ergibt sich kein eindeutiges Bild einer Arthritis. Insbesondere sind bisher weder Ergüsse gesichert noch eine (Teno)Synovitis oder spezifische, wiederkehrende Schwellungen, Rötungen oder Überwärmungen. Weder die vorliegenden Sonografiebefunde noch die Röntgenbefunde erbringen gesicherte Erkenntnisse hierzu. Auch liegt kein Befund eines Gelenkpunktats vor.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass daneben unstreitig degenerative Verschleißerkrankungen sowohl beider Kniegelenke als auch der Wirbelsäule und der Hände gesichert sind, können die Beschwerden der Wirbelsäule und der großen Gelenke nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Yersinien-Infektion zurückgeführt werden. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung und Urteilsbildung insoweit den detaillierten und überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlichen Gutachters Dr. E an. Danach entspricht die beim Kläger festgestellte erhebliche, besonders im Bereich des inneren Gelenkkompartments stark ausgeprägte, Gonarthrose dem ausgeprägten Befund einer Varusgonarthrose auf dem Boden einer unstreitig erheblichen Achsenfehlform im O-Bein-Sinne. Schwellungen und Reizzustände treten auch im Rahmen einer aktivierten Arthrose auf. Eine Bakerzyste ist ebenfalls keine ausschließlich infolge arthritischer Prozesse auftretende Erscheinung. Diese Ausstülpung der dorsalen Gelenkkapsel am Kniegelenk tritt vielmehr häufig infolge einer Läsion des medialen Meniskus auf (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl.). Im Bereich der Hände sind röntgenologisch die typischen Zeichen einer Polyarthrose der Fingerendgelenke zur Darstellung gekommen. Entzündungszeichen waren röntgenologisch nicht nachweisbar. Die Sonografiebefunde von Januar 2004 beschrieben für die Fingergelenke Arthrosezeichen, im Bereich der Daumensattelgelenke rechts mit kleiner Synovitis. Im Bereich der Handgelenke war eine Synovitis oder Tenosynovitis ausgeschlossen worden. Typische arthritische Veränderungen wie Usuren an den Umschlagstellen der Gelenkschleimhaut waren nicht feststellbar (vgl. Ausführungen des Sachverständigen Dr. E in seinem Gutachten vom 12. April 2005 sowie in der Stellungnahme vom 08. Juli 2007). Seitens der Wirbelsäule konnten Entzündungszeichen im Bereich der Kreuz-Darmbeinfugen sicher ausgeschlossen werden. Auch Veränderungen an den kleinen Wirbelgelenken im Sinne einer Spondylitis fehlen (vgl. die Stellungnahme des Dr. E vom 08. Juli 2007). Soweit hier Frau Dr. M auch Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule in Zusammenhang mit der Yersinien-induzierten Arthritis bringen will, bleibt sie hierfür jeglichen Nachweis schuldig. Der Röntgenbefund der Wirbelsäule legt doch vielmehr gerade eine Verbindung mit den massiven Verschleißerscheinungen und einer eventuellen idiopathischen Skeletterkrankung nahe. Auch im Bereich der Sprunggelenke gibt es keine sicheren Hinweise für Entzündungszeichen. Zwar hat Frau Dr. M eine diskrete Schwellung im Bereich der medialen Malleolen festgestellt, dies allein liefert aber keine Anhaltspunkte für eine Arthritis.
Zusammenfassend sind Entzündungszeichen der Gelenke nicht nachgewiesen. Bei dem Kläger besteht hingegen eine erhebliche Neigung zu ausgeprägten Verschleißerscheinungen, was sich an den massiven Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (hyperostotische Spondylose), auf die auch Frau Prof. Dr. G-I hinweist, zeigt. Ein in der Vergangenheit liegender schubweiser Verlauf einer Arthritis – so wie von Frau Prof. Dr. G-I und Frau Dr. M angenommen – lässt sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten.
Soweit es zwischen 1996 und 2007 zu einer Verschlechterung der degenerativen Gelenkerkrankung vor allem im Bereich der Kniegelenke und einer verstärkten Funktionsbeeinträchtigung gekommen ist, so ist ein Einfluss der anerkannten reaktiven Arthritis auf diese Entwicklung unbekannt. Er mag möglich sein, so wie Prof. Dr. G-I in ihrer Stellungnahme vom 03. März 2004 ausführt. Ein solcher Einfluss ist jedoch nirgends mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hergeleitet worden. Allein die Behauptung oder die geäußerte Überzeugung der Gutachterinnen Prof. Dr. G-I und Dr. M bildet keine hinreichende Grundlage für die Annahme eines solchen ursächlichen Zusammenhangs. Zumal die Gutachterinnen trotz ausdrücklicher Aufforderung der Beklagten (vgl. Anfrage vom 26. Februar 2004) bzw. des Gerichts (vgl. Beweisanordnung vom 02. Oktober 2006) eine detaillierte und fundierte, sich mit den konkurrierenden Ursachen (degenerativen Veränderungen) auseinandersetzende Begründung hierfür vermissen lassen.
Lediglich die von Dr. E festgestellte Schwellung beider Hände mit Schwellung der Langfinger kann auf eine Mitbeteiligung im Sinne einer reaktiven Weichteilentzündung schließen lassen.
Letztlich obliegt es der Klägerseite, den Nachweis zu führen, dass die Beschwerden/Veränderungen im Bereich der Hand-, Finger-, Knie- und Sprunggelenke und der Wirbelsäule mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Yersinien-iduzierte Arthritis zurückzuführen sind. Soweit also Frau Dr. M es für pure Spekulation hält, die Beschwerden weit überwiegend auf degenerative, schicksalsbedingte, Verschleißerkrankungen zurückzuführen, vergisst sie, dass ihre Annahmen sich - ebenfalls - im Bereich der Spekulation bewegen. Es ist aber, will der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente durchsetzen, gerade nicht ausreichend, dass nur die Möglichkeit einer entzündlichen Ursache der Gelenkbeschwerden besteht. Da die Gutachterin Dr. M zudem auf Veranlassung des Klägers (siehe die von ihm eingereichten weiteren Stellungnahmen vom 21. August 2007 und 06. Dezember 2007) wiederholt Gelegenheit hatte, insbesondere in Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. E und dessen ergänzender Stellungnahme vom 08. Juli 2007 eine entsprechende Begründung der von ihr vertretenen Auffassung nach zu liefern, sah der Senat keinen Anlass, der Beweisanregung des Klägers zu folgen und die Gutachterin nochmals – persönlich – hierzu zu befragen.
Die Höhe der MdE bemisst sich bei Erkrankungen wie infektbedingten Arthritiden nach der noch erhaltenen Gesamtfunktion. Diese ist nur zum Teil das Resultat der Funktionseinschränkung der einzelnen Gelenke und Wirbelsäulenabschnitte (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Anm. 19.6). Unter diesem Aspekt ist eine MdE von 10 – so wie von Dr. F und Dr. E angenommen – nicht zu beanstanden, denn gesichert ist hier letztlich keine Gelenkbeteiligung. Die Funktionsbeeinträchtigungen der verschiedenen Gelenke sind mangels Nachweises arthritischer Veränderungen bzw. Schübe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vielmehr auf degenerative Veränderungen zurückzuführen. Die MdE von 10 bewertet somit die Infektion an sich und die Antigenpersistenz sowie einen – potentiellen – Einfluss auf die Gesamtkörperfunktion in Form von Weichteilschwellungen wie z. B. von Dr. E im Bereich der Hände beobachtet.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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