L 2 U 104/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 460/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 104/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung von Verschleißerkrankungen der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit.

Die 1938 geborene Klägerin hat den Beruf einer Krankenschwester erlernt und während ihres Berufslebens auch laufend verrichtet. Zuletzt war sie in einem Seniorenheim tätig. Aufgrund der u.a. auch mit Wirbelsäulenbeschwerden begründeten Überlastung in dieser Tätigkeit wurde die Klägerin von ihrem Arbeitgeber ab 9. Juli 1992 beurlaubt. Seit dem 1. Oktober 1993 bezog sie dann aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Ausgehend von dem Tag der Aufgabe der beruflichen Tätigkeit ab 9. Juli 1992 ist bei der Klägerin von der Beklagten das Vorliegen einer Hautkrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKVO - mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - von 20 vH anerkannt worden (Widerspruchsbescheid vom 2. August 2001).

In der Verdachtsanzeige der Nervenfachärztin E vom Mai 1992 gab diese an, dass die Klägerin über Schmerzen im Schulter-Arm-Bereich klage. Zwar liege keine Berufskrankheit - BK - im Fachgebiet Neurologie vor. Es sei jedoch durch Röntgenaufnahmen des Radiologen Dr. S (Bericht vom 25. Oktober 1991) gesichert, dass sie unter Cervikobrachialgien beiderseits bei Osteochondrose, einer beginnenden Höhenminderung im Segment C 6/C 7 und einer funktionellen Blockierung im Bereich der Kopfgelenke (Schiefhalsstellung) leide. Im Rahmen der zunächst von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft durchgeführten medizinischen Ermittlungen gelangte u.a. die Auswertung eines Röntgenbefundes vom 20. Juli 1989 zu deren Akten, in dem es heißt: Deutliche langbogige linkskonvexe Torsionsskoliose der Lendenwirbelsäule bei Osteochondrose im Segment D 12/L 1 mit Begleitspondylose des dorsolumbalen Übergangs. Mittelgradige Spondylo-Osteochondrose im Segment L 4/L 5.

Der mit einer Untersuchung der Klägerin vom Landesgewerbearzt beauftragte Dr. Dr. D teilte in seinem Gutachten vom 7. April 1993 mit, bei der Klägerin lägen Bewegungseinschränkungen im Bereich der HWS und teilweise LWS, Sensibilitätsausfälle der linken oberen Extremität, gelegentlich auch der unteren Extremität, allg. Schmerzsyndrom der HWS, Kniegelenksbeschwerden im linken Knie“ vor.

Weiter heißt es dann, in der Zusammenschau von Exposition, klinischen Befunden und Entwicklung des Beschwerdebildes bestehe aus gutachterlicher Sicht bei der Versicherten eine BK-Nr. 70 im Sinne des Berufskrankheitenrechts der früheren DDR. Die MdE mache 30 vH aus. Da die Klägerin sich noch in einer „bezahlten Freistellung“ befinde, könne der Leistungsfall nicht bestimmt werden. Mit Schreiben vom 16. Juni 1993 wies das Landesinstitut für Arbeitsmedizin u.a. darauf hin, dass der Zeitpunkt der Berufsaufgabe noch nicht geklärt sei. Hiervon hänge ab, ob DDR-Recht oder das Recht der Reichsversicherungsordnung - RVO - anzuwenden sei. Bei Eintritt des Versicherungsfalles nach dem 31. Dezember 1991 finde die engere BK-Definition der RVO Anwendung.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme der Prof. Dr. S vom 20. Januar 1999 lehnte es die Beklagte durch Bescheid vom 1. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 ab, die Erkrankungen der Klägerin an deren Halswirbelsäule und Lendenwirbelsäule als BKen nach § 9 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Siebentes Buch i.V.m. den Nrn. 2108 und 2109 der BKVO anzuerkennen. Es fehle an den erforderlichen Voraussetzungen. Die Klägerin leide nach den diagnostizierten Gesundheitsstörungen vorwiegend an knöchernen Ab- und Umbauprozessen neben Fehlstellung der Wirbelsäule, Bewegungseinschränkungen und rezidivierenden Beschwerden aufgrund der Irritation der an bestimmten Wirbelsäulenabschnitten austretenden Nerven - hier bevorzugt im Bereich der HWS -. Bandscheibenbedingte Veränderungen seien bislang im unteren HWS-Anteil nachgewiesen, wogegen es sich im Bereich der LWS um keine bandscheibenbedingte Erkrankung handele. Ein Zusammenhang der HWS-Erkrankung im Sinne der Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKVO mit der Tätigkeit als Krankenschwester scheide aus, da die Klägerin keine Lasten auf der Schulter getragen habe. Da die Erkrankungen nicht nur die Lendenwirbelsäule, sondern auch die Halswirbelsäule beträfen, sei ein Ursachenzusammenhang zwischen der Lendenwirbelsäulenerkrankung und der beruflichen Belastung nicht wahrscheinlich. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO liege ohnehin nicht vor.

Das hiergegen von der Klägerin angerufene Sozialgericht holte von dem Orthopäden Dr. E ein Zusammenhangsgutachten vom 30. Januar 2001 ein. Dieser stellte an der Wirbelsäule der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest:
ein recidivierendes HWS-Syndrom im Sinne von Hinterkopf-Nacken-Schulterschmerzen und belastungsabhängig verstärkten Schulter-Arm-Schmerzen links auf dem Boden geringer degenerativer Halswirbelsäulenveränderungen.
ein recidivierendes WS-Syndrom im Sinne von belastungsabhängig verstärkten Dorso-Lumbalgien auf dem Boden erheblicher degenerativer Veränderungen bei S-förmiger Rotationsskoliose“.

Diese Veränderungen erfüllten nicht die für eine Anerkennung der BK-Nr. 2109und 2108 erforderlichen Voraussetzungen. So erfülle das Verteilungsmuster der Veränderungen an der HWS nicht die Vorgaben, weil sie die untere HWS beträfen. Nicht erfüllt seien insoweit auch die arbeitstechnischen Bedingungen, weil für die Tätigkeit einer Krankenschwester nicht das Heben und Tragen schwerer Lasten auf der Schulter oder auf dem Kopf typisch sei. Im Lendenwirbelsäulenbereich sei die bandscheibenbedingte Erkrankung durch außerberufliche Faktoren geprägt. Klinisch wie röntgenologisch habe eine deutliche seitliche Fehlstatik der Wirbelsäule im Sinne einer ausgeprägten genuinen Skoliose mit Verdrehung der einzelnen Wirbelkörper bestanden. Die Skoliose habe zu einer asymmetrischen Fehlbelastung der Bandscheibe im Scheitelpunkt der Skoliose und mithin zu einem erheblichen isolierten Bandscheibenverschleiß geführt. Im Übrigen müsse festgestellt werden, dass die Bandscheibe des Bewegungssegments L 5/S 1 - die am stärksten durch Heben und Tragen von Lasten beansprucht werde - keine nennenswerten Verschleißzeichen aufweise. Dr. Dr. D habe in seinem Vorgutachten die anlagebedingte präarthrotische Deformität durch eine genuine Skoliose mit den hierdurch bedingten typischen Verteilungsmustern der degenerativen Veränderungen nicht beachtet.

Durch das Urteil vom 25. Mai 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Anerkennung einer BK-Nr. 2109 komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Zwar habe die Klägerin in der ohnehin schon sehr anstrengenden Tätigkeit als Krankenschwester, insbesondere im Bereich der Altenpflege, auch andere schwere Arbeiten in Form von Wäsche waschen, Betten machen, Putzen, Öfen anheizen, Koch- und Küchenarbeiten verrichten müssen. Es fehle jedoch an Tragevorgängen mit erforderlicher Regelmäßigkeit und Häufigkeit auf der Schulter. Außerdem hätten sich im Bereich der HWS nur degenerative Veränderungen geringen Grades gefunden, deren Ausmaß geringer sei als für das Alter der Klägerin typisch. Eine Anerkennung einer BK-Nr. 2108 scheitere daran, dass ein außerberuflicher Faktor im Sinne der „ausgeprägten genuinen Skoliose mit Verdrehung der einzelnen Wirbelkörper“ als wesentliche Ursache für die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin im Bereich der Lendenwirbelsäule vorliege. Der Auffassung der Klägerin, durch ihre Tätigkeit als Krankenschwester sei möglicherweise eine wesentliche Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens (in Form einer Skoliose) eingetreten, könne gleichfalls nicht gefolgt werden. Eine Anerkennung im Sinne einer Verschlimmerung komme nur dann in Betracht, wenn die verschlimmerte Gesundheitsstörung vor Aufnahme der wirbelsäulengefährdenden Tätigkeit bereits als klinisch manifester, mit objektivierbaren Veränderungen verbundener Krankheitszustand nachweisbar vorhanden gewesen sei. Entsprechende Erkenntnisse lägen im Falle der Klägerin jedoch nicht vor.

Da die Klägerin als Krankenschwester bis zum 30. September 1993 beruflich tätig gewesen sei, finde auf sie das Recht der Reichsversicherungsordnung Anwendung.

Gegen das am 20. Juli 2001 zugestellte Urteil des Sozialgerichts richtet sich die Berufung der Klägerin vom 1. August 2001. Sie hält das Gutachten des Dr. E, das das Sozialgericht zur Grundlage seiner Beurteilung gemacht habe, für unzureichend. Auf ihren Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ist daraufhin Prof. Dr. E zum medizinischen Sachverständigen ernannt worden. Dieser hat nach Durchführung einer Kernspintomographie sein orthopädisches Gutachten im Zusammenwirken mit dem Oberarzt Dr. H am 29. Juni 2002 abgegeben. Darin heißt es zusammenfassend, festzustellen seien degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule mit Fehlstatik infolge Wirbelsäulenverbiegung und Bandscheibenschäden im Lendenwirbelsäulenbereich. Die Ursachen der Erkrankung lägen in der lumbosacralen Übergangsstörung und der primären Skoliose. Es handele sich um schicksalhafte Ursachen. Die Prüfung einer BK-Nr. 2109 erübrige sich ohnehin, weil nach den Feststellungen des Gewerbearztes die besonderen beruflichen Belastungen bei der Klägerin nicht vorgelegen hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Mai 2001 sowie den Bescheid vom 1. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Verletztenrente, gegebenenfalls als Stützrente, unter Anerkennung einer Berufskrankheit der Nrn. 2108 und/oder 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil, insbesondere auch im Hinblick auf das Ergebnis der medizinischen Ermittlungen im Berufungsverfahren, für zutreffend.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Verwiesen wird außerdem auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit.

Der von ihr erhobene Anspruch richtet sich gemäß § 215 Abs. 1 des Siebenten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII - nach § 1150 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - in der vor dem 1. Januar 1997 geltenden Fassung, weil ihre Erkrankung, die sie erstmalig im Mai 1992 als entschädigungsberechtigend geltend gemacht hat, nach dem zur Begründung des Anspruchs vorgelegten Attest des Radiologen Dr. S vom 25. Oktober 1991 bereits vor dem 1. Januar 1992 im Beitrittsgebiet entstanden ist.

Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und BKen der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und BKen im Sinne des Dritten Buches der RVO. Das gilt grundsätzlich auch für Verschleißkrankheiten der Wirbelsäule, die auf fortgesetzte mechanische Überlastung des Bewegungsapparates im Sinne der BK-Nr. 70 der Berufskrankheitenliste der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten vom 21. April 1981 des Gesetzblattes der früheren DDR zurückzuführen sind. Obwohl mithin kraft ausdrücklicher Anwendung des Einigungsvertrages DDR-Recht anwendbar wäre, hat das Sozialgericht, das berechtigt war, die einschlägigen Vorschriften nach den allgemeinen Auslegungsregeln eigenständig auszulegen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - z.Az. 8 RKnU 1/96 vom 29. April 1997), das Vorliegen der geltend gemachten Berufskrankheit nach Bundesrecht geprüft. Sowohl die BK-Nr. 70 nach dem Recht der früheren DDR als auch die BKen Nr. 2108 und 2109 stellen für den Eintritt des Versicherungsfalles auf einen Zwang zur Tätigkeitsaufgabe ab. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit erst am 9. Juli 1992 aufgegeben. Ist der Versicherungsfall also - wie hier - erst im Jahr 1992 eingetreten, kommt die Übergangsvorschrift des § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO nicht mehr zur Anwendung. Diese Meinung teilt offensichtlich auch die Beklagte, die den gleichzeitig mit der hier streitigen Berufskrankheit geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung einer Hauterkrankung nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKVO in ihrem Widerspruchsbescheid vom 2. August 2001 ab 10. Juli 1992 anerkannt hat.

Voraussetzung für die Feststellung einer Berufskrankheit ist, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, wegen der Entschädigungsleistungen beansprucht werden, nachgewiesen sind. Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (vgl. u.a. BSGE 61, 127, 128 und 45, 285, 187). Dagegen genügt für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge schädigender Einwirkungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (vgl. BSGE 61, 127, 128 und 58, 76, 78). Dieser ist dann wahrscheinlich, wenn nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles nach der herrschenden medizinisch-wissenschaft-lichen Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht; der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 60, 58, 59 und Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Auflage 1997, Kapitel III Rdnr. 155).

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Gegebenheiten und der zu den hier streitigen BKen entwickelten Maßstäbe hat es das Sozialgericht zutreffend abgelehnt, für die Annahme einer BK im Sinne der Nr. 2109 das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen anzuerkennen. Der Verordnungsgeber hatte bei Einführung dieser BK die Berufsgruppe der Fleischträger als eine solche mit einer außerordentlichen Belastung der Halswirbelsäule sowie sonstige berufliche Tätigkeiten mit einem vergleichbaren Belastungsprofil vor Augen, wie sich aus dem Merkblatt des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr. 2109 (BArbBl. 3/93 S. 53 ff.) ergibt. Angesichts des Umstandes, dass Fleischträger Tierhälften oder -viertel hautnah auf dem Schultergürtel tragen müssen, besteht bei diesen Berufstätigkeiten die besondere Belastung der Halswirbelsäule in der durch das Tragen mehr als 50 kg schwerer Gegenstände auf der Schulter nach vorn und seitlich erzwungenen Kopfbeugehaltung bei gleichzeitiger maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur mit Hyperlordosierung und Verdrehung der Halswirbelsäule. Von dieser Art des Tragens von Gegenständen kann bei dem Beruf einer Krankenschwester nicht ausgegangen werden. Das bedarf keiner weiteren Erläuterung. Beide medizinische Sachverständige, Dr. E und Prof. Dr. E, haben der Klägerin die besonderen beruflichen Belastungen im Sinne dieser BK im Einverständnis mit dem Gewerbearzt in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 1993 abgesprochen. Der Senat hat keine Bedenken, ihrer sachkundigen Auffassung zu vertrauen und sie sich zu Eigen zu machen. Die Klägerin hat auch durch ihren Sachvortrag in der Berufungsinstanz nicht dazu beitragen können, einen Kausalzusammenhang zwischen den Wirbelsäulenveränderungen im Bereich der Halswirbelsäule und ihrem Berufsleben wahrscheinlich zu machen.

Hingegen wären die Veränderungen an der Lendenwirbelsäule der Klägerin insbesondere wegen ihrer langen, nach ihren Schilderungen körperlich schweren Arbeit in der Kranken- und Seniorenpflege grundsätzlich geeignet, eine berufsbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule zu bejahen. Beide medizinische Sachverständige, die mit der Zusammenhangsbeurteilung in der gesetzlichen Unfallversicherung und mit der Einschätzung und Bewertung der mutmaßlichen Ursachen von Wirbelsäulenerkrankungen besonders gut vertraut sind, machen jedoch andere medizinische Ursachen dafür verantwortlich, dass die Klägerin an einem recidivierenden Wirbelsäulensyndrom im Sinne von belastungsabhängig verstärkten Dorso-Lumbalgien leidet. Sie führen diese auf eine klinisch wie röntgenologisch feststellbare deutliche Fehlstatik der Wirbelsäule im Sinne einer ausgeprägten genuinen Skoliose mit Verdrehung der einzelnen Wirbelkörper zurück. Sie begründen das mit dem seit Juli 1989 röntgenologisch bekannten und seither durch weitere Röntgenaufnahmen gut nachvollziehbaren Bild der Lendenwirbelsäule der Klägerin. Diese weist nach Prof. Dr. E eine Asymmetrie einzelner Lendenwirbelkörper auf, die für eine primäre Skoliose und mithin für eine schicksalshafte Entwicklung spricht. Angesichts der überzeugenden Darlegungen der medizinischen Sachverständigen, wonach die vorhandenen Veränderungen im LWS-Bereich hier nicht charakteristisch für Belastungsfolgen sind, ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beruflichen Einwirkungen durch die Tätigkeit der Klägerin als Krankenschwester und den Veränderungen im Bereich der LWS nicht wahrscheinlich, und zwar weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Die Schlussfolgerungen der medizinischen Sachverständigen entsprechen auch den allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der medizinischen Fachliteratur. Hiernach sind skoliotische Fehlhaltungen der Lendenwirbelsäule ein wesentlicher konkurrierender Ursachenfaktor. Durch die skoliotische Fehlhaltung komme es zu einer asymmetrischen Belastung, welche zu einem vorzeitigen Bandscheibenverschleiß prädisponiere, der im Bereich des Scheitelpunktes der Skoliose am stärksten ausgeprägt sei (vgl. u.a. Mehrtens-Perlebach, Kommentar zur BKVO, Kennzahl M 2108, S. 23).

Der von der Klägerin eingereichte Karteiauszug des sie zur Zeit behandelnden Orthopäden Dr. S gibt ebenso wenig wie der Bericht der Abt. Dermatologie der Charité vom 23. Januar 2003 etwas dafür her, dass die der Entscheidung des Gerichts zugrunde gelegten gutachterlichen Feststellungen inkompetent, mängelbehaftet oder gar unlogisch sind.

Das Berufungsbegehren der Klägerin konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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