L 29 B 144/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 34 AS 29103/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 B 144/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Dezember 2007 wird als unzulässig verworfen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin W- Kwird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die teilweise Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) durch den Antragsgegner für den Monat Juli 2006.

Der geborene Antragsteller erhält zusammen mit seinem geborenen Sohn P-AH in Bedarfsgemeinschaft seit Januar 2005 Leistungen seitens des Antragsgegners nach dem SGB II.

Am 25. Juli 2006 wurde dem Antragsteller ausweislich des Kontoauszuges Nr. 5 der Dresdner Bank AG (Kontonummer: ) ein Betrag von 579,97 EUR (Rückkaufswert aus einer Lebensversicherung) gutgeschrieben. Am gleichen Tage (25. Juli 2006) wurde ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 35a IK 101/06) um 18:00 Uhr über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet und als Treuhänder Rechtsanwalt W bestellt.

Mit Schreiben vom 8. August 2007 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Rückforderung der Leistung für den Monat Juli 2006 wegen der erhaltenen 579,97 EUR an, woraufhin der Antragsteller mitteilte, dass er seit dem 1. Dezember 2006 den Betrag in Raten bereits an Rechtsanwalt W zahle.

Der Antragsgegner hob mit Bescheid vom 24. September 2007 seine Leistungsbewilligung für den Monat Juli 2006 teilweise in Höhe von 549,97 EUR auf und verlangte die Erstattung dieses Betrages.

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2007 (beim Antragsgegner eingegangen am 10. Oktober 2007) teilte Rechtsanwalt W dem Antragsgegner unter Vorlage einer Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 25. Juli 2006 mit, dass er zum Treuhänder bestellt wurde und die von der Versicherung gezahlten 579,97 EUR vollumfänglich der Insolvenzmasse zuzurechnen seien.

Am 7. November 2007 hat der Antragsteller persönlich beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend von der Rückforderung in Höhe von 553,02 EUR abzusehen, bis im Widerspruchsverfahren entschieden wurde.

Mit Schreiben vom 14. November 2007 hat sich der Antragsteller zudem persönlich an den Antragsgegner gewandt. Dieses Schreiben hat der Antragsgegner als Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. September 2007 gewertet und sodann diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 als unzulässig wegen Versäumung der Widerspruchsfrist verworfen. Gegen diesen Widerspruchbescheid hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Berlin unter dem Geschäftszeichen S 34 AS 29103/07 Klage erhoben.

Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, weil nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Antragsteller die Befugnis verloren habe, über sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verfügen und entsprechende prozessuale Rechte auszuüben.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller persönlich am 2. Januar 2008 Beschwerde erhoben. Das Sozialgericht Berlin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der nunmehr anwaltlich vertretene Antragsteller hat mitgeteilt, dass zwar der Antragsgegner den Zahlungsanspruch ruhend gestellt habe, nicht jedoch der Insolvenzverwalter (gemeint ist wohl der Treuhänder), der weiterhin den Betrag in Höhe von 579,97 EUR in voller Höhe beanspruche. Das Rechtsschutzbedürfnis für das einstweilige Verfahren bestehe daher fort.

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2008 (Eingang beim Landessozialgericht am selben Tag) hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt.

Der Antragsgegner hat während des Beschwerdeverfahrens am 18. März 2008 mitgeteilt, dass die Forderung wegen des Klageverfahrens ruhend gestellt ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners () Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist unzulässig.

Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, hat der Antragsteller mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (am 25. Juli 2006) nach § 80 Insolvenzordnung (InsO) seine Verfügungsrechte über zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen und damit auch seine Prozessführungsbefugnis verloren. Er konnte daher weder wirksam am 7. November 2007 das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz bei dem Sozialgericht Berlin anhängig machen, noch am 2. Januar 2008 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin Beschwerde erheben.

Aus denselben Gründen liegt auch ein Fall des § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht vor, der zu einer Unterbrechung des Rechtsstreits führen könnte. Der Senat ist daher nicht aufgrund einer Unterbrechung des Verfahrens (§ 202 SGG i.V.m. § 240, 249 ZPO) an einer Entscheidung gehindert.

Nach § 240 S. 1 ZPO wird im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, das Verfahren unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Vorliegend sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 240 S. 1 ZPO nicht erfüllt. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die im Streit befindliche Forderung zur Insolvenzmasse gehört, fehlt es an der weiteren Voraussetzung, dass im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein zu unterbrechendes Verfahren anhängig sein muss (vgl. auch Bundesfinanzhof- BFH, Beschluss vom 30. April 2008, Aktenzeichen: X S 14/07 (PKH), m.w.N., zit. nach Juris). Die Regelung des § 240 ZPO trägt dem Wechsel der Prozessführungsbefugnis in einem laufenden Verfahren Rechnung und soll dem Insolvenzverwalter hinreichend Gelegenheit verschaffen, sich mit dem Rechtsstreit vertraut zu machen und über die Fortführung des Verfahrens zu entscheiden (vgl. BFH, Beschluss vom 27. September 2006, Aktenzeichen: IV S 11/05 (PKH), m.w.N., zit. nach Juris). Eine solche Situation ist jedoch nicht gegeben, wenn aufgrund des bereits eröffneten Insolvenzverfahrens vom Antragsteller ein Verfahren vor dem Sozialgericht nicht wirksam eingeleitet werden konnte. Mit diesem Ergebnis korrespondieren die Regelungen der §§ 304, 313 i.V.m. 85 und 86 InsO. Nach diesen Regelungen kann der Treuhänder nur Rechtsstreitigkeiten aufnehmen, " die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für bzw. gegen den Schuldner anhängig sind" (vgl. § 85 Abs. 1 S. 1 und § 86 Abs. 1 InsO). Auch hier ist mithin Voraussetzung, dass eine Rechtshängigkeit bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand.

Ausgehend von dem protokollierten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bis zur Entscheidung "über das Widerspruchsverfahren" ist zudem das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht erkennbar, nachdem das Widerspruchsverfahren durch den Widerspruchsbescheid vom 20. November 2007 seinen Abschluss fand (vgl. § 85 SGG). Selbst wenn jedoch der Antrag dahingehend ausgelegt würde, dass der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz auch für die Dauer des Klageverfahrens begehrt, ist ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür nicht mehr erkennbar, nachdem der Antragsgegner die Forderung wegen des anhängigen Klageverfahrens vor dem Sozialgericht ruhend gestellt hat. Ob der Treuhänder weiterhin von dem Antragsteller die Zahlung eines Betrages von 579,97 EUR begehrt, ist für das vorliegende Verfahren schon deshalb ohne Belang, weil der Treuhänder nicht Beteiligter dieses Verfahrens ist.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg war abzulehnen, da diesem aus den vorgenannten Gründen die erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht fehlt (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved