Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 1826/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1920/08 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 7. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das zwischenzeitlich abgeschlossene Verfahren S 2 SB 1826/07 streitig.
Auf den im August 2006 gestellten Antrag des Klägers, den Grad der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) festzustellen, bewertete das Landratsamt Biberach (LRA) unter Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule den GdB mit 20 (Bescheid vom 15. März 2007). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2007). Am 11. Mai 2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG), das Dr. G., Internist und Rheumatologe, unter dem 11. September 2007, Dr. J., Facharzt für Orthopädie, unter dem 19. September 2007 und die Ärztin für Allgemeinmedizin Sch. unter dem 21. September 2007 schriftlich als sachverständige Zeugen anhörte. Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte das SG Mehrfertigungen dieser Auskünfte einerseits an den Kläger zur Kenntnis und andererseits zusammen mit der beigezogenen Verwaltungsakte an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme binnen sechs Wochen.
Mit am 18. Oktober 2007 beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 beantragte der Kläger die Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin M. und legte die vom Kläger unter dem 16. Oktober 2007 unterzeichnete "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vor. Darin hatte der Kläger sämtliche unter Buchstabe E aufgeführten Fragen zu seinen Bruttoeinnahmen verneint. Die für diesen Fall gestellten Fragen, auf welche Umstände es zurückzuführen sei, dass alle Fragen zu den Einnahmen verneint werden und wie der Lebensunterhalt bestritten werde, beantwortete der Kläger wie folgt: "SG Ulm S 2 AS 647/07 LRA Biberach 0302.090508 Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem SGB II".
Nachdem das SG den Beklagten mehrfach an die erbetene Stellungnahme zu den übersandten Auskünften der behandelnden Ärzte erinnert hatte, unterbreitete der Beklagte dem Kläger mit Schriftsatz vom 31. Januar 2008, beim SG eingegangen am 6. Februar 2008, ein Vergleichsangebot, wonach der GdB ab 2. August 2006 30 betrage. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. März 2008 an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt. Gleichzeitig erinnerte er an die Entscheidung über den gestellten PKH-Antrag.
Mit Beschluss vom 7. April 2004 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH mit der Begründung ab, bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage sei auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den PKH-Antrag abzustellen. Bereits vor Stellung dieses Antrags habe die Kammer Beweis durch Vernehmung der den Kläger behandelnden Ärzte erhoben. Erst nach Eingang der Akten am 6. Februar 2008 habe über den Antrag entschieden werden können. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch bereits das Vergleichsangebot des Beklagten vorgelegen, das der Kläger mit Schriftsatz vom 13. März 2008 angenommen habe. Für die Gewährung von PKH verbleibe demnach kein Raum mehr.
Gegen diesen seiner Bevollmächtigten am 14. April 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 15. April 2008 beim SG Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, das SG habe mit Schreiben vom 25. September 2007 die Auskünfte der behandelnden Ärzte übermittelt, worauf mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 die Bewilligung von PKH beantragt worden sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der PKH-Antrag entscheidungsreif gewesen. Eine solche sei nicht erst am 6. Februar 2008 möglich gewesen, sondern bereits im Oktober 2007.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass der Antrag wegen fehlender Angaben des Klägers zu der Frage, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreite, selbst zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entscheidungsreif sein dürfte, verwies er auf das seinerzeit ebenfalls beim SG anhängig gewesene Verfahren S 2 AS 647/07, in dem über den Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) zu entscheiden gewesen sei, für dessen Durchführung ihm mit Beschluss vom 24. April 2007 PKH ohne Ratenzahlung bewilligt worden sei. Da in jenem Verfahren eine "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" abgegeben worden sei, die inhaltlich der in dem vorliegenden Verfahren abgegebenen Erklärung entspreche, sei es überraschend, wenn in jenem Verfahren die vorgelegte Erklärung genüge, in dem vorliegenden jedoch nicht. Er sei ebenso wie in dem Parallelverfahren auch in dem vorliegenden Verfahren nicht in der Lage, die Kosten der in Anspruch genommenen Bevollmächtigten zu zahlen. Soweit das Beschwerdegericht die ablehnende Entscheidung des SG bestätigte, könne hieraus nur die Lehre gezogen werden, dass in vergleichbaren Fällen vor Bewilligung von PKH kein Vergleich mehr abgeschlossen werde.
Die Beklagte hat sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde, die insbesondere form- und fristgerecht (vgl. § 173 SGG) erhoben wurde, ist zulässig; sie ist im Ergebnis jedoch nicht begründet.
Gemäß § 73a SGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält danach auf Antrag PKH, wenn eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 bis 127 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar halten und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der bestätigenden Beweisführung überzeugt sein kann. Aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage muss zumindest möglich erscheinen, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird. Eine Beweisantizipation ist zulässig und geboten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73a, Rdnr. 7a; Philippi in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 114 Rdnr. 19). Damit ist die Erfolgsaussicht bereits dann zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens zumindest offen ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist auch im PKH-Verfahren der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Ein früherer Zeitpunkt kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung des Gerichts über den PKH-Antrag verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Klägers/Antragstellers eingetreten ist (Meyer-Ladewig, a.a.O. § 73a, Rdnr. 7c m.w.N.). Hat das Gericht zu spät entschieden, ist der Erkenntnisstand bei der Entscheidungsreife des PKH-Antrags zugrunde zu legen, Beweisergebnisse sind also unter Umständen nicht zu verwerten (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. Rdnr. 13d, Philippi a.a.O. § 119 Rdnr. 46).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger zutreffend davon ausgegangen, dass seine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat. Dies gilt insbesondere bereits für den Zeitpunkt seiner Antragstellung am 18. Oktober 2007. Denn zu diesem Zeitpunkt lagen bereits die zuvor von den behandelnden Ärzten eingeholten schriftlichen Auskünfte als sachverständige Zeugen vor, die deutlich gemacht haben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 nicht angemessen bewertet sind, wodurch sich der Beklagte auch veranlasst gesehen hat, dem Kläger ein Vergleichsangebot dahingehend zu unterbreiten, den GdB ab 2. August 2006 mit dem höheren Wert von 30 festzusetzen. Dass das Begehren des Klägers in erster Linie auf die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 gerichtet war, steht der Bejahung der Erfolgsaussicht nicht entgegen. Denn hinreichende Erfolgsaussicht der Klage besteht auch dann, wenn davon auszugehen war, dass der Kläger zumindest teilweise mit seinem Begehren würde durchdringen können.
Hätte beim Kläger durch Einreichung seines Antrags auf Bewilligung von PKH am 18. Oktober 2007 auch Bedürftigkeit festgestellt werden können, so wäre dem Antrag unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt das SG über das entsprechende Begehren tatsächlich entschieden hätte, stattzugeben gewesen. Denn im Falle einer verspäteten Entscheidung durch das Gericht richtet sich die Beurteilung der Erfolgsaussicht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife. Trotz der damit bestehenden Erfolgsaussichten der Klage, hat das SG den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Denn Entscheidungsreife lag hinsichtlich des gestellten Antrags weder zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. Oktober 2007, noch zu dem Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 7. April 2008 vor. Denn der Kläger hat seinem Antrag keine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt und diesen Mangel auch im Beschwerdeverfahren nicht nachträglich beseitigt.
So hat der Kläger in dem vorgelegten Erklärungsformular sämtliche Fragen zu seinen Bruttoeinnahmen verneint und auf die daran anknüpfende Frage, auf welche Umstände dies zurückzuführen sei und wie er seinen Lebensunterhalt bestreite, lediglich das gerichtlichen Aktenzeichens eines Verfahrens vor dem SG nach dem SGB II angeführt. Aufgrund dieses Hinweises liegt zwar die Annahme nahe, dass der Kläger mangels anderweitiger Einkünfte Sozialleistungen in Form von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragt hatte und zum Zeitpunkt der Antragstellung versucht hat, diese gerichtlich durchzusetzen. Gleichwohl bleibt trotz dieser Bezugnahme völlig offen, von welchen Mitteln der Kläger seinen laufenden Lebensunterhalt bestritten hat. Denn mit der Durchführung eines laufenden Verfahren nach dem SGB II sind unmittelbar keine Einnahmen verknüpft, mit denen der Kläger den täglichen Unterhaltsbedarf einschließlich seiner laufenden Wohnkosten, die er in seinem Antrag konkret beziffert hat, hätte finanzieren können. Zur Bestreitung dieses Bedarfs mussten dem Kläger aber tatsächlich Gelder zugeflossen sein. Da er diese jedoch nicht bezeichnet und insoweit keinerlei Angaben gemacht hat, war die Frage der Bedürftigkeit des Klägers nicht abschließend zu beurteilen. Da die entsprechenden Angaben auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt wurden, sah sich der Senat auch nicht in der Lage, in Abweichung zu dem vom SG herangezogenen Grundsatz, dass nach Erledigung der Hauptsache kein Raum mehr für die Bewilligung von PKH ist, ausnahmsweise PKH deshalb zu bewilligen, weil das SG im Hinblick auf die schon bei Antragstellung zu bejahenden Erfolgsaussichten nach Erteilung eines Hinweises auf die Unvollständigkeit der vorgelegten Erklärung und nach deren Vervollständigung PKH noch vor Erledigung der Hauptsache hätte bewilligen können.
Angesichts dessen hat das SG den Antrag des Klägers im Ergebnis zu Recht abgelehnt, so dass auch die Beschwerde keinen Erfolg haben konnte. Soweit der Kläger meint, hieraus die Folgerung ziehen zu müssen, dass er zukünftig in vergleichbaren Fällen vor Bewilligung von PKH keinen Vergleich mehr abschließt, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieses Ergebnis am ehesten dadurch vermeiden lässt, dass eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen vorgelegt wird, um Entscheidungsreife in Bezug auf den gestellten Antrag herbeizuführen. Dies gilt auch dann, wenn PKH - entsprechend dem Vortrag des Klägers - zu einem früheren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren tatsächlich auch ohne in sich schlüssige Angaben zur Einkommenssituation bewilligt worden sein sollte. Denn ein Anspruch auf Wiederholung einer entsprechenden Vorgehensweise besteht nicht, so dass der Kläger zur Stützung seines Begehrens auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend machen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das zwischenzeitlich abgeschlossene Verfahren S 2 SB 1826/07 streitig.
Auf den im August 2006 gestellten Antrag des Klägers, den Grad der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) festzustellen, bewertete das Landratsamt Biberach (LRA) unter Berücksichtigung einer Funktionsbehinderung des rechten Sprunggelenks und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule den GdB mit 20 (Bescheid vom 15. März 2007). Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2007). Am 11. Mai 2007 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm (SG), das Dr. G., Internist und Rheumatologe, unter dem 11. September 2007, Dr. J., Facharzt für Orthopädie, unter dem 19. September 2007 und die Ärztin für Allgemeinmedizin Sch. unter dem 21. September 2007 schriftlich als sachverständige Zeugen anhörte. Mit Schreiben vom 25. September 2007 übersandte das SG Mehrfertigungen dieser Auskünfte einerseits an den Kläger zur Kenntnis und andererseits zusammen mit der beigezogenen Verwaltungsakte an den Beklagten zur Kenntnis- und Stellungnahme binnen sechs Wochen.
Mit am 18. Oktober 2007 beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 beantragte der Kläger die Bewilligung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwältin M. und legte die vom Kläger unter dem 16. Oktober 2007 unterzeichnete "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" vor. Darin hatte der Kläger sämtliche unter Buchstabe E aufgeführten Fragen zu seinen Bruttoeinnahmen verneint. Die für diesen Fall gestellten Fragen, auf welche Umstände es zurückzuführen sei, dass alle Fragen zu den Einnahmen verneint werden und wie der Lebensunterhalt bestritten werde, beantwortete der Kläger wie folgt: "SG Ulm S 2 AS 647/07 LRA Biberach 0302.090508 Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem SGB II".
Nachdem das SG den Beklagten mehrfach an die erbetene Stellungnahme zu den übersandten Auskünften der behandelnden Ärzte erinnert hatte, unterbreitete der Beklagte dem Kläger mit Schriftsatz vom 31. Januar 2008, beim SG eingegangen am 6. Februar 2008, ein Vergleichsangebot, wonach der GdB ab 2. August 2006 30 betrage. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. März 2008 an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt. Gleichzeitig erinnerte er an die Entscheidung über den gestellten PKH-Antrag.
Mit Beschluss vom 7. April 2004 lehnte das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH mit der Begründung ab, bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage sei auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den PKH-Antrag abzustellen. Bereits vor Stellung dieses Antrags habe die Kammer Beweis durch Vernehmung der den Kläger behandelnden Ärzte erhoben. Erst nach Eingang der Akten am 6. Februar 2008 habe über den Antrag entschieden werden können. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch bereits das Vergleichsangebot des Beklagten vorgelegen, das der Kläger mit Schriftsatz vom 13. März 2008 angenommen habe. Für die Gewährung von PKH verbleibe demnach kein Raum mehr.
Gegen diesen seiner Bevollmächtigten am 14. April 2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 15. April 2008 beim SG Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, das SG habe mit Schreiben vom 25. September 2007 die Auskünfte der behandelnden Ärzte übermittelt, worauf mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2007 die Bewilligung von PKH beantragt worden sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der PKH-Antrag entscheidungsreif gewesen. Eine solche sei nicht erst am 6. Februar 2008 möglich gewesen, sondern bereits im Oktober 2007.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass der Antrag wegen fehlender Angaben des Klägers zu der Frage, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreite, selbst zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entscheidungsreif sein dürfte, verwies er auf das seinerzeit ebenfalls beim SG anhängig gewesene Verfahren S 2 AS 647/07, in dem über den Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) zu entscheiden gewesen sei, für dessen Durchführung ihm mit Beschluss vom 24. April 2007 PKH ohne Ratenzahlung bewilligt worden sei. Da in jenem Verfahren eine "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" abgegeben worden sei, die inhaltlich der in dem vorliegenden Verfahren abgegebenen Erklärung entspreche, sei es überraschend, wenn in jenem Verfahren die vorgelegte Erklärung genüge, in dem vorliegenden jedoch nicht. Er sei ebenso wie in dem Parallelverfahren auch in dem vorliegenden Verfahren nicht in der Lage, die Kosten der in Anspruch genommenen Bevollmächtigten zu zahlen. Soweit das Beschwerdegericht die ablehnende Entscheidung des SG bestätigte, könne hieraus nur die Lehre gezogen werden, dass in vergleichbaren Fällen vor Bewilligung von PKH kein Vergleich mehr abgeschlossen werde.
Die Beklagte hat sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Beschwerde, die insbesondere form- und fristgerecht (vgl. § 173 SGG) erhoben wurde, ist zulässig; sie ist im Ergebnis jedoch nicht begründet.
Gemäß § 73a SGG sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die PKH im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar. Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält danach auf Antrag PKH, wenn eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 bis 127 ZPO).
Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar halten und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der bestätigenden Beweisführung überzeugt sein kann. Aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage muss zumindest möglich erscheinen, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird. Eine Beweisantizipation ist zulässig und geboten (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73a, Rdnr. 7a; Philippi in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 114 Rdnr. 19). Damit ist die Erfolgsaussicht bereits dann zu bejahen, wenn der Ausgang des Verfahrens zumindest offen ist.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist auch im PKH-Verfahren der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Ein früherer Zeitpunkt kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung des Gerichts über den PKH-Antrag verzögert hat und eine Änderung zum Nachteil des Klägers/Antragstellers eingetreten ist (Meyer-Ladewig, a.a.O. § 73a, Rdnr. 7c m.w.N.). Hat das Gericht zu spät entschieden, ist der Erkenntnisstand bei der Entscheidungsreife des PKH-Antrags zugrunde zu legen, Beweisergebnisse sind also unter Umständen nicht zu verwerten (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O. Rdnr. 13d, Philippi a.a.O. § 119 Rdnr. 46).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger zutreffend davon ausgegangen, dass seine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat. Dies gilt insbesondere bereits für den Zeitpunkt seiner Antragstellung am 18. Oktober 2007. Denn zu diesem Zeitpunkt lagen bereits die zuvor von den behandelnden Ärzten eingeholten schriftlichen Auskünfte als sachverständige Zeugen vor, die deutlich gemacht haben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20 nicht angemessen bewertet sind, wodurch sich der Beklagte auch veranlasst gesehen hat, dem Kläger ein Vergleichsangebot dahingehend zu unterbreiten, den GdB ab 2. August 2006 mit dem höheren Wert von 30 festzusetzen. Dass das Begehren des Klägers in erster Linie auf die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 gerichtet war, steht der Bejahung der Erfolgsaussicht nicht entgegen. Denn hinreichende Erfolgsaussicht der Klage besteht auch dann, wenn davon auszugehen war, dass der Kläger zumindest teilweise mit seinem Begehren würde durchdringen können.
Hätte beim Kläger durch Einreichung seines Antrags auf Bewilligung von PKH am 18. Oktober 2007 auch Bedürftigkeit festgestellt werden können, so wäre dem Antrag unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt das SG über das entsprechende Begehren tatsächlich entschieden hätte, stattzugeben gewesen. Denn im Falle einer verspäteten Entscheidung durch das Gericht richtet sich die Beurteilung der Erfolgsaussicht nach dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife. Trotz der damit bestehenden Erfolgsaussichten der Klage, hat das SG den Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Denn Entscheidungsreife lag hinsichtlich des gestellten Antrags weder zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18. Oktober 2007, noch zu dem Zeitpunkt der Entscheidung des SG am 7. April 2008 vor. Denn der Kläger hat seinem Antrag keine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt und diesen Mangel auch im Beschwerdeverfahren nicht nachträglich beseitigt.
So hat der Kläger in dem vorgelegten Erklärungsformular sämtliche Fragen zu seinen Bruttoeinnahmen verneint und auf die daran anknüpfende Frage, auf welche Umstände dies zurückzuführen sei und wie er seinen Lebensunterhalt bestreite, lediglich das gerichtlichen Aktenzeichens eines Verfahrens vor dem SG nach dem SGB II angeführt. Aufgrund dieses Hinweises liegt zwar die Annahme nahe, dass der Kläger mangels anderweitiger Einkünfte Sozialleistungen in Form von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragt hatte und zum Zeitpunkt der Antragstellung versucht hat, diese gerichtlich durchzusetzen. Gleichwohl bleibt trotz dieser Bezugnahme völlig offen, von welchen Mitteln der Kläger seinen laufenden Lebensunterhalt bestritten hat. Denn mit der Durchführung eines laufenden Verfahren nach dem SGB II sind unmittelbar keine Einnahmen verknüpft, mit denen der Kläger den täglichen Unterhaltsbedarf einschließlich seiner laufenden Wohnkosten, die er in seinem Antrag konkret beziffert hat, hätte finanzieren können. Zur Bestreitung dieses Bedarfs mussten dem Kläger aber tatsächlich Gelder zugeflossen sein. Da er diese jedoch nicht bezeichnet und insoweit keinerlei Angaben gemacht hat, war die Frage der Bedürftigkeit des Klägers nicht abschließend zu beurteilen. Da die entsprechenden Angaben auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt wurden, sah sich der Senat auch nicht in der Lage, in Abweichung zu dem vom SG herangezogenen Grundsatz, dass nach Erledigung der Hauptsache kein Raum mehr für die Bewilligung von PKH ist, ausnahmsweise PKH deshalb zu bewilligen, weil das SG im Hinblick auf die schon bei Antragstellung zu bejahenden Erfolgsaussichten nach Erteilung eines Hinweises auf die Unvollständigkeit der vorgelegten Erklärung und nach deren Vervollständigung PKH noch vor Erledigung der Hauptsache hätte bewilligen können.
Angesichts dessen hat das SG den Antrag des Klägers im Ergebnis zu Recht abgelehnt, so dass auch die Beschwerde keinen Erfolg haben konnte. Soweit der Kläger meint, hieraus die Folgerung ziehen zu müssen, dass er zukünftig in vergleichbaren Fällen vor Bewilligung von PKH keinen Vergleich mehr abschließt, ist darauf hinzuweisen, dass sich dieses Ergebnis am ehesten dadurch vermeiden lässt, dass eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen vorgelegt wird, um Entscheidungsreife in Bezug auf den gestellten Antrag herbeizuführen. Dies gilt auch dann, wenn PKH - entsprechend dem Vortrag des Klägers - zu einem früheren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren tatsächlich auch ohne in sich schlüssige Angaben zur Einkommenssituation bewilligt worden sein sollte. Denn ein Anspruch auf Wiederholung einer entsprechenden Vorgehensweise besteht nicht, so dass der Kläger zur Stützung seines Begehrens auch keine Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend machen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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